Alija

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Alijah)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Einwanderer der zweiten Alija, Feld bei Migdal (1912)

Der Begriff Alija (ֽֽhebräisch עֲלִיָּה ʿalijjah, deutsch ‚Aufstieg‘, Plene עלייה; Plural ʿalijjot) stammt aus der Bibel und bezeichnet im Judentum seit dem babylonischen Exil (586–539 v. Chr.) die Rückkehr von Juden als Einzelne oder Gruppen ins Land Israel. Teilnehmer einer Alija heißen auf Hebräisch Olim (Singular: mask. Oleh, fem. Olah).

Seit der Entstehung des politischen Zionismus im 19. Jahrhundert bedeutet der Begriff allgemein „jüdische Einwanderung“ nach Palästina bzw. seit 1948 nach Israel.[1]

Ursprung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das hebräische Wort Alija für „Aufsteigen, Hinaufziehen“ bezeichnete im antiken Judentum eine Wallfahrt gläubiger Juden zum Jerusalemer Tempel an einem der drei jährlichen Wallfahrtsfeste Pessach, Schawuot und Sukkot. Das Aufsteigen bezog sich auf das hochgelegene Bergland Judäas und besonders auf den etwa 800 m hoch gelegenen Tempelberg, den Zion.[2]

Nachdem die Babylonier den Tempel und die Stadt Jerusalem als kultisches Zentrum des damaligen Judentums 586 v. Chr. zerstört und seine politischen und kultischen Eliten exiliert hatten, bezeichnete der Begriff auch das erhoffte künftige „Hinaufziehen“ der exilierten Juden in ihr Heimatland Israel. Das Edikt des Perserkönigs Kyros II. von 539 v. Chr. erlaubte ihnen diese Rückkehr nach biblischer Überlieferung mit den Worten (Esr 1,3 EU; vgl. 2. Buch Chronik 36,23):

„Jeder unter euch, der zu seinem Volk gehört – sein Gott sei mit ihm –, der soll nach Jerusalem in Juda hinaufziehen und das Haus des Herrn, des Gottes Israels, aufbauen; denn er ist der Gott, der in Jerusalem wohnt.“

Damit löste Kyros eine frühe Rückwanderungswelle nach Israel aus, in deren Folge der Tempel und Jerusalem als Hauptstadt Israels wieder aufgebaut wurden.

Die frühen Alijot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Im späten 12. Jahrhundert trafen einige Juden aus Nordafrika aufgrund von Verfolgungen ein.
  • Zwischen 1210 und 1211 wanderten 300 französische und englische Rabbiner ein (Einwanderung der dreihundert Rabbiner).
  • Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahr 1492 kamen einige Juden nach Samaria und Judäa.
  • Im 15. Jahrhundert traf eine Gruppe italienischer Juden ein, die einen großen Einfluss auf die örtliche jüdische Gemeinde ausübte. Unter ihnen war Rabbi Elia, der 1483 aus Ferrara einwanderte.[3]
  • Nach der türkischen Eroberung im Jahr 1516 folgte eine Einwanderungswelle aus dem Orient, Sizilien, Italien, Frankreich, Deutschland und Nordafrika. Gemeinsam mit ihnen kamen auch weitere Flüchtlinge der Vertreibungen aus Spanien und Portugal. Einige ließen sich in Jerusalem nieder, die meisten jedoch siedelten in Safed.
  • Während des gesamten 16. Jahrhunderts zog die Hochblüte der Kabbala in Safed viele Einwanderer aus Frankreich, Deutschland, Italien und anderen europäischen Ländern, aber auch aus Nordafrika und dem Orient an.
Die Windmühle von Sir Moses Montefiore im Jahr 1858
  • 1579 kamen 120 Einwanderer aus Damaskus.
  • Mitte des 17. Jahrhunderts gab es eine wichtige Alija türkischer Juden.
  • Im Jahr 1700 ließ sich eine Gruppe von 1500 europäischen Juden unter der Führung von Rabbi Jehuda Chassid in Jerusalem nieder. Sie errichten die Hurva-Synagoge.
  • Ende des 18. Jahrhunderts begann bis ins frühe 19. Jahrhundert die Einwanderung der Chassidim. Die erste organisierte chassidische Einwanderung fand 1764 statt und wurde von Schülern des Ba’al Schem Tow, des Begründers des Chassidismus, angeführt. Sie siedelten sich in Tiberias, Safed, Hebron und Jerusalem an und begründeten die Tradition der vier Heiligen Städte des Judentums.
  • 1808 organisierten auch die Peruschim, die Schüler des Gaon von Wilna, eines Gegners des Chassidismus, eine Alija und begründeten eine Gemeinde in Jerusalem.
  • 1830 begann eine Einwanderungswelle aus Deutschland, den Niederlanden und Ungarn.
  • Während des 19. Jahrhunderts fand die Einwanderung tausender Juden aus orientalischen Ländern wie der Türkei, Nordafrika, Irak, Persien, Buchara, Assyrien, Afghanistan, dem Kaukasus und dem Jemen statt, welche die Ankunft des Messias für das jüdische Jahr 5600 (= 1840) erwarteten. 1840 waren Juden die größte Bevölkerungsgruppe in Jerusalem. Die Eroberung von Syrien durch Muhammad Ali Pascha brachte für die jüdische Bevölkerung Erleichterungen, wie z. B. die Erlaubnis, die bei einem Erdbeben 1837 zerstörten Gebäude in Safed und Tiberias wieder aufzubauen.
  • 1857: Der in London lebende italienische Jude Sir Moses Montefiore ließ eine achtzehn Meter hohe Windmühle mit einer kleinen Siedlung aus zwanzig Häusern außerhalb der Stadtmauer Jerusalems errichten und schuf damit eine wichtige Lebensgrundlage der jüdischen Bevölkerung.
  • 1860 lebten etwa 12.000 Juden in Palästina.

Die modernen Alijot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Alijot der Neuzeit werden in der Literatur unterschiedlich periodisiert, sowohl hinsichtlich der Dauer als auch hinsichtlich der Einwanderungszahlen.

Die erste Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Alija dauerte von 1882 bis 1903. Das Gebiet von Palästina gehörte damals zum Osmanischen Reich. Mit der ersten Alija kamen etwa 30.000 Einwanderer aus Osteuropa, Russland, Rumänien und dem Jemen.[4]

Die Gründe für eine Einwanderung lassen sich auf drei Faktoren zurückführen:

  • Die uralte Sehnsucht der Juden nach ihrem historischen Heimatland.
  • Die andauernden Pogrome in Russland.
  • Die Überzeugung, dass nur die Rückkehr in das historische Heimatland imstande sein würde, das „jüdische Problem“ dauerhaft und grundlegend zu lösen.

Die erste Alija wurde vor allem von den Bewegungen Chibbat Zion und der Bilu beeinflusst. Bilu ist eine Abkürzung für „Beit Ja'akov Lekhu Ve-nelkha“, „Haus Jakob, geht, lasst uns aufbrechen!“ (Jes 2,5 EU). Diese Bewegungen haben auch die ersten landwirtschaftlichen Siedlungen, Moschawot gegründet, bis 1903 insgesamt 28, darunter in Judäa: Rischon LeZion, Ekron, Gedera, Petach Tikwa, Zichron Jaakov und in Obergaliläa: Rosch Pina, Jesod Hama’alah. Be’er Tuvia war die südlichste und Metulla die nördlichste Siedlung.

Die erste Gruppe von 14 Personen ging am 6. Juli 1882 in Jaffa an Land; die zweite Gruppe mit 34 Personen kam zwei Jahre später. Zu dieser Gruppe gehörten auch vier Frauen. Gedera ist eine Bilu-Gründung. Am 27. Juni 1901 wurde die Vereinigung Kibbuz Achim gegründet, deren Ziel es war, die Ankömmlinge der ersten Alija bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft zu unterstützen.

Ebenfalls ab 1882 begann der in Frankreich lebende Baron Edmond Rothschild in sechzehn Musterdörfern 12.000 Juden anzusiedeln, die sich selbstständig ernähren konnten. Besonders bekannt wurden seine Weinfelder am Südwestabhang des Karmel, wozu er französische Rebsorten einführen ließ.

Es gab zwei Haupteinwanderungswellen: 1882 bis 1884 und 1890 bis 1891.

Neben 28 neuen landwirtschaftlichen Siedlungen mit ca. 6.000 Personen wuchsen auch die städtischen Siedlungen an. So kamen je ca. 3.000 Neueinwanderer nach Haifa und Jaffa und etwa 1.000 Einwanderer nach Jerusalem.

Das Hebräische wurde wieder zu einer im Alltag gesprochenen Sprache und die ersten hebräischen Grundschulen entstanden. Der Pioniergeist hatte sich jedoch erschöpft und war 1903 fast zum Erliegen gekommen. Insgesamt gelangten während der ersten Alija etwa 35.000 Juden nach Palästina, doch fast die Hälfte unter ihnen verließ das Land wieder nach einigen Jahren.[5]

Ein bekannter Teilnehmer der 1. Alija war Elieser Ben-Jehuda.

Die zweite Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sie fand von 1904 bis 1914 statt und brachte 35.000 bis 40.000 Einwanderer, vor allem aus Russland und Polen, in das Land Palästina.

Der erste Anstoß dazu waren die blutigen Ereignisse in Kischinew 1903. Weitere Pogrome in Russland im Jahre 1904 und 1905 sowie der Tod Theodor Herzls am 3. Juli 1904 führten zu einem neuen Pioniergeist.

Die Teilnehmer waren meist junge Männer und Frauen mit sozialistischen Ideen und dem Wunsch nach einer klassenlosen Gesellschaft und einer Religion der Arbeit. Sie ließen sich nicht nur von einer nationalen Ideologie leiten, sondern wünschten sich auch ein Gemeinwesen für Proletarier in Palästina.

Sie hatten in der Regel bereits in ihren Heimatländern eine landwirtschaftliche Ausbildung erhalten. Von Einwanderern der zweiten Alija wurden die ersten Parteien der Arbeiterbewegung, die Poalei Tzion und die HaPoel HaZair, die Vorgängerorganisationen der Mapai, aufgebaut.

Die Teilnehmer der zweiten Alija arbeiteten als Arbeiter in den Moschawot oder in den Städten. Sie gründeten 1909 den ersten Kibbuz Degania, die erste jüdische Stadt der Neuzeit Tel Aviv und ebenfalls 1909 die militärische Organisation HaSchomer. Auch schufen sie die Basis für eine neue hebräische Presse und Literatur, was die Verbreitung der Sprache erheblich förderte, und für die Gewerkschaft Histadrut.[6]

Bekannte Teilnehmer der zweiten Alija waren: David Ben-Gurion, Jitzhak Ben Zwi, Berl Katznelson, Israel Schochat, Jitzchak Tabenkin und Joseph Trumpeldor.

Die Zweite Alija wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendet. In der gleichen Zeit wanderten mehr als eine Million Juden aus Osteuropa in die USA aus.

Die dritte Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die dritte Alija dauerte von 1919 bis 1923 und stellte in vielerlei Hinsicht eine Fortsetzung der zweiten dar. Sie brachte 35.000 Einwanderer ins Land, von denen 53 Prozent aus Russland und 36 Prozent aus Polen stammten. Die Übrigen kamen aus Litauen, Rumänien und anderen osteuropäischen Ländern. Achthundert Einwanderer stammten aus West- und Mitteleuropa. Viele Neuankömmlinge waren Mitglieder der Hechaluz-Bewegung in Russland und Polen oder des Hashomer Hatzair („der junge Wächter“) in Galizien, der ältesten jüdischen Jugendbewegung, die sich selbst als „Weltorganisation der zionistischen Jugend“ bezeichnet.

Die Ursachen der Einwanderungswelle lagen in den Folgen der russischen Oktoberrevolution und des Bürgerkrieges, den Pogromen in der Ukraine in den Jahren 1919 und 1920 mit 150.000 ermordeten Juden, den Auseinandersetzungen um die nationale Selbstbestimmung in Europa nach dem Ersten Weltkrieg, der Balfour-Deklaration und der britischen Mandatsverwaltung Palästinas mit der Zusicherung auf die Errichtung einer nationalen jüdischen Heimstätte.

