CNN Türk

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CNN Türk
Fernsehsender (privatrechtlich)
Programmtyp Nachrichtensender
Empfang
Sendestart 11. Okt. 1999
Sitz Hürriyet Dünyası, 100. Yıl Mah., 2264. Sok. No.1, Bağcılar/Istanbul, Türkei
Eigentümer Doğan Yayın Holding/Time Warner
Programmchef Murat Yancı
Liste von Fernsehsendern
Website

CNN Türk ist die türkische Version des Nachrichtensenders CNN mit Sitz in Istanbul. Das türkeiweite Fernsehprogramm besteht seit dem 11. Oktober 1999. CNN Türk gehört WarnerMedia und seit 2018 der regierungsnahen Demirören Holding. Zum Programm gehören Nachrichtensendungen, politische Talkshows und Dokumentarfilme. Der Sender wird oft von internationalen Medien als Nachrichtenquelle zitiert.

Bekannte Moderatoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den bekanntesten Gesichtern des Senders gehören die Moderatoren Ahmet Hakan sowie die Nachrichtenspechrerinnen Hande Fırat, Başak Şengül und Semiha Şahin. Die Überschneidungen zu den Tageszeitungen Hürriyet und Posta sowie zur Nachrichtenagentur Doğan sind recht groß; viele Autoren und Korrespondenten dieser Medien sind auch oft bei CNN Türk zu sehen. Auch mit dem Sender Kanal D, ebenfalls aus dem Haus Doğan, arbeitet CNN Türk eng zusammen.

Rolle beim Putschversuch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Putschversuch vom 15./16. Juli 2016 spielte der Sender eine entscheidende Rolle. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ließ sich per Facetime mit der Moderatorin Hande Fırat verbinden und rief das Volk dazu auf, sich auf der Straße den Putschisten entgegenzustellen. Nach allgemeiner Einschätzung trug dies maßgeblich zur Niederschlagung des Umsturzversuches bei.[1][2][3] Im Laufe der Nacht wurde der Sender von putschistischen Soldaten besetzt, die zwar das Gebäude räumten, aber nicht den Sendebetrieb einstellen konnten. Die Mitarbeiter sendeten mit ihren Handykameras auf Facebook weiter, während vom Sender eine Stunde lang Bilder eines leeren Studios ausgestrahlt wurden.[4]

Politischer Druck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 2015 wurde der Moderator Ahmet Hakan aus politischen Gründen zusammengeschlagen. Vier Männer hatten ihn nach seiner Sendung verfolgt.[5] Im November 2015 wurde der Rechtsanwalt und Bürgerrechtler Tahir Elçi von Unbekannten in Diyarbakır erschossen. Er hatte in Hakans Talkshow gesagt, die PKK sei keine Terrororganisation und damit den Zorn von Nationalisten und der Regierung auf sich gezogen.[6]

Die Moderation Nevsin Mengü bekannte sich offen zu ihrer kritischen Haltung gegenüber der Regierung Erdogan und wurde von CNN Türk entlassen. Anschließend wurde sie Hauptmoderatorin des Senders Olay TV. Diesem wurde 2020 von RTÜK die Lizenz entzogen.[7]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als die Proteste rund um den Gezi-Park in Istanbul 2013 begannen und die Polizei massiv gegen die Demonstranten vorging, sendete CNN International Livebilder vom Taksim-Platz, während CNN Türk zunächst nicht über die Proteste berichtete, sondern dem geplanten Programm folgend eine Dokumentation über Pinguine sendete.[8] Bei Kritikern der AKP-Regierung etablierte sich danach der Ausdruck „Pinguin-Medien“ als Bezeichnung für die von der Regierung kontrollierte Medien.[9]

Nachdem der Journalist Erdoğan Aktaş, vormals Chefredakteur des regierungsnahen Nachrichtensenders A-Haber die Chefredaktion von CNN Türk übernommen hatte, wurden sechs Redakteure entlassen und die Sendung des als AKP-kritisch bekannten Moderatoren Mirgün Cabas abgesetzt.[10][11] Kritiker attestierten dem Sender wie der gesamten Mediengruppe, diese hätten sich mit der Regierung „arrangiert“.[12]

Im November 2016 wandte sich die prokurdische Demokratiepartei der Völker in einem offenen Brief an die Verantwortlichen von CNN in den USA und beschwerte sich, dass ihre Partei bei CNN Türk „systematisch ignoriert“ werde.[13]

Am 6. Februar 2020 rief die größte Oppositionspartei CHP offiziell zu einem Boykott von CNN Türk auf. Als Grund hierfür wurde die „regierungstreue politische Einstellung“ des Senders genannt, welche seit dem Wahlkampf zu den Kommunalwahlen 2019 immer stärker geworden sei. Zudem wurde bekanntgegeben, dass in Zukunft kein CHP-Politiker mehr in jeglichen Sendungen auftreten werde.[14]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Deniz Yücel: „Der eigentliche Putsch beginnt jetzt erst“, Die Welt, 16. Juli 2016.
  2. Lorenz Maroldt: Erdogans Facetime-Konterrevolution, Tagesspiegel, 16. Juli 2016.
  3. Wie Online-Dienste den Putsch haben scheitern lassen, Berliner Zeitung, 16. Juli 2016.
  4. Christoph Seidler: Wie Erdogan vom Netz profitiert hat@1@2Vorlage:Toter Link/www.spiegel.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Spiegel-Online, 16. Juli 2016.
  5. Deniz Yücel: „Wir können dich wie eine Fliege zerquetschen“, Die Welt, 2. Oktober 2015.
  6. Marco Kauffmann Bossart: Nach Friedensappell erschossen, Neue Zürcher Zeitung, 30. November 2015.
  7. Rainer Hermann: Türkische Medien: Eine weitere unabhängige Stimme verstummt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 22. Juni 2021]).
  8. Hakan Tanriverdi: Türkische Medien und #Occupygezi: „Die Ersten, die es verschweigen“, Süddeutsche.de, 3. Juni 2013.
  9. Nuran Gülenç: Penguen medyası ‘hakikat’ peşinde!, Birgün, 3. Januar 2017.
  10. CNN Türk’te Mirgün Cabas depremi, Cumhuriyet, 4. März 2016.
  11. CNN Türk'te deprem: 6 ismin işine son verildi, Birgün, 16. Juni 2016
  12. Stefan Schocher: Ende des Parlamentarismus, Kurier, 7. November 2016.
  13. HDP's letter to CNN (Memento des Originals vom 1. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hdp.org.tr, 21. November 2016.
  14. Deutsche Welle (www.dw.com): CHP'nin boykot kararı resmen açıklandı | DW | 06.02.2020. Abgerufen am 6. Februar 2020 (türkisch).