Äthiopische Streitkräfte

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Ethiopian National Defense Forces
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Führung
Oberbefehlshaber: Ministerpräsident
Abiy Ahmed Ali
Verteidigungsminister: Kenea Yadeta
Militärischer Befehlshaber: General Birhanu Jula[1]
Sitz des Hauptquartiers: Addis Abeba
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 138.000[2]
Wehrpflicht: nur bei Bedarf[3]
Wehrtauglichkeitsalter: ab dem 18. Lebensjahr[3]
Haushalt
Militärbudget: 472,0 Mio. US-$ (2020)[2]
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: 0,5 % (2020)[2]
Geschichte
Gründung: 1975 als Streitkräfte der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien
Höchste Mannstärke: 350.000 (1999)
Äthiopische Soldaten im Koreakrieg 1951

Die Äthiopischen Streitkräfte (englisch Ethiopian National Defense Forces, kurz ENDF) sind das Militär Äthiopiens.

Sie wurden in ihrer heutigen Form nach der Auflösung der Kaiserlichen Armee Äthiopiens 1975 als Streitkräfte der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien gegründet und nach dem Sieg der Revolutionären Demokratischen Front der Äthiopischen Völker 1991 zu Ethiopian National Defense Forces umbenannt. Sie waren im Jahr 2020 138.000 Mann stark,[2] was sie zu einer der größten Armeen Afrikas macht.

Die Äthiopischen Streitkräfte bestehen aus den Teilstreitkräften Heer und Luftstreitkräfte. Seit der Unabhängigkeit Eritreas (1993) verfügt das Land über keine Marine mehr.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kaiserliche Armee Abessiniens war die älteste noch existierende Armee der Welt. Den Truppen des Kaiserreichs gelang es bis zum Abessinienkrieg 1935/36, ihr Territorium erfolgreich zu verteidigen. Dann wurden die Streitkräfte vom faschistischen Italien besiegt und Äthiopien wurde kurzzeitig Teil Italienisch-Ostafrikas. Von 1940 bis 1941 befreiten geflüchtete Einheiten zusammen mit Truppen des Britischen Empire das Kaiserreich und beteiligten sich am Wiederaufbau der Monarchie unter Haile Selassie. Die Inflation in der Folge der Dürrekatastrophe von 1973 und der Ölkrise löste in Äthiopien Massendemonstrationen von Studenten und Streikwellen aus und führten zum Sturz Selassies. 1975 wurde die Monarchie abgeschafft und das ehemalige Kaiserreich eine sozialistische Volksrepublik. Dies führte zum Äthiopischen Bürgerkrieg. Der provisorische Militärverwaltungsrat Derg verfügte mit Unterstützung des Ostblocks bald über die nominal größte Armee des subsaharischen Afrikas – um die 300.000 Mann. Im Ogadenkrieg 1977 bis 1978 konnte sich Äthiopien behaupten. Die Kampfkraft der Armee, die größtenteils aus zwangsrekrutierten Bauern bestand, war jedoch vergleichsweise gering. Die äthiopische Regierung unter Mengistu Haile Mariam wurde schließlich von einer Koalition aus drei verschiedenen Rebellengruppen – der Revolutionären Demokratischen Front der Äthiopischen Völker – und eigenen Funktionären gestürzt. Im Mai 1991 nahm die Revolutionäre Demokratische Front erfolgreich die Hauptstadt Addis Abeba ein.

Die Streitkräfte der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien wurden von den Ethiopian National Defense Forces abgelöst. Nach einem Referendum am 25. April 1993 wurde in Übereinstimmung mit der neuen äthiopischen Regierung die unabhängige Republik Eritrea ausgerufen. In den darauffolgenden Jahren verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Äthiopien und Eritrea. Während des Grenzkrieges gegen Eritrea von 1998 bis 2000 mobilisierten die äthiopischen Streitkräfte bis zu 350.000 Soldaten. Eine große Anzahl an Soldaten wurde nach dem Krieg wieder demobilisiert. Die Streitkräfte befinden sich weiterhin im Transformationsprozess von einer ehemaligen Guerilla-Armee hin zu einer Berufsarmee. Dabei erhalten die äthiopischen Streitkräfte Unterstützung verschiedener Staaten, insbesondere von den USA. Äthiopien hat zwei Friedenskontingente entsandt, eines nach Burundi und ein weiteres nach Liberia. 2009 wurden auch Soldaten in die sudanesische Krisenregion Darfur entsandt. Seit Juni 2011 stellen die Streitkräfte das Hauptkontingent für die Friedensmission United Nations Interim Security Force for Abyei (UNISFA) zwischen dem Sudan und Südsudan. Im Dezember 2011 unterstützten die äthiopischen Soldaten auch die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und befanden sich im Krieg gegen die Union islamischer Gerichte in Somalia.[4] Seit Januar 2014 beteiligt sich Äthiopien (erneut) mit 4400 Soldaten an AMISOM.

