Mission der Afrikanischen Union in Somalia

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Mission der Afrikanischen Union in Somalia (englisch African Union Mission in Somalia, abgekürzt AMISOM) ist die Bezeichnung einer Friedenstruppe der Afrikanischen Union, die in Somalia dem dortigen Bürgerkrieg Einhalt gebieten soll. Derzeit (Stand 2017) sind mehr als 22.000 Soldaten, Polizisten und zivile Angestellte aus Äthiopien, Burundi, Dschibuti, Ghana, Kenia, Nigeria, Sierra Leone, Uganda und Simbabwe im Rahmen von AMISOM in Somalia stationiert.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

AMISOM-Soldaten aus Dschibuti in Beledweyne (2015)
Zwei ugandische Kampfpanzer in der somalischen Region Shabeellaha Hoose (2013)
Ugandische AMISOM-Soldaten nahe Janaale (2013)

Nach Ausbruch des somalischen Bürgerkrieges hatten die Vereinten Nationen und die USA mit den Friedensmissionen UNOSOM I (1992–1993) und UNOSOM II (1993–1995) in Somalia keinen Erfolg gehabt. Der Krieg zwischen Kriegsherren, Clanführern und deren Milizen ging weiter.

Im März 2005 wurde vorgeschlagen, erneut eine Friedensmission nach Somalia zu entsenden. Sie sollte die von etlichen Kriegsparteien nicht anerkannte Übergangsregierung Somalias, die gerade ihren Sitz aus dem kenianischen Exil in die Stadt Baidoa verlegte, dabei unterstützen, das Land zu stabilisieren. Anfangs war vorgesehen, dass insbesondere die umliegenden, in der IGAD organisierten Länder Truppen stellen sollten, weshalb die geplante Friedenstruppe auch IGAD Peace Support Mission to Somalia (IGASOM) genannt wurde. Hiervon wurde später wegen der angespannten Beziehungen Somalias zu seinen Nachbarstaaten abgesehen.

Der Druck für ein internationales Eingreifen erhöhte sich 2006, als die Union islamischer Gerichte große Teile Somalias einnahm und die Übergangsregierung militärisch bedrängte. Extremistische Teile der Union stehen im Verdacht, mit dem internationalen islamistischen Terrorismus zu kooperieren. Insbesondere das Nachbarland Äthiopien fühlte sich auch bedroht, weil Teile der Union die heute äthiopische, mehrheitlich von ethnischen Somali bewohnte Region Ogaden einnehmen und an ein Groß-Somalia angliedern wollten. Die Resolution 1725 des UN-Sicherheitsrates vom 6. Dezember 2006 autorisierte die Entsendung der AMISOM, um die Übergangsregierung zu unterstützen und den Dialog zwischen ihr und der Union zu überwachen. Die Union islamischer Gerichte reagierte empört auf diesen Entscheid.

Bevor die AMISOM zusammengestellt werden konnte, erklärte Äthiopien am 24. Dezember der Union den Krieg, marschierte auf Seiten der Übergangsregierung in Somalia ein und entmachtete die Union islamischer Gerichte im Januar 2007. Weiterhin liefern sich islamistische und weitere Aufständische vor allem in Mogadischu Kämpfe mit äthiopischen und Übergangsregierungstruppen.
Die äthiopische Militärpräsenz gilt als problematisch, weil die äthiopisch-somalischen Beziehungen in der Geschichte Somalias traditionell gespannt waren und eine von Äthiopien unterstützte Übergangsregierung deswegen Akzeptanz zu verlieren riskiert. Es ist allerdings fraglich, ob sich die Übergangsregierung alleine gegen die verschiedenen gegnerischen Kriegsherren oder ein Wiedererstarken der Union islamischer Gerichte behaupten könnte.

Deswegen wird versucht, die AMISOM-Friedenstruppe mit bis zu 8.000 Soldaten zusammenzustellen. Seit dem 1. März 2007 trafen etwa 1600 Soldaten aus Uganda in Somalia ein. Der ugandische Präsident Museveni kündigte jedoch an, die Soldaten seines Landes würden in Somalia Truppen der Übergangsregierung ausbilden, nicht aber selbst aktiv Friedenssicherung betreiben.[3]

Weiterhin kam es in Mogadischu zu Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und deren diversen Gegnern, von denen viele den Abzug aller ausländischen Truppen fordern. Hierbei wurde am 1. April ein AMISOM-Soldat bei einem Raketenangriff getötet.[4] Am 16. Mai kamen bei einer Explosion vier AMISOM-Soldaten um.[5]

