Charlotte von Schiller

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Charlotte von Lengefeld nach Ludovike Simanowiz
Charlotte von Lengefeld, Schiller-Galerie;
Stahlstich von Fleischmann nach Pecht, um 1859
Grabstein Charlotte von Schillers auf dem alten Friedhof in Bonn

Charlotte Luise Antoinette von Schiller, geborene von Lengefeld (* 22. November 1766 in Rudolstadt; † 9. Juli 1826 in Bonn) war die Ehefrau des Dichters Friedrich von Schiller.

Wohnhaus von Charlotte von Lengefeld

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihre Kindheit verbrachte sie in Rudolstadt, wo sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester aufwuchs, der späteren Schriftstellerin Caroline von Wolzogen (1763–1847). Ihr Vater, der Oberlandjägermeister Carl Christian von Lengefeld (1715–1775), starb früh und hinterließ die in wirtschaftlichen Dingen völlig unerfahrene Witwe Louise von Lengefeld, geb. von Wurmb (1743–1823). Schnell waren alle Rücklagen verbraucht und die Familie geriet in einen materiellen Engpass. So willigte Louise sogleich ein, als 1779 der betuchte Friedrich Wilhelm Ludwig von Beulwitz um die Hand ihrer ältesten Tochter Caroline anhielt.

Als 1787 der völlig mittellose Schiller nach Rudolstadt kam, verliebten sich beide Schwestern in ihn. Schiller erwiderte die Zuneigung. Da sowohl Charlotte als auch Caroline für ihn gleichermaßen anziehend waren und er sich für keine der beiden entscheiden konnte, dachte er über eine Dreierbeziehung nach. Doch weder Charlotte noch ihre Mutter, die ohnehin gegen den verarmten Dichter eingenommen war, konnten sich für diese Idee erwärmen. Im Sommer 1789 kurten die beiden Schwestern im damals kursächsischen Luxus- und Modebad Lauchstädt bei Halle (Saale). Das damalige Wohnhaus der Schwestern Armenhausgasse 5 (heute Schillerstraße 5) ist erhalten. Nach einem kurzen Besuch Schillers in Bad Lauchstädt erreichte Charlotte hier der in Leipzig geschriebene „Verlobungsbrief“. Ende 1789, kurz vor der Hochzeit mit Charlotte (1790), schrieb Schiller seiner Verlobten allerdings: „Caroline hat mehr Empfindungen in mir zur Sprache gebracht als du, meine Lotte […]. Was Caroline vor dir voraus hat, musst du von mir empfangen: Deine Seele muss sich in meiner Liebe entfalten, und mein Geschöpf musst du sein.“[1]

Am 22. Februar 1790 heiratete Schiller, der finanziell inzwischen etwas besser dastand, Charlotte von Lengefeld in der kleinen Kirche in Wenigenjena (heute nach ihm benannt). Bald nach der Hochzeit konnte er schreiben: „Was für ein schönes Leben führe ich jetzt […]. Die Existenz Charlottes, dieses holden lieben Wesens um mich her, dessen ganze Glückseligkeit sich in die meinige verliert, verbreitet ein sanftes Licht über mein Dasein.“ Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

Die Verbindung zu Caroline von Wolzogen dagegen, die mit ihrem Roman Agnes von Lilien (1797) und ihrer Biographie Schillers Leben (1830) noch zu literarischem Ruhm kam, verlor zunehmend an Bedeutung.

Im Februar 1805 erkrankte Schiller schwer; im Mai starb er. Charlotte erzog die vier Kinder, die beim Tod ihres Vaters zwölf, neun, sechs und ein Jahr alt waren. 1821 besuchte sie in Köln ihren Sohn Ernst, der inzwischen hier verheiratet war. 1825 besuchte sie ihren ältesten Sohn Karl in Reichenberg bei Backnang, der gerade heiratete. Im Herbst desselben Jahres zog sie zu Ernst nach Bonn. Hier unterzog sie sich einer Operation gegen den grauen Star, die sie gut überstand. Am 9. Juli 1826 erlitt sie einen tödlichen Schlaganfall; zwei Tage später wurde sie auf dem Alten Friedhof in Bonn bestattet.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der Weimarer Klassik ist Charlotte von Schiller nicht wegzudenken: Ihre Geltung als kluge und umsichtige Partnerin ihres berühmten Mannes kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Weithin vergessen ist die in ihren Briefen und Tagebüchern belegte Bedeutung, die sie auch für Goethe und dessen Freund Karl Ludwig von Knebel hatte. Zu Unrecht ist Charlotte von Schiller von der literarischen Nachwelt gelegentlich als unscheinbar, langweilig oder sogar geistlos eingeschätzt worden. Möglicherweise ist dieser Eindruck durch die Briefe Charlotte von Steins entstanden. Die scharfsinnige und bisweilen bissige Gefährtin Goethes hat ihr Patenkind Charlotte, mit dem sie engen Kontakt pflegte, gelegentlich als etwas einfältig beschrieben.[2]

Wie intelligent Charlotte wirklich war, veranschaulichen ihre Tagebücher sowie ihre „umfangreiche Exzerptsammlung“, die im Weimarer Archiv lagert.[3] Darin vertritt sie nicht nur Anschauungen, die von großer Unkonventionalität und intellektueller Eigenständigkeit zeugen, sondern sie zeigt dort auch, mit welchem Engagement sie sämtliche namhaften Neuerscheinungen ihrer Zeit studierte. Dazu gehörten neben denen der Philosophie und Literatur auch die der „naturwissenschaftlichen Gebiete“, die sie mit großem Interesse verfolgte und mit außergewöhnlicher Sachkenntnis beurteilte,[4] was Schiller und der alte Goethe ganz besonders zu schätzen wussten.

In Bad Lauchstädt erinnert heute das Literatur- und Theatermuseum „Neues Schillerhaus“ an den Aufenthalt der Schwestern Lengefeld, ihre Begegnung mit Schiller und an Schillers Besuch des Lauchstädter Theaters im August 1803.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Charlotte Schiller: Literarische Schriften. Hrsg. v. Gaby Pailer, Andrea-Dahlmann-Resing u. Melanie Kage. Darmstadt 2016, ISBN 978-3-534-23912-2.

Briefe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinrich Düntzer (Hrsg.): Briefe von Schillers Gattin an einen vertrauten Freund. Leipzig 1856.
  • Ludwig Urlichs (Hrsg.): Charlotte von Schiller und ihre Freunde. 3 Bde. Stuttgart 1860–1865.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jörg Aufenanger: Schiller und die zwei Schwestern. Dtv, München 2005, ISBN 3-423-24446-1.
  • Eva Gesine Baur: „Mein Geschöpf musst du sein“. Das Leben der Charlotte Schiller. Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 978-3-455-09458-9.
  • Ute Boebel: Friedrich von Schiller und Charlotte von Lengefeld. Eine Liebesgeschichte in Lauchstädt, dem „Sächsischen Pyrmont“. In: Thomas Weiss (Hrsg.): Frauen im 18. Jahrhundert. Entdeckungen zu Lebensbildern in Museen und Archiven in Sachsen-Anhalt. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2009, ISBN 978-3-89812-648-9, Seite 183–192.
  • Gaby Pailer: Charlotte Schiller: Leben und Schreiben im klassischen Weimar. WBG, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-21973-5.
  • Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Königshausen und Neumann, Würzburg 2009, ISBN 978-3-8260-4104-4.
  • Kirsten Jüngling, Brigitte Roßbeck: Schillers Doppelliebe. Propyläen, Berlin 2005, ISBN 3-549-07207-4 (Taschenbuchausgabe: List, Berlin 2006, ISBN 3-548-60650-4).
  • Christa Rudnik: Literarische Exzerpte Charlotte von Schillers. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte um 1800. Versuch einer summarischen Auswertung der Quellen aus dem Goethe- und Schiller-Archiv. In: Im Vorfeld der Literatur. Vom Wert archivalischer Überlieferung für das Verständnis von Literatur und ihre Geschichte. Hrsg. v. Karl-Heinz Hahn. Weimar 1991, S. 140–147.
  • Walter Weber: Karl von Schiller. Zum 100. Todestag des vergessenen Sohnes unseres großen Dichters. In: Schwäbische Heimat, 1957, S. 96–97.
  • Emilie von Gleichen-Rußwurm (Hrsg.): Schiller und Lotte. 1788, 1789. Cotta, Stuttgart 1856 (Digitalisat).
  • Arnold Schlönbach: Schiller’s Frau. In: Die Gartenlaube. Heft 19–20, 1855, S. 245–248, 263–265 (Volltext [Wikisource]).

Hörfunk / Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Charlotte von Lengefeld – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vgl. Brief Schillers an Charlotte von Lengefeld und Caroline von Beulwitz. 15. November 1789.
  2. Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Würzburg 2009, S. 60.
  3. Christa Rudnik: Literarische Exzerpte Charlotte von Schillers. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte um 1800. Versuch einer summarischen Auswertung der Quellen aus dem Goethe- und Schiller Archiv. In: Im Vorfeld der Literatur. Vom Wert archivalischer Überlieferung für das Verständnis von Literatur und ihre Geschichte. Hrsg. v. Karl-Heinz Hahn. Weimar 1991, S. 140–147.
  4. Andrea Schütte-Bubenik: Eine unerhörte Reise in die Goethezeit. Handbuch für Kulturverdrossene. Würzburg 2009, S. 72–84.