Arena (Wien)

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Außenansicht der Arena (2007)

Die Arena ist ein Veranstaltungsort in Wien-Landstraße, der sich als alternatives Kulturzentrum, speziell für Jugendkultur, Konzerte verschiedener Richtungen und andere Musikveranstaltungen versteht. Im Sommer wird sie auch als Freiluftkino genutzt. Die Arena befindet sich in einem industriell geprägten Umfeld im Stadtteil Erdberg und ist aus einem früher als Schlachthof genutzten Gelände im Stadtteil Sankt Marx entstanden. Sie wird vom Verein Forum Arena Wien betrieben, der autonom und basisdemokratisch arbeitet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das historische Verwaltungsgebäude der Arena (2011)
Zugang zur großen Halle, dem früheren "Maschinenhaus" (2011)
Im Inneren des Veranstaltungsgebäudes (2011)

Ab dem Jahr 1970 gab es im Rahmen der Wiener Festwochen unter dem Intendanten Ulrich Baumgartner mit der Festwochen-Arena eine alternative Veranstaltungsschiene. Gründer, Leiter und Organisator der ersten „Arena 70“ im Museum des 20. Jahrhunderts war Wolfgang Lesowsky, der für einige Wochen die damalige Avantgarde aus Literatur, Musik und Theater versammelte, wie H. C. Artmann, Alfred Kolleritsch, Wolfgang Bauer, Gunter Falk, Gerhard Rühm, Andreas Okopenko, Erich Fried, Erwin Piplits, Ram Chandra Mistry, die New Yorker Straßentheatergruppe „La Mama“ u. v. a.[1]

In Eigenverantwortung übernahm Lesowsky auch die Leitung der nachfolgenden „Arena 70/2“ im ehemaligen Varieté und Nachtlokal „Casanova“[2] (Wien-Innere Stadt, Dorotheergasse 6–8). Die (unsubventioniert gebliebene) Veranstaltungsreihe, die von 10. November bis 31. Dezember 1970 laufen sollte, wurde jedoch wegen eines geringer gewordenen Publikumsinteresses und den damit einhergegangenen Schulden sowie nicht zuletzt wegen theaterpolizeilicher Beanstandungen mit 12. Dezember beendet. Für das Problem der Weiterführung des Open house als Willensäußerung des Untergrunds konnte umgehend keine Lösung gefunden werden.[3]

Im Jänner 1971 wurde für März selben Jahres von einer Auferstehung der Arena 70 mit Mitteln der Schweizer Stiftung Pro Helvetia berichtet, wobei, in Anbetracht zu erwartender Mietkosten, die neuerliche Nutzung des Nachtlokals Casanova als unwahrscheinlich darstellt wurde. Wolfgang Lesowsky, zu jener Zeit noch mit finanziellen Verbindlichkeiten der Herbstarena belastet, wurde mit Blick auf eine Nachsubventionierung ein Überbrückungskredit gewährt.[4]

1971–1974 haben die Wiener Festwochen unter dem Titel „Arena“ ein Avantgardetheater an verschiedenen Plätzen weitergeführt, seit 1975 fanden Aufführungen im ehemaligen Auslands-Schlachthof Sankt Marx (errichtet 1916 als Kontumaz-Markt und Seuchenhof)[5] statt. 1976 sollten nach dem Ende des Veranstaltungsprogramms die dortigen Gebäude abgerissen und dort ein Textilzentrum errichtet werden. Diese Pläne führten jedoch zu massiven Protesten, auch weil das kulturelle Angebot zu dieser Zeit ohnehin zu wünschen übrig ließ.

Ende Juni 1976 gipfelten diese schließlich in der Besetzung des Arena-Geländes, die mehr als drei Monate andauerte und an der sich beispielsweise auch Persönlichkeiten aus der Austropop-Szene mit Auftritten beteiligten. Die Stadt Wien reagierte zunächst abwartend. Große Teile der Wiener Bevölkerung unterstützten die Forderung, die Arena als ständiges Kulturzentrum zu erhalten. Erschwert wurde ein Kompromiss aber dadurch, dass das Areal bereits fest der Textilkette Schöps zugesichert wurde, welche schon konkrete Pläne für einen Abbruch und Neubau hatte, auch wurden die sanitären Verhältnisse zunehmend schlechter. Verschiedene Lösungsvarianten scheiterten, auch wurde die Lage zunehmend angespannter. Im Oktober 1976 wurden die Gebäude des Auslands-Schlachthofes schließlich abgerissen, wobei die Besetzung insgesamt relativ gewaltfrei und ohne große Polizeieinsätze verlief. Heute befindet sich dort das Modecenter (MGC), das als Textilgroßhandelszentrum, Bürohaus und teilweise für Veranstaltungen genutzt wird.

Seitens der Stadt bestand jedoch weiterhin das Angebot, für die Arena den nördlich benachbarten ehemaligen Inlands-Schlachthof (1909/10 erbaut als Städtisches Schweineschlachthaus)[6] zur Verfügung zu stellen. Dieser Vorschlag wurde von manchen Gruppierungen nun aufgegriffen, andere jedoch betrachteten jegliche Verhandlungen darüber als „Verrat“. Im Juli 1977 kam es schließlich zu einer Einigung, so dass die Arena seither auf dem dortigen Gelände untergebracht ist.

Das Gelände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konzert von Amanda Palmer in der Halle (2011)
„Dreiraum“ (2011)
Freiluftbühne (2008)
Der weithin sichtbare alte Schornstein (2011)

Das Veranstaltungsgelände der Arena besteht im Wesentlichen aus einem Freigelände und folgenden Gebäuden:

  • Kleine Halle (mit der „Dreiraum Lounge“, auch für kleinere Film- und Theatervorführungen vorgesehen, Kapazität: 240 Personen[7])
  • Große Halle (mit großer Tribüne, Kapazität: 935 Personen[8])
  • Freiluftbühne (Kapazität: 3.000 Personen[9])
  • Durchfahrt (hinter der Freiluft-Bühne, von der Baumgasse aus für Lieferverkehr befahrbar)
  • Beisl (wienerischer Ausdruck für eine Gaststätte)[10]
  • Verwaltungsgebäude

Es gibt mehrere Bars. Speisen und Imbisse werden in der Regel nach Bedarf an aufgebauten Ständen im Freigelände verkauft.

Die aus der früheren Industrie-Architektur stammenden kahlen Ziegelwände sind teilweise mit Graffiti versehen und machen den besonderen Charme der Arena aus. Auch ein weithin sichtbarer Schornstein ist erhalten geblieben.

