Carlo Goldoni

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Carlo Goldoni (Porträt von Alessandro Longhi)

Carlo Goldoni (* 25. Februar 1707 in Venedig; † 6. Februar 1793 in Paris) war ein venetischer Komödiendichter und Librettist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Casa di Carlo Goldoni: Geburts- und Wohnhaus von Goldoni in Venedig, heute Museum und Bibliothek

Goldoni erhielt seine erste wissenschaftliche Bildung an jesuitischen und dominikanischen Kollegien in Perugia und Rimini, studierte dann in Venedig und Pavia Jura und Philosophie. Zunächst schlug er eine Jura-Karriere ein: Er wurde Sekretär des Vizekanzlers des Kriminalgerichts in Chioggia, dem er 1729 nach Feltre folgte. Währenddessen unternahm er den Versuch, als Schauspieler in einem Liebhabertheater aufzutreten und führte dort seine eigens ohne Musik inszenierten Opern Didone und Siroe von Pietro Metastasio auf. Zusätzlich verfasste er zwei Lustspiele mit den Titeln II buon padre und La cantatrice, die auf große Begeisterung stießen. Nachdem er 1731 in Padua promoviert hatte, praktizierte er einige Zeit als Rechtsanwalt in Venedig. Trotzdem widmete er sich weiterhin seiner Leidenschaft für die dramatische Dichtung und ließ diese nicht außer Acht.

Sehr bald aber nötigte ihn eine unglückliche Liebesangelegenheit, Venedig plötzlich zu verlassen. 1734 schloss er sich einer Commedia-dell’arte-Truppe an, die er mit Texten für Gesang und Sprechtheater versorgte und wurde als Assistent von Domenico Lalli verpflichtet, dem Hausdichter des bedeutendsten Opernhauses von Venedig, S. Giovanni Grisostomo. Seine Tätigkeit dort bestand hauptsächlich im Einrichten von opere serie anderer Librettisten. In Venedig wurden auch seine ersten größeren dramatischen Versuche Il gondoliere veneziano, Belisario, Rosamunda unter anderem durch eine Schauspielertruppe, die er in Verona kennengelernt hatte, zur Aufführung gebracht und zum Teil mit großem Beifall aufgenommen. Immer mit dem Schreiben von literarischen Texten beschäftigt, lebte Goldoni mehrere Jahre in verschiedenen Städten Oberitaliens, bis er in Genua die Bekanntschaft der Tochter eines Notars machte, die er 1736 heiratete.

Finanzielle Zwänge bewogen ihn 1743, Venedig zu verlassen und den Beruf als Rechtsanwalt in der Toskana auszuüben. Erst als es ihm 1748 gelang, in ein festes Verhältnis zu Girolamo Medebach (1706–1790) und dessen Theater-Gesellschaft zu treten, die im Theater Sant’Angelo in Venedig spielte, gab er die Advokatur ganz auf, um sich ausschließlich der Arbeit für diese Bühne zu widmen. Er schrieb nun eine große Anzahl Stücke, die den Geschmack des Publikums für eine neue Theater-Richtung öffnete. Etwa um diese Zeit begann auch die Zusammenarbeit zunächst mit Ciampi, dann aber mit Baldassare Galuppi, auf deren opere buffe der Hauptteil seiner Bedeutung als Librettist begründet ist. Dieser Zusammenarbeit entsprangen über die nächsten sieben Jahre einige der erfolgreichsten Buffo-Opern Italiens.

Sein Ruhm verbreitete sich bald auch über Italiens Grenzen hinaus und verschaffte ihm 1761 einen Ruf nach Paris, um für das dortige Italienische Theater zu arbeiten. Er blieb die letzten 30 Jahre seines Lebens dort. Hier schrieb er noch mehrere italienische Stücke und zwei französische, von denen eins, Le bourru bienfaisant, 1771 mit großem Erfolg in Fontainebleau aufgeführt wurde (Der gutherzige Murrkopf, Augsburg 1785). Als sein Kontrakt mit der dortigen Bühne abgelaufen war, ernannte ihn König Ludwig XVI. zum Sprachlehrer seiner Töchter und setzte ihm ein Gehalt von 3600 Livres aus, das er durch die Französische Revolution verlor. Der Nationalkonvent gestand es ihm wieder zu.

