Bangladesch-Krieg

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Bangladesch-Krieg

Gedenkstätte für gemarterte Intellektuelle; Haubitze der bangladeschischen Streitkräfte; Das sinkende U-Boot der pakistanischen Marine „PNS Gazi“; Generalleutnant Amir Niazi unterzeichnet die pakistanische Kapitulationsurkunde gegenüber den indischen und bangladeschischen Streitkräften.
Datum 26. März – 17. Dezember 1971
Ort Ostpakistan
Ausgang Indien und Bangladesch besiegen Westpakistan
Folgen Unabhängigkeit Bangladeschs
Konfliktparteien

Ostpakistan Bangladesch
Indien Indien (ab dem 3. Dezember 1971)

Pakistan Pakistan

Befehlshaber

Ostpakistan M. A. G. Osmani
Ostpakistan K. M. Shafiullah
Ostpakistan Khaled Mosharraf
Ostpakistan Ziaur Rahman
Indien Jagjit Singh Aurora
Indien Sam Manekshaw
Indien Sagat Singh
Indien J. F. R. Jacob

Pakistan Amir Abdullah Niazi
Pakistan Tikka Khan
Pakistan Mohammad Shariff
Pakistan Enamul Huq

Verluste
300.000 bis 3 Millionen Tote

Der Bangladesch-Krieg (bengalisch মুক্তিযুদ্ধ Muktijuddho, „Befreiungskrieg“) zwischen Westpakistan (heute Pakistan) und Ostpakistan (heute Bangladesch) dauerte vom 25. März bis zum 16. Dezember 1971, in diesen griff auch Indien auf der Seite Ostpakistans ein (Dritter Indisch-Pakistanischer Krieg). Zur Unterdrückung der Unabhängigkeitsbestrebungen begingen die pakistanische Armee und verbündete Milizen den Genozid in Bangladesch. Der Krieg endete mit einem Sieg Ostpakistans und dessen Anerkennung als unabhängiger Staat Bangladesch.

Ursachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage von West- und Ostpakistan innerhalb Asiens (1971)

Gemäß dem Mountbattenplan wurde das britisch-indische Kolonialreich 1947 aufgeteilt und in die Unabhängigkeit entlassen, wobei mit dem vorwiegend laizistischen[1] Indien und dem muslimischen Pakistan zwei Staaten entstanden. Pakistan selbst bestand aus zwei Teilen (Ost- und Westpakistan), die, durch Indien getrennt, geographisch weit voneinander entfernt lagen. Da Westpakistan die Führung der beiden Landesteile beanspruchte, kam es aufgrund kultureller, ökonomischer und politischer Unterschiede bald zu Konflikten mit Ostpakistan. Ostpakistaner (Bengalen) waren, obwohl sie etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung stellten, in der Führungsspitze des Staates und insbesondere auch in der Armeeführung im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung erheblich unterrepräsentiert.

Im Jahre 1948 verkündete Muhammad Ali Jinnah, der erste Generalgouverneur von Pakistan, in Dhaka, „Urdu und nur Urdu“ als Staatssprache in beiden Teilen Pakistans einzuführen.[2] Dies rief als Reaktion in Ostpakistan die „Bewegung für die bengalische Sprache“ hervor, die schließlich durchsetzen konnte, dass in der Verfassung Pakistans 1956 zwei Amtssprachen, Urdu und Bengalisch, festgeschrieben wurden. Trotzdem blieb die massive wirtschaftliche und politische Benachteiligung Ostpakistans weiter bestehen.

Als zusätzlich dazu aufgrund der Unzufriedenheit in Ostpakistan nach dem verheerenden Zyklon im November 1970 bei den pakistanischen Nationalwahlen im Dezember 1970 und im März 1971 die oppositionelle ostpakistanische Awami-Liga siegte, sah die militärische Zentralregierung in Westpakistan den Fortbestand ihrer Vormachtstellung und die Einheit Pakistans bedroht. Sie weigerte sich, den Sieg der Awami-Liga anzuerkennen und ihr die Regierungsgeschäfte zu übergeben, was die ohnehin bereits vorhandenen sezessionistischen Bestrebungen Ostpakistans verstärkte. Als die Militärregierung Westpakistans im März 1971 die verfassunggebende Versammlung aussetzte, rief die Awami-Liga zum zivilen Ungehorsam auf. Der darauffolgende Generalstreik führte zu einem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in ganz Ostpakistan.

Kriegsverlauf und Auswirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abbildung zeigt militärische Einheiten und Truppenbewegungen während des Krieges

Am 25. März 1971 brach der westpakistanische Militär- und Regierungschef Yahya Khan alle Verhandlungen mit der Awami-Liga ab, verließ Ostpakistan und gab sofort darauf den in Ostpakistan stationierten pakistanischen Einheiten den Einsatzbefehl. Die pakistanischen Einheiten schafften es zwar, am 26. März Mujibur Rahman, den Führer der Awami-Liga, festzunehmen, die restliche Führungsspitze der Awami-Liga rief jedoch noch am selben Tag im indischen Exil den unabhängigen Staat „Bangladesch“ aus. Die Existenz dieses Staates hing jedoch ganz vom militärischen Erfolg der Guerillabewegung ab. Der Name der Widerstandsarmee war Mukti Bahini, die sich auf einen Guerillakrieg gegen die Pakistanis einließ.

