Bukanier

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Buccaneer of the Caribbean, aus Howard Pyles Buch der Piraten

Die Bukanier (Plural auch Bukanier, Buccaniere, engl. buccaneers) waren Siedler, zumeist französischer Herkunft, die am Anfang des 17. Jahrhunderts auf Hispaniola und umgebenden Inseln verwilderte Rinder und Schweine jagten.[1] Nach der fast totalen Ausrottung der ursprünglichen Bevölkerung in kurzer Zeit (bekannt geworden durch Bartolomé de Las Casas) und der Aufgabe dieser Gebiete durch die spanischen Großgrundbesitzer waren große Herden dieser verwilderten Haustiere entstanden.

Als Freibeuter in englischen Diensten attackierten sie den spanischen, französischen und niederländischen Schiffsverkehr zwischen den karibischen Inseln während des späten 17. Jahrhunderts. Ursprünglich waren Bukanierschiffsmannschaften größer, besser geeignet für Angriffe auf Küstenstädte und beschränkten sich darauf, die Karibik unsicher zu machen. Der Ausdruck „Bukanier“ verallgemeinerte sich dadurch zu einem Synonym für Freibeuter und schließlich überhaupt für Piraten. Sie selbst bezeichneten sich als Brüder der Küste.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung ist vom französischen Begriff boucanier abgeleitet, was soviel wie „Fleischräucherer“ bedeutet und wiederum vom indianischen Wort bukan herrührt. Mit diesem Begriff bezeichneten die karibischen Arawak eine Art Grill, auf dem sie unter Verwendung von Grünholz auf schwacher Flamme Fleisch (vorzugsweise Manati-Seekühe) räucherten. Diese Form des Grillens hatten die Bukanier übernommen.

Die englischen Siedler, die Jamaika besetzten, sorgten für die Verbreitung des Begriffs „Bukanier“ als Bezeichnung für diese Art von Piraten. Der Name verbreitete sich weiter und wurde ab 1684, als die erste englische Übersetzung Alexandre Olivier Exquemelins „The Buccaneers of America“ veröffentlicht wurde, zum Gemeingut.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungefähr 1630 flohen einige Franzosen von der Insel Hispaniola zur nahegelegenen Insel Tortuga, die in der französischen Zeit Île de la Tortue genannt wurde. Die Spanier versuchten, sie von dort zu vertreiben, aber die Bukanier wurden durch eine große Zahl weiterer Franzosen, Niederländer und Engländer verstärkt und beschäftigten sich fortan mit Angriffen auf den spanischen Schiffsverkehr. Dazu benutzten sie vorzugsweise kleine wendige Fahrzeuge, mit denen sie die großen spanischen Galeonen in der Nähe der Windward-Passage angriffen. Schließlich wurden sie so stark, dass sie sogar zum Festland von Spanisch-Amerika segelten und dort gelegene Städte plünderten.

Bertrand d’Ogeron de La Bouëre (1613–1676), Gouverneur der Île de la Tortue und der eigentliche Gründer von Saint-Domingue, schrieb über die Bukanier, die auch er anwerben wollte: „Sie leben zu dritt, viert, sechst oder zehnt zusammen, die Gruppen durch Entfernungen von zwei bis acht Meilen mehr oder weniger voneinander getrennt, wo immer sie geeignete Plätze finden, und leben wie Wilde, ohne irgendeine Autorität anzuerkennen, ohne einen eigenen Führer, und sie begehen tausende Überfälle. Sie haben mehrere holländische und englische Schiffe gestohlen, was uns viel Ärger bereitet hat; sie leben vom Fleisch der wilden Schweine und Rinder und bauen ein wenig Tabak an, den sie gegen Waffen, Munition und Nachschub eintauschen.“[2] Sie änderten durch die Anwerbung durch Engländer und Franzosen ihre Lebensweise. Innerhalb ihrer Kleingruppen wurden einige Kaperfahrer, oft in englischen Diensten, während andere zu Hause weiterhin ihr bisheriges wirtschaftliches Standbein pflegten. In französischen Diensten hießen sie Flibustiers.

