Bernd Busemann

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Bernd Busemann (2013)
Bernd Busemann 2014 am Tag der offenen Tür des Niedersächsischen Landtags mit Minister Olaf Lies

Bernd Busemann, auch Bernhard Busemann[1], (* 5. Juni 1952 in Dörpen, Landkreis Emsland)[2] ist ein deutscher Politiker (CDU). Von 1994 bis 2022 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Vom 19. Februar 2013 bis zum 13. November 2017 war er Präsident des 17. Niedersächsischen Landtags und im Anschluss bis zum 7. November 2022 Vizepräsident des 18. Landtags.[3] Zuvor war er von 2003 bis 2008 niedersächsischer Kultusminister und anschließend von 2008 bis 2013 niedersächsischer Justizminister.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung und Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Busemann besuchte die Volksschule in Dörpen, machte dann im Jahr 1972 am Gymnasium Papenburg sein Abitur. Es folgten zwei Jahre als Zeitsoldat in Buxtehude. Anschließend nahm er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln auf. Seit dem zweiten Staatsexamen im Jahr 1982 ist er als Rechtsanwalt und seit 1985 als Notar tätig.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernd Busemann während der Konstituierenden Sitzung am 20. Februar 2013

Busemann ist seit 1971 Mitglied der CDU. Seit 1987 ist er Vorsitzender des Kreisverbandes Aschendorf-Hümmling. Von 1994 bis 2022 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages, in dem er stets als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis 82 Papenburg vertrat. Von 1998 bis 2003 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion. Von März 2003 bis Februar 2008 war er Kultusminister des Landes Niedersachsen. Nach der für CDU und FDP erfolgreichen Landtagswahl 2008 übernahm Busemann das Amt des Justizministers von Elisabeth Heister-Neumann, die seine Nachfolge antrat und Kultusministerin wurde. Nach der verlorenen Landtagswahl in Niedersachsen 2013 schied er mit dem Abtritt des Kabinett McAllister und dem Amtsantritt des Kabinett Weil I aus dem Amt.

Bernd Busemann in seinem Landtagsbüro mit der Flagge des Landkreises Emsland

Am 5. Februar 2013 wurde Busemann von der CDU-Landtagsfraktion zum Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten nominiert (Nachfolge von Hermann Dinkla). Er setzte sich mit 35 zu 19 Stimmen gegen seine Parteikollegin Astrid Vockert durch. Da die CDU trotz der verlorenen Wahl weiterhin die stärkste Fraktion stellt, war grundsätzlich von einer Wahl Busemanns bei der konstituierenden Sitzung des Landtags am 19. Februar[4] ausgegangen worden. Allerdings waren hierfür Stimmen aus dem Mehrheitslager von SPD und Grünen nötig. Nachdem Busemann am 5. Februar 2013 alkoholisiert am Steuer seines Dienstwagens erwischt wurde und bei Bekanntwerden zwei Tage später dennoch an seiner Kandidatur festhielt, ließen SPD und Grüne zunächst offen, ob sie ihn bei der Wahl auch tatsächlich unterstützen würden. Wenig später signalisierte die SPD ihre Zustimmung, die Grünen hielten sich weiter bedeckt. Bei der konstituierenden Sitzung des 17. Niedersächsischen Landtages am 19. Februar 2013 wurde Busemann schließlich mit großer Mehrheit zum Landtagspräsidenten gewählt, einige Abgeordnete der Grünen stimmten mit Nein.[3] Ab dem deutlichen Wahlsieg der SPD als stärkste Partei bei der Landtagswahl im November 2017 bis zum Ende der Legislaturperiode und seinem Ausscheiden aus dem Landtag im November 2022 war Bernd Busemann Vizepräsident des niedersächsischen Landtages.[5] Bei der Landtagswahl 2022 trat er nicht wieder an.[6]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Busemann und seine Ehefrau Ilse-Marie haben zwei Adoptivtöchter.

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auflösung der Landeszentrale für politische Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf seine Initiative hin als Kultusminister hat das Kabinett der Niedersächsischen Landesregierung unter Ministerpräsident Christian Wulff beschlossen, die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung zum 31. Dezember 2004 aufzulösen. Diese Entscheidung hat bundesweit Empörung und Forderungen nach Rücknahme des Beschlusses ausgelöst, allerdings ohne Erfolg.[7] Als Nachfolgeorganisation für das Referat 'Gedenkstättenarbeit und Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Folgen' der Landeszentrale hat der Niedersächsische Landtag am 18. November 2004 mit einem eigenen Gesetz die Gründung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten (GedenkStG) beschlossen.

Haftentschädigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2008 wurde Busemann von der FAZ befragt, was er von der von Anwaltsverbänden geforderten Erhöhung der Entschädigung für teils jahrelang unschuldig inhaftierter Bürger halte. Entsprechenden Fällen begegnen manche Bundesländer laut FAZ mit „kalter fiskalischer und juristischer Logik“. Zu dieser Einschätzung kam der Artikel durch Busemanns Position, denn er erklärte: „Ich streite nicht ab, dass die Haftentschädigung in Einzelfällen zu unbefriedigenden Lösungen führt“, er könne sich aber allenfalls eine Erhöhung um einige Euro vorstellen. „… unbefriedigende Situationen sind dem Recht immanent.“ Die Forderung nach einer Erhöhung auf hundert Euro pro Tag in Haft hält Busemann daher „geradezu für abstrus“.[8]

Castor-Transporte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den massiven Protesten gegen den Castor-Transport nach Gorleben im November 2010 forderte Busemann in der Diskussion um die Verteilung der Kosten des Polizeieinsatzes, die Demonstranten zur Kasse zu bitten. „Wer durch eine Sitzblockade einen hoheitlich genehmigten Transport behindert und dadurch einen Schaden verursacht wie etwa Mehrkosten für den Polizeieinsatz, der darf nicht von vornherein straffrei bleiben“, sagte er der FAZ.[9] Während der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ihm beipflichtete, kritisierte ihn die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth für eine Kriminalisierung der Demonstranten: „Demonstrationen sind das Grundnahrungsmittel der Demokratie.“[10]

Sicherungsverwahrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Anfang 2010 die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Deutschland erneut für menschenrechtswidrig erklärt hatte, entgegnete Busemann: „Der Niedersachse bleibt stur. Ich lasse keinen raus.“[11]

Vergewaltigungen im Jugendstrafvollzug[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als im August 2012 eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen veröffentlicht wurde, die für Insassen des Jugendstrafvollzugs die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Monats vergewaltigt zu werden, mit sieben Prozent angibt, meinte Busemann, er könne dieses Ergebnis „gut akzeptieren“ und sagte: „Ein Knast ist eben keine Mädchenpension.“ Der die Studie leitende Kriminologe Christian Pfeiffer erklärte zu deren Ergebnis: „Das ist eine Horrorquote. Wir haben ja nicht nach einem Jahr gefragt“.[12]

Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im August 2012 lehnte Busemann ein von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgeschlagenes generelles Adoptionsrecht mit Verweis auf das Kindeswohl ab. Er betonte hierbei, das Wohl des Kindes müsse Vorrang vor dem Willen des Paares haben, da Kinder gleichgeschlechtlicher Paare Stigmatisierungen und Mobbing zu befürchten hätten. Darüber hinaus sei das Vorhandensein von Vater und Mutter für die „Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder von besonderer Bedeutung“. Er respektiere die Entscheidung von Menschen, „in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf zu verwirklichen“. Eine „undifferenzierte Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau“ lehne er aber ab. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) nannte Busemanns Argumentation unverantwortlich[13], Mitglieder der Linken und der Jungen Liberalen warfen ihm in Folge Diskriminierung vor.[14]

Vorratsdatenspeicherung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Busemann ist ein Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die ursprüngliche Regelung für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt hatte, erläuterte er im August 2012, allein im Jahr 2010 habe es 3000 Verfahren wegen Kinderpornografie gegeben, im Jahr danach nur noch die Hälfte. Die Zahl der Straftaten in diesem Bereich sei jedoch nicht zurückgegangen, man könne sie nur nicht mehr verfolgen. „Wir dürfen nichts machen, das kann ich nicht akzeptieren“. Aus Busemanns Sicht sei durch die „Datenlücke“ auch der sogenannte Enkeltrick „ein Volkssport“ geworden; eine Betrugsmasche, der vor allem ältere Menschen zum Opfer fallen. Roland Zielke, Landtagsabgeordneter des Koalitionspartners FDP, wies die Kritik Busemanns zurück: „Die Pläne der CDU gehen zu weit“. Eine Datenspeicherung über sechs Monate hinaus bringe nachweislich keine höhere Aufklärungsquote, zudem gebe es die Gesetzeslücke bereits seit 2010.[15]

Alkohol im Straßenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dezember 2010 forderte Busemann, die Grenze für den Alkoholgehalt im Blut von 0,5 auf 0,3 Promille zu senken. Außerdem sprach er sich für die Abschaffung des Richtervorbehalts bei Blutproben aus.[16] Im Februar 2013 wurde er selbst mit rund 0,9 Promille beim Fahren seines Dienstwagens erwischt. Busemann beteuerte, er selbst habe sich nach einem Kneipenbesuch für noch fahrtüchtig gehalten.[4] Er entschuldigte sich daraufhin öffentlich: „Der Vorfall ist mir peinlich, es tut mir außerordentlich leid“.[17]

Antikorruptionsrichtlinie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Justizminister und als Landtagspräsident hat Busemann wiederholt erklärt, dass er für eine Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung eintrete. Die 2003 unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption kann von Deutschland bisher nicht ratifiziert werden, da nur Stimmenkauf von Abgeordneten strafbar ist, nicht aber die Beeinflussung von politischen Entscheidungen durch geldwerte Vorteile. Busemann begrüßte daher am 9. April 2013 den Kurswechsel im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, der eine baldige Verschärfung des Straftatbestandes möglich macht.[18]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bernd Busemann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Bernd Busemann – in den Nachrichten

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wahlvorschlag der Fraktionen des Niedersächsischen Landtages für die Wahl der Mitglieder der 15. Bundesversammlung (Drucksache 16/4515) (Memento des Originals vom 27. September 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.landtag-niedersachsen.de (PDF; 78 kB)
  2. Gabriele Andretta (Hrsg.), Referat für Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Protokoll: Landtag Niedersachsen. Handbuch des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode. 2017 bis 2022, 1. Auflage, Hannover: Niedersächsischer Landtag, 2018, S. 28
  3. a b Michael B. Berger: Glatte Wahl Busemanns ebnet Weil den Weg. (Memento des Originals vom 7. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.haz.de In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19. Februar 2013.
  4. a b Bernd Busemann soll neuer Landtagspräsident werden.@1@2Vorlage:Toter Link/www.haz.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5. Februar 2013.
  5. Startseite - Niedersächsischer Landtag. Abgerufen am 22. November 2017.
  6. Klaus Wallbaum: Die Ära Modder geht zu Ende: Was sich bei der Neuaufstellung der SPD schon abzeichnet. In: Rundblick – Politikjournal für Niedersachsen. Nr. 001, 6. Januar 2022, S. 4–6.
  7. http://dvpb.de/wir-ueber-uns/positionen/demokratie-braucht-die-landeszentralen-fuer-politische-bildung/ Position der Deutschen Vereinigung für politische Bildung vom 29./30.10.2004 und http://www.bpb.de/presse/50798/schliessung-der-landeszentrale-fuer-politische-bildung-in-niedersachsen bpb-Pressemitteilung vom 27. Juli 2004
  8. Christoph Gunkel: „Eine Existenzvernichtung.“ Irrtümlich inhaftiert: Hat die Justiz den Falschen festgesetzt, wird das Opfer mit elf Euro pro Tag abgespeist. Das soll sich jetzt ändern. Zwei Fälle aus der Praxis. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 16. November 2008. S. 59 und 64.
  9. Union fordert Strafen für Demonstranten. In: Faz.net vom 13. November 2010.
  10. Union will Demonstranten an Polizeikosten beteiligen. In: Zeit.de vom 13. November 2010.
  11. Sicherungsverwahrung rechtswidrig: Reaktionen. „Ich lasse keinen raus“. In: Süddeutsche Zeitung vom 14. Januar 2011.
  12. Für den ganzen Absatz: Mobbing, Vergewaltigung, Prügel. Niedersachsens Justizminister: „Ein Knast ist keine Mädchenpension“. In: Tagesspiegel. 16. August 2012 (archive.org).
  13. Niedersachsens Justizminister soll aufhören, billige Vorurteile zu verbreiten. Pressemitteilung des LSVD vom 17. August 2012.
  14. Debatte um Adoptionsrecht – Empörung nach Äußerung von Justizminister Busemann. In: Hamburger Abendblatt vom 17. August 2012, abgerufen am 18. August 2012.
  15. Für den ganzen Absatz: Gesetzeslücke schützt Sextäter. Niedersachsen kritisiert Bundesjustizministerin – Behörden fehlen Informationen. In: Nordwest-Zeitung vom 16. August 2012, abgerufen am 18. August 2012.
  16. Hans Brinkmann: Busemann will 0,3-Promille-Grenze für Autofahrer. In: Neue Osnabrücker Zeitung vom 7. Dezember 2010, abgerufen am 7. Februar 2013
  17. Charlotte Frank: Busemanns Bierchen. (Memento vom 12. April 2013 im Webarchiv archive.today) In: Süddeutsche Zeitung vom 8. Februar 2013.
  18. Für den ganzen Absatz Busemann begrüßt Vorstoß gegen Abgeordnetenbestechung (Memento des Originals vom 10. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.landtag-niedersachsen.de In: landtag-niedersachsen.de vom 9. April 2013.