Am 22. Juni 2019 wurde Generalstabschef Se’are Mekonnen in der Provinz Amhara von Putschisten getötet. Er wurde durch Adem Mohammed ersetzt.[5]

Ausrüstung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Heer umfasst im Moment 135.000 aktive Soldaten.[2] Äthiopien erweiterte seine Waffenbestände insbesondere im Grenzkrieg gegen Eritrea (1998–2000). Zur Ausrüstung zählten im Jahr 2020:[2]

Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typ Herkunft Funktion Version Anzahl
T-54
T-55
T-62
Sowjetunion Sowjetunion Kampfpanzer
Bergepanzer
246+
T-72 Sowjetunion Sowjetunion Kampfpanzer B
T
UA1
215
BRDM-1
BRDM-2
Sowjetunion Sowjetunion Spähpanzer ca. 100
BMP-1 Sowjetunion Sowjetunion Schützenpanzer ca. 20
ZSD89 China Volksrepublik Volksrepublik China Mannschaftstransporter
BTR-60
BTR-152
Sowjetunion Sowjetunion Mannschaftstransporter ca. 300
WZ551 China Volksrepublik Volksrepublik China Mannschaftstransporter
Gaia Thunder Israel Israel MRAP
Ze’ev Israel Israel Mehrzweckfahrzeug
BTS-5B Ukraine Ukraine Bergepanzer 4
MTU Sowjetunion Sowjetunion Brückenlegepanzer
Bozena Slowakei Slowakei Minenräumpanzer

Panzerabwehrwaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typ Herkunft Funktion
9K11 Maljutka Sowjetunion Sowjetunion Panzerabwehrlenkwaffe
9K111 Fagot Sowjetunion Sowjetunion Panzerabwehrlenkwaffe
9K135 Kornet Sowjetunion Sowjetunion Panzerabwehrlenkwaffe
B-10 Sowjetunion Sowjetunion Rückstoßfreies Geschütz
B-11 Sowjetunion Sowjetunion Rückstoßfreies Geschütz
D-44 Sowjetunion Sowjetunion Kanone

Artillerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typ Herkunft Kaliber Funktion Anzahl
2S1 Gvozdika Sowjetunion Sowjetunion 122 mm Panzerartillerie
2S19 Msta-S Sowjetunion Sowjetunion 152 mm Panzerartillerie 10
D-30
M-30
Sowjetunion Sowjetunion 122 mm Haubitze 464
M-46 Sowjetunion Sowjetunion 130 mm Haubitze
AH-2 China Volksrepublik Volksrepublik China 155 mm Haubitze
PHL03 China Volksrepublik Volksrepublik China 300 mm Raketenwerfer
BM-21 Grad Sowjetunion Sowjetunion 122 mm Raketenwerfer ca. 50
M1
M29
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 81 mm Mörser
M-1937 Sowjetunion Sowjetunion 82 mm Mörser
M-1944 Sowjetunion Sowjetunion 120 mm Mörser

Flugabwehrwaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typ Herkunft Funktion Anmerkungen
S-75 Dwina Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrrakete
S-125 Pechora Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrrakete
9K32 Strela-2 Sowjetunion Sowjetunion MANPADS veraltet
96K6 Panzir Russland Russland Flugabwehrrakete
ZSU-23-4 Schilka Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrpanzer
ZU-23 Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrkanone
M1939 Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrkanon
S-60 Sowjetunion Sowjetunion Flugabwehrkanone

Luftwaffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roundel der Luftwaffe Äthiopiens

Die Luftstreitkräfte hatten im Jahr 2020 eine Personalstärke von 3000 aktiven Soldaten.[2] Sie verfügt u. a. über (Stand Ende 2022):[6]

Marine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit der Unabhängigkeit Eritreas 1993 ist Äthiopien ein Binnenland ohne Zugang zum Meer. Über eine Marine verfügt Äthiopien seitdem nicht mehr. Es besteht jedoch die Absicht wieder eine Marine aufzubauen, die in Dschibuti stationiert werden soll, während das Kommando der Seestreitkräfte seinen Sitz in Bahir Dar, der Hauptstadt der äthiopischen Provinz Amhara, haben soll.[7]

Bewaffnete Oppositionskräfte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für bewaffnete Oppositionskräfte siehe:

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Äthiopische Streitkräfte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Äthiopisches Militär meldet Eroberung von Regionalhauptstadt Mekele. In: Handelsblatt. 28. November 2020, abgerufen am 31. August 2021.
  2. a b c d e f g International Institute for Strategic Studies (Hrsg.): The Military Balance 2021. 121. Auflage. Taylor & Francis, 2021, ISBN 978-1-03-201227-8, S. 465–466.
  3. a b The World Factbook–Ethiopia. In: Central Intelligence Agency. Abgerufen am 31. August 2021 (englisch).
  4. US Department of State.
  5. sti/rb (afp, rtr): Nach Putschversuch: Äthiopische Regierung lässt amharische Nationalisten festnehmen. dw.com vom 27. Juni 2019, abgerufen am 30. Juni 2019.
  6. World Air Forces 2023. (PDF) Flight International, abgerufen am 6. März 2023.
  7. Ethiopia Navy to be based in Djibouti, command HQ in Bahir Dar (Report)