Er gehörte zu den ersten auswärtigen Mitgliedern der 1750 gegründeten Accademia Roveretana degli Agiati.[1] Er starb am 6. Februar 1793 in der Rue Dussoubs 21 mit 85 Jahren im 2. Pariser Arrondissement und wurde auf dem mittlerweile aufgelassenen Friedhof Sainte-Catherine zu Grabe getragen.[2] Die Lage des ehemaligen Friedhofs befindet sich an der Grenze des 5. zum 13. Arrondissement unter dem Boulevard Saint-Marcel 51–66.[3]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Komödien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luigi Ponelato: Il Cicisbeo, Illustration zu Goldonis Werken Bd. 13, Venedig 1790

In seinem theatralischen Wirken mit dem Mittelpunkt Venedig (oft auf Venezianisch) fiel Goldoni die Rolle eines Reformators des italienischen Lustspiels zu. Er vertrat an Stelle der Commedia dell'arte mit ihren Harlekinaden und Possenreißereien, ihren Unanständigkeiten und phantastischen Erfindungen die Charakter- und Sittenkomödie nach Molières Vorbild. Während des jahrelangen Kampfes, den er gegen die bisherige Form zu führen hatte, und in dem Carlo Gozzi sein Hauptgegner war, wechselte er häufig seinen Aufenthaltsort und arbeitete immer wieder auch als Rechtsanwalt. Erst nach seiner Rückkehr nach Venedig 1748 wurden seine Bemühungen allmählich von Erfolg gekrönt, und er konnte von seiner literarischen Tätigkeit sein Einkommen bestreiten.

Goldoni hat an die 200 Stücke geschrieben und sich in allen dramatischen Gattungen versucht. Sein Ruhm beruht aber vorzugsweise auf seinen Lustspielen, von denen ein Teil noch der alten Gattung der Maskenspiele, wenn auch in wesentlich verbesserter Gestalt, angehört. Sein Hauptverdienst besteht in der Einführung des regelmäßigen Lustspiels, besonders der Sitten- und Charakterkomödie. Bei seiner außerordentlichen Produktivität arbeitete er oft flüchtig und ungleich; auch fehlt es ihm, namentlich mit Molière verglichen, an komischer Kraft und echtem Humor, wenn auch nicht an manchen guten Einfällen. Die Sitten seiner Zeit und Nation hat er mit großer Wahrheit und scharfen Umrissen, in natürlicher Sprache und lebendigem Dialog gezeichnet.

Weiterhin verarbeiten Goldonis Komödien auch Einflüsse ihrer Zeit, zum Beispiel der Aufklärung, ebenso porträtieren seine Komödien immer wieder den Niedergang des Adels und den Aufstieg des Bürgertums.

Libretti[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldoni war Mitglied der berühmten Accademia dell’Arcadia und signierte seine Libretti deshalb, anders als seine Werke für das Sprechtheater, mit dem Pseudonym Polisseno Fegejo, unter dem er dieser literarischen Gesellschaft angehörte. Allerdings sprach er in seinen autobiographischen Schriften eher geringschätzig von ihnen als lukrativer Nebenbeschäftigung. Viele der von ihm verfassten Textbücher, namentlich diejenigen aus der Zusammenarbeit mit Galuppi, wurden – entgegen der sonstigen Praxis in der Opera buffa – mehrfach neuvertont, u. a. von Antonio Tozzi, Karl Ditters von Dittersdorf, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Giovanni Paisiello, Marcos António Portugal, Niccolò Piccinni, Antonio Salieri und Domenico Cimarosa. Im Laufe dieser Neuvertonungen wurden seine ursprünglichen Libretti oft stark abgewandelt, was ihn dazu bewog, in seinen Mémoires (Paris, 1787) explizit vor Verfälschungen zu warnen.

Er lieferte den Komponisten zuverlässig abwechslungsreiches, oft in der Sphäre des Phantastischen angesiedeltes Material mit viel Spektakel und unerwarteten Wendungen der Handlung. Im Unterschied zu Pietro Metastasio war Goldoni bemüht, seine Texte den Vorstellungen von Komponisten anzupassen, und nicht umgekehrt.[4] Goldoni war der erste, der den Terminus dramma giocoso konsistent als Gattungsbezeichnung verwendete, und sein Verständnis dieses Begriffs als Mischung verschiedener Rollentypen von serio bis buffo wurde stilbildend für andere Librettisten, zum Beispiel Giovanni Bertati und Lorenzo da Ponte.

Meistens beginnt ein typisches (originales) Goldoni-Libretto mit einem eröffnenden Ensemble, gefolgt von einem farbigen Tableau und einer ersten Ahnung der dramatischen Zuspitzung. Typischerweise ist die ganze dreiaktige Form mit reichlich Ensemble-Anteilen versehen, und der dritte Akt beinhaltet ein Duett der zwei Hauptcharaktere unmittelbar vor dem Finale. Sein Hauptbeitrag zur Opera buffa jener Zeit aber waren die ausgedehnten, mit reichlich Aktion angereicherten finali, die für ununterbrochene Musik konzipiert waren. Diese Neuerung zwang die Komponisten jener Zeit, sich auch im Rahmen einer musikalischen „Nummer“ mit Aktion oder plötzlichen Ereignissen auseinanderzusetzen und diese dramatischen Wendepunkte nicht, wie bisher üblich, im Rezitativ abzuhandeln. Insofern hat Goldoni ohne Zweifel einen großen Anteil an der Entwicklung der Opera buffa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Ausgewählte Werkliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goldoni - Raccolta di commedie scelte
Goldoni-Denkmal auf dem Campo San Bortolomeo in Venedig (Antonio Dal Zotto, 1883)

Komödien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Don Giovanni Tenorio ossia Il dissoluto (Don Giovanni Tenorio oder Der Wüstling) (1736)
  • Momolo cortesan bzw. L’uomo di mondo (Der Mann von Welt) (1738)
  • Il servitore di due padroni (Der Diener zweier Herren) (1745)
  • La bottega del caffè (Das Kaffeehaus) (1750)
  • Il bugiardo (Der Lügner) (1750)
  • La locandiera (Mirandolina bzw. Die Wirtin) (1753)
  • La sposa persiana (Die persische Braut) (1753)
  • Il filosofo inglese (1754), gewidmet dem britischen Konsul Joseph Smith
  • La villeggiatura (Der Landaufenthalt) (1756)
  • Il campiello (1756)
  • L’impresario delle smirne (Der Impresario von Smyrna) (1760), bearbeitet 1928 von Paul Kornfeld für das Hessische Landestheater Darmstadt
  • I rusteghi (Die Grobiane) (1760)
  • Trilogia della villeggiatura (Die Trilogie der Sommerfrische; in modernerer Übersetzung: Trilogie der schönen Ferienzeit[5]) (1761)
  • Le baruffe chiozzotte (Viel Lärm in Chiozza) (1762)
  • Il ventaglio (Der Fächer) (1763)

Libretti[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insgesamt 80 Libretti, davon bei weitem die meisten Buffo-Opern.

Autobiographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mémoires pour servir à l'histoire de sa vie et celle de son théâtre, 1787 (Goldoni über sich selbst und über die Geschichte seines Theaters, 1788)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ted Emery: Goldoni as librettist – Theatrical reform and the Drammi Giocosi Per Musica. 3. Auflage. Peter Lang, New York 1991, ISBN 0-8204-1230-9.

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Carlo Goldoni – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichte der Akademie (Memento vom 20. März 2014 im Internet Archive)
  2. GOLDONI Carlo – Tombes Sépultures dans les cimetières et autres lieux, abgerufen am 10. März 2016 (französisch).
  3. SAINTE-CATHERINE Cimetière, Paris (disparu) – Tombes Sépultures dans les cimetières et autres lieux, abgerufen am 10. März 2016 (französisch).
  4. Emery: Goldoni as librettist. 1991, S. 69–70.
  5. So als Titel einer Aufführung des Düsseldorfer Schauspielhauses, das das Werk 2011 (Premiere am 2. März) „nach einer Übersetzung von Achim Gebauer“ auf die Bühne brachte; im Text der Komödie war zwar fortwährend von „Sommerfrische“ die Rede, nicht aber im Titel: Trilogie der schönen Ferienzeit (abgerufen am 9. März 2011)