Von London aus betrachtet war das Treiben der Bukanier eine preisgünstige Art und Weise, wie sich gegen Britanniens Rivalen Spanien Krieg führen ließ. So genehmigte die englische Krone die Kaperschiffe und legalisierte ihre Umtriebe gegen einen Anteil am Profit. Jamaikas Gouverneur Thomas Modyford lud die Bukanier ein, Port Royal zu ihrer Operationsbasis zu machen.

Sie plünderten spanische, französische und niederländische Schiffe und Niederlassungen und kehrten mit ihrer Beute nach Jamaika zurück. Dadurch wurde Port Royal die wohlhabendste Stadt der westindischen Inseln. Mitunter wurden sogar Marineoffiziere wie zum Beispiel Christopher Myngs entsandt, um die Seeräuber zu führen. Diese setzten ihre Aktivitäten unabhängig davon fort, ob sich England mit Spanien, Holland oder Frankreich im Kriegszustand befand.

In den 1690er Jahren begannen die alten Bukaniermethoden auszusterben, als die europäischen Regierungen ihre bisherige Politik änderten und sich von der Tolerierung des unerklärten Krieges in der Karibik abwandten. Freibeuter waren schwer zu kontrollieren und verwickelten die Kolonien immer wieder in unerwünschte Kriege. Letztlich tolerierten lokale karibische Beamte, dass die Seeräuber sich zunehmend niederließen und legalen Beschäftigungen zuwandten. Einige allerdings schlossen sich zu Piratenmannschaften zusammen und plünderten genauso wie vorher in der Karibik, jetzt im Indischen Ozean, an der Ostküste von Amerika oder in Westafrika.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexandre Olivier Exquemelin: Das Piratenbuch von 1678. („The history of the bucaniers of America.“) Thienemanns, Stuttgart 1983, ISBN 3-522-61120-9.
  • Rafael Sabatini (1875–1950): Captain Blood. The Riverside Press Houghton Mifflin Company, Cambridge 1922, Strange, Erkrath 2002 (deutsch), ISBN 3-89064-812-6.
  • Douglas Botting u. a.: Geschichte der Seefahrt – Die Piraten. Bechtermünz, Eltville Rhein 1992. ISBN 3-86047-029-9.
  • Douglas Botting u. a.: Geschichte der Seefahrt – Abenteurer der Karibik. Bechtermünz, Eltville Rhein 1992. ISBN 3-86047-025-6.
  • Oliver Steinke: Kaperfahrt nach Palmares oder die wahre Geschichte des irischen Piraten Hugh O Driscoll. Dutschke Verlag, Neustadt Weinstraße 2011. ISBN 3943078000.
  • Andreas Obenaus, Eugen Pfister und Birgit Tremml (Hrsg.): Schrecken der Händler und Herrscher: Piratengemeinschaften in der Geschichte. Mandelbaum, Wien 2012, ISBN 978-3854764038.
  • Frank Bardelle: Freibeuter in der Karibischen See: Zur Entstehung und gesellschaftlichen Transformation einer historischen „Randbewegung“. Westfälisches Dampfboot, Münster 1986. ISBN 3-924550-20-4.
  • Janusz Piekałkiewicz: Freibeuter in der Karibischen See. Das bunte wilde Leben der Buccaneers in der Karibischen See. Südwest Verlag, 1973.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alexandre Olivier Exquemelin: Die americanische see-räuber, entdeckt, in gegenwärtiger beschreibung der grössesten, durch die französisch- und englische meer-beuter, wider die Spanier in America, verübten rauberey und grausamkeit ... nebst einem kurzen bericht, von der cron Spanien macht und reichthum in America, wie auch von allen vornehmsten christlichen plätzen daselbst: aufgesetzt, durch A.O. aller hierinn begriffenen raubereyen gefährten und genossen: mit schönen figuren charten, und wahren conterfeyten, ausgeziert. C. Riegels, Nürnberg 1679, S. 74 f und S. 89 (Digitalisat der Library of Congress)
  2. Jon Latimer, Buccaneers of the Caribbean: How Piracy Forged an Empire, Harvard University Press, 2009 p. 145 (Leseprobe)