Kabinett Baum

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Kabinett Baum
7. Kabinett des Land Thüringen
Erwin Baum
Leitender Staatsminister Erwin Baum
Wahl 1929
Legislaturperiode 5.
Ernannt durch Thüringer Landtag
Bildung 23. Januar 1930
Ende 7. Juli 1932
Dauer 2 Jahre und 166 Tage
Vorgänger Kabinett Paulssen II
Nachfolger Kabinett Sauckel
Zusammensetzung
Partei(en) ThLB, NSDAP, WP, DVP, DNVP und Landvolk
Minister 11
Repräsentation
Thüringer Landtag bis April 1931:
28/53

von April 1931 an:
20/53

Das Kabinett Baum war das siebte Regierungskabinett des Landes Thüringen. Nach der Wahl zum fünften Thüringer Landtag vom 8. Dezember 1929 wählte dieser am 23. Januar 1930 die Staatsregierung, die bis zum 7. Juli 1932 im Amt blieb. Das auch Baum-Frick-Regierung oder nur Frick-Regierung genannte Kabinett war die erste Landesregierung, an der die NSDAP beteiligt war.[1]

Nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum des Landtags gegen die Minister Frick und Marschler verließen NSDAP und DNVP die Regierung, die daraufhin ohne Mehrheit im Parlament weiterregierte.

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die rechtsbürgerlich-nationalsozialistische Koalition des Landes Thüringen verfügte über 28 Mandate (davon 6 der NSDAP) bei insgesamt 53 Landtagsabgeordneten und bestand aus der Deutschen Volkspartei, der Deutschnationalen Volkspartei, dem Thüringer Landbund, der Reichspartei des deutschen Mittelstandes, meistens Wirtschaftspartei WP genannt, sowie der NSDAP.[2]

Die von ihr getragene Regierung amtierte vom 23. Januar 1930 bis zum 1. April 1931. Regierungsmitglieder waren Erwin Baum vom Landbund als Vorsitzender des Staatsministeriums Thüringens, Wilhelm Frick von der NSDAP als Staatsminister für Inneres und Volksbildung sowie Wilhelm Kästner von der Wirtschaftspartei als Staatsminister für Wirtschaft und Justiz. Außerdem gehörten dem Kabinett Staatsräte ohne Ressort an, dies waren Theodor Bauer (DVP), Franz Fürth (Wirtschaftspartei), Karl Kien (DNVP), Willy Marschler (NSDAP) und Erich Port (Landbund).

Nach der Verabschiedung eines Ermächtigungsgesetzes am 29. März 1930, das unter Berufung auf das Verfassungsnotrecht mit einfacher Mehrheit im Landtag beschlossen wurde, konnte die Baum-Frick-Regierung für ein halbes Jahr an Stelle von Gesetzen eine Vielzahl von Verordnungen erlassen und so insbesondere die Verwaltung des Landes zentralisieren. Der damit vollzogene Abbau von Ämtern und Personal betraf vor allem sozialdemokratische Beamte. Durch die Verordnung über die Polizeiverwaltung wurde anstelle der kommunalen Polizei eine Landespolizei eingerichtet, wobei Frick bevorzugt nationalsozialistische Beamte einstellte. Aufgrund einer neuen Beamtenverordnung erfolgte außerdem die Entlassung kommunistischer Lehrer und Bürgermeister. Auf kritische Zeitungsartikel zur Politik der Regierung wurde oft unter Berufung auf das Republikschutzgesetz mit einem mehrwöchigen Erscheinungsverbot reagiert.

Zur Einführung nationalsozialistischen Gedankengutes nutzte Wilhelm Frick insbesondere seine Stellung als Volksbildungsminister. So führte er Gebetsvorschriften für die Schulen ein, die aber aufgrund ihres verfassungswidrigen Inhaltes zurückgezogen werden mussten, und verfasste den Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“, um die „Verseuchung durch fremdrassige Unkultur“ zu unterbinden. Eine Vielzahl von Theaterveranstaltungen und Filmvorführungen mit pazifistischen Inhalten wurden untersagt. An die Universität Jena wurde auf Veranlassung von Frick der Rasseforscher Hans F. K. Günther für die Professur Sozialanthropologie berufen.

Der Sturz der Regierung wurde durch die vielfachen Beleidigungen und Verleumdungen der Nationalsozialisten verursacht, was die Deutsche Volkspartei unter dem Fraktionsvorsitzenden Georg Witzmann zur Aufkündigung der Zusammenarbeit veranlasste. Ein Misstrauensvotum am 1. April 1931 gegen die der NSDAP angehörenden Regierungsmitglieder Wilhelm Frick und Willy Marschler war erfolgreich und führte zum Ende der Baum-Frick-Regierung.

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amt Name Bild Partei
Leitender Staatsminister Erwin Baum
ThLB
Finanzen
Inneres Wilhelm Frick bis 1. April 1931
NSDAP
Erwin Baum ab 22. April 1931
ThLB
Justiz Wilhelm Kästner WP
Wirtschaft
Volksbildung Wilhelm Frick bis 1. April 1931
NSDAP
Wilhelm Kästner ab 22. April 1931 WP
Staatsrat
(für Sondershausen)
Theodor Bauer DVP
Staatsrat
(für Rudolstadt)
Franz Fürth WP
Staatsrat
(für Meiningen)
Karl Kien bis 1. April 1931
DNVP
Friedrich Döbrich ab 22. April 1931
Landvolk
Staatsrat
(für Weimar)
Willy Marschler bis 1. April 1931
NSDAP
Erich Mackeldey ab 22. April 1931
ThLB
Staatsrat
(für Reuß)
Erich Port bis 22. April 1931
ThLB
Carl Baumgärtel DVP

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexandra Esche: Hitlers „völkische Vorkämpfer“. Die Entwicklung nationalsozialistischer Kultur- und Rassenpolitik in der Baum-Frick-Regierung 1930–1931 (= Zivilisationen & Geschichte, Band 47). Peter Lang, Berlin/New York 2017.
  • Joachim Bergmann: Die innenpolitische Entwicklung Thüringens in der Zeit von 1918 bis 1932. Europaforum-Verlag 2001, ISBN 3-931070-27-1.
  • Guido Dressel: Der Thüringer Landbund. Agrarischer Berufsverband als politische Partei in Thüringen 1919–1933 (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, Band 12), Weimar 1998.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Herz: Regierende Fürsten und Landesregierungen in Thüringen 1485–1952. (PDF; 46,6 KB) In: lzt-thueringen.de. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, S. 21, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Oktober 2019; abgerufen am 31. März 2020.
  2. Nach Untersuchungen der Historikerin Alexandra Esche, Freie Universität Berlin, war es der Vorsitzende der WP, Max Robert Gerstenhauer, welcher dafür sorgte, dass die NSDAP-dominierte Regierung in Thüringen überhaupt zustande kam, nämlich durch die von ihm erzwungene Zustimmung von sechs WP-Landtagsabgeordneten zur Baum-Frick-Koalition; vgl. dies.: Max Robert Gerstenhauer: Eine Spinne im völkischen Netz, auf der Tagung „Wegbereiter des Nationalsozialismus“. Gelsenkirchen, 30. September bis 2. Oktober 2013, Online-Version, S. 5f. Gerstenhauer bekam sofort einen Ruf als „eifriger Parteigänger Fricks“, laut Kölnische Zeitung, 18. Oktober 1931. Er war um die Jahreswende 1930 als neuer Ministerialdirektor im Gespräch, was nicht realisiert wurde.