al-Assad (Familie)

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Familie al-Assad vor 1994. Von links nach rechts: vorne: Anisa Machluf, Hafiz al-Assad; hinten: Mahir, Baschar, Basil, Majed, Buschra

Die Familie al-Assad oder Asad (arabisch الأسد, DMG al-asad ‚der Löwe‘) herrscht in Syrien, seit Hafiz al-Assad 1971 syrischer Präsident wurde und einen autoritären Staat unter Kontrolle der Baath-Partei errichtete. Nach seinem Tod im Jahr 2000 folgte ihm sein Sohn Baschar nach.

Die al-Assads stammen aus Qardaha im Nordwesten Syriens und gehören dem alawitischen Kalabiyya-Stamm an. Der Name „Assad“ geht auf Ali Sulayman (1875–1963) zurück, der 1927 seinen Nachnamen änderte, was vermutlich im Zusammenhang mit seinem sozialen Prestige als lokaler „Richter“ und seinen politischen Aktivitäten steht. Alle heutigen Angehörigen der Familie al-Assad gehen auf ihn und seine zweite Ehefrau Naissa zurück, die aus einem Dorf im Alawitengebirge stammte.[1]

Politikwissenschaftler charakterisierten die Regierungsform der Familie über Syrien als Diktatur.[2][3][4][5]

Hafiz’ Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hafiz al-Assad mit Familie in den frühen 1970ern; von links: Baschar, Mahir, Anisa Machluf, Majed, Buschra, Basil

Buschra und die Mutter Anisa gelten als dominante Figuren innerhalb der Familie und sorgen für Zusammenhalt. Als sich Buschra Ende der 1980er in den geschiedenen Offizier Asif Schaukat verliebte, sorgte dies für heftige Konflikte. Insbesondere Hafiz und Basil lehnten die Verbindung ab. Nach Basils Verkehrstod und der beginnenden Krankheit Hafiz’ setzte Buschra 1995 schließlich die Heirat durch. Dadurch jedoch entspann sich eine intensive Rivalität zwischen Schaukat und Mahir, der seine Position bedroht sah. 1999 schoss Mahir Schaukat bei einem Streit in den Bauch, woraufhin Schaukat in Frankreich behandelt werden musste. Durch Buschras Intervention fanden die beiden in den Jahren danach ein friedlicheres Verhältnis zueinander.[6]

Baschar, der in London gelebt hatte, kehrte 1994 nach Syrien zurück, um sich an Basils statt auf das Thronerbe vorzubereiten. Hafiz entmachtete in seinen letzten Lebensjahren einige Personen, die Baschar möglicherweise ihre Loyalität verweigert hätten. Buschra nutzte diese Zeit geschickt, um ihren Mann Asif weiter in Machtpositionen zu bringen. Nach Hafiz’ Tod im Jahr 2000 wurde Baschar planmäßig Präsident und heiratete, auch für Vertraute überraschend, seine Studienfreundin Asma al-Achras, die in London aufgewachsen war. Anisa war mit dieser Verbindung nicht einverstanden, womöglich weil Asma Sunnitin ist. Buschra hingegen stört sich vor allem an Asmas großer medialer Präsenz und hat immer wieder Versuche gemacht, dies zu unterbinden.[6]

Ein gutes Verhältnis haben Mahir und Baschar. Mahir sieht sich als rechte Hand Baschars, ähnlich der Funktion, die Hafiz’ Bruder Rifaat al-Assad vor ihrem Zerwürfnis Anfang der 1980er hatte. Mit Anisas Neffen Rami und Ihab Machluf pflegen die beiden ein angespanntes Verhältnis, das sowohl von geschäftlicher Kooperation wie auch Rivalität geprägt ist. Anisa intervenierte mehrfach, um ihre Söhne daran zu hindern, den Machluf-Brüdern Geschäftsfelder zu entreißen. Brisanz gewinnt die Situation zusätzlich durch die enge Beziehung zwischen Buschra und Rami.[11]

Erweiterter Familienkreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rifaat und Hafiz Anfang der 1980er
Ribal am 41. St. Gallen Symposium im Mai 2011

Hafiz’ Geschwister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dschamil al-Assad (1933–2004), politisch bereits Jahre vor seinem Tod marginalisiert[11]
    • Mundhir al-Assad, wurde 2005 bei der Einreise in den Libanon am Flughafen von Beirut festgenommen[11]
    • Eine Tochter ist verheiratet mit Yarob Kanaan, dessen Vater Ghazi Kanaan (1942–2005) 2005 während seiner Amtszeit als Innenminister vermutlich Selbstmord beging; Die Kanaans stammen aus dem Kalabiyya-Stamm[12]
  • Rifaat al-Assad (* 1937), seit einem versuchten Putsch 1983 im Exil lebend, seit 2010 in London;[13]
    • mit vier Frauen verheiratet:
    • Rifaat hat eine Reihe von Kindern aus diesen Ehen, darunter:
      • Ribal al-Assad, seit seinem neunten Lebensjahr im Ausland lebend, derzeit USA; in einem Interview bestritt er 2010 eine Verwicklung seines Vaters in das Massaker von Hama oder Verbindungen seines Familienzweiges zu Abd al-Halim Chaddam oder Ghazi Kanaan.[13]
      • Somar al-Assad, unterstützt seinen Vater aktiv bei dessen Opposition zu Baschar[12]
      • Lamia, verheiratet mit 'Ala al-Fayad, dem Sohn von Schafiq al-Fayad (ehem. syrischer General)[12]
      • Mudar al-Assad, verheiratet mit May Haydar, Tochter des syrischen Multimillionärs Muhammad Haydar[14]
      • Tumadhir, verheiratet mit Mu'ein Nasef Kheir Bek (ebenfalls aus dem Kalabiyya-Stamm), dieser ist über Verwandtschaft und Verschwägerung entfernt verbunden mit Abd al-Halim Khaddam, Rafiq Hariri und der einflussreichen Damaszener al-Atassi-Familie[12]
  • Über Hafiz’ früh gestorbene Geschwister Bayat (gestorben mit 18 Jahren), Bahija und eine unbekannte Schwester ist fast nichts bekannt.[1]

