Carin II

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Carin II
Als Prince Charles im Jahr 2017
Als Prince Charles im Jahr 2017
Schiffsdaten
Flagge Deutschland Deutschland
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
andere Schiffsnamen

HMS Royal Albert (1946–1950)
Prince Charles (1950 – ca. 1960)
Theresia (1960–1973)
Carin II ((nach 1937–1945, wieder) 1973 – ca. 2017)
Prince Charles ((wieder) ab 2017)

Schiffstyp Motoryacht
Bauwerft Werft Hans Heidtmann, Hamburg
Baunummer 5730
Indienststellung 27. Juni 1937 in Hamburg
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 27,5 m (Lüa)
Breite 4,85 m
Tiefgang (max.) 1,28 m
Verdrängung 71,12 BRT
 
Besatzung 4
Maschinenanlage
Maschine 3 × Daimler-Benz Dieselmotor (1 × BOM 85 (12 Zylinder) und 2 × BOM 54 (6 Zylinder))
Höchst­geschwindigkeit 14,0 kn (26 km/h)
Propeller 3

Die Carin II (zweimal Carin II, ex Theresia, ex und nun wieder Prince Charles, ex HMS Royal Albert) ist eine deutsche Luxusyacht mit Doppelrumpf aus Holz (Eiche bzw. Teak), die 1936/37 im Auftrag von Hermann Göring für ihn in Hamburg gebaut wurde. Von 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs) bis circa 1960 wurde sie in der Royal Navy und der britischen Rheinflottille genutzt. Von 1973 bis 1985 befand sie sich im Besitz des Stern-Reporters Gerd Heidemann,[1] wodurch sie 1983 in den Skandal um die vermeintlichen Hitler-Tagebücher verwickelt wurde. Sie lag von 1987 bis 2009 in Ägypten auf und wird (Stand 2015 und 2017) in el-Guna und Safaga am Roten Meer restauriert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Carin II (1937–1946)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schiff wurde ab 1936 bei der Hamburger Werft Herrmann Heidtmann[2] nach einem Entwurf von Karl Schulte gebaut. Die Indienststellung als Carin II erfolgte am 27. Juni 1937 in Hamburg anlässlich der Anwesenheit des Ehepaars Emmy und Hermann Göring beim Deutschen Derby. Namensgeberin des Schiffes war die 1931 verstorbene erste Ehefrau Hermann Görings, Carin Göring, geb. Freiin Fock.[3] Die Yacht diente sowohl privaten Urlaubsreisen als auch repräsentativen Zwecken. Göring benutzte sie für regelmäßige Fahrten von Hamburg nach Sylt. Erster Staatsgast an Bord war 1937 der italienische Duce, Benito Mussolini.

Eine Besonderheit des Dienstbetriebs auf der Yacht war, dass die Stammbesatzung von vier Mann im Dienst durch seemännisches Personal der Luftwaffe ergänzt wurde. Bei Fahrten in der Nord- und Ostsee wurde die Yacht ständig von einem Flugsicherungsboot der Luftwaffe begleitet, da sie nur bis Windstärke 6 seetauglich war.

Im Juli 1938 hielt sich Göring mit der Carin II in Begleitung zweier Kriegsschiffe der Kriegsmarine in der dänischen Hafenstadt Helsingør auf, um die Hamlet-Festspiele zu besuchen. Der Besuch diente jedoch offenbar politisch-repräsentativen Zwecken. Am 22. August 1938 besuchte Reichskanzler Adolf Hitler die Yacht in Eckernförde anlässlich einer Flottenparade der Kriegsmarine.

Im Juli/August 1939 machte Göring eine 25-tägige Reise entlang der Nordseeküste und über westdeutsche Flüsse, die als Propagandafahrt für den Vierjahresplan angesehen werden kann. Dabei fand am 25. Juli in Westerland auf Sylt eine Besprechung mit der Luftwaffenführung statt, an der u. a. Ernst Udet, Erhard Milch und Hans Jeschonnek teilnahmen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Yacht nicht mehr genutzt. Im März 1945 wurde sie, vermutlich, um eine Beschlagnahme durch die anrückende Rote Armee zu verhindern, von Spandau nach Mölln überführt. Möglicherweise wurde sie bereits dort von Einheiten der British Army beschlagnahmt; als gesichert gilt lediglich, dass sich die Carin II am 8. Mai 1945, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, in Kiel befand.

