Chalkosin

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Chalkosin
Chalkosinstufe aus der „Mammoth Mine“, Mount Gordon, Mount Isa, Queensland, Australien (Größe: 3,5 × 3,3 × 2,1 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cc[1]

Andere Namen
  • Chalcocite[2]
  • Kupferglanz
  • Kupferglas
Chemische Formel Cu2S[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/A.01
II/B.01-010[3]

2.BA.05a
02.04.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[4]
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[5]
Gitterparameter a = 15,25 Å; b = 11,88 Å; c = 13,49 Å
β = 116,3°[5]
Formeleinheiten Z = 48[5]
Häufige Kristallflächen {110}, {010}, {001}, {111}, {112}, {113}, {023}[6]
Zwillingsbildung Durchkreuzungszwillinge nach (112) und -drillinge nach (110)[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3 (VHN100 = 84 bis 87 kg/mm2[7][8])
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,5 bis 5,8; berechnet: 5,80[7]
Spaltbarkeit undeutlich nach {110}[7]
Bruch; Tenazität muschelig; spröde, gelegentlich sektil (schneidbar)[7]
Farbe bleigrau, stahlgrau, matt schwarz anlaufend
Strichfarbe dunkelbleigrau
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz

Chalkosin, veraltet auch als Kupferglanz oder Kupferglas bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der Zusammensetzung Cu2S (auch α-Cu2S[5]) und ist damit chemisch gesehen ein Kupfer(I)-sulfid.

Chalkosin kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und entwickelt meist prismatische, tafelige und durch Zwillingsbildung auch pseudohexagonale Kristalle. Des Weiteren findet er sich in Form körniger bis massiger Aggregate. Frische Proben sind zunächst von bleigrauer bis stahlgrauer Farbe und metallischem Glanz. Mit der Zeit laufen sie jedoch schwarz an und werden matt.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den bis heute gültigen Namen Chalkosin erhielt das Mineral 1832 durch François Sulpice Beudant, der die Bezeichnung aus dem griechischen Wort χαλκός chalkos für Kupfer ableitete.[9]

Bekannt war das Mineral allerdings mindestens seit dem 16. Jahrhundert. Nachweislich verwendete Lazarus Ercker die bergmännische Bezeichnung „Kupffer glaß ertz“ (also Kupferglaserz oder kurz Kupferglas) in seinem 1580 herausgegebenen Werk Beschreibung der allerfürnemsten Mineralischen Erzt und Bergwerksarten.[10] Auch in Abraham Gottlob Werners Werk, das von Christian August Siegfried Hoffmann 1789 unter dem Titel Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben wurde, findet sich noch der Begriff Kupferglas, aufgeteilt in dichtes und blättriges Kupferglas.[11] In Johann Friedrich Ludwig Hausmanns Werk Handbuch der Mineralogie (1. Auflage herausgegeben 1813) ist das Mineral dann unter der Bezeichnung Kupferglanz (siehe auch Glanze) zu finden.[12]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Chalkosin zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide etc. mit [dem Stoffmengenverhältnis] M : S > 1 : 1“, wo er zusammen mit Berzelianit die „Chalkosin-Berzelianit-Gruppe“ mit der System-Nr. II/A.01 und den weiteren Mitgliedern Djurleit und Weissit bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.01-010. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wo Chalkosin zusammen mit Anilith, Digenit, Djurleit, Geerit, Roxbyit, Spionkopit und Yarrowit die Gruppe der „Kupfersulfide“ mit der System-Nr. II/B.01 bildet.[3]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Chalkosin in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Kupfer (Cu), Silber (Ag), Gold (Au)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.BA.05a bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Chalkosin ebenfalls in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als alleiniger Namensgeber in der „Chalkosingruppe (Formel: Cu2-xS)“ mit der System-Nr. 02.04.07 und den weiteren Mitgliedern Anilith, Digenit, Djurleit, Geerit, Roxbyit und Spionkopit innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m + n) : p = 2 : 1“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kristallstruktur von Tief-Chalkosin

Chalkosin, genauer Tief-Chalkosin (auch Tiefkupferglanz) kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 15,25 Å; b = 11,88 Å; c = 13,49 Å und β = 116,3° sowie 48 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bei einer Temperatur von über 103 °C geht Tief-Chalkosin in die hexagonale Modifikation über und wird entsprechend als Hoch-Chalkosin oder auch Hoch-Kupferglanz bezeichnet. Die Raumgruppe von Hoch-Chalkosin ist Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 und die Gitterparameter betragen a = 3,95 Å und c = 6,75 Å bei 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chalkosin mit Covellin, Pyrit und Quarz aus der „Leonard Mine“, Butte, Montana, USA (Gesamtgröße der Stufe: 8,0 × 5,9 × 2,4 cm)
Chalkosin und Bornit aus der „Flambeau Mine“, Ladysmith, Rusk County, Wisconsin, USA (Größe: 2,9 × 2,8 × 1,9 cm)

Als häufige Mineralbildung ist Chalkosin an vielen Fundorten anzutreffen, wobei weltweit bisher rund 6400 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2023).[14] Bei den bekannten Fundstätten können hauptsächlich zwei Bildungsarten unterschieden werden:

In Gang- und Verdrängungs-Lagerstätten, seltener auch in pegmatitisch-pneumatolytischen Lagerstätten, die von aufsteigenden (aszendenten) hydrothermalen Lösung durchdrungen werden, bildet sich Chalkosin meist in Paragenese mit Bornit, Enargit, verschiedenen Fahlerzen, Pyrit und anderen Sulfiden.
Bekannte Lagerstätten dieser Art sind unter anderem Butte (Montana) in den USA, Schesqasghan (ehemals Džezkazgan) in Kasachstan, Tsumeb in Namibia, Musina (ehemals Messina) in Südafrika und die „Turjinskii Mine“ (Turginsk Mine) am Fluss Turja im Nordural in Russland.[15]

