Albert Hößler

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Albert Hößler (* 11. Oktober 1910 in Mühlau; † 22. Dezember 1942 in Berlin) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und im Spanischen Bürgerkrieg sowie im Zweiten Weltkrieg ein Agent des sowjetischen Geheimdienstes NKWD.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hößler wurde als Sohn eines Handschuhmachers geboren. Sein Vater wurde im Ersten Weltkrieg schwer verwundet und kehrte als Kriegsversehrter 1915 zurück. Die Familie lebte in armen Verhältnissen. Seine Mutter starb 1917. 1925 schloss Hößler die Volksschule ab und begann eine Lehre als Gärtner, die er jedoch aus finanziellen Gründen abbrach. Er nahm diverse Arbeiten an. Nacheinander war er als Hilfsarbeiter im Baugewerbe, als Färber und als bei der Gemeinde Hartmannsdorf angestellter Waldgehilfe tätig. In Herrenhaide fand er dann längerfristig eine Anstellung als Gärtner und Kraftfahrer.

1928, nach anderen Angaben 1927, trat er dem Kommunistischen Jugendverband (KJVD) bei. Zwei Jahre später wurde er Mitglied der KPD, für die er 1932 in die Gemeindevertretung von Göppersdorf bei Burgstädt gewählt wurde.

Am 12. Dezember 1932 wurde Hößler in Zusammenhang mit einer von Auseinandersetzungen mit der Polizei begleiteten Demonstration von Arbeitslosen vor dem Amtsgericht Burgstädt verhaftet. Er blieb bis zum 12. Januar 1933 in Untersuchungshaft. Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 1. März 1933 wurde er erneut verhaftet und im Polizeigefängnis Chemnitz inhaftiert. Aufgrund einer Verwechslung kam er am 22. März 1933 wieder frei und floh in die Tschechoslowakei. 1934 kehrte er illegal nach Deutschland zurück und organisierte Widerstandsgruppen von Jugendlichen im Ruhrgebiet. Aufgrund von Anfang 1935 einsetzenden Massenverhaftungen floh Hößler über Belgien in die Niederlande. Hößler emigrierte in die Sowjetunion und absolvierte von Oktober 1935 bis Anfang 1937 eine Kaderschulung an der Internationalen Lenin-Schule der Komintern in Moskau. Im April 1937 ging Hößler nach Spanien, um am Spanischen Bürgerkrieg teilzunehmen. Zusammen mit Wilhelm Fellendorf besuchte Hößler eine geheime Ausbildungsschule des NKWD in Benimanet bei Valencia.[1] Danach wurde er dem Bataillon „Hans Beimler“ der XI. Internationalen Brigade zugeteilt. Im Juni 1937 wurde er an der Guadalajara-Front schwer verwundet. Nach einem Aufenthalt in einem spanischen Lazarett und einem Pariser Krankenhaus gelangte er schließlich 1939 nach Moskau in ein Sanatorium. 1940 wurde er als Metallarbeiter im Tscheljabinsker Traktorenwerk ausgebildet und heiratete 1941 die Ärztin Klawdia Rubzowa.

Nach dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion meldete er sich freiwillig auf sowjetischer Seite zum Militärdienst. Er wurde in Moskau, Rjasan und Ufa für einen Einsatz als Fallschirmagent in Deutschland ausgebildet. Am 5. August 1942 sprang Hößler zusammen mit Robert Barth in Wehrmachtsuniform bei Gomel hinter den deutschen Linien mit einem Fallschirm ab. Partisanen betreuten die beiden Ankömmlinge. Über Warschau und Posen reisten sie bewaffnet und unter falscher Identität nach Berlin und nahmen Kontakt zur Widerstandsgruppe Rote Kapelle über Elisabeth und Kurt Schumacher auf. Albert Hößler gelang es, aus der Wohnung von Erika von Brockdorff einen Funkspruch an den Auslandsnachrichtendienst des NKWD zu senden.[2]

