Ariel Toaff

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Ariel Toaff (* 17. August 1942 in Ancona) ist ein italienischer Historiker und Lehrstuhlinhaber an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan, Israel. Sein Fachgebiet ist die Geschichte der orientalischen Juden.[1] Toaff ist der Sohn des früheren Oberrabbiners von Rom, Elio Toaff.

Buchveröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Toaff veröffentlichte im Februar 2007 in Italien das Buch Pasque di Sangue („Passahfest des Blutes“) im Verlag Il Mulino. Darin versuchte er anhand von durch Folter zustande gekommenen Aussagen in Inquisitionsakten den angeblichen Ritualmord von Juden an Simon von Trient im 15. Jahrhundert als möglich nachzuweisen. Eine kleine Gruppe von deutschstämmigen Juden habe aus Rache möglicherweise Ritualmorde an Christen begangen.[2]

Bis auf eine einzige eher positive Vorabrezension von Sergio Luzzatto im Corriere della Sera[3] stieß das Buch auf einhellige Ablehnung in der Öffentlichkeit und in der Mediävistik.[4] Kritiker in Israel und Europa waren empört. Sie bezeichneten Toaffs Thesen als unwissenschaftliche Rechtfertigung im Mittelalter konstruierter Ritualmordlegenden. Fachhistoriker wiesen ihm schwere methodische Mängel und inhaltliche Fehlschlüsse nach.[5] Seine Universität rügte die vorzeitige Veröffentlichung des Buches im Ausland; israelische Politiker forderten eine Bestrafung Toaffs wegen Verunglimpfung der jüdischen Religion.[6] Gegen Toaffs Hypothesen protestierten auch christliche Theologen und Rabbiner in Italien, darunter der ehemalige Oberrabbiner Roms und Vater des Autors, Elio Toaff.[7][5][8]

Nach einer Woche zog der Verlag auf Verlangen Toaffs die Restauflage des Buches zurück, damit dieser strittige Passagen überarbeiten konnte. Er bedauerte die Veröffentlichung in Italien und bekräftigte, es habe nie jüdische Ritualmorde gegeben. Toaff erklärte, er sei missdeutet worden und wolle einiges klarer darstellen, sei aber überzeugt, die Wahrheit zu vertreten. Er kündigte eine Überarbeitung an und sagte zu, den bisherigen Erlös aus dem Buchverkauf an die Anti-Defamation League zu übergeben.[9][10] Nach grundlegender Überarbeitung erschien das Buch Ende Februar 2008 in Italien neu. Toaff weist in der neuen Fassung die Behauptung, Juden hätten Christenblut verwenden können, entschieden als Legende zurück.[11]

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pasque di sangue: ebrei d'Europa e omicidi rituali. Verlag Il Mulino, Bologna 2007. (wegen inhaltlicher Mängel vom Verlag und Autor zurückgerufen.) Buch erschien 2008 im selben Verlag neu in vom Autor überarbeiteter Fassung mit der ISBN 9788815121875.
  • Love, work, and death: Jewish life in medieval Umbria. 1996. ISBN 1-87477-419-6
  • The Jews in Umbria. 3 Bände:
  • The Mediterranean and the Jews: banking, finance and international trade (XVI–XVIII centuries). 1989. ISBN 965-226-099-1
  • The Jews in medieval Assisi: 1305–1487; a social and economic history of a small Jewish community in Italy. 1979. ISBN 88-222-2835-9

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bar-Ilan-Universität: Research Institutes and Centers (Memento vom 26. Mai 2007 im Internet Archive)
  2. „Ritualmord? Ariel Toaff“, Netzgeschichte-Blog, 14. Februar 2007
  3. Sergio Luzzatto: Quelle Pasque di sangue - Il fondamentalismo ebraico nelle tenebre del Medioevo. In: Corriere della Sera, 6. Februar 2007
  4. Ron Weinstein: A blood-stained version of history (nicht mehr abrufbar) Web Archive, Haaretz, 8. März 2007
  5. a b Johannes Heil (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg): „Pasque di sangue“ – Ariel Toaff und die Legende vom Ritualmord, Universität Heidelberg, Januar 2007, PDF-Datei, 5 Seiten, Nachtrag vom April 2008, PDF-Datei, 2 Seiten
  6. Gerichtsverfahren gegen Prof. Ariel Toaff, Israel heute, 27. Februar 2007
  7. Giulio Busi: Die Intrige des Bischofs. Haben Juden vor 500 Jahren Ritualmorde begangen? Das Buch eines israelischen Historikers schlägt in Italien große Wellen (Der Tagesspiegel, 15. Februar 2007) Archivierte Version im Web Archive
  8. Compass Infodienst Nr. 746, 22. Februar 2007 (nicht mehr abrufbar) Web Archive
  9. Jews never committed ritual murders, Jerusalem Post, 11. Februar 2007
  10. MKs demand the author of blood libel book be prosecuted Haaretz, 26. Februar 2007, eingesehen 8. Juni 2018.
  11. Historian recants theory that Jews killed Christian child in ritual murder eingesehen 8. Juni 2018.