Benediktinerkongregation von St. Ottilien

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Die Benediktinerkongregation von St. Ottilien oder Ottilianer Kongregation ist eine in der Erzabtei Sankt Ottilien beheimatete Benediktinische Kongregation im Landkreis Landsberg am Lech nahe beim Ammersee im Bayerischen Alpenvorland.

Charakteristisch für die Kongregation ist die Verbindung der benediktinischen Lebensform mit dem Einsatz in der Mission bzw. heute auch dem Engagement für die jungen Kirchen vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika. Die Kongregation steht unter dem Titel (Patronat) des heiligsten Herzens Jesu. Parallel zur Männerkongregation existiert auch eine Frauengemeinschaft, die Missions-Benediktinerinnen von Tutzing.

Geschichte der Kongregation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Missionsmuseum in Sankt Ottilien

Im Jahre 1884 gründete der Beuroner Benediktinerpater Andreas Amrhein in Reichenbach in der Oberpfalz ein Missionshaus mit einem männlichen und einem weiblichen Zweig, in der Absicht, dass daraus klösterliche Gemeinschaften entstehen sollten, die sich an den Missionsbemühungen der Benediktinerklöster des Mittelalters orientieren. Begünstigt wurde diese Entwicklung dadurch, dass die aufgrund des Kulturkampfes gegen Ordensgründungen gerichteten Reichsgesetze abgeschwächt wurden, da die Regierung des Kaiserreichs aufgrund der kolonialen Expansion in Afrika die Ausbildung von Missionaren ermöglichen wollte.

Am 27. November 1886 erwarb Amrhein das Schlossgut Emming in der Gemeinde Eresing nahe Landsberg am Lech. Die neu entstandene Gemeinschaft verlegte ihren Sitz dorthin und kaufte in den folgenden Jahren auch die übrigen Anwesen in dem kleinen Weiler auf.[1] 1896 kam es zur offiziellen Gründung eines Männer- und eines Frauenklosters. Sein Name Sankt Ottilien leitete sich von der Emminger Ottilienkapelle her, die schon seit dem Mittelalter Ziel von Wallfahrten war.[1] Das Frauenkloster zog 1904 nach Tutzing am Starnberger See um.

Bereits 1887 wurden Missionare in das damalige Deutsch-Ostafrika ausgesandt. Die Gemeinschaft wuchs rasch und konnte bald Tochterniederlassungen in Bayern gründen, vor allem zur Heranbildung von Nachwuchs. So entstand 1901 ein Zweig in St. Ludwig am Main, der 1913 die ehemalige Benediktinerabtei Münsterschwarzach wiederbesiedelte, sowie 1904 ein weiterer Ableger in Schweiklberg in Niederbayern, jeweils verbunden mit einer Klosterschule. Auch das Missionsfeld weitete sich aus: Schon 1909 kam eine Neugründung in Seoul hinzu.

1902 wurde Sankt Ottilien zur Abtei erhoben, zwei Jahre später der Weiler Emming in St. Ottilien umbenannt.[1] 1914 erfolgte die kirchenrechtliche Errichtung der Benediktinerkongregation von St. Ottilien, die bis 2012 durch den Erzabt von Sankt Ottilien geleitet wurde, seither durch einen Abtpräses.

Nachdem die Ostafrikamission bereits mehrfach unter Aufständen zu leiden hatte, stürzte der Erste Weltkrieg die Arbeit der Missionsbenediktiner in eine tiefe Krise: Außer personellen Verlusten war in dem nun unter britischer Herrschaft stehenden Tanganjika-Gebiet die Arbeit der deutschen Missionare unmöglich geworden; nur durch Schweizer Mitbrüder war eine gewisse Fortsetzung möglich. So wandte man sich neuen Aufgaben zu, vor allem in Ostasien und Südafrika (Zululand), und begann zugleich die Basis über Deutschland hinaus zu erweitern, zunächst in Uznach (Schweiz), dann auch in Venezuela und den USA.

In Ostasien wurde 1920 der Kongregation ein größeres Missionsgebiet in Nordchōsen und in der Mandschurei (bzw. später Mandschukuo) zugewiesen, sodass anstelle der Abtei Seoul zwei neue Abteien in Tokwon (in der Nähe von Wonsan, Chōsen) und Yenki (Republik China) gegründet wurden. Die Machtübernahme der Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg brachte das gewaltsame Ende dieser Klöster; besonders in Korea wurden einige Mönche ermordet oder in Konzentrationslager deportiert, wo weitere von ihnen umkamen. In der Folge gelang aber die Neugründung einer koreanischen Abtei in Waegwan (Südkorea).