Hafiz’ Cousins[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adnan al-Assad, Leiter einer Miliz in Damaskus
  • Muhammad al-Assad, ein weiterer Leiter derselben Miliz
  • Numeir al-Assad, Cousin zweiten Grades von Hafiz’ Kindern, führte eine kriminelle Bande in Latakia an und wurde festgenommen, nachdem er eine Bank überfallen hatte[11]

Anisas Verwandtschaft (Machluf-Familie)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Machlufs gehören zum alawitischen Haddadin-Stamm,[12] sowohl Hafiz als auch Rifaat haben eine Verbindung durch Heirat. Das Vermögen der Familie wurde 2006 auf etwa drei Milliarden US-Dollar geschätzt.[10]

  • Adnan Machluf, Anisas Cousin[10]
    • Rami Machluf, Haupteigner von SyriaTel[10], galt Stand 2019 als reichste Person Syriens[15]
    • Hafez Makhlouf, bis 2014 Geheimdienstchef Syriens, seitdem Asyl in Belarus[15]
    • Ihab Machluf, u. a. zuständig für die US-Liegenschaften der Machlufs[16]
    • Mohannad Machluf, in den USA lebend[10]

Schalisch-Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dhu al-Himma (Zuheir) Schalisch, General, Privatvermögen im Zielfeld der US-Behörden[17]
  • Asef Isa Schalisch, Cousin von Hafiz’ Kindern; Manager von SES, einer Firma, die in den Waffenhandel mit Irak und Iran verstrickt ist[10][16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sam Dagher: Assad or We Burn the Country: How One Family’s Lust for Power Destroyed Syria. Little, Brown, New York 2019, ISBN 978-0-316-55672-9.
  • David W. Lesch: Syria: The Fall of the House of Assad. Aktualisierte Neuauflage. Yale University Press, New Haven 2013, ISBN 978-0-300-19722-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Martin Stäheli: Die syrische Außenpolitik unter Hafiz Assad, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07867-3; S. 40
  2. Raymond Hinnebusch: Syria: from ‘authoritarian upgrading’ to revolution? In: International Affairs. Band 88, Nr. 1, 1. Januar 2012, ISSN 0020-5850, S. 95–113, doi:10.1111/j.1468-2346.2012.01059.x (oup.com [abgerufen am 21. April 2020]).
  3. Authoritarian Apprehensions. (uchicago.edu [abgerufen am 21. April 2020]).
  4. Weeks, Jessica: Dictators at War and Peace. C. p. 18. Hrsg.: Cornell University Press. S. 18.
  5. Susanne Michalik: Measuring Authoritarian Regimes with Multiparty Elections. In: Multiparty Elections in Authoritarian Regimes: Explaining their Introduction and Effects (= Studien zur Neuen Politischen Ökonomie). Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-09511-6, S. 33–45, doi:10.1007/978-3-658-09511-6_3.
  6. a b c d Mohamad Daoud: Dossier: Bushra Assad. In: Mideast Monitor. Oktober 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Juli 2011; abgerufen am 2. April 2011.
  7. William E. Schmidt: ASSAD'S SON KILLED IN AN AUTO CRASH. In: The New York Times. 22. Januar 1994, abgerufen am 31. März 2011 (englisch).
  8. SANA: Bashar al-Assads Youngest Brother Dead. In: iloubnan.info. 12. Dezember 2010, abgerufen am 3. April 2011.
  9. “Majd Hafiz al-Assad, the younger brother of President Bashar al-Assad, died on Saturday December 12, 2009 at the age of 43”, in Joshua Landis’ blog, 13. Dezember 2009.
  10. a b c d e f Shmuel Bar: Bashar’s Syria: The Regime and its Strategic Worldview. In: Comparative Strategy. 25, 2006, Special Issue, S. 379.
  11. a b c d Shmuel Bar: Bashar’s Syria: The Regime and its Strategic Worldview. In: Comparative Strategy. 25, 2006, Special Issue, S. 380
  12. a b c d e f g h i Shmuel Bar: Bashar’s Syria: The Regime and its Strategic Worldview. In: Comparative Strategy. 25, 2006, Special Issue, S. 381
  13. a b Robert Fisk: Freedom, democracy and human rights in Syria – Ribal al-Assad gives our writer a rare insight into the dynasty that has shaped modern Syria. In: The Independent. 16. September 2010, abgerufen am 3. April 2011.
  14. Shmuel Bar: Bashar’s Syria: The Regime and its Strategic Worldview. In: Comparative Strategy. 25, 2006, Special Issue, S. 382
  15. a b Raniah Salloum, DER SPIEGEL: Syrien: Baschar al-Assad gegen Rami Makhlouf - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 5. Mai 2020.
  16. a b Shmuel Bar: Bashar’s Syria: The Regime and its Strategic Worldview. In: Comparative Strategy. 25, 2006, Special Issue, S. 395
  17. Alphabetical Listing of Specially Designated Nationals and Blocked Persons (“SDN List”). In: US Department of the Treasury. 31. März 2011, abgerufen am 3. April 2011.