Bundesverwaltungsgericht (Schweiz)

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Koordinaten: 47° 25′ 19,5″ N, 9° 21′ 32,4″ O; CH1903: 744894 / 254138

Bundesverwaltungsgericht BVGer
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Hauptsitz St. Gallen, Kanton St. Gallen
Vorsteher Vito Valenti, Präsident
Stellvertreter Claudia Cotting-Schalch, Vizepräsidentin
Mitarbeiterzahl 72 Richter und rund 370 Mitarbeiter
Webpräsenz www.bvger.ch

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer; französisch Tribunal administratif fédéral, italienisch Tribunale amministrativo federale, rätoromanisch Tribunal administrativ federal/?, englisch Federal Administrative Court) mit Sitz in St. Gallen ist ein erstinstanzliches eidgenössisches Gericht. Es beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen von Bundesbehörden. In gewissen Sachbereichen ist das Gericht auch für die Überprüfung kantonaler Entscheide zuständig und urteilt ausserdem vereinzelt in Klageverfahren.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen

Im Zuge der vom Schweizervolk in der Volksabstimmung vom 12. März 2000 angenommenen Justizreform wurden in den Folgejahren drei neue erstinstanzliche eidgenössische Gerichte geschaffen, nämlich das Bundesstrafgericht, das Bundespatentgericht sowie das Bundesverwaltungsgericht. Dieses übernahm mit seiner Gründung die Aufgaben von 36 eidgenössischen Rekurskommissionen und Beschwerdediensten der Departemente (Ministerien).[1]

Das Bundesverwaltungsgericht nahm am 1. Januar 2007 seine Arbeit in provisorischen Räumen in Bern auf und siedelte im Sommer 2012 nach St. Gallen um.

Präsidium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bundesverwaltungsgericht wird von einem Präsidenten oder einer Präsidentin geführt. Am 15. Dezember 2021 wählte die Vereinigte Bundesversammlung auf Vorschlag des Bundesverwaltungsgerichts den bisherigen Vizepräsidenten Vito Valenti zum Präsidenten und Kathrin Dietrich zur Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts für das Jahr 2022, da die bisherige Präsidentin Marianne Ryter zur Bundesrichterin gewählt worden war.[2][3]

Für die Jahre 2023/2024 hat die Vereinigte Bundesversammlung am 14. Dezember 2022 Vito Valenti als Präsident sowie Stephan Breitenmoser als Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts gewählt.[4]

Bisherige Präsidien
Amtsperiode Präsident/-in Vizepräsident/-in
2007–2008 Christoph Bandli Philippe Weissenberger
2009–2010 Christoph Bandli Markus Metz
2011–2012 Markus Metz Michael Beusch
2013–2014 Markus Metz Jean-Luc Baechler
2015–2016 Jean-Luc Baechler Marianne Ryter
2017–2018 Jean-Luc Baechler Marianne Ryter
2019–2020 Marianne Ryter Vito Valenti
2021–2022 Marianne Ryter /

Vito Valenti

Vito Valenti /

Kathrin Dietrich

2023 Vito Valenti Stephan Breitenmoser
2024 Vito Valenti Claudia Cotting-Schalch

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eingang zum Bundesverwaltungsgericht

Das Gericht setzt sich aus sechs Abteilungen sowie dem Generalsekretariat zusammen. Es verfügt über folgende gesetzlich vorgesehene Leitungsorgane: das Präsidium, das Gesamtgericht, die Präsidentenkonferenz und die Verwaltungskommission. Rechtspflegeeinheiten sind die Abteilungen und Kammern.

Mit 72 Richterinnen und Richtern sowie rund 370 Mitarbeitenden ist es das grösste eidgenössische Gericht (Stand: Dezember 2021). Per 1. April 2024 wird die Anzahl möglicher Vollzeitrichter von 65 auf 70 erhöht. Diese Massnahme, die der Entlastung des Gerichts und einer besseren Vertretung der Landessprachen dienen soll, ist bis zum 31. Dezember 2029 vorübergehend. Danach werden die pensionierte Richter nicht ersetzt, bis nur noch 65 Vollzeitstellen besetzt sind.[5]

Das Bundesverwaltungsgericht setzt sich aus sechs Abteilungen zusammen:

  • Abteilung I: Infrastruktur, Abgaben, Bundespersonal
  • Abteilung II: Wirtschaft, Bildung, Wettbewerb
  • Abteilung III: Öffentliche Gesundheit, Sozialversicherungen
  • Abteilung IV: Asyl
  • Abteilung V: Asyl
  • Abteilung VI: Ausländerrecht, Bürgerrecht[6]

Wahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Wahl der Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichts (Wählbarkeit, Amtsdauer, Unvereinbarkeit mit anderen Tätigkeiten, Wahlverfahren) gelten analoge Bestimmungen wie für die Wahlen in das Bundesgericht.

Zuständigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen von Bundesbehörden. In gewissen Sachbereichen ist das Gericht auch für die Überprüfung kantonaler Entscheide zuständig und urteilt ausserdem vereinzelt in Klageverfahren. Soweit das Bundesverwaltungsgericht nicht als letzte Instanz entscheidet, können seine Urteile beim Bundesgericht angefochten werden.

Das Generalsekretariat des Bundesverwaltungsgerichts übt seit dem 1. Januar 2021 die administrative Aufsicht über die Eidgenössischen Schätzungskommissionen aus.[7]

Rechtsgrundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Art. 191a Abs. 2 (in Kraft seit 1. September 2005) der Bundesverfassung bestimmt: Der Bund bestellt richterliche Behörden für die Beurteilung von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung. Mit der Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts (und des Bundesstrafgerichts) wurde dieser Verfassungsauftrag umgesetzt.

Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32) regelt Stellung, Organisation und Zuständigkeit des Gerichts sowie das anwendbare Verfahrensrecht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsorganisation und -verwaltung im Geschäftsreglement für das Bundesverwaltungsgericht (VGR; SR 173.320.1) geregelt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Benjamin Schindler: 16 Jahre Bundesverwaltungsgericht – Zeit zur Beseitigung der Kinderkrankheiten. In: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht. Nr. 1, 2023, S. 1 f.
  • Gabriel Gertsch: Richterliche Unabhängigkeit und Konsistenz am Bundesverwaltungsgericht: eine quantitative Studie. In: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht. Nr. 1, 2021, S. 34–56.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichte. In: bvger.ch. Bundesverwaltungsgericht, abgerufen am 12. August 2019.
  2. Parlament wählt neue Präsidien von nationalen Gerichten. Abgerufen am 6. Januar 2022.
  3. © Bundesverwaltungsgericht BVGer: Neues Präsidium am Bundesverwaltungsgericht. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Januar 2022; abgerufen am 6. Januar 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bvger.ch
  4. Yves Donzallaz präsidiert die nächsten zwei Jahre das Bundesgericht. Abgerufen am 20. Januar 2023.
  5. 23.449 Erhöhung der Anzahl Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht. In: Curia Vista. Abgerufen am 17. März 2024.
  6. © Bundesverwaltungsgericht BVGer: Abteilungen. Abgerufen am 1. Dezember 2017.
  7. Website des Bundesverwaltungsgerichts: Aufsicht über die Eidg. Schätzungskommissionen. Bundesverwaltungsgericht, 27. Oktober 2022, abgerufen am 27. Oktober 2022.