Christentum in Marokko

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Das römische Fußbodenmosaik aus Lixus zeigt zahlreiche Kreuze in der Randzone; Tétouan, Archäologisches Museum
Notre-Dame-de-Lourdes, Casablanca

Das Christentum in Marokko bildet eine religiöse Minderheit im Lande; nur etwa 1,1 % der marokkanischen Bevölkerung sind Christen[1] – davon die überwiegende Mehrheit Katholiken.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kann annehmen, dass sich das Christentum bereits in der römischen Antike auch im Gebiet Marokkos verbreitete – eine im Archäologischen Museum von Rabat aufbewahrte Altarplatte und ein Mosaik aus Lixus mit zahlreichen Kreuzen in der Randzone im Archäologischen Museum von Tétouan sind erhalten. Einer legendenhaften Überlieferung zufolge soll der hl. Marcellus im Jahr 298 in Tingis (Tanger) den Märtyrertod gestorben sein.

Man weiß überdies, dass viele Berber im Norden Marokkos auch nach der islamischen Eroberung des Maghreb weiterhin christlich-jüdischen Glaubensvorstellungen anhingen; ihre Bekehrung zum Islam zog sich bis ins 10. Jahrhundert hinein. Mit Beginn der christlichen Rückeroberung der Iberischen Halbinsel (reconquista) verschärften sich die Glaubensgegensätze: die nach dem Zerfall des Kalifats von Córdoba (1031) in den Taifa-Königreichen regierenden Berberfürsten wurden nunmehr zu erbitterten Gegnern des Christentums, obwohl es auch in Einzelfällen Koalitionen gegen beiderseitige Feinde gab. Die von Marokko aus operierenden berberisch-stämmigen Dynastien der Almoraviden (1061–1147), Almohaden (1147–1269) und Meriniden (1269–1465) waren in vieler Hinsicht Glaubensfanatiker.

Im 15. und 16. Jahrhundert gab es verschiedentliche Versuche der Seemächte Portugal und Spanien in Marokko Fuß zu fassen. Aus dieser Zeit stammen die noch heute existierenden Exklaven Ceuta und Melilla sowie die bereits vor Jahrhunderten rückeroberten Städte Tanger, Asilah, El Jadida, Safi u. a. In Safi haben sich Teile einer letztlich jedoch nicht fertiggestellten portugiesischen Kirche im Manuelinischen Stil erhalten.

Einen erneuten Aufschwung nahm das Christentum in Marokko in der Zeit der französischen und spanischen Kolonialherrschaft. Zahlreiche Kirchen wurden für die – wegen der europäischen Zuwanderer und zahlreicher Übertritte von Muslimen – ständig wachsende Zahl der Gläubigen gebaut, deren Gesamtzahl kurz vor der Unabhängigkeit auf nahezu eine halbe Million geschätzt wird. Nach der Unabhängigkeit Marokkos (1956) und der darauf folgenden Abwanderung der meisten europäischen Siedler gerieten die Bauten in Vergessenheit, obwohl sie vielerorts noch heute stehen. Die immer noch genutzten Kathedralen von Rabat und Tanger, die Kirchen Notre-Dame de Lourdes in Casablanca und Sankt-Andreas in Tanger sowie einige kleinere, über das ganze Land verstreute Bauten zeugen noch heute von der Bedeutung des Christentums in jener Zeit.

Gegenwärtige Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Islam ist in Marokko laut Verfassung Staatsreligion. Ausländische Christen dürfen ihren Glauben praktizieren, werden jedoch von den Behörden beobachtet. Die Weitergabe der christlichen Botschaft an Muslime steht unter Strafe; so ist es auch nicht erlaubt, christliche Literatur zu verbreiten. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion steht zwar laut Gesetz nicht unter Strafe, doch erleben Christen mit muslimischem Hintergrund gesellschaftlichen Druck und soziale Isolation. Aus Angst vor Repressalien praktizieren sie ihren christlichen Glauben oft im Geheimen.[3]

Seit März 2010 hat die marokkanische Regierung zahlreiche ausländische Christen unter dem Vorwurf, Marokkaner missioniert zu haben, des Landes verwiesen. Die betroffenen Personen waren Mitarbeiter von christlichen Hilfsorganisationen. Eine größere Anzahl von ihnen arbeitete in einem Waisenprojekt in der Nähe von Fès. Sie mussten ihre Pflegekinder zurücklassen.[4]

Konfessionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur römisch-katholischen Kirche in Marokko gehörten im Jahr 2018 insgesamt 32 Pfarreien in zwei Erzbistümern.

Außerdem sind die russisch-orthodoxe Kirche mit einer Gemeinde (Stand 1998[5]) sowie evangelische Christen vertreten.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag zu Marokko auf catholic-hierarchy.org; abgerufen am 31. März 2019.
  • Stefan Stein: Länderbericht Marokko. In: kirche-in-not.de. 12. Juni 2012, archiviert vom Original am 28. April 2013;.
  • Marokko: Bericht 2021. In: Religionsfreiheit weltweit Bericht 2021 acninternational.org. 7. April 2021;.
  • Marokko. In: Open Doors. Archiviert vom Original am 23. Februar 2012;.
  • Corinna Mühlstedt: Interreligiöser Dialog in Marokko. In: Deutschlandfunk-Sendung „Aus Religion und Gesellschaft“. 6. September 2017;.
  • Christentum: Erfahrungen eines Konvertiten in Marokko. In: Zeit Online. 25. Dezember 2016;.
  • Rudolf Grulich: Marokkos vergessene Christen. In: kath.net. 31. März 2019;.
  • Dunja Sadaqi: Religion der Migranten – Immer mehr Christen im muslimischen Marokko. (mp3-Audio; 17,1 MB; 18:43 Minuten) In: Deutschlandfunk-Sendung „Hintergrund“. 8. Februar 2022;.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Länderprofil Nr. 16_ Marokko. (pdf; 310 kB) In: Focus Migration. Hrsg. vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut, Februar 2009, abgerufen am 9. Februar 2022.
  2. Stefan Stein: Länderbericht Marokko. In: kirche-in-not.de. 12. Juni 2012, archiviert vom Original am 28. April 2013; abgerufen am 9. Februar 2022.
  3. Marokko. In: Open Doors. Archiviert vom Original am 23. Februar 2012; abgerufen am 9. Februar 2022.
  4. Zahlreiche Christen des Landes verwiesen – 33 Kinder von Pflegeeltern getrennt. In: Zeitschrift Open Doors 5/2010.
  5. Religion by Location: Russian Orthodox Church Outside of Russia. In: adherents.com. Archiviert vom Original am 30. März 2019; abgerufen am 9. Februar 2020 (englisch).