In der Royal Navy (1946 – ca. 1960)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Verwendung der Carin II in britischen Diensten liegen bislang keine detaillierten Informationen vor. Als gesichert gilt, dass Field Marshal Bernard Montgomery sie im August 1945 für eine Hafenrundfahrt in Kiel benutzte.

Ende 1945 wurde die Yacht offiziell von der Royal Navy übernommen und als HMS Royal Albert (nach Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem Ehemann von Queen Victoria) in Dienst gestellt und zeitweise in Hamburg und Wilhelmshaven als Verkehrsboot benutzt. Die Besatzung bestand aus deutschem Personal in britischen Diensten. 1948 wurde sie als Fischereischutzboot gegen Helgoländer Fischer eingesetzt, die entgegen den Bestimmungen der britischen Militärregierung ihre alten Fischgründe um Helgoland aufsuchten. 1948 und 1950 wurde sie überholt und von britischen Offizieren zu Hafenrundfahrten in Hamburg benutzt.

Ende 1950 wurde die Yacht auf den Rhein überführt. Sie wurde in Krefeld-Uerdingen stationiert und diente nun als Motoryacht Prince Charles prinzipiell der britischen Königsfamilie, aber auch als Repräsentationsschiff der Royal Navy Rhine Flotilla. Die Stammbesatzung bestand jetzt aus britischen Marineangehörigen und deutschem Personal. Als Gäste befanden sich gelegentlich der Gatte von Königin Elisabeth II., Prinz Philip, sowie deren gemeinsamer Sohn, Prinz Charles (* 1948), nach dem die Yacht benannt worden war, als Passagiere an Bord.

Im Juni 1954 wurde die Prince Charles von Prinzessin Margaret, der jüngeren Schwester der Königin, anlässlich von Truppenbesuchen in der Bundesrepublik Deutschland für repräsentative Zwecke genutzt. Im September 1954 diente die Yacht Herzog Philip für eine Repräsentationsreise nach Basel. Die Prince Charles führte auch eine Reise nach London durch, wobei die deutschen Besatzungsmitglieder durch Briten ersetzt wurden.

Emmy Göring gelang Ende der 1950er Jahre die Rückgabe der Yacht von der britischen Regierung, da die Carin II Privateigentum Görings gewesen war und nie militärischen Zwecken gedient hatte. Nach der Rückgabe veräußerte Göring die Yacht am 20. Oktober 1960 für 33.000 DM an einen Bonner Unternehmer, der sie nach seiner Gattin in Theresia umbenannte und für Urlaubsreisen verwendete. Zu diesem Zeitpunkt lag sie im Yachthafen Oberwinter südlich von Bad Godesberg.[4]

Rückbenennung in Carin II (seit 1973)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 28. Januar 1973 wurde die Theresia für 160.000 DM an den Hamburger Journalisten Gerd Heidemann verkauft, der seinerzeit für den Stern arbeitete und für seine Reportagen vor allem aus Krisengebieten in der Dritten Welt bekannt war; 1983 machte er durch die gefälschten Hitler-Tagebücher Furore. Heidemann war nach Eigenaussage 1976–1981 mit Edda Göring, der Tochter von Hermann Göring, befreundet.

Heidemann benannte die Theresia wieder in Carin II um und versuchte, sie mit erheblichem finanziellen Aufwand bei gleichzeitiger Modernisierung wieder in ihren ursprünglichen Bauzustand zu versetzen. Die Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten wurden von den Hamburger Werften Hein Garbers und Günther Lütje durchgeführt. Bis 1985 investierte Heidemann gut eine Million DM; dazu gehörte auch der Rückkauf von Ausrüstungsgegenständen, so der Bordbibliothek.

