Christine Poniatovska

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Christina de Duchnik. Stahlstich 1665.

Christine Poniatovska (polnisch: Kristina Poniatowská) (geboren 4. März[1] 1610 in Lessen, Ostpreußen; gestorben am 6. Dezember 1644 in Leszno bei Posen) war eine polnische Schriftstellerin, Prophetin, religiöse Schwärmerin und Seherin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christine (Christina) Poniatovska, war eine Tochter von Julian Poniatovski de Duchnik,[2] der zu der böhmischen Brüderkirche übertrat, einer evangelischen freikirchlichen Gemeinschaft, die am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges noch unter dem Schutz des Majestätsbriefes Rudolfs II. stand und eine verhältnismäßig tolerante Behandlung erfuhr. Ihr Vater diente dieser Kirche als Geistlicher. 1615 wanderten ihre Eltern nach Böhmen aus. Als in der Schlacht am Weißen Berg (1620) die protestantischen böhmischen Stände der katholischen Liga unterlagen, setzte die Verfolgung aller evangelischen Konfessionen in den Ländern der Habsburger Monarchien ein. Ihre Familie wurde 1627 aus Böhmen vertrieben. Christine Poniatovska erhielt 1627 eine Anstellung bei der Baronin von Engelberg auf Schloss Branna.[3][4] Wie viele andere vertriebene Glaubensbrüder[5] traf am 8. Februar 1628 Johann Amos Comenius in Lissa ein und wohnte mit Christine Poniatovska in einem Haus.[6] 1632 heiratet sie den Prediger der Brüderkirche Daniel Vetter in Lissa. Aus der Ehe gingen zwei Kinder[7] hervor. Sie starb am 6. Dezember 1644 in Lissa bei Posen an Schwindsucht.[8]

Visionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 12. November 1627 verfiel sie zum ersten Male in einen ekstatischen Zustand, der bis zum Anfang 1629 sich öfter wiederholte. Sie hatte verschiedene wundersame Gesichte. Nach einem besonders starken Anfall am 27. Januar 1629 hielt ihre Umgebung sie für tot und arrangierte schon ihre Beerdigung. Danach erholte sie sich und hatte keine weiteren Erscheinungen mehr. 1629 erschienen ihre Offenbarungen in Verbindung mit anderen ähnlichen Visionen.[9] „Dort hatte sie über dem Schlosshof in Brann eine blutige Rute am Himmel gesehen, deren Stiel gegen Mitternacht, deren Äste aber gegen Mittag gekehrt waren, und deuten in sehr allgemeinen Bildern und Ausdrücken auf eine Macht hin, welche von Mitternacht kommt und die von Mittag herandringenden Feinde, den römischen Kaiser und den Papst, besiegen und vernichten werde.“[10]

Drei Jahre später wurde ein weiteres merkwürdiges Buch veröffentlicht: „Deß mitternächtigen Post-Reutters …“. Dort wurden weitere dreizehn Weissagungen dieses „böhmischen Mägdleins“ genannt. Der schwedische König Gustav Adolf war siegreich in Deutschland vorgedrungen und hatte Tilly in der Schlacht bei Leipzig geschlagen. Die in diesem Buch beschriebenen Weissagungen sind nur verschiedene Variationen ihres ersten Gesichtes vom 12. November 1627. Es wurden in den Erfolgen Gustav Adolfs wenigstens der Anfang der Erfüllung ihrer ‚Vorhersagen‘ erblickt.

Sehr merkwürdig wurde ihr Auftreten gegen Wallenstein bewertet. In einem ihrer Gesichte erhielt sie den Auftrag, „einen Brief, welchen ihr der Herr dictiren würde, an den damaligen kaiserlichen General und bekannten Tyrannen, den Fürsten von Wallenstein, zu schreiben, ihn mit drei Siegeln zu versiegeln und selbst nach Gitschin zu bringen und entweder ihm oder seiner Frau zu übergeben“.[10] In der Tat überreichte sie dieses Schreiben am 25. Januar 1628, ‚da Wallenstein selbst nicht zu Hause war, der Fürstin, vernahm aber während eines ekstatischen Anfalles, welcher sie in Gitschin befiel, die Weisung des Herrn, „eilends wieder weg zu gehen, weil dieses Haus seiner Gegenwart nicht werth wäre.“ Wallenstein scherzte über die Sache: „Mein Herr, der Kaiser, kriegt allerlei Briefe von Rom, Konstantinopel. Madrid u. s. f., ich aber gar aus dem Himmel.“ Am 12. Dezember aber sah die P. in einem Traume, „wie Wallenstein in einem blutigen Talar spazieren ginge und bald auf einer Leiter in die Wolken steigen wollte, aber nach Zerbrechung derselben auf die Erde fiele. Da er denn ausgestrecket gelegen und aus dem Munde gräuliche Flammen gespyen, aus dem Hertzen aber Blut, Pech, Gifft und dergleichen ausgeschüttet, biß bei einem schrecklichen Gebrülle ein Pfