Christian Schwarz-Schilling

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Christian Schwarz-Schilling, 2010

Christian Schwarz-Schilling (* 19. November 1930 in Innsbruck) ist ein deutscher Politiker (CDU) und Unternehmer. Er war von 1982 bis 1992 Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen / Bundesminister für Post und Telekommunikation. Zwischen 2006 und 2007 war er 17 Monate lang der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina und damit verantwortlich für die Überwachung des Friedensabkommens von Dayton.

Ausbildung und Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abitur 1950 am Arndt-Gymnasium Dahlem in Berlin studierte Schwarz-Schilling an der Universität München Ostasiatische Kultur- und Sprachwissenschaften und Geschichte. 1956 promovierte er zum Dr. phil. mit der Arbeit Der Friede von Shan-Yüan 1005 n. Chr. und seine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen dem Chinesischen Reich und dem Liao-Reich der Kitan. Anschließend begann er eine Banklehre in Hamburg. Von 1957 bis 1982 war er Geschäftsführer der Accumulatorenfabrik Sonnenschein GmbH in Büdingen.

Von 1993 bis 2002 war er Geschäftsführer der Dr. Schwarz-Schilling & Partner GmbH, eines Telekommunikations-Beratungsunternehmens aus Büdingen. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik übernahm Schwarz-Schilling wiederholt darüber hinaus Aufgaben in Unternehmen, die sich in regulierten Märkten vorwagten, z. B. als Mitgründer der Telegate AG[1] und seit 2014 als Vorsitzender des Unternehmensbeirats der UPLINK Network GmbH[2].

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christian Schwarz-Schilling ist der Sohn des Komponisten Reinhard Schwarz-Schilling. Seine Mutter Dusza von Hakrid war Konzertpianistin.[3] Erst nach dem Tod seiner Eltern, während einer Reise durch Polen, erfuhr Christian Schwarz-Schilling von der jüdischen Abstammung seiner Mutter. Im Jahre 1938 veränderte ein deutscher Beamter den jüdischen Geburtsnamen seiner Mutter und verschleierte so ihre wahre Identität.[4] Christian Schwarz-Schilling ist verheiratet, katholisch und hat zwei Töchter (Cara und Alexandra) und vier Enkelkinder. Seine Frau Marie-Luise Schwarz-Schilling wurde 2004 durch ihr Buch Die Ehe. Seitensprung der Geschichte bekannt.

Partei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwarz-Schilling auf dem CDU-Bundesparteitag, 1986

Seit 1960 ist Christian Schwarz-Schilling Mitglied der CDU. Hier gehörte er ab 1964 dem Landesvorstand Hessen an, von 1967 bis 1980 als deren Generalsekretär und von 1967 bis 1996 als Erster stellvertretender Landesvorsitzender.

Von 1975 bis 1983 war er Vorsitzender des Koordinierungsausschusses für Medienpolitik der CDU/CSU und von 1977 bis 1997 stellvertretender Bundesvorsitzender der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU. Von 1979 bis 1982 war er außerdem Präsident des Exekutivbüros der Europäischen Mittelstands-Union.

Abgeordneter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1966 bis 1976 war er Mitglied des Hessischen Landtages und von 1970 bis 1976 Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und kulturpolitischer Sprecher.

Von 1976 bis 2002 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Deutschen Bundestag wurde er in der 8. Wahlperiode Obmann im wirtschaftspolitischen Ausschuss und war in der 9. Wahlperiode von 1981 bis 1982 Vorsitzender der Enquête-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken“. In der 13. Wahlperiode (1994–1998) wurde er Vorsitzender des Unterausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und in der 14. Wahlperiode war er von 1998 bis 2002 Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Schwarz-Schilling war zuletzt (14. Wahlperiode 1998) über die Landesliste Hessen in den Deutschen Bundestag eingezogen.

Öffentliche Ämter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christian Schwarz-Schilling mit Hannelore Kohl, 1989

Am 4. Oktober 1982 wurde er als Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung berufen. Ab dem 1. Juli 1989 hieß das von ihm geleitete Ministerium Bundesministerium für Post und Telekommunikation. Unter seiner Leitung wurde in Deutschland das Kabelfernsehen eingeführt, das Privatfernsehen zugelassen und der Mobilfunk nach dem Standard GSM eingeführt, sowie die Privatisierung der Deutschen Bundespost eingeleitet.