In absteigenden (deszendenten) Sedimentations- und Zementationszonen reichert sich Chalkosin oft durch Ausfällen von kupfersulfathaltigen Lösungen an, wobei andere Sulfide verdrängt werden. Viele dieser erzreichen Zementationszonen und Ganglagerstätten sind vor allem in Europa und den USA inzwischen abgebaut und der Abbau von eher armen porphyrischen Kupfererzlagerstätten ist oft nur bei sekundären Anreicherungen wirtschaftlich möglich. Bekannte Lagerstätten sind hier unter anderem die Bingham Canyon Mine (Utah) und Bisbee (Arizona) in den USA sowie Cerro de Pasco in Peru.[16] Von großer Bedeutung sind auch die Kupferschiefer bei Mansfeld-Sangerhausen in Deutschland, die Kupfermergel in der Umgebung von Legnica in Polen, Qonyrat (Kounrad) in Kasachstan, Olmaliq (Almalyk) in Usbekistan sowie das mittelasiatische Altaigebirge.[15]

In der Oxidationszone ist dagegen Chalkosin nicht beständig und wird entweder durch gediegen Kupfer, durch das Sulfid Covellin, durch das Oxid Cuprit oder die Carbonate Azurit und Malachit ersetzt.[16]

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Chalkosinfunde sind außerdem die „M’Sesa Mine“ bei Kambove (Provinz Katanga) in der Demokratischen Republik Kongo, wo bis zu 25 cm große Kristalle gefunden wurden. Gut ausgebildete Kristalle mit mehreren Zentimetern Durchmesser traten auch bei Redruth und St Just (England) im Vereinigten Königreich, Bristol (Connecticut) und in der „Flambeau Mine“ bei Ladysmith (Wisconsin) in den USA auf.[17]

In Deutschland konnte das Mineral bisher vorwiegend in Baden-Württemberg (Bsp.: Freudenstadt, Münstertal, Wittichen), in Bayern (Bsp.: Hagendorf, Kupferberg), in Hessen (Bsp.: Lautertal, Mühltal), in Niedersachsen (Bsp.: Clausthal-Zellerfeld, Bad Lauterberg im Harz), in Nordrhein-Westfalen (Bsp.: Kreis Siegen-Wittgenstein, Stolberg), in Rheinland-Pfalz (Bsp.: Brachbach, Landkreis Birkenfeld) und in Sachsen (Bsp.: Erzgebirgskreis) gefunden werden.

In Österreich trat Chalkosin bisher hauptsächlich in Kärnten (Bsp.: Bad Bleiberg, Hüttenberger Erzberg), im Salzburger Land (Bsp.: Leogang, St. Johann im Pongau), der Steiermark (Bsp.: Flatschach, Leoben) und Tirol (Bsp.: Brixlegg, Bergbauregion Schwaz) zutage.

In der Schweiz wurde das Mineral unter anderem auf der Mürtschenalp (Glarus Nord) und in der Gemeinde Glarus Süd im gleichnamigen Kanton, bei Poschiavo und Trun im Kanton Graubünden, im Sarganserland des Kantons St. Gallen sowie im Binntal und im Val d’Anniviers des Kantons Wallis entdeckt.

Auch in Gesteinsproben von der Antarktischen Halbinsel, vom Mittelatlantischen Rücken (Hydrothermalfeld „Ashadze“), Ostpazifischen Rücken, Japanischer See und von Lokis Schloss (englisch Loki's Castle) im Arktischen Ozean konnte Chalkosin nachgewiesen werden.[18]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chalkosin war bis zur Erschöpfung der ergiebigsten Abbaugebiete in England und den USA ein wichtiger Rohstoff zur Gewinnung von Kupfer. Heute spielt Chalkosin neben anderen Kupfersulfiden wie Bornit und Covellin noch eine große Rolle als Erzmineral in schichtgebundenen Lagerstätten wie z. B. um Lubin in Niederschlesien, Polen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John Hill: Of vitriolic minerals. In: A History of the Materia Medica. Longman, Hitch and Hawes, London 1751, S. 140–147 (englisch).
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 32.
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 118–125.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Chalcocite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 8. Mai 2023]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2023, abgerufen am 8. Mai 2023 (englisch).
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. David Barthelmy: Chalcocite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 4. Mai 2020 (englisch).
  5. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 62.
  6. a b Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 119.
  7. a b c d Chalcocite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 4. Mai 2020]).
  8. Chalcocite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 8. Mai 2023 (englisch).
  9. F. S. Beudant: Chalkosine, cuivre sulfuré. In: Traité Élémentaire de Minéralogie. Band 2, 1832, S. 408–410 (rruff.info [PDF; 119 kB; abgerufen am 4. Mai 2020]).
  10. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 260 (als Kupferglanz).
  11. C. A. S. Hoffmann: Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C A S Hoffmann. In: Bergmannisches Journal. Band 1, 1789, S. 369–398 (rruff.info [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 9. Mai 2023]).
  12. Johann Friedrich Ludwig Hausmann: Handbuch der Mineralogie. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1813, S. 142 (Digitalisat des MDZ [abgerufen am 9. Mai 2023]).
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 4. Mai 2020 (englisch).
  14. Localities for Chalcocite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 8. Mai 2023 (englisch).
  15. a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 297–298.
  16. a b Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 122.
  17. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 20.
  18. Fundortliste für Chalkosin beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 8. Mai 2023.