Die Einwanderung in die Vereinigten Staaten war zwar immer noch möglich und wurde auch häufig genutzt, die meisten, die Palästina als Einwanderungsland wählten, kamen aus zionistischer Überzeugung.

Diese jungen Pioniere brachten eine Schöpferkraft, die den Charakter des Jischuw veränderte. Gemeinsam mit ihren Vorgängern aus der Zweiten Alijah spielten sie eine bedeutende Rolle in seiner Führungsschicht. Sie gründeten den Histadrut, den landesweit organisierte Gewerkschaftsverband der Arbeiter, die Selbstverteidigungsorganisation Hagana, stellten Arbeiter für den Wohnungs- und Straßenbau sowie den Anfängen der Industrie und unterstützten den Aufbau der jüdischen Landwirtschaft. Die Dritte Alijah vergrößerte auch die Zahl der jüdischen Siedlungen durch die Gründung vieler neuer Kibbutzim (z. B. En Harod, Gewa, Tel Josef und Beit Alfa in der Jesreelebene, Kirjat Anavim in der Nähe von Jerusalem), der ersten Moschawim (z. B. Nahalal, Kfar Yechezkel, Tel Adaschim und Balfouria) und riefen 1927 ihre Kibbuzbewegung ins Leben.[7]

1922 lebten etwa 85.000 Juden in Palästina: In den Städten des Landes, vor allem Jerusalem, Tel Aviv, Tiberias, Haifa und Hebron und in 60 landwirtschaftlichen Siedlungen.

Im Zweiten Weltkrieg operierten Mitglieder der Hashomer Hatzair, darunter Mordechaj Anielewicz, im von NS-Deutschland besetzten Europa, vor allem in Polen, und waren an Ghettoaufständen beteiligt. Nach dem Krieg nahmen sie an Bricha-Unternehmen teil. 1946 gründete die Bewegung eine politische Partei, die gemeinsam mit Achdut Ha’Avoda 1948 die Arbeiterpartei Mapam bildete.

Die vierte Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vierte Alija von 1924 bis 1927 unterschied sich in ihrer sozialen Struktur von den vorhergehenden. Sie begann Mitte des Jahres 1924 und an ihr nahmen 67.000 Einwanderer, die Hälfte von ihnen aus Polen, teil. Auf dem Höhepunkt der vierten Alija, im Jahre 1925, kamen auf 1000 Juden, die in Palästina lebten, 285 Neuankömmlinge.[8]

Sie wird auch als Mittelstands-Alija bezeichnet, weil sie vor allem aus Angehörigen der Mittelklasse, Geschäftsleuten und Handwerkern bestand. Die Immigration von Pionieren kam wegen der Auswanderungsbeschränkungen der Sowjetunion praktisch zum Erliegen.

Die Einwanderungswelle war das Ergebnis von zwei Entwicklungen: Die Wirtschaftskrise in Polen und die ökonomischen Beschränkungen, die den polnischen Juden auferlegt wurden, daher auch der Name Grabski-Alija[9] nach dem polnischen Finanzminister Władysław Grabski. Ein weiterer Grund war, dass die USA mit dem Immigration Act von 1924 ihre Grenzen für Masseneinwanderungen weitgehend abschotteten.

Die meisten Neuankömmlinge, insgesamt acht von zehn Einwanderern der vierten Alija,[10] hielten an ihrer Lebensweise fest und ließen sich in den Städten, vor allem in Tel Aviv, nieder. Sie investierten ihr geringes Kapital in Werkstätten und Fabriken, kleinen Hotels, Restaurants, Geschäften, vor allem aber im Baugewerbe. In der Küstenebene kam es auch zu einer bedeutenden landwirtschaftlichen Entwicklung. Neue Ansiedlungen, deren Lebensgrundlage Zitrusplantagen waren, wurden gegründet, darunter Magdiel, Herzlia, Binjamina und Netanja.