Am 14. Dezember 1992 trat er von seinem Amt aus Protest[5] gegen die Haltung der Bundesregierung im Bosnien-Krieg zurück.[6] Das „Desinteresse seiner Generation“ sei eine der „bedrückendsten Erfahrungen überhaupt“, und eigentlich sei es das, was er bis heute nicht begreife.[7]

Seinen vorherigen Ambitionen im ehemaligen Jugoslawien war seine Ernennung zum Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina zu verdanken. Dieses Amt trat er am 31. Januar 2006 an. Kaum ein Jahr später kündigte er am 24. Januar 2007 seinen Rücktritt zum 30. Juni 2007 an. Die verschiedenen Gruppen in Bosnien und Herzegowina warfen ihm vor, falsche Entscheidungen getroffen zu haben und eine falsche Strategie zu verfolgen.[8][9] Dem politischen Druck gab der 76-Jährige schließlich nach. In seiner wöchentlichen Kolumne schrieb Schwarz-Schilling indes, dass er lediglich sein ursprüngliches Mandat nicht verlängern werde, das Ende Juni 2007 auslief.[10] Zum Nachfolger wurde Miroslav Lajčák ernannt.[11]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um das Kabelprojekt zu beschleunigen, setzte Schwarz-Schilling darauf, Privatfirmen an der Kabelverlegung zu beteiligen. An der Projektgesellschaft für Kabel-Kommunikation mbH war mit der Sonnenschein KG auch die Firma seiner Frau beteiligt, in der er die Jahre zuvor als Geschäftsführer tätig war. Seine Anteile an der Sonnenschein KG trat er erst wenige Stunden vor seiner Ernennung zum Postminister ab. Käufer dieser Anteile war der Nixdorf-Konzern.[12] Auch seine Entscheidung, Kupfer zu verwenden, traf im In- wie auch Ausland auf Verwunderung: Es war bereits Anfang der 1980er Jahre abzusehen, dass Glasfaserkabel die „Technologie der Zukunft“ ist.[13]

Während seiner Amtszeit war Schwarz-Schilling als „Kohls affärenreichster Minister“ bekannt. Auslöser dieser Affären waren meist die Verwicklungen des Familienunternehmens seiner Frau in Schwarz-Schillings politische Entscheidungen.[14][15]

Unter den Beschäftigten der Deutschen Bundespost war Schwarz-Schilling alles andere als beliebt, da er der letzte Postminister vor deren Privatisierung war. So gab es einen Witz unter den Mitarbeitern: „Was macht Schwarz-Schilling, wenn er morgens ins Büro kommt, zuerst? Er erledigt die Post“.

Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwarz-Schilling setzte und setzt sich bis heute für Bürgerkriegsflüchtlinge aus den Jugoslawien-Nachfolgestaaten ein. Kritisch bemängelt er die teilweise grundgesetzwidrige Abschiebung von (Teil-)Familien in eine zerstörte Heimat mehr als zehn Jahre nach deren Flucht. Die Kinder aus solchen Familien würden aus ihrer Heimat Deutschland vertrieben. Die Abschiebungen werden verantwortet von der Konferenz der Innenminister der Bundesländer. Schwarz-Schilling zählte zu den Mitbegründern der Aktion „Hessen hilft“ und fördert in vielen Fällen die Anliegen von „Pro Asyl“ und der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (Göttingen, GfbV). 2003 gründete er die Schwarz-Schilling-Stiftung zur Förderung von Völkerverständigung und den Dialog der Kulturen.

Am 30. Juli 2007 nahm er seine Streitschlichtertätigkeit im Rahmen des von ihm gegründeten CSSP – Verein für Integrative Mediation e. V. im Kosovo, in Mazedonien und Südserbien wieder auf. 2005 wurde das CSSProjekt für Integrative Mediation (CSSP) auf Anfrage des Deutschen Bundestags als „Lessons learned“-Projekt mit Konzentration auf Südosteuropa ins Leben gerufen, wobei CSS für seine Initialen steht. Seit 2006 ist CSSP als eingetragener Verein mit Sitz in Berlin registriert. Der methodische Ansatz der integrativen Mediation ist aus der Aufarbeitung und Weiterentwicklung der Erfahrungen des Internationalen Mediators in Bosnien und Herzegowina entstanden und zielt darauf ab, interethnische Kooperation in Postkonflikt-Regionen zu verbessern und vertrauensbildende Maßnahmen zwischen lokalen Entscheidungsträgern aufzubauen. Mit Unterstützung des Deutschen Bundestags, des Auswärtigen Amtes, der Austrian Development Agency und weiteren Förderern ist CSSP derzeit in interethnischen Konflikten in Mazedonien, Serbien, dem Kosovo und einzelnen Projekten außerhalb des Balkans tätig. Schwarz-Schilling ist als Ehrenpräsident des Vereins und Förderer von CSSP tätig. Er ist maßgeblich in die strategische Planung und dem Austausch bzw. der Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Akteuren involviert.

