Bijela gora

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Bijela gora
Blick über das Bijela gora
Blick über das Bijela gora

Blick über das Bijela gora

Höchster Gipfel Jastrebica (1862 m)
Lage Montenegro
Teil der Orjen-Gebirge, Dinariden
Koordinaten 42° 35′ N, 18° 34′ OKoordinaten: 42° 35′ N, 18° 34′ O
Gestein Kalk
Alter des Gesteins Jura
Fläche 90 km²
p1

Bijela gora (deutsch: Weißes Gebirge) ist ein 90 km² großes Hochplateau im Orjen-Gebirge im Grenzgebiet von Montenegro zu Bosnien und Herzegowina. Es liegt auf einer Höhe von 1200 bis 1500 m über dem Meeresspiegel. Die Bijela gora wird durchgehend von den bis 350 m hohen und sehr steilen 17 km langen alpinen Graten der Pazua (1656 m), Reovačka greda (1789 m) und Jastrebica (1862 m) nach Süden begrenzt. Nach Norden und Osten endet die Bijela gora an den Einebnungen der Poljen von Grahovo und Dragalj.

Bedeutende glaziale Ablagerungen und weitläufige Hochwälder mit steilen Karstwänden des Orjens machen die Bijela gora zu einem beliebten Jagd- und Wandergebiet.

Geomorphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geomorphologie im Orjen und in der Bijela gora mit der eiszeitlichen Vergletscherung des Gebietes nach Marković
Der Međugorje (rechts) in der Bijela gora ist mit 1769 m einer der Hauptgipfel

Die Bijela gora ist ein weitläufiges, glazial überformtes Karsthochplateau und Typlokalität der Landschaftsform des Glaziokarstes. Während der Eiszeit entwickelte sich auf der Bijela gora ein zusammenhängender Plateaugletscher von ca. 50 km² Fläche. Neben zwei glazialen Loben waren auf der Nord- und Ostseite vier weitere Gletscherzungen entwickelt, die bis an die Poljen von Grahovo und Dragalj reichten. Ein Gletscher mit Ursprung in der Pazua reichte sogar in das Polje von Dragalj hinein. Als erster beschrieb Jovan Cvijić die riesigen Moränenablagerungen dieses ehemaligen Gletschers:

„Ein Gletscher aus dem riesigen glazialen Nährgebiet der Pazua reichte bis auf den Grund des Dragalj Poljes. Die Endmoräne verläuft vom Polje aus treppenartig und lässt sich mehrere Kilometer verfolgen. Sie ist 140 m hoch und besteht aus Kalkfelsen und groben Kalkstücken, unter denen viele kantig und scharf sind. An der Moräne setzt ein gewaltiger fluvioglazialer Schuttkegel an; Kies und Sand bedeckt fast den ganzen Boden vom Dorf Dragalj im NO zum Dorf Paljkovca im SW. Hier vermischen sie sich mit dem fluvioglazialen Schuttkegel eines weiteren Gletschers, der vom höchsten Berg des Orjens nach Dvrsno hinabkam und oberhalb des Poljenrandes stehen blieb.“

Jovan Cvijić: Geomorphologija I. Belgrad 1924.

Durch die mehrfachen Vereisungen während des Pleistozäns sind von den Hauptkämmen der Bijela gora zum Rand des Hochplateaus mehrere Serien gestaffelter Endmoränen abgelagert worden. Die größten und am tiefsten liegenden korrelieren dabei mit der Vereisungsperiode im mittleren Pleistozän (MIS 12, 480–430 ka). Während dieser Phase erreichte die Eismächtigkeit 400 m, was einer absoluten Höhe der Eisoberfläche von ca. 1900 m entspricht.[1] Diese Eiskappe überdeckte mit 1900 m selbst die höchsten Grate der Bijela gora und des Orjens und nur einzelne, heute als Horn gebildete Gipfel, ragten als Nunatak aus dem Eismeer heraus. Zwischen den Tälern bildeten sich so in dieser Vereisungsphase Transfluenzen in der sich das Eis über die einzelnen Talschlüsse hinüberweg bewegte. Diese Wirkung ist heute insbesondere über den Einschnitt zwischen dem Vučji zub und der Velika Jastrebica sowie im Orjensko sedlo südlich des Zubački kabao als deutlich sichtbare Transfluenzpässe zu beobachten. Da das Nährgebiete bei der Plateau-Vereisung nicht mehr nur aus einzelnen Karen erfolgte, fungierten die heutigen großen wannenförmigen Vertiefungen der Bijela gora als Hauptnährgebiete für die großen Eisloben, die sich als Piedmont-Gletscher bis in die Poljen von Grahovo und Dvrsno hinabbewegten.[2] Sie sind heute als glaziale Depressionen in weiten Teilen der Bijela gora markante Erscheinungsformen wie insbesondere unterhalb des Reovačka greda Kamms im Borovi do (1425 m).[3]

