Bernard Stiegler

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Bernard Stiegler (2004)

Bernard Stiegler (* 1. April 1952 in Sarcelles; † 5. August 2020 in Épineuil-le-Fleuriel)[1] war ein französischer Philosoph und Publizist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stiegler leitete die Abteilung „kulturelle Entwicklung“ (Institut de recherche et d’innovation, IRI) im Centre Georges Pompidou. Davor war er wissenschaftlicher Leiter am Collège international de philosophie (Internationales Kolleg für Philosophie), Professor und Leiter der von ihm 1993 gegründeten Forschungsgruppe „Wissen, Organisationen und technische Systeme“ (COSTECH) an der Technischen Universität von Compiègne (UTC), zweiter geschäftsführender Direktor des INA (Nationales Institut für Audiovisuelles) und war bis Ende 2005 Direktor des IRCAM (Institut für Akustik- und Musikforschung). Er hielt am Théâtre National de la Colline regelmäßig die Ars-Industrialis-Konferenzen ab, die sich mit dem Einfluss neuer Technologien und Medien auf Politik, Kultur und Gesellschaft beschäftigen.

Bernard Stiegler gab 2003 in seinem Buch Passer à l’acte (deutsch: Zum Akt) bekannt, dass er von 1978 bis 1983 wegen bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis Saint-Michel in Toulouse und in der Vollzugsanstalt Muret inhaftiert war. Stiegler beging im August 2020 Suizid.[2][3][4]

Der Einfluss neuer Medien auf die Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Medientheoretiker Stiegler trat wiederholt als Kritiker des modernen Fernsehens auf. So vertrat er in seinem Buch Die Logik der Sorge die Position, dass das Fernsehen die Aufmerksamkeit seiner Zuschauer vereinnahme und diese in eine unmündige Konsumentenposition dränge, die gesellschaftliche Strukturen zerstöre. Beispielsweise betrachtete er die zunehmende Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen als Zeichen dafür, dass die Eltern nicht mehr in der Lage seien, hinreichend Sorge für die Erziehung ihrer Kinder zu tragen. In dem Versuch, diesem Phänomen mit einem verschärften Jugendstrafrecht zu begegnen, sah er eine gefährliche Vertauschung der Rollen: Die Verantwortung für das Verhalten Minderjähriger, die eigentlich den Eltern zukomme, werde so den Jugendlichen selbst übertragen.

Nach Katherine Hayles unterscheidet Stiegler zwischen hyper attention, einer Aufmerksamkeit, die sich gleichzeitig auf mehrere Ziele richtet bzw. schnell zwischen ihnen hin- und herwechselt, und deep attention, der ausdauernden Beschäftigung mit einem einzigen Gegenstand. Stiegler war der Meinung, dass hyper attention durch übermäßigen Fernsehkonsum begünstigt werde. Insbesondere bei Kindern verändere dieser die Struktur des Hirns irreversibel und führe zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Die deep attention sah Stiegler dagegen prototypisch im Lesen und Schreiben von Büchern verwirklicht.

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu Bernard Stiegler in Fichier des personnes décédées.
  2. https://magazin.dctp.tv/2020/08/11/in-gedenken-an-bernard-stiegler-ein-alchemist-des-denkens/
  3. Bernard Stiegler, penseur des mutations contemporaines, est mort à 68 ans. Le Figaro, 7. August 2020, abgerufen am 7. August 2020 (französisch).
  4. Bernard Stiegler, le grand philosophe français d'Epineuil-le-Fleuriel, est décédé. 7. August 2020, abgerufen am 8. August 2020 (französisch).