Indien hatte ein strategisches Interesse an einem unabhängigen Bangladesch, da dadurch in potentiellen weiteren Kriegen mit Pakistan keine Zwei-Fronten-Situation im Osten und Westen Indiens mehr bestanden hätte. Außerdem gab es auch Zerschlagungspläne der indischen Regierung für Westpakistan.[3] Aus diesem Grund erfuhr Bangladesch vor allem von Indien Unterstützung, das die ostpakistanischen Guerilla ausbildete und die Grenzen für westpakistanische Versorgungsgüter sperrte. Als der Flüchtlingsstrom auf bis zu zehn Millionen Menschen anschwoll, entschloss sich Indien schließlich auch zu einem direkten Eingreifen. Ab Juni 1971 drangen indische Paramilitärs (Border Security Force) tiefer in ostpakistanisches Territorium vor, um die Guerilla zu unterstützen. Dies führte zu einer weiteren Eskalation des Konfliktes. Am 3. Dezember 1971 bombardierte Pakistan mit seiner Luftwaffe indische Ziele. Daraufhin kam es auch zu offenen Kampfhandlungen an der indisch-westpakistanischen Grenze. Pakistan versenkte mit seinem U-Boot Hangor die indische Fregatte Khukri, die erste Versenkung eines feindlichen Schiffes durch ein U-Boot seit dem Zweiten Weltkrieg.

Der Krieg endete in Ostpakistan am 16. Dezember 1971 mit der Kapitulation der westpakistanischen Einheiten und in Westpakistan am 17. Dezember durch einen Waffenstillstand mit Indien. Die pakistanische Militärregierung musste als Folge der Niederlage zurücktreten; ebenso trat auch der zwei Wochen zuvor eingesetzte Ministerpräsident Nurul Amin zurück.

Kriegsverbrechen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zahl der Todesopfer wird auf mindestens 300.000 bis zu 3 Millionen geschätzt.[4] Es kam zu massenhaften Vergewaltigungen von Bengalinnen und es gab Fälle von Zwangsprostitution. Die Zahl der vergewaltigten Frauen wird auf bis zu 200.000 geschätzt.[5] Es gab Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung durch die Pakistanische Armee.[6] Noch Jahrzehnte später wurden immer wieder Massengräber entdeckt.[7] Die pakistanische Armee wurde dabei von bengalischen Kollaborateuren, die sich vor allem aus dem islamistischen Umfeld der Jamaat-e-Islami rekrutierten, unterstützt. Diese Islamisten wollten den vermeintlich „islamischen Staat“ Pakistan beibehalten und bekämpften die bengalische Autonomiebewegung, die ideologisch überwiegend säkular und sozialistisch ausgerichtet war. Zu den pro-pakistanischen Milizen gehörten al Badr (arabisch البدر, „der Vollmond“) und al Shams (arabisch الشمس, „die Sonne“) sowie die sogenannten Razakars (Urdu رضاکار, „Freiwillige“). Alle drei waren als Todesschwadronen berüchtigt, die eine Terrorisierung der Zivilbevölkerung mit zahlreichen Morden, Entführungen, Folterungen und Vergewaltigungen zu verantworten hatten.

2013 wurde Delwar Hossain Sayeedi wegen Massenmordes, Vergewaltigung, Brandstiftung, Plünderung und religiöser Verfolgung zum Tode verurteilt. Abdul Quader Molla wurde zuvor zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, jedoch verschärfte der Oberste Gerichtshof das Urteil später aufgrund von Massenprotesten zu einer Todesstrafe, die am 12. Dezember 2013 vollstreckt wurde.[8]

Die ebenfalls 2013 verurteilten Salahuddin Quader Chowdhury und Ali Ahsan Mohammad Mojaheed wurden am 22. November 2015 im Zentralgefängnis der Hauptstadt Dhaka gehängt.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bangladesch-Krieg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Jens-Peter Franke: Bangladesch-Krieg. Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) beim Department Sozialwissenschaften der Universität Hamburg, 14. Juli 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juni 2007; abgerufen am 3. Dezember 2016.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Präambel der Verfassung Indiens auf der Website India Code (Indisches Recht), abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
    Tarun Arora: Secularism under the Constitutional Framework of India. Legal Service India.com, ISBN 978-81-928510-0-6, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  2. Bashir Al Helal: Language Movement. (Memento vom 7. März 2016 im Internet Archive) Banglapedia – the National Encyclopedia of Bangladesh, Stand 1. März 2015, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  3. Henry Kissinger: Memoiren. 1968-1973. Bertelsmann, Gütersloh 1979, S. 956.
  4. Debasish Roy Chowdhury: ‘Indians are bastards anyway’. (Memento vom 17. Juli 2009) Asia Times Online, 23. Juni 2005, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  5. Liz Trotta: Bangladesh Genocide 1971 – Rape Victims Interview. National Broadcasting Company, 20. Februar 1972, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch, Video auf YouTube, 3:51 Minuten).
  6. Dhaka University Massacre: Video of Pakistani soldiers executing students, professors and workers at Dhaka University on March 26, 1971. Bangladesh Genocide Archive, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch; Video, 2:25 Minuten).
    Video of Pakistani soldiers executing students, professors and workers at Dhaka University on March 26, 1971. National Broadcasting Company, 7. Januar 1972, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Januar 2012; abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  7. Mass grave found in Bangladesh. DPA-Artikel vom 7. August 1999 in The Tribune (Chandigarh), 8. August 1999, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  8. Bangladesh Jamaat leader sentenced to death. AlJazeera.com, 2. März 2013, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
    Todesstrafe: Bangladesch henkt den „Schlächter von Mirpur“. Spiegel Online, 12. Dezember 2013, abgerufen am 3. Dezember 2016 (englisch).
  9. Zwei Oppositionspolitiker in Bangladesch hingerichtet. Euronews, 22. November 2015, abgerufen am 3. Dezember 2016.