Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron

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Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron (* 7. Dezember 1731 in Paris; † 17. Januar 1805 in Paris) war ein französischer Orientalist, der speziell für die erste Übersetzung des Avesta in eine europäische Sprache bekannt ist.

Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anquetil war das vierte von insgesamt sieben Kindern aus der Familie eines Gewürzkaufmanns in Paris. Er ist der jüngere Bruder des Historikers Louis Pierre Anquetil. Anquetil begann ein Theologie-Studium an der Sorbonne in Paris, in dessen Rahmen er Hebräisch und klassische Sprachen lernte. Später setzte er sein Studium in Auxerre und Amersfoort fort. Im Jahr 1754 kehrte er nach Paris zurück, um eine Anstellung an der königlichen Bibliothek anzunehmen. Hier stieß Antequil auf bis dahin nicht entzifferte Kopien der heiligen Schriften der Zoroastrier bzw. der Parsen, die Zarathustra zugeschrieben wurden. Um die zu ihrem Verständnis notwendigen Kenntnisse zu erlangen, meldete er sich 1754 als Soldat für ein nach Indien bestimmtes Schiff. Die französische Regierung erteilte ihm kurze Zeit später offiziell einen wissenschaftlichen Auftrag, so dass er vom Militär freigestellt wurde und als Wissenschaftler auf einem Schiff der französischen Kompanie nach Indien reisen konnte.[1]

In Pondicherry lernte er Neupersisch, reiste von da nach Bengalen und dann quer durch Indien nach Surat, wo er Bekanntschaft mit den dortigen Parsenpriestern machte. Er erwarb von ihnen Handschriften des Zendavesta und der späteren persischen Religionsbücher, ließ sich von dem Destur (Oberpriester) Darab eine neupersische Übersetzung des Zendavesta in die Feder diktieren, und machte sich auch mit den Sitten und Opfergebräuchen der Parsen genau vertraut.

Nach der Einnahme von Pondicherry kehrte Anquetil am 28. April 1761 nach Europa zurück, verglich in Oxford seine Manuskripte mit den dortigen und kam am 14. März 1762 mit 180 Manuskripten nach Paris. Durch Abbé Jean Jacques Barthélemy erhielt er das Amt eines Dolmetschers der orientalischen Sprachen bei der königlichen Bibliothek, welcher er einen Teil seiner Schätze schenkte.

Sein Hauptwerk Zend-Avesta machte als eine erste Übersetzung des wichtigen Religionsbuches europaweites Aufsehen und ist noch jetzt durch die Beilagen von Wert. Dagegen ist die Übersetzung selbst, die Anquetil ohne Kenntnis der Grundsprache nur nach der erwähnten ungenauen persischen Übersetzung seines indischen Lehrers anfertigte, durch die neueren Forschungen überholt.

Er formulierte als erster die interkulturelle Achsenzeit-Theorie.[2]

Ein großes Verdienst erwarb sich Anquetil ferner durch seine nach zwei persischen Manuskripten angefertigte lateinische Übersetzung von Oupnek'hat, einer 1657 verfassten persischen Übertragung von 50 indischen Upanischaden, die Dara Shikoh angefertigt hatte. Diese lateinische Übersetzung erschien in zwei Bänden in den Jahren 1801 und 1802. Sie fand auch in Deutschland zahlreiche Leser, u. a. Arthur Schopenhauer, der dieses Werk nicht nur als einen Haupteinfluss auf die Bildung seines eigenen Systems anführte, sondern es auch zeit seines Lebens als lesenswertestes Buch der gesamten Weltliteratur bezeichnete.[3]

Während der französischen Revolution lebte Anquetil in tiefer Zurückgezogenheit. Er wurde Mitglied des Nationalinstituts, trat jedoch aus Missvergnügen über die Lage Frankreichs aus. Anquetil starb in dürftigen Umständen.

1785 wurde er zum Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres gewählt.[4]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihm zu Ehren ist die Pflanzengattung Anquetilia Decne. 1844 aus der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) benannt worden.[5]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jan Assmann: Achsenzeit. Eine Archäologie der Moderne. 1. Auflage. Verlag C.H.Beck, München 2018, S. 27 f.
  2. Hans Joas: Was ist Achsenzeit? Eine wissenschaftliche Debatte als Diskurs über Transzendenz. 1. Auflage. Schwabe Basel, Basel 2014, ISBN 978-3-7965-3360-0, S. 12–13.
  3. Dieser Einfluss steht im Zentrum des Buches von Urs App: Schopenhauers Kompass. Die Geburt einer Philosophie. UniversityMedia, Rorschach / Kyoto 2011, ISBN 978-3-906000-02-2.
  4. Mitglieder seit 1663. Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, abgerufen am 23. Dezember 2020 (französisch).
  5. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5; doi:10.3372/epolist2018.