1926 stagnierte die Einwanderung durch eine ernste Wirtschaftskrise in Palästina. Von den 13.000, die 1926 angekommen waren, verließ mehr als die Hälfte wieder das Land. 1927 wanderten mehr als 5000 aus, jedoch nur 2300 wanderten ein, womit die Einwanderungswelle verebbte.[11]

Die fünfte Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die fünfte Alija erstreckte sich über den Zeitraum von 1930 bis 1939 und brachte 250.000 Einwanderer. Sie kamen überwiegend aus Polen, Deutschland, Österreich, Rumänien, Griechenland, Jemen und Irak. Allein im Zeitraum 1933 bis 1936 kamen nach der Machtübernahme Adolf Hitlers 164.000 Juden legal nach Palästina, neben weiteren illegalen Flüchtlingen. Die überwiegende Mehrheit ließ sich in den Städten nieder; allein nach Tel Aviv zogen etwa die Hälfte der Einwanderer.

Die deutschen und österreichischen Juden, die über ein Viertel der Gesamteinwandererzahl ausmachten, trugen entscheidend zur Entwicklung des Jischuw bei. Sie waren die erste größere Einwanderergruppe aus West- und Mitteleuropa. Viele von ihnen hatten eine medizinische oder andere akademische Ausbildung. Sie machten auch die Mehrheit der Musiker im neuen Philharmonischen Orchester aus. Die Städte erlebten durch den hohen Bildungsstand, bürgerliche Lebensform und mitteleuropäische Werte wie Pünktlichkeit und Ordnungssinn, sowie den beruflichen Erfahrungen eine Steigerung des Niveaus im Geschäftslebens und der städtischen Einrichtungen. Viele dieser Eigenschaften sind in das bis heute mit Ironie und Respekt verbundene Bild von den deutschen Einwanderern, den Jeckes, eingegangen. Mit diesem Zustrom begann die Erfolgsgeschichte von Tel Aviv.[12]

Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges lebten 475.000 Juden in Palästina, ungefähr vierzig Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes.

Die Alija Bet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Alija Bet (Bet ist der 2. Buchstabe des hebräischen Alphabets) bezeichnet den sekundären Aufstieg, also die illegale Einreise. Sie wird auch als Haʿappalah (hebräisch הַעְפָּלָה) bezeichnet. Sie begann ca. 1934 mit der Verfolgung in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus und dauerte bis zur Staatsgründung. Die Einwanderung trotzte den Hürden der britischen Regierung (u. a. Weißbuch von 1939) und den Versuchen die Einwanderungswege zu kontrollieren. Im Jahr 1939 wurde durch die Hagana der Mossad le Alija Bet und durch die Revisionisten ebenfalls eine Organisation in Paris für die illegale Einwanderung gegründet.[13]

Unter der Einwanderrestriktion fanden zwischen 1940 und 1945 nur 31.221 Juden legal im Lande Aufnahme, meist auf der Flucht vor der von Deutschland betriebenen und kontinuierlich ausgeweiteten Ermordung europäischer Juden und Antisemitismus in anderen Ländern, während weitere 19.965 jüdische Flüchtlinge illegal ins Land gelangten.[14] In den Jahren nach dem deutscherseits betriebenen Judenmord bestanden die britischen Restriktionen fort, aber insgesamt erreichten zwischen 1934 und 1948 insgesamt 115.000 illegale Einwanderer das Land, während 51.000 von den britischen Behörden auf Zypern festgehalten wurden und erst nach der Unabhängigkeit des Staates Israel einreisen konnten. Die jüdische Bevölkerung in Palästina stieg bis 1948 auf 650.000 Juden an.[15]

In der Literatur finden sich auch Periodisierungsversuche, die eine sechste Alija benennen und auf 1936–1940 datieren. Sie umfasste etwa 90.000 Einwanderer, hauptsächlich „illegale“ Flüchtlinge vor dem Nationalsozialismus (Maapilim).