Nachdem sich ihre Entsendung mehrfach wegen logistischer Probleme verzögert hatte, trafen Ende Dezember 2007 100 burundische Soldaten ein. Sie sollen die Vorhut für weitere 1700 bilden.[6] Am 8. April 2008 wurde ein burundischer AMISOM-Soldat bei einem Selbstmordanschlag getötet.[7]

Eine entscheidende Wende nahm der Konflikt nach der Entführung zahlreicher Europäer sowie vieler gewaltsamer Zwischenfälle im Grenzgebiet zwischen Kenia und Somalia im Sommer 2011. Daraufhin marschierte Kenia im Zuge der Operation Linda Nchi im Nachbarland ein und eroberte einen breiten Grenzstreifen. Ende September 2012 stand Kenia, dessen Truppen nun in die AMISOM integriert waren, kurz vor der vollständigen Vertreibung von Al Shabaab aus der Hafenstadt Kismayo.[8]

Bei einem bewaffneten Angriff der Al-Shabaab am 26. Juni 2015 auf den Militärstützpunkt der AMISOM in Leego werden mindestens 45 Soldaten aus Burundi getötet. Zudem wurde umfangreiches Militärmaterial erbeutet.[9]

Gliederung der AMISOM-Truppen in Somalia.

Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zum Sommer 2012 bewachte die AMISOM nur den Seehafen, den Flughafen und den Präsidentensitz Villa Somalia in Mogadischu, führte Patrouillen in Gebieten unter Kontrolle der Übergangsregierung durch, eskortierte politische Persönlichkeiten und humanitäre Organisationen und betätigte sich in der humanitären Unterstützung für die Bevölkerung. Seit der Vertreibung der Islamisten von Al Shabaab aus Mogadischu und der Hafenstadt Marca übernimmt sie auch in diesen Gebieten Sicherheitsaufgaben.

Zusammensetzung der Truppe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bisher hat Uganda ein Bataillon (1600) entsandt und Burundi 100 Soldaten. Malawi und Nigeria haben je rund 1000 zugesagt,[10] Burundi bis zu 1800 und Ghana 350. 250 Ugander sollen als Ausbilder für somalische Soldaten nach Somalia geschickt werden. Die mehrfach angekündigte Entsendung der burundischen Soldaten verzögerte sich wegen logistischer Probleme, für die übrigen Truppenangebote wurden keine Termine für die Entsendung festgelegt. Tansania wird keine Truppen stellen, hat aber angeboten, 1000 somalische Soldaten auszubilden. In Ruanda werden seit Mai 2007 somalische Soldaten ausgebildet. Die USA[11] und die Europäische Union[12] versprachen, die AMISOM mit 40 Mio. US-$ bzw. 15 Mio. Euro zu unterstützen.

Nach der Übernahme von Kontingenten der Kenya Defence Forces in die AMISOM konnten weite Gebietsgewinne gegen die islamistischen Rebellen gemacht und die Truppe auf 17.000 Soldaten aufgestockt werden.

Leitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Francisco Caetano Jose Madeira gegenwärtiger Special Representative of the Chairperson of the African Union Commission

Die AMISOM wird vom Special Representative of the Chairperson of the African Union Commission geführt:

Der Special Representative of the Chairperson of the African Union Commission hat einen Stellvertreter der African Union Deputy Special Representative of the Chairperson of the African Union Commission. Dieses Amt hatten unter anderem folgende Personen inne:

Die AMISOM Military Component wird geführt von einem Force Commander.

Jim Beesigye Owoyesigire Force Commander vom 31. Januar 2018 bis 31. Januar 2019
Nr. Name Land Beginn der Berufung Abgabe des Kommandos
1 Generalmajor Levi Karuhanga[21] Uganda Uganda 14. Februar 2007 3. März 2008
2 Generalmajor Francis Okello Uganda Uganda 3. März 2008 7. Juli 2009
3 Generalmajor Nathan Mugisha[22] Uganda Uganda 7. Juli 2009 15. Juni 2011[23]
4 Generalmajor Fredrick Mugisha Uganda Uganda 15. Juni 2011[23][24] 2. Mai 2012[25]
5 Generalleutnant Andrew Gutti[26] Uganda Uganda 3. Mai 2012 16. Dezember 2013[27]
6 Generalleutnant Silas Ntigurirwa Burundi Burundi 16. Dezember 2013 15. Dezember 2014
7 Generalleutnant Jonathon Kipkemoi Rono[A 1] Kenia Kenia 16. Dezember 2014 23. Dezember 2015
8 Generalmajor Nakibus Lakara[A 2] Uganda Uganda 24. Dezember 2015 März 2016
9 Generalmajor Mohamedesha Zeyinu[28][29][A 3] Athiopien Äthiopien März 2016 18. Juli 2016
10 Generalleutnant Osman Noor Soubagleh[29] Dschibuti Dschibuti 18. Juli 2016 31. Januar 2018
11 Generalleutnant Jim Beesigye Owoyesigire Uganda Uganda 31. Januar 2018[30] 31. Januar 2019
12 Generalleutnant Tigabu Yilma Wondimhunegn Athiopien Äthiopien 31. Januar 2019 2. August 2020
13 Generalleutnant Diomede Ndegeya Burundi Burundi 2. August 2020 laufend