Nach Enttarnung der Gruppe ab Ende August 1942 wurde Hößler Ende September 1942 von der Gestapo verhaftet und bald darauf ohne Gerichtsverfahren ermordet.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Zeit der DDR gab es zum Teil verfälschende, die Bedeutung Hößlers für die Rote Kapelle überhöhende Darstellungen. So schrieb Klaus Drobisch 1963, dass die von Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack geleitete Widerstandsorganisation „von dem mit dem Fallschirm abgesprungenen ZK-Instrukteur Albert Hößler unmittelbar angeleitet wurde.“[3] Diese Darstellungen entbehrten jedoch auch nach damaligem Kenntnisstand der historischen Grundlage.[4] Eine weitere Darstellung der Rolle Hößlers in der Roten Kapelle erfolgte 1979 in dem Buch Rote Kapelle gegen Hitler[5] des MfS-Offiziers Julius Mader, das heute als Beispiel für manipulierte Geschichtsschreibung gewertet wird.[6] Seit den 1960er Jahren wurden in der DDR sämtliche Biographien der Mitglieder der Roten Kapelle vom Ministerium für Staatssicherheit angepasst, um dem Geheimdienst der DDR selbst antifaschistische Wurzeln zu geben.[6] Im Rahmen der revolutionären Traditionspflege spielte Hößler in seiner Tätigkeit als „Kundschafter“ für die Sowjetunion und als antifaschistischer Widerstandskämpfer der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation im Ministerium für Staatssicherheit eine große Rolle.[7]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer seit 1967 dauernden Abstimmung zwischen dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR und dem sowjetischen Geheimdienst KGB[8] wurde Hößler am 6. Oktober 1969 postum der sowjetische Orden des Vaterländischen Krieges Erster Stufe verliehen.[9]

In der DDR war eine Kaserne des MfS in Glienicke/Nordbahn nach ihm benannt. Andere in der Zeit der DDR erfolgte Benennungen verschwanden jedoch nach der politischen Wende des Jahres 1989. So wurde die in Magdeburg nach ihm benannte Albert-Hößler-Straße umbenannt. Die nach ihm benannte Kaserne im sächsischen Frankenberg wurde nach 1990 entwidmet. Heute trägt eine Straße nahe der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg den Namen Albert Hößlers.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Heinz Jahnke: Ermordet und ausgelöscht – Zwölf deutsche Antifaschisten; Ahriman-Verlag (Reihe: Unerwünschte Bücher zum Faschismus Nr. 8): 1995 ISBN 978-3-89484-553-7. auf Google Books
  • Johannes Tuchel: Das Ministerium für Staatssicherheit und die Fallschirmagenten der Roten Kapelle – Der Fall Albert Hößler. In: Schafranek, Hans und Tuchel, Johannes (Hg.): Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg. Wien, Picus-Verlag, 2004, S. 56–77

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die internationalen Brigaden im Spiegel neuer Dokumente (Memento vom 4. November 2007 im Internet Archive)
  2. Stefan Roloff: Die Katakombengesellschaft. satzweiss.com, 2011, ISBN 3845005157
  3. Klaus Drobisch: Zur Tätigkeit der Beauftragten des ZK der KPD in Berlin 1939-1941. In: ZfG, 3/1963, 11. Jg., S. 563
  4. Simone Barck: Antifa-Geschichte(n): eine literarische Spurensuche in der DDR der 1950er und 1960er Jahre, Böhlau Verlag, Köln u. Weimar 2003, ISBN 3412138029, S. 216; Johannes Tuchel: Das Ministerium für Staatssicherheit und die Fallschirmagenten der Roten Kapelle - Der Fall Albert Hößler. In: Schafranek, Hans und Tuchel, Johannes (Hg.): Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg. Picus-Verlag, Wien 2004, ISBN 3854524706, S. 56–77.
  5. Alexander S. Blank, Julius Mader: Rote Kapelle gegen Hitler. Verlag der Nation, Berlin, 1979
  6. a b Geertje Andresen: Wer war Oda Schottmüller?: Zwei Versionen ihrer Biographie und deren Rezeption in der alten Bundesrepublik und in der DDR. Lukas Verlag, 2012, ISBN 3867321256, S. 78–79
  7. Biographie Albert Hösslers beim Bürgerkomitee Leipzig e.V. für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS), abgerufen am 11. September 2013
  8. Johannes Tuchel: Der vergessene Widerstand: zu Realgeschichte und Wahrnehmung des Kampfes gegen die NS-Diktatur., Wallstein Verlag, 2005, ISBN 3892449430, S. 249–252
  9. Hohe sowjetische Orden für antifaschistische Widerstandskämpfer In: Neues Deutschland vom 23. Dezember 1969