Ab dem Wintersemester 2007/2008 übernahm er eine Professur für Politische Wissenschaften an der „Sarajevo School of Science and Technology“ in Sarajewo. Seit Herbst 2011 ist Schwarz-Schilling Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Schüler Helfen Leben.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kabinette[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jochen Lengemann: Das Hessen-Parlament 1946–1986. Biographisches Handbuch des Beratenden Landesausschusses, der Verfassungsberatenden Landesversammlung und des Hessischen Landtags (1.–11. Wahlperiode). Hrsg.: Präsident des Hessischen Landtags. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-458-14330-0, S. 388 (hessen.de [PDF; 12,4 MB]).
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 352.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Christian Schwarz-Schilling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ehemaliger Postminister Mitgründer der Telegate AG | [1]
  2. Prof. Dr. Schwarz-Schilling ist Vorsitzender des Unternehmensbeirates der UPLINK Network GmbH | uplink.de [2]
  3. Christian Schwarz-Schilling: „Das war wirklich Rotfunk, wie er im Buche steht“. Christian Schwarz-Schilling im Gespräch mit Stephan Detjen. 22. Februar 2018, abgerufen am 20. April 2021.
  4. Thomas Pfundtner: Interview mit Schwarz-Schilling. In: symphoniamomentum.com. 17. November 2010, abgerufen am 20. April 2021.
  5. Chapter 3 - Britain, the FRG’s Deutschlandpolitik,and the quadripartite agreement on Berlin 121. In: Britain, Ost- and Deutschlandpolitik, and the CSCE (1955-1975). Peter Lang, doi:10.3726/978-3-0351-0172-0/7.
  6. Fernsehmitschnitt mit Reaktionen von Peter Kloeppel, Günther Jauch und Angela Merkel auf den Rücktritt
  7. Sabine Bode: Die deutsche Krankheit – German Angst, Stuttgart 2007, S. 97.
  8. Michael Martens: Schwarz-Schillings nicht ganz freiwilliger Abschied. In: FAZ, 25. Januar 2007
  9. Erich Rathfelder: Über den Rückzug von Schwarz-Schilling. In: taz, 25. Januar 2007
  10. Christian Schwarz-Schilling: Bosnia and Herzegovina’s Peace and Security Will Not Be Placed at Risk (Memento vom 5. August 2007 im Internet Archive), OHR press office, 26. Januar 2007
  11. Miroslav Lajčák Succeeds Christian Schwarz-Schilling (Memento vom 5. August 2007 im Internet Archive), OHR press office, 2. Juli 2007
  12. Andere Umstände. In: Der Spiegel. Nr. 45, 1982, S. 124, 126 (online8. November 1982).
  13. Langfristig falsch. In: Der Spiegel. Nr. 5, 1983, S. 86, 87 (online31. Januar 1983).
  14. Der Bundesbleiminister. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1985, S. 27, 28 (online24. Juni 1985).
  15. Post-Etat 83: Kein Hinweis mehr auf Btx-Start. In: Computerwoche. 10. Dezember 1982, abgerufen am 1. Juli 2018.
  16. http://conference2000.de/Conference/Referenten/referenten.html
  17. Schwarz-Schilling dankt für den Einsatz der Bundeswehr in Bosnien und Herzegowina, Pressemeldung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 12. Juni 2006 [3]
  18. Empathie und Politik, Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2007 an Christian Schwarz-Schilling, in: HSFK Standpunkte Nr. 6/2007 online, PDF
  19. Lamp for the Path Teachings in Fribourg. Website des Dalai Lama, 14. April 2013, abgerufen am 1. Juli 2018 (englisch).
  20. Generalsekretär Manfred Pentz: „Drei herausragende Persönlichkeiten mit Alfred-Dregger-Medaille in Gold geehrt“. CDU Hessen, 9. Dezember 2014, archiviert vom Original am 18. April 2015; abgerufen am 18. April 2015.
  21. [4]