Auffällig sind in der Reliefevolution der Bijela gora der Zusammenhang zwischen glazialer und fluvioglazialer Erosion im Pleistozäns und den daraus entstandenen Sedimentakkumulationen der umgebenden Poljen von Grahovo und Dragalj. Hier wurden mächtige Akkumulationsdecken, die zu den bedeutenden Quartärsedimenten im Mittelmeergebiet gehören und hier auch die am besten konservierten Quartärsedimente des mittleren Pleistozäns stellen, abgelagert.[4]

Tierbestand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die einzigen Braunbären des Orjen-Gebirges haben in den Wäldern des Bijela gora überlebt. Gämsen sind auf den unzugänglichen Graten der Reovacka greda und Jastrebica zu beobachten. Im Winter stellen sich Steinadler ein.

Tourismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gebiet soll durch ein EU-gefördertes Projekt grenzüberschreitend für einen sanften Abenteuer-Tourismus erschlossen werden.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pavle Cikovac 2003: Soziologie und standortbedingte Verbreitung tannenreicher Wälder im Orjen-Gebirge (Montenegro). Diplomarbeit an der LMU, Departement für Geowissenschaften. (researchgate:PDF)
  • Radekno Lazarević: Grahovsko polje. In: Glasnik Srpskog Geografskog Društva 29, 1949, 2, ISSN 0350-3593, S. 143–146.
  • Miroslav Marković: Geomorphological evolution and neotectonics of the Orijen Mountains. Belgrad 1973, (Universität Belgrad, Dissertation), (serbokroatisch).
  • Josip Ridjanović: Neue Beobachtungen über die Eiszeitwirkungen im Orjen-Gebirge (Jugoslawien). Geographisches Institut der Universität, Würzburg 1967, (Würzburger Geographische Arbeiten 20, ISSN 0510-9833).
  • Lubomir von Sawicki: Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien. In: Zeitschrift für Gletscherkunde 5, 1911, ZDB-ID 243658-9, S. 339–355.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Phil D. Hughes, Jamie C. Woodward, P. C. van Calsteren, L. E. Thomas, Kathryn R. Adamson 2010: Pleistocene ice caps on the coastal mountains of the Adriatic Sea. Quaternary Science Reviews, 2010; 29(27-28):3690-3708
  2. Manja Žebre, Uroš Stepišnik 2016: Glaciokarst landforms and processes of the southern Dinaric Alps. EARTH SURFACE PROCESSES AND LANDFORMS, 40/11, 1493-1505. Hier S. 1599 (PDF)
  3. Manja Žebre, Uroš Stepišnik 2016: S. 1597
  4. Kathryn R. Adamson, Jamie Woodward, Phil D. Hughes 2015: Middle Pleistocene glacial outwash in poljes of the Dinaric karst (Memento vom 5. Januar 2017 im Internet Archive). In: Feinberg, J., Gao, Y. & Alexander, E.C. (Hrsg.) Caves and Karst Across Time. Geological Society of America, Special Papers, 516, 247–262 (englisch)
  5. cbc.bih-mne.org: Obrazac za projektnu ideju za IPA Program prekogranične saradnje BiH-MNE (Memento vom 13. März 2016 im Internet Archive)