Die Polizei innerhalb der AMISOM wird vom AMISOM Police Commissioner geführt:

Weitere Friedensmissionen in Somalia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben AMISOM, welche die zahlenmäßig größte Friedensmission in Somalia darstellt, sind derzeit auch folgende Missionen vor Ort aktiv:[1]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • African Union Mission in Somalia (AMISOM). In: Joseph Kasule: Historical dictionary of Uganda. Rowman & Littlefield, Lanham, Boulder u. a. 2022, ISBN 978-1-5381-4174-8, S. 13.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Peace Operations 2017/2018. Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), Juni 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Oktober 2017; abgerufen am 10. Oktober 2017.
  2. AMISOM: AMISOM Background. 2017, abgerufen am 14. Oktober 2017 (englisch).
  3. BBC News: Ugandan troops 'not peacemakers'
  4. AlertNet: First Ugandan peacekeeper killed in Somali battles
  5. BBC News: AU peacekeepers killed in Somalia
  6. BBC News: Burundi troops join AU in Somalia
  7. Garowe Online: Al Shahaab suicide bomber strikes AU peacekeepers
  8. FAZ: Shaabab kündigt Guerillakrieg an
  9. Spiegel Online: Terror in Somalia: 45 Tote bei Angriff der Schabab-Miliz auf Friedenstruppe, abgerufen am 26. Juni 2015.
  10. BBC News: Police attacked in Somali battle
  11. Mwangi Maina: US gives Somalia Sh6.4 billion. In: Kenya Times. Archiviert vom Original am 1. April 2007; abgerufen am 2. Juni 2014 (englisch).
  12. Reuters: AU wants UN role in Somalia
  13. Biographie de BWAKIRA, Nicolas. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Juni 2017; abgerufen am 28. Juni 2017 (französisch).
  14. Biographie de DIARRA, Boubacar. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Juni 2017; abgerufen am 28. Juni 2017 (französisch).
  15. Biographie de ANNADIF, Mahamat Saleh. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. August 2017; abgerufen am 28. Juni 2017 (französisch).
  16. Biographie de MUTENDE, Lydia Wanyoto. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Juni 2017; abgerufen am 28. Juni 2017 (französisch).
  17. Biographie de SIDIKOU, Maman. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Juni 2017; abgerufen am 28. Juni 2017 (französisch).
  18. Appointment of Francisco Madeira as the new Special Representative of the African Union for Somalia and head of the AU mission in Somalia-African Union. Peace and Security Department, 7. Oktober 2015, abgerufen am 28. Juni 2017 (englisch).
  19. SRCC for Somalia, Ambassador Maman S. Sidikou. Abgerufen am 28. Juni 2017 (englisch).
  20. Simon Mulongo New Deputy Special Representative of AUC Chairperson to Somalia. 14. August 2017, abgerufen am 25. Februar 2023 (englisch).
  21. New Vision (Kampala) 20 Jan 2007
  22. James Kabengwa: Uganda: UPDF shuffles Somalia command. Abgerufen am 26. Dezember 2014 (englisch).
  23. a b 3,000 African Union Troops Arrive in Mogadishu. SomaliaReport, archiviert vom Original am 15. April 2012; abgerufen am 15. Januar 2013 (englisch).
  24. New Amisom commander promoted to Major General
  25. Lieutenant General Andrew Gutti takes command of AU forces in Somalia – AMISOM. Amisom-au.org, abgerufen am 15. Januar 2013 (englisch).
  26. https://www.peaceau.org/en/article/lieutenant-general-andrew-gutti-takes-command-of-au-forces-in-somalia
  27. AMISOM Review, issue 13, August - December 2013
  28. AMISOM News, AMISOM Acting Force Commander Concludes Tour of Kismayo, Dobley and Bilis Qoqani in Sector 2, 2 April 2016
  29. a b Somalia. Abgerufen am 22. September 2017 (englisch).
  30. The AU Mission in Somalia has a new Force Commander. 31. Januar 2018, abgerufen am 15. Februar 2018 (englisch).
  31. a b c AMISOM appoints new Police Commissioner. 24. Mai 2014, abgerufen am 25. Juni 2017 (englisch).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bis zum April 2015 Kommissarischer Force Comander
  2. kommissarisch
  3. kommissarisch