Ali Laridschani

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ali Laridschani auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007
Ali Laridschani bei einem Vortrag während seiner Präsidentschaftskampagne an der Scharif-Universität für Technologie im März 2005

Ali Ardeschir Laridschani (auch Ali Laridjani bzw. Larijani; persisch على اردشیر لاریجانی [æˈliː lɔːriːʤɔːˈniː]; * 3. Juni 1958 in Nadschaf, Königreich Irak[1]) ist ein iranischer Politiker. Laridschani gilt als Gefolgsmann Ali Chameneis, ist Sekretär des auch für Atomfragen zuständigen Nationalen Sicherheitsrats und seit dem 26. Mai 2008, durch die Machtverschiebung bei den iranischen Parlamentswahlen 2008, Sprecher des Parlaments bzw. Parlamentspräsident und galt als potentieller Kandidat für die Präsidentschaft Irans.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laridschani, Sohn des Ajatollah Haschem-Amoli, entstammt einer politisch einflussreichen Familie. Sein Bruder Sadegh Laridschani ist seit 2009 Vorsitzender der Iranischen Justiz, Mohammad-Dschavad ist Direktor des Instituts für theoretische Physik und Mathematik in Teheran, Bagher Laridschani ist Direktor der Tehran University of Medical Sciences, Fazel Laridschani ist iranischer Kulturattaché in Ottawa. Ali Laridschani ist mit Farideh, der Tochter des Ajatollah Morteza Motahhari, verheiratet, und ein Cousin des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ahmad Tavakkoli.

Laridschani studierte Mathematik, ist Informatiker und Philosoph und diente unter der Präsidentschaft von Ali Akbar Hāschemi Rafsandschāni als Kulturminister. Von 1994 bis 2004 leitete er die staatliche Rundfunkanstalt IRIB und war auch Mitglied der iranischen Revolutionsgarde. Laridschani galt als Gegner der „Reformpolitik“ des ehemaligen Präsidenten Mohammad Chātami. In seiner Zeit als Fernsehchef habe er nur konservative Stimmen zu Wort kommen lassen, kritisierten iranische Reformpolitiker.[2] Bei der Präsidentenwahl im Juni 2005 hatte er als Kandidat der Konservativen knapp sechs Prozent der Stimmen bekommen.

Laridschani wurde unter der Regierung Mahmud Ahmadineschād zum Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen mit der EU ernannt. Er löste am 18. August 2005 den als gemäßigt geltenden Hassan Rohani ab. Unter seiner Verhandlungsführung konnte kein Durchbruch im Streit um das iranische Atomprogramm erzielt werden,[3] da er sich zwar in der Wortwahl jedoch nicht in der Sache von der Linie des Präsidenten unterschied.[4] Am 20. Oktober 2007 wurde sein angeblich schon länger beabsichtigter Rücktritt als Chefunterhändler in den Atomgesprächen mit der EU-3 von Regierungssprecher Gholam-Hossein Elham bekannt gegeben, sein Nachfolger wurde Said Dschalili. Diplomaten deuten dies als einen Sieg der Hardliner um Präsident Ahmadineschād.[5]

Nach seinen Angaben vom 7. Dezember 2007, anlässlich der Veröffentlichung des Geheimdienstberichts der US-Regierung, war der Iran „niemals“ bestrebt, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. „Die in dem jüngst veröffentlichten US-Geheimdienstbericht enthaltene Formulierung, Teheran habe sein Atomwaffenprogramm 2003 eingestellt, sei schlichtweg eine ‚Lüge‘.“[6]

Durch die Wahl zum Parlamentspräsidenten im Mai 2008 galt Laridschani als neuer starker Mann Teherans, dem als ausgewiesenem Gegner Mahmud Ahmadineschāds Chancen bei der nächsten Präsidentenwahl eingeräumt wurden.[7]

Am 6. Februar 2009 sorgte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz für Irritationen. Zur Frage des Holocaust sagte er: Er sei „doch etwas überrascht, wie sensibel Sie reagieren.“ In westlichen Ländern dürfe Mohammed ungestraft beschimpft werden, im Iran seien Aussagen über den Holocaust nicht strafbar. Es gebe da eben „unterschiedliche Sichtweisen“. Er sei kein Historiker: „Ich bin Politiker, ich möchte jetzt nicht über das Thema sprechen.“[8] In einem Spiegel Online gegebenen Interview bezeichnete Laridschani den Holocaust als „historisches Ereignis“, das nicht das Problem des Iran wäre.[9] In einem Interview mit Euronews verglich Laridschani die iranischen Atomaktivitäten mit den japanischen und bestand auf einer friedlichen Nutzung der Atomenergie durch den Iran.[10]

Ende Mai 2012 wurde Laridschani zum zweiten Mal zum Parlamentspräsidenten gewählt. Er gewann die Wahl mit 173 von 275 Stimmen gegen den ebenfalls Ahmadineschād-kritischen Gholam Ali Haddad-Adel, auf den 100 Stimmen entfielen.[11]

2021 wurde er nicht als Kandidat zur Präsidentschaftswahl im Iran 2021 zugelassen.[12]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ali Laridschani – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ali Larijani (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive)
  2. a b Spiegel Online, Hasnain Kazim, 17. Juni 2009: Ajatollahs, Philosophen und ein Milliardär. 5. Teil: Konservativer mit Zukunft – Ali Laridschani
  3. Iran Erklärung des Auswärtigen Amtes vom 28. September 2007
  4. Spiegel online vom 20. Oktober 2007
  5. Diplomatisch abgetreten, Tagesspiegel vom 21. Oktober 2007
  6. Larijani: Iran wollte niemals Atomwaffen herstellen. In: derStandard.at. 15. Dezember 2007, abgerufen am 6. Dezember 2017.
  7. dw-world vom 27. Mai 2008
  8. Sebastian Fischer: Iran weist Dialog-Angebot brüsk zurück. In: Spiegel Online, 6. Februar 2009.
  9. Georg Mascolo, Gerhard Spörl, Sebastian Fischer: „Die Großmächte müssen akzeptieren – auch auf unserer Seite gibt es Vernunft“ In: Spiegel Online, 8. Februar 2009 (Interview).
  10. Euronews, 23. Juli 2010: Interview mit Ali Laridschani: Niemand kann verurteilt werden, bevor er etwas getan hat
  11. Ahmadinedschad-Kritiker ist neuer Parlamentspräsident (Memento vom 30. Mai 2012 im Internet Archive) bei tagesschau.de, 28. Mai 2012 (abgerufen am 28. Mai 2012).
  12. Monika Bollinger: Ein Hardliner auf dem Weg zur Macht. Der Spiegel, 31. Mai 2021, abgerufen am 18. Juni 2021.