Alijot seit der Staatsgründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Rückkehrgesetz wurde von der Knesset am 5. Juli 1950 als erstes Gesetz nach der Staatsgründung 1948 angenommen.
  • 1948–1951: Insgesamt ca. 687.624[16] Einwanderer, vor allem aus Ägypten, Irak, Polen und Rumänien, sowie 123.371 aus dem Jemen, 34.547 aus der Türkei und 21.910 aus dem Iran[17]. Damit verdoppelte sich die jüdische Bevölkerung in Israel.[18]
* Zwischen Juni 1949 und September 1950 kamen mit der Operation Fliegender Teppich in zunächst geheim gehaltenen Transporten etwa 49.000 jemenitische Juden in den neuen Staat Israel.[19]
* Im März 1951 brachte die Luftbrücke „Operation Esra und Nehemia“ 107.603 irakische Juden über den Iran und Zypern nach Israel.
  • 1955–1957: etwa 100.000 Einwanderer aus Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen, mit dem Ende der französischen Kolonialherrschaft (zur Einwanderung aus Marokko in den 1940ern und 1950ern siehe auch: Geschichte Marokkos ab 1948).
  • Nachdem am 11. Januar 1961 das Frachtschiff Egos 16 km vor Morro Nuevo in der Bucht von Alhucamas sank, wobei alle 44 jüdische Flüchtlinge aus Marokko und 2 Besatzungsmitglieder starben, wurden mit Erlaubnis der marokkanischen Regierung vom November 1961 bis zum Frühling 1964 80.000 Juden in der Operation Jachin über Frankreich und Italien nach Israel gebracht.[20]
  • 1969–1975: etwa 100.000 Einwanderer aus der UdSSR, die vor dem verbreiteten Antisemitismus und den staatlichen Beschränkungen der Religionsausübung flohen.
  • Zwischen dem 21. November 1984 und dem 5. Januar 1985 brachten die Operation Moses (Miwza Mosche) und im März 1985 die Operation Joschua etwa 8.000 äthiopische Juden nach Israel.
  • 1989 bis 1995: etwa 600.000 Einwanderer aus der Sowjetunion bzw. aus der GUS, vor allem aus Russland und der Ukraine.
  • Die Operation Salomon brachte vom 23. bis 25. Mai 1991 weitere 14.326 Juden aus Äthiopien.[21]

21. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vom November 2011 bis August 2013 kamen weitere 7846 äthiopische Juden mit der Operation Taubenflügel.
  • Trotz der Corona-Pandemie beschloss die israelische Regierung, zwischen September 2020 und Anfang 2021 rund 2.000 Juden aus Äthiopien mit der Operation Fels Israels nach Israel zu bringen.[22]

Statistik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwanderer seit der Staatsgründung Israels am 15. Mai 1948 nach Kontinenten:

Jahr unbekannt A.+O.1 Europa Afrika Asien Gesamt
019482 11.865 00.478 076.554 08.192 04.739 101.828
1949 05.702 01.422 011.963 39.215 071.652 239.954
1950 03.687 01.954 081.195 26.162 057.565 170.563
1951 03.141 01.286 047.074 20.382 103.396 175.279
1952 00.275 00.950 006.232 10.286 006.867 024.610
1953 00.382 00.930 002.147 05.102 003.014 011.575
1954 00.165 01.091 001.369 12.509 003.357 018.491
1955 00.061 01.155 002.065 32.815 001.432 037.528
1956 00.101 01.067 006.739 45.284 003.139 056.330
1957 01.435 01.410 039.812 25.747 004.230 072.634
1958 00.241 01.320 013.695 04.113 007.921 027.290
1959 00.137 01.147 014.731 04.429 003.544 023.988
1960 00.204 01.158 016.169 05.379 001.782 024.692
1961 00.194 01.969 023.375 18.048 004.149 047.735
1962 00.350 02.187 011.825 41.816 005.355 061.533
1963 00.143 06.497 014.213 38.672 004.964 064.489
1964 00.327 04.188 028.124 17.340 005.057 055.036
1965 00.382 03.096 013.879 08.535 005.223 031.115
1966 00.229 02.132 007.435 03.024 003.137 015.957
1967 00.148 01.771 004.295 06.268 001.987 014.469
1968 00.161 02.275 006.029 07.567 004.671 020.703
1969 00.330 09.601 015.236 05.926 007.018 038.111
1970 00.222 11.405 014.434 03.785 006.904 036.750
1971 00.025 12.885 020.888 02.354 005.778 041.930
1972 00.020 10.814 039.145 02.766 003.143 055.888
1973 00.008 09.522 040.492 02.839 002.025 054.886
1974 00.021 06.439 023.126 01.216 001.177 031.979
1975 00.006 04.989 013.417 00.689 000.927 020.028
1976 00.011 05.774 012.137 00.697 001.135 019.754
1977 00.040 06.201 012.660 01.620 000.908 021.429
1978 00.121 06.305 016.549 01.683 001.736 026.394
1979 00.367 06.024 022.404 01.340 007.087 037.222
1980 00.077 04.350 011.792 01.007 003.202 020.428
1981 00.062 04.243 005.909 01.170 001.215 012.599
1982 00.046 05.003 006.168 01.555 000.951 013.723
1983 00.056 06.758 006.154 03.094 000.844 016.906
1984 00.035 04.876 005.485 08.885 000.700 019.981
1985 00.014 03.739 003.964 02.318 000.607 010.642
1986 00.031 03.634 003.675 00.982 001.183 009.505
1987 00.016 03.812 006.044 01.205 001.888 012.965
1988 00.019 03.969 006.012 01.334 001.700 013.034
1989 00.091 04.147 016.766 01.861 001.185 024.050
1990 00.139 04.315 189.650 04.472 000.940 199.516
1991 00.062 03.023 152.142 20.251 000.622 176.100
1992 00.123 03.006 068.962 04.075 000.891 077.957
1993 00.048 03.283 070.315 01.431 001.728 076.805
1994 00.051 03.593 072.553 01.928 001.719 079.844
1995 00.025 04.330 068.987 01.772 001.247 076.361
1996 00.068 04.587 052.475 01.998 011.791 070.919
1997 00.018 04.248 049.903 02.283 009.769 066.221
1998 00.033 03.316 042.155 03.514 007.712 056.730
1999 00.034 03.580 062.147 02.681 008.324 076.766
2000 00.003 03.359 046.955 02.509 007.377 060.202
2001 03.604 030.794 03.573 005.500 043.473
2002 00.004 08.737 018.021 02.949 003.859 033.570
2003 00.003 04.430 012.626 03.342 002.872 023.273
2004 03.428 011.149 03.878 002.444 020.899
2005 04.065 011.279 03.766 002.071 021.183
2006 00.006 03.813 009.872 03.801 001.777 019.269
2007 00.019 03.894 008.849 03.795 001.575 018.132
2008 03.361 007.109 01.892 001.338 013.701
2009 03.932 008.566 00.561 001.516 014.575
2010 04.155 009.128 01.937 001.415 016.635
2011 03.567 009.286 02.934 001.104 016.893
2012 03.417 009.361 02.643 001.137 016.560
2013 03.488 010.848 01.562 001.029 016.929
2014 03.808 019.098 00.396 000.817 024.120
2015 04.062 022.600 00.394 000.852 027.908
2016 00.471 04.410 019.635 00.348 001.113 025.977
2017 00.432 04.365 019.862 00.425 001.273 026.357
2018 00.353 04.245 021.707 00.365 001.429 028.099
2019 00.361 04.253 021.745 00.366 001.431 028.156

1 = Amerika und Ozeanien
2 = Nur vom 15. Mai bis 31. Dezember 1948

Quelle: 1948–2015:[23] 2016–2019:[24]

Jugend-Alija[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jugendalija bzw. Kinderalija, eine Abteilung der Jewish Agency, wurde 1933 von Recha Freier aus Berlin gegründet, um jüdische Kinder und Jugendliche aus Nazi-Deutschland zu retten. In Palästina wurde die Organisation von Henrietta Szold und später von Hans Beyth geleitet. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden ungefähr 5.000 Jugendliche ins Land gebracht und erzogen. Nach dem Krieg kamen noch 15.000 Holocaustüberlebende dazu.

