ʿAbd al-Wāsiʿ Dschabalī

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Erste Seite einer Handschrift des Dīwāns, zum Lobe Sultan Sandschars, mit der ersten Gedichtzeile[1]

ʿAbd al-Wāsiʿ Dschabalī (persisch امام بدیع الزمان عبد الواسع بن عبد الجامع غرجستانی جبلی Imām Badīʿ az-Zamān ʿAbd al-Wāsiʿ b. ʿAbd al-Dschāmiʿ Ghardschistānī Dschabalī, DMG Imām Badīʿ az-Zamān ʿAbd al-Vāsiʿ b. ʿAbd al-Ǧāmiʿ Ġarǧistānī Ǧabalī, gestorben um 1160[2]) war ein persischer Dichter und Panegyriker.[3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dschabalī stammte aus einer alidischen Familie in der Bergprovinz (daher der Beiname dschabalī, „Bergler“) Ghardschestān, die am Oberlauf des Murgab im Osten von Herat lag.[4][5] Er lebte einige Zeit in Herat und begab sich dann in die Dienste seines Vetters mütterlicherseits, Bahrām Schāh, am Hof von Ghazna. Vier Jahre später bat Bahrām Schāh den Seldschuken-Sultan Ahmad Sandschar um militärischen Beistand. Bei dieser Gelegenheit schloss sich Dschabalī dessen Gefolge an. An Sandschars Hof verbrachte er die letzten 14 Jahre seines Lebens.[6]

Leistung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dschabalī gilt als Vorbild eines Stils,[7] der sich der Volkssprache näherte, aber ebenso mehr arabisches Vokabular einschloss. Gleichzeitig wurde der Stil ornamentaler[8] und rhetorische Figuren wie der Chiasmus wurden vermehrt genutzt.[9] Insgesamt steht die Form über dem Inhalt.[10]

Beispielhaft sieht man das an der ersten Zeile seines Diwans.[11] Tiefere Bedeutungsebenen, wie man sie bei Hafis findet, fehlen, dafür werden Elemente wie Chiasmus und hier vor allem der Binnenreim angewendet. Letzterer ist hier besonders auf den mündlichen Vortrag ausgerichtet: Die Worte zahī „vortrefflich“ und das im klassischen Persischen noch übliche Suffix des bestimmten Akkusativs zur Bezeichnung des Dativs, mit dem Genitiv-Verbindungen gebildet werden können[12], ermöglichen es dem Rezitator, Spannung aufzubauen. Langes i und a wechseln regelmäßig und lassen sich ziehen, der hohe Ton erzeugt Aufmerksamkeit, der tiefe Spannung, denn erst mit dem Wort nach dem weiß der Zuhörer, um was es geht:[13]

Zahī āfāq-rā sulṭān, zahī ayyām-rā mawlā, Zahī gar dūn-i to-rā čākar, zahī kīstī to-rā mawlā.
Vortrefflich ist des Herrschers Welt, vortrefflich deine Tage, Herr, Vortrefflich ist’s in deinem Dienst, vortrefflich, wer dir dienet, Herr.

Laut Moḥammad ʿAwfi[14] war Dschabalī sowohl in Persisch wie Arabisch gleichsam bewandert (ḏu'l-balāġatain), entsprechend finden sich auch arabische Gedichte und Mischformen.[15][16]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dschabalīs wichtigstes Werk ist sein Diwan, den er Sultan Sandschar widmete.[17] Der Diwan, von dem einige Handschriften erhalten sind, wurde erstmals in Lahore 1862 im Druck herausgegeben, allerdings in überarbeitungswürdigem Zustand.[18] Die maßgebliche kritische Ausgabe erschien 1960 und 1963 in zwei Bänden von Z̲abīḥ Allāh Ṣafā in Teheran.[19] Daneben ist ein Diwan von Tiernamen erhalten, der eine „Schatzkiste an Informationen“[20] sein soll, jedoch nicht in gedruckter Form vorliegt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • [Huart/Massé 1960] Cl. Huart, H. Massé: ʿAbd al-Wāsiʿ Djabalī. In: EI2. Band I. Brill, Leiden 1999, ISBN 90-04-11040-2, S. 94b.
  • [Kadkani 1981] Shafīʿī Kadkanī: Persian Literature (Belles-Lettres) from the Time of Jāmī to the Present Day. In: G. Morrison (Hrsg.): History of Persian Literature from the Beginning of the Islamic Period to the Present Day (= Handbuch der Orientalistik, Erste Abteilung, Der Nahe und Mittlere Osten). Band 4, Iranistik, Nr. 2. Brill, Leiden 1981, ISBN 90-04-06481-8, S. 142.
  • [Karaismailoğlu 1988] Adnan Karaismailoğlu: Abdül Vâsi-i Cebelî. In: Bekir Topaloğlu (Hrsg.): Türkiye Diyanet Vakfı İslâm Ansiklopedisi. Band 1. Istanbul 1988, ISBN 975-389-428-7, S. 283 (TDV [PDF; abgerufen am 12. März 2016]).
  • [Rypka 2001] J[an] Rypka: Poets and Prose Writers of the Late Saljuq and Mongol Periods. In: The Cambridge History of Iran. 4. Auflage. Band 5. Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-06936-X, S. 550–625 (Stelle bei Google Books [abgerufen am 12. März 2016]).
  • [Safa 1960] ʿAbd al-Vāsiʿ b. ʿAbd al-Ǧāmiʿ Ġarǧistānī Ǧabalī: Dīvān-e Ǧabalī. Hrsg.: Z̲abīḥ Allāh Ṣafā. 2 Bde. Entešārāt-e Dānišgāh-e Tehrān, Teheran (Nur der 2. Band – 1960–1963).
  • [Safa 1982] Ẕ. Ṣafā: Abd-Al-Vase Jabali. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. Band I/2. London/New York 1982, ISBN 0-7100-9099-4, S. 171–172 (Aktualisierte Version [abgerufen am 12. März 2016]).

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [Karaismailoğlu 1988]
  2. In der Cambridge History of Iran [Rypka 2001] steht dies fälschlich als Geburtsdatum (S. 559).
  3. [Safa 1982]
  4. R.N. Frye: Ghardjistān. In: EI2. Band II. Brill, Leiden 1999, ISBN 90-04-11040-2, S. 1010a–1011b.
  5. [Safa 1982]
  6. [Huart/Massé 1960]
  7. [Kadkani 1981]
  8. [Safa 1982]
  9. [Rypka 2001]
  10. [Safa 1982]
  11. Handschrift Universität Istanbul TY, Nr. 286, Folio 1b
  12. Wir kennen das dialektal noch im Deutschen: „Dem X sein Y.“
  13. Text nach [Karaismailoğlu 1988]
  14. Dariush Kargar: Jawāmeʿ al-Ḥekāyāt. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. Band XIV/6. London/New York 2008, ISBN 0-7100-9099-4, S. 611–614 (Aktualisierte Version [abgerufen am 12. März 2016]).
  15. Der erste Vers des Hafis-Diwans ist dafür das prominenteste Beispiel: Der erste Halbvers ist arabisch, der zweite persisch.
  16. [Safa 1982]
  17. [Karaismailoğlu 1988], siehe hierzu die Abbildung im Artikel.
  18. [Huart/Massé 1960]
  19. [Safa 1960]
  20. [Rypka 2001]