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen in der Arena sind unter anderem Roadtrip To Outta Space, Therapy Sessions, Mainframe, Eyesprung und Iceberg, Badlands Massacre, der Bandwettbewerb Local Heroes sowie im Sommer die Arena Bierwoche und das Arena Sommerkino. Bis 2013 fand auch das jährliche FM4-Geburtstagsfest in der Arena statt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arenadokumentation. In: Wespennest. Zeitschrift für brauchbare Texte und Bilder. Nr. 23 (erschienen am 12. Juli 1976). Gruppe Wespennest, Wien 1976.[11][12]
  • Heinz Riedler: Arena. Wien Sankt Marx. Sommer 1976. Ausstellung. S.n., Wien 1976, OBV.
  • Schlachthof-Arena. Wien, St. Marx. Erscheinungsverlauf: 1976,1-5. S.n., Wien, OBV.
  • Verein zur Förderung Alternativer Kommunikation: Arena-Stadtzeitung (Programm). Erscheinungsverlauf: 1978, 25. März/9. April – 19./30. Juni. S.n., Wien, OBV.
  • Verein zur Förderung Alternativer Kommunikation: Arena-Stadtzeitung. Erscheinungsverlauf: 1976,6 – 1979. 5.1980 – 7.1982. Damit Erscheinen eingestellt. S.n., Wien, OBV.
  • Verein Forum Wien Arena: Keine Nacht. Das Arena Veranstaltungsprogramm. Erscheinungsverlauf: 1982. Damit Erscheinen eingestellt. Verein, Wien, OBV.
  • Susanna Gisch: Der Auslandsschlachthof St. Marx als dramatischer Spielort. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1991, OBV.
  • Verena Kövari: Die „Arena“. Alternativkultur im Wien der 1970er Jahre. Diplomarbeit. Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, Wien 1997, OBV.
  • Rosemarie Rauscher: Politik im Underground. Zur Problematik von Musikveranstaltungslokalen der Subkultur in Wien am Beispiel Arena und Flex. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1998, OBV.
  • Leonhard Weidinger: Arena. Die Besetzung des Auslandsschlachthofes St. Marx im Sommer 1976 als kulturelles und politisches Ereignis. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1998, OBV.
  • Thomas Geiblinger: Zwischen Subvention und Repression. Subkulturelle Kultureinrichtungen in Wien und die Wiener Gemeindeverwaltung am Beispiel Arena, WUK und Flex. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2000, OBV.
  • Robert Foltin: Und wir bewegen uns doch. Soziale Bewegungen in Österreich. edition grundrisse, Wien 2004, ISBN 3-9501925-0-6.
  • Besetzt! Kampf um Freiräume seit den 70ern. Ausstellungskatalog des Wien Museums. Czernin Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-7076-0413-9.
  • Johanna Schwarz: Die Darstellung von Geschichte im Fernsehen am Beispiel der Arena Besetzung 1976. Diplomarbeit (MA). Fachhochschul-Studiengang Journalismus & Neue Medien, Wien 2012, OBV. – Volltext online (PDF; 0,9 MB).
  • Michèle Kirchweger: Freiräume für Kultur in Wien. Proletenpassion und die Arena-Besetzung als kulturpolitischer Umbruch 1976. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2015, OBV. – Volltext online (PDF; 3,9 MB).
  • Astrid Angela Pußwald: Unterschiede der Darstellung von Weiblichkeit und Männlichkeit in den österreichischen Zeitungsmedien „Die Kronen Zeitung“, „Die Presse“ und dem „Kurier“ anhand der „Arena-Bewegung“ im Sommer 1976. Eine quantitative Inhaltsanalyse und Bildanalyse über den Zeitraum vom 27. Juni 1976 bis 11. Oktober 1976. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2015, OBV.
  • Petra Dobersberger: Arena-Besetzung revisited. Die Besetzung des Auslandsschlachthofs St. Marx 1976 als Erinnerungsort einer verspäteten 68er-Bewegung. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2017, OBV. – Volltext online (PDF; 2,5 MB).

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruth Beckermann, Josef Aichholzer, Franz Grafl: Arena besetzt (1977, 75 Minuten)

Otto Mörth, Cornelia Krauss: Arenafreiheit (A 2006, 50 Minuten)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Arena (Wien) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Herbert Traub: Arena 70 Studio der Wiener Festwochen im Museum des 20. Jahrhunderts. Bildliche Darstellung (1-Bogen-Plakat). S.n., s.l. 1970. – Image online.
  2. Open house für die Avantgarde. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 4. November 1970, S. 8.
  3. Das Open house wird wieder geschlossen. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 12. Dezember 1970, S. 6.
  4. Neue Arena schon im März? In: Arbeiter-Zeitung. Wien 12. Jänner 1971, S. 6.
  5. Stadt Wien: Plan Kriegssachschäden, um 1946.
  6. Stadt Wien: Plan Kriegssachschäden, um 1946.
  7. arena.co.at: [1], Abs. Information (zuletzt abgerufen am 18. Juni 2015)
  8. arena.co.at: [2], Abs. Information (zuletzt abgerufen am 18. Juni 2015)
  9. arena.co.at: [3], Abs. Information (zuletzt abgerufen am 18. Juni 2015)
  10. arena - b e i s l (Memento vom 30. Juni 2007 im Internet Archive)
  11. wespennest backlist. In: wespennest.at, abgerufen am 8. November 2010.
  12. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.

Koordinaten: 48° 11′ 14,8″ N, 16° 24′ 46,5″ O