Altamerikanistik

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Altamerikanistik ist die Wissenschaft von den präkolumbischen Kulturen des amerikanischen Doppelkontinents und seiner Nachfolgergesellschaften der indigenen autochthonen Bevölkerung (nordamerikanische Indianer und lateinamerikanische Indios) sowie ihren Beziehungen zu eingewanderten Europäern, Afrikanern und Asiaten. Sie untersucht diachron ablaufende kulturelle, soziale, wirtschaftliche und politische Prozesse von der ersten Besiedlung des Kontinents bis zur Gegenwart.

Die Altamerikanistik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft. Sie ist sowohl eine archäologische, eine philologische, ethnologische als auch eine historische Wissenschaft.

Ausgehend von Begründern des Faches, darunter die Mexikanisten Eduard Seler und Cäcilie Seler-Sachs in Berlin und Manuel Gamio in Mexiko, waren zunächst die Hochkulturen Süd-, Meso- und Nordamerikas, das sind die der Azteken, Chichimeken, Huaxteken, Maya, Mixteken, Olmeken, Purépecha (Tarasken), Tolteken, Totonaken, Zapoteken und Inka, der wichtigste Forschungsschwerpunkt. Dabei haben sich im 20. Jahrhundert in der Altamerikanistik zwei antagonistische Strömungen herausgebildet: die (dominierende) Richtung der »Isolationisten«, deren Anhänger von einer unabhängigen Kulturentwicklung in Amerika seit der steinzeitlichen Besiedlung ausgehen, und die (minoritäre) Richtung der »Diffusionisten«, deren Verfechter interkontinentale präkolumbische Kontakte auf dem Seewege – vor allem zwischen Asien, der Südsee und der Neuen Welt – voraussetzen.[1]

Mit seinem multimethodischen und multiperspektivischen Ansatz erwies sich die wissenschaftliche Disziplin Altamerikanistik gerade in der aktuellen Zeit als gut gerüstet, um die vielfältigen gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen der amerikanischen Kulturen in Geschichte und Gegenwart unter globalen Voraussetzungen zu analysieren. Folglich wurde ab 1980 in Forschungsmethoden und thematischen Schwerpunkten Vergangenheit und Gegenwart zunehmend miteinander verbunden.[2]

Wissenschaftliche Hauptsprachen in der Altamerikanistik sind Spanisch, Portugiesisch sowie – besonders in Veröffentlichungen – Englisch.

In Deutschland wird Altamerikanistik an der Universität Bonn unter der Leitung von Nikolai Grube und Karoline Noack gelehrt und geforscht. Am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin vertreten Ingrid Kummels und Stephanie Schütze die Altamerikanistik in Lehre und Forschung. An weiteren Universitäten gibt es keinen eigenständigen altamerikanistischen Zweig, jedoch wird das Fach von der Ethnologie mit vertreten, so zum Beispiel an der Universität Hamburg und Universität Göttingen. Die Altamerikanistik ist in Deutschland als Kleines Fach eingestuft.[3]

In den Niederlanden wird an der Universität Leiden Altamerikanistik (auf Englisch) angeboten,[4] das Fach steht unter der Leitung von Corinne Hofman, der Dekanin der Fakultät für Archäologie in Leiden.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Cornelia Giesing: Das vorkolumbische Amerika in circumpazifischer Sicht. In: Wolfgang Stein (Hrsg.): KOLUMBUS oder wer entdeckte Amerika? Hirmer Verlag, München 1992, ISBN 3-7774-6060-5, S. 38–68. (epub.ub.uni-muenchen.de, PDF-Datei, 4,88 MB)
  2. Eveline Dürr, Ingrid Kummels, Karoline Noack: Prefacio: Dinámicas de la conformación de espacios identitarios en América Latina. In: Romy Köhler, Anne Ebert (Hrsg.): Las agencias de lo indígena en la larga era de globalización. Microperspectivas de su producción y representación desde la época colonial temprana hasta el presente (= Estudios Indiana. Band 7). IAI/Gebr.Mann Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-7861-2738-3, S. 31–44 (spk-berlin.de).
  3. siehe Seite der Arbeitsstelle Kleine Fächer zur Altamerikanistik, abgerufen am 17. April 2019.
  4. Archaeology of the Americas – Leiden University. In: Leiden University. Abgerufen am 19. Januar 2017 (amerikanisches Englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]