Da Heidemann keinen Bootsführerschein besaß, lag sie in der Regel in der Billwerder Bucht in Hamburg-Rothenburgsort. Auf ihr empfing er zahlreiche prominente Künstler, Politiker, Persönlichkeiten der Zeitgeschichte und Journalisten. Die letzten Gäste an Bord waren Anfang April 1981 Vertreter des Verlags Gruner + Jahr sowie der Ressortleiter des Stern für Zeitgeschichte, Thomas Walde. Hintergrund des Treffens war der Fund der angeblichen Hitler-Tagebücher und ihre geplante Veröffentlichung. Nach seiner Verurteilung im Strafprozess um die Fälschungen der angeblichen Tagebücher war Heidemann finanziell nicht mehr in der Lage, die Yacht zu unterhalten. Sie wurde im August 1985 von der Deutschen Bank zwangsversteigert und für 270.000 DM an den ägyptischen Geschäftsmann Mustafa Karim verkauft.

Ende Januar 1987 sollte die Carin II nach Ägypten überführt werden. Hierbei geriet sie Anfang Februar vor der libyschen Küste angeblich in Seenot und lief Bengasi an. Die libyschen Behörden legten sie an die Kette; die Besatzung, darunter auch die Ehefrau Karims, die US-amerikanische Staatsbürgerin Sandra Simpson, wurde festgenommen und erst nach mehrmonatiger Haft bzw. Internierung freigelassen. Schließlich konnte die Yacht wie geplant nach Ägypten überführt werden, wo sie zuerst in Hurghada und später im Yachthafen von el-Guna nördlich von Hurghada am Roten Meer lag.

Aufgrund von Rechtsstreitigkeiten in der Familie Karims wurde die Carin II nie in Betrieb genommen. Nach Karims Tod 1993 gelang es seiner Ehefrau Sandra Simpson erst 2003, die Eigentumsrechte zugesprochen zu bekommen. Simpson verkaufte die Yacht 2009 an einen Hamburger Geschäftsmann, der sie (Stand 2015) renovieren lässt.

Rückbenennung in Prince Charles (seit Juni 2017)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

M.Y. Prince Charles, el-Guna (1. Juni 2017)

Die Motoryacht liegt seit Juni 2017 in der alten Marina von el-Guna, Ägypten und heißt wieder Prince Charles. Als Heimathafen ist am Heckspiegel „Valletta“, Malta angegeben. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen im Juni 2017 wurden an Bord Arbeiten durchgeführt. Das letzte AIS-Signal wurde am 11. Oktober 2022 aus ebendieser Marina empfangen.[5]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jan Heitmann: Schwimmender Treffpunkt der Großen der Welt. Vor 75 Jahren wurde die Jacht CARIN II in Auftrag gegeben, in: Schiff und Zeit/Panorama maritim, Bd. 74, Herbst 2011, S. 48–57. ISBN 978-3-7822-0968-7
  • Valerie Langrish Warner: Carina. The yacht that refused to die, Brighton 2010. ISBN 978-1-84624-413-1 (Fiktionalisierte Geschichte der Carin II)
  • Gerhard Klußmeier: Carin II. und Prinz Albert von Sachsen Coburg. Prince Charles und Theresia. Abenteuerliche Jahrzehnte im Leben einer Luxusjacht. Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2020. ISBN 978-3-944487-78-6

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Carin II – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Babel: Ehemaliger Celler Chefärztin 12 Tötungen zur Last gelegt. In: CZ.de (Celler Zeitung). 26. Januar 2017, abgerufen am 28. Januar 2022: „Der ehemalige Hamburger Stern-Reporter Gerd Heidemann (79) war fünf Jahre lang mit Edda Göring befreundet. […] Damals habe sie dem Hamburger die Tagebücher ihres Vaters Hermann angeboten.“
  2. Volker Knopf, Stefan Martens: Görings Reich: Selbstinszenierungen in Carinhall. Ch. Links Verlag, 2006, ISBN 978-3-86153-392-4 (google.de [abgerufen am 9. Mai 2018]).
  3. Anm. Ein vorhergehendes Privatschiff hatte Hermann Göring schon Carin genannt.
  4. Ursula Pidun: SPREERAUSCHEN.net: Ex-"Stern"-Reporter Gerd Heidemann: NS-Recherchen führten zu Konsequenzen (3/4). Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Januar 2012; abgerufen am 19. Februar 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/spreegurke.twoday.net
  5. Ship PRINCE CHARLES (Pleasure Craft) Registered in Malta - Vessel details, Current position and Voyage information - IMO 0, MMSI 215000499, Call Sign 9HB4963. Abgerufen am 2. März 2023 (englisch).