In Deutschland: Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugend-Alija gegründet Juli 1933 mit Sitz in Berlin-Charlottenburg 2, Kantstraße 158 (überparteiliche Organisation zur Überführung jüdischer Jugendlicher nach Palästina), umfasste die drei Berliner Vereine: Kinderheim Ahawah, jüdische Waisen- und Jugendhilfe.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gur Alroey: Alija. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 1: A–Cl. Metzler, Stuttgart/Weimar 2011, ISBN 978-3-476-02501-2, S. 36–39.
Historische Darstellungen
  • Lothar Mertens: Alija. Die Emigration der Juden aus der UdSSR/GUS. 1993, ISBN 3-8196-0122-8.
  • Julian Grzesik: Alija nach der Zerstreuung Israels. Bibel und Fakten. Drei Bände, Lublin 1989.
  • Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems (zwei Bände). Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3-421-01963-0.
Erlebnisberichte
  • Jay und Meridel Rawlings: Alija. Rückkehr ins gelobte Land. Schulte + Gerth, Aßlar 1984, ISBN 3-87739-551-1.
Künstlerische Darstellung
  • Wolf Stegemann: Alija – Die Wiedergeburt Israels. 25 Lithografien von Salvador Dali. Dorsten 1993.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Immigration nach Israel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Alija – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alex Bein: Die Judenfrage, Band II, DVA, Stuttgart 1980, ISBN 3-421-01963-0, S. 354.
  2. Alex Bein: Die Judenfrage, Band II, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3-421-01963-0, S. 272, 354.
  3. Alija, der Aufstieg In: Israelnetz.de, 26. August 2016, abgerufen am 17. August 2018.
  4. Noam Zadoff: Geschichte Israels. Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-75755-6, S. 14.
  5. The First Aliyah
  6. The second aliyah. In: jewishvirtuallibrary.org, abgerufen am 2. April 2018 (englisch).
  7. The third aliyah. In: jewishvirtuallibrary.org, abgerufen am 2. April 2018 (englisch).
  8. Noam Zadoff: Geschichte Israels. Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-75755-6, S. 18.
  9. Mark Tessler: A History of the Israeli-Palestinian Conflict. In: Mark Tessler (Hrsg.): Indiana Series in Middle East Studies. 2. Auflage. Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis 2009, ISBN 978-0-253-22070-7, S. 186.
  10. Tom Segev: Es war einmal ein Palästina – Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels. 4. Auflage. Siedler, München 2005, ISBN 3-88680-805-X, S. 244 f.
  11. The fourth aliyah. In: jewishvirtuallibrary.org, abgerufen am 2. April 2018 (englisch).
  12. The fifth aliyah 1929–1939. In: Jewish Virtual Library, abgerufen am 30. Juni 2018 (englisch).
  13. Dalia Ofer: Escaping the Holocaust – Illegal Immigration to the Land of Israel, 1939–1945. Oxford University Press, 1990, ISBN 0-19-506340-6. S. 14.
  14. A Survey of Palestine for the Information of the Anglo-American Committee of Inquiry: 2 Bde., Jerusalem: Government Printer, 1946, Bd. I, S. 180.
  15. Aliyah Bet 1939–1948. In: Jewish Virtual Library, abgerufen am 30. Juni 2018 (englisch).
  16. Einwanderung von Juden nach Israel – Migration oder Flucht? In: Israelnetz.de. 27. Juni 2019, abgerufen am 7. Juli 2019.
  17. Einwanderung von Juden nach Israel – Migration oder Flucht? In: Israelnetz.de. 27. Juni 2019, abgerufen am 7. Juli 2019.
  18. Alija, der Aufstieg. In: Israelnetz.de, 26. August 2016, abgerufen am 17. August 2018.
  19. Ministry of Immigrant Absorption: “On Eagles’ Wings” – Aliyah from Yemen (1949), abgerufen am 6. Juli 2018 (englisch).
  20. Megan Melissa Cross: King Hassan II: Morocco’s messenger of peace, S. 66–67.
  21. Ethiopia Virtual Jewish Tour. In: Jewish Virtual Library. American-Israeli Cooperative Enterprise, abgerufen am 4. Dezember 2018 (englisch).
  22. 380 Einwanderer eingetroffen. Israelnetz.de, 24. Februar 2021, abgerufen am 4. März 2021.
  23. https://web.archive.org/web/20170315204120/http://www.cbs.gov.il/shnaton67/st04_02.pdf, Angaben des israelischen Amts für Statistik, abgerufen am 29. Juli 2018.
  24. Angaben des israelischen Amts für Statistik, abgerufen am 4. August 2018, 9. November 2019 und 9. August 2020.