In Deutschland kam 1928 auf Ersuchen der Stadt Meschede mit der Abtei Königsmünster dort eine weitere Niederlassung hinzu. Während der NS-Herrschaft war die Kongregation in Deutschland vielerlei Repressalien ausgesetzt, bis 1941 alle Klöster aufgehoben und z. T. in Lazarette umgewandelt wurden.

Nach dem Krieg und der Wiedererrichtung der deutschen Klöster galt es, sich auf die Unabhängigkeitsbestrebungen der afrikanischen Völker einzustellen. Dazu wurde verstärkt einheimischer Nachwuchs herangebildet, der in der Folge Leitungsfunktionen in den Missionsgebieten übernehmen konnte. In den Jahrzehnten seither hat der internationale Charakter der Kongregation immer mehr zugenommen: Viele Mönche stammen nun aus der indigenen Bevölkerung; zugleich haben sich die Einsatzorte und -länder weiter ausgeweitet.

Klöster der Missionsbenediktiner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Kongregation gehörten 2010 23 selbständige Klöster (zumeist Abteien) sowie weitere abhängige Niederlassungen.[2] Stammkloster der Kongregation ist die Erzabtei St. Ottilien; der Erzabt von St. Ottilien war bis 2012 zugleich Abtpräses der Kongregation. Unselbstständige Häuser sind blau hinterlegt, ihre Liste ist unvollständig.

Name Ort Patrozinium Konvent (Mönche/Novizen)
Stand: 17. März 2015
gegründet Land Kontinent
Erzabtei St. Ottilien St. Ottilien Herz Jesu 109/2 1887 Deutschland Deutschland Europa
Abtei Münsterschwarzach Münsterschwarzach Hl. Felizitas 113/- (788) 1913 Deutschland Deutschland Europa
Abtei Schweiklberg Vilshofen an der Donau Hl. Dreifaltigkeit 30/- 1904 Deutschland Deutschland Europa
Abtei Königsmünster Meschede Christkönig 48/3 1928 Deutschland Deutschland Europa
Priorat Jakobsberg (zu St. Ottilien) Ockenheim Hl. Nothelfer 1960 Deutschland Deutschland Europa
Cella St. Benedikt (zu Königsmünster) Hannover Hl. Benedikt 1988 Deutschland Deutschland Europa
Abtei St. Georgenberg Stans Hl. Georg 6/- um 950/1967 Osterreich Österreich Europa
Abtei St. Otmarsberg Uznach Hl. Otmar 18/- 1919 Schweiz Schweiz Europa
Priorat San Salvador del Monte Irago (zu St. Ottilien) Rabanal del Camino Heiligster Erlöser 4 2001 Spanien Spanien Europa
St. Benedict’s Abbey Peramiho Peramiho Hl. Benedikt 55/4 1898 Tansania Tansania Afrika
Benedictine Abbey Ndanda Ndanda Hl. Maria, Hilfe der Christen 72/5 1906 Tansania Tansania Afrika
Benedictine Abbey Hanga Songea Hl. Maurus 121/22 1958 Tansania Tansania Afrika
St. Raphael’s Priory Uwemba (zu Peramiho) Uwemba Hl. Raphael 1931 Tansania Tansania Afrika
Benedictine Abbey Mvimwa Sumbawanga Hl. Geist 59/11 1997 Tansania Tansania Afrika
Kurasini (zu Ndanda) Daressalam Hl. Maurus 1894 Tansania Tansania Afrika
Benedictine Priory Kipalapala (zu Hanga) Tabora Hl. Johannes Evangelist 1974 Tansania Tansania Afrika
Benedictine Abbey Tigoni Tigoni Christus Friedenskönig 23/5 1978 Kenia Kenia Afrika
Benedictine Abbey Inkamana Vryheid Herz Jesu 36/3 1922 Sudafrika Südafrika Afrika
Christ the King’s Priory Tororo Christkönig 18/4 1984 Uganda Uganda Afrika
Benedictine Monastery Katibunga Katibunga Hl. Therese von Lisieux 14/3 1987 Sambia Sambia Afrika
Abbaye de l’Incarnation d’Agbang Agbang Inkarnation Christi 26/3 1988 Togo Togo Afrika
Waegwan Abbey Waegwan Hl. Maurus und Hl. Placidus 144/4 1952 Korea Sud Südkorea Asien
St. Benedict’s Priory Digos Digos Hl. Benedikt 16/5 1983 Philippinen Philippinen Asien
St. Michael’s Benedictine Hermitage Kumily Kumily Hl. Michael 12/- 1987 Indien Indien Asien
Abtei Yenki Yenki 5/0 2001 China Volksrepublik Volksrepublik China Asien
Cella ULF (zu Uznach) Osornoe 2006 Kasachstan Kasachstan Asien
Abadía Benedictina de San José Güigüe Valencia Hl. Joseph von Avila 8/2 1923 Venezuela Venezuela Südamerika
Kloster El Rosal Santafé de Bogotá Hl. Benedikt 7/1 1961 Kolumbien Kolumbien Südamerika
Christ the King Priory (zu Münsterschwarzach) Schuyler (Nebraska) Christkönig 10 1935 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Nordamerika
St. Paul’s Abbey Newton Hl. Paulus 4 1924 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Nordamerika
Monasterio de la Epifania del Senor San José de las Lajas 4/- 2008 Kuba Kuba Amerika
Gesamt 922/74

Ehemalige Klöster[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgenden Klöster wurden im Laufe der Zeit aufgehoben.

Name Ort Patrozinium gegründet aufgegeben Land Kontinent
Priorat Damme (zu Münsterschwarzach) Damme Hl. Benedikt 1963 2016 Deutschland Deutschland Europa

Generalobere und Erzäbte als Leiter der Kongregation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abtpräsides als Leiter der Kongregation (vom Generalkapitel gewählt)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den Anfängen bis 2012 war der Erzabt von St. Ottilien stets zugleich der „geborene“ Leiter der Kongregation (praeses natus; sog. Erzabt-System). Seit dem Jahre 2012 wird die Kongregation von einem gewählten Abtpräses geleitet. Zum ersten Präses der Kongregation wurde der bisherige Erzabt gewählt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • P. Frumentius Renner (Hrsg.): Der fünfarmige Leuchter. Beiträge zum Werden und Wirken der Benediktinerkongregation von St. Ottilien. 4 Bände. Eos-Verlag, St. Ottilien 1979–1993.
  • P. Frumentius Renner: St. Ottilien. Sein Werden und Wirken. = Mini-Leuchter. 4. erweiterte Auflage. Eos-Verlag, St. Ottilien 1985, ISBN 3-88096-015-1.
  • Notker Wolf: St. Ottilien. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 9. Herder, Freiburg im Breisgau 2000, Sp. 38.
  • Peter Rohrbacher: Deutsche Missionsinitiativen am Campo Santo Teutonico. Die Missionsbenediktiner in Deutsch-Ostafrika und die Nordischen Missionen (online) in: Stefan Heid, Karl-Joseph Hummel (Hrsg.): Päpstlichkeit und Patriotismus. Der Campo Santo Teutonico: Ort der Deutschen in Rom zwischen Risorgimento und Erstem Weltkrieg (1870–1918) (= Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte. Supplementbd. 65). Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2018, ISBN 978-3-451-38130-0, S. 613–643.
  • Ansgar Stüfe (Hrsg.): Missionsbenediktiner. Ein Klosterführer durch vier Kontinente. Eos-Verlag, St. Ottilien, 2., vollständig überarbeitete Aufl. 2020, ISBN 978-3-8306-8003-1.
  • Cyrill Schäfer OSB: Die Konstitutionen der Missionsbenediktiner von St. Ottilien in ihrer nachkonziliaren Entwicklung. In: Laurentius Eschlböck OSB (Hrsg.): Das nachkonziliare Eigenrecht der deutschsprachigen Benediktiner. EOS Editions, St. Ottilien 2022, ISBN 978-3-8306-8163-2, S. 71–81.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Gerhard Heininger: 100 Jahre Klosterfeuerwehr St. Ottilien. St. Ottilien 2007, S. 8 f. (erzabtei.de [PDF; 1,8 MB; abgerufen am 21. Januar 2014]).
  2. Missionsblätter der Benediktiner-Missionare von Uznach, Ausgabe September-Oktober 2010