Burgstall

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Burgstall „Heidenschloss“ bei Friedrichshafen, wahrscheinlich die „Alte Burg“ der Herren von Raderach
Burgstall „Bertaburg“ auf dem Bergsporn Landsöhr
Burgstall Schlosshügel bei Weidenberg (Franken)

Als Burgstall (Singular der Burgstall, Plural die Burgställe, altertümlich die Burgstähl[1]), auch Burgstadel,[2] Burgstätte,[3] Burgstelle oder Altburgstelle, wird in der Burgenkunde eine Burg bezeichnet, von der noch weniger erhalten ist als eine Ruine. Die Fachliteratur kennt zudem den Begriff abgegangene Burg oder abgekommene Burg, der meist mit der Bezeichnung „Burgstall“ gleichzusetzen ist.

Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wort Burgstall – ‚die Stelle der Burg‘ – ist mittelalterlichen Ursprungs und bezeichnet ursprünglich schlicht ‚Burg, Burgberg‘, später speziell ‚kleinere Burg‘. Diese Bedeutung hielt sich bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.[4]

Heute bezeichnet man mit Burgstall eine nicht fertiggestellte Burgbaustelle oder den Standort, an dem einst eine Burg stand, deren Mauern heute völlig oder weitgehend eingeebnet sind. Eine fachliche Definition lautet beispielsweise:

„Als ‚Burgstall‘ werden abgekommene Sitze bezeichnet, deren Burgstelle dem natürlichen Gelände angepasst sind, aber durch erhaltene künstliche Bodeneingriffe (Wall, Graben, Terrassierungen) identifiziert werden können.“[5]

Viele Burgen, die heute nur noch als Burgställe erhalten sind, wurden bereits im Mittelalter geschleift oder dem natürlichen Verfall preisgegeben, manche aber auch erst später, beispielsweise als Folge der Dachsteuer in Österreich. Flurnamen in Bezug auf die Befestigung haben sich seitdem meist erhalten, ebenso sind noch erkennbare ebene Gevierte oder Schutthügel zahlreich vorhanden, da sie burggemäß meist an eher unzugänglichen Plätzen liegen – wenn nicht, wurden sie verbreitet als „Steinbruch“ für nahe Bauten genutzt und sind vollständig abgegangen. Teils sind nur noch erdbauliche Reste wie Gräben oder Erdwälle oberirdisch erkennbar. Das heißt, dass Burgställe nur noch als Geländeunebenheiten oder gar nur in Luftbildaufnahmen erkennbar sind. Heute sind sie zumeist als Bodendenkmal geschützt.

Abgrenzung des Begriffs zu Ruine oder Burg:

  • Eine Burgruine wird meist dann als Burgstall bezeichnet, wenn eine Rekonstruktion des Gebäudegrundrisses und der Funktionen der Gebäude nicht mehr möglich ist. Eine Ruine, bei der die spärlichen Grundmauern noch eine Rekonstruktion erlauben, wird in der Fachliteratur meist nicht als bloßer Burgstall gewertet.
  • Als Burg ist hierbei schon ein befestigter Gebäudekomplex mit Wehrcharakter mit Mauerring und einem Wohnraum anzusehen.
  • Als „abgegangen“ klassiert man aber auch Burgen, die gar keine Spuren hinterlassen haben, was etwa für Hang- oder Spornburgen typisch ist, die völlig von Erosion und Bergsturz abgeräumt wurden, sowie Burgen, deren historischer Ort gänzlich unbekannt ist.[6]

Ein Gutteil aller nicht mehr erhaltenen Burgen ist aber schlicht in einem jüngeren Bauwerk, etwa einer frühneuzeitlichen Festung oder einem mittelneuzeitlichen Schloss, aufgegangen, wo sie noch als Baureste in Form einzelner Trakte (oft Teile der Kernburg), Gebäude oder Befestigungselemente bestehen oder die Grundmauern von Neubauten oder gartenbaulichen Terrassen bilden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reinhard Friedrich, Michael Losse: Burgstall. In: Horst Wolfgang Böhme, Reinhard Friedrich, Barbara Schock-Werner (Hrsg.): Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010547-1, S. 102–103, doi:10.11588/arthistoricum.535.
  • Hans Walther: Namenkunde und Archäologie im Dienste der frühgeschichtlichen Forschung. In: Heinz A. Knorr (Hrsg.): Probleme des frühen Mittelalters in archäologischer und historischer Sicht. 3. Tagung der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte der Deutschen Historiker-Gesellschaft vom 13.–16. April 1964 in Leipzig. Akademie-Verlag, Berlin 1966, S. 55–65 (Namen mittelalterlicher Burgen und insbesondere Burgställe).
  • Gerhard Billig: Flurnamen mittelalterlicher Wehranlagen im Gebiet des ehemaligen Landes Sachsen. In: Namenkundliche Informationen. Jahrgang 28, 1976, S. 15–24 (Flurnamen von Burgställen in Sachsen, (PDF; 4,38 MB)).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Burgstall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Adelung – Der Burgstall. Abgerufen am 9. September 2019.
  2. vgl. z. B. Burg Gechingen: Eintrag Gechingen bei leo-bw.de
  3. Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen: 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6.
  4. Otto Piper: Burgenkunde. Nachdruck der 3. Auflage von 1912. Weltbild, Augsburg 1994, ISBN 3-89350-554-7.
  5. Thomas Kühtreiber: Objekttypen. Hausberg/Burgstall/Erdwerk. In: NÖ-Burgen online. Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Krems an der Donau, abgerufen am 27. Dezember 2021.
  6. Vergl. Objekttypen. In: NÖ-Burgen online. Abgerufen am 27. Dezember 2021 (Abschnitte Nicht mehr erhaltene Wehranlage/Adelssitz/Burgstelle, deren genaue Lage aber bekannt ist, und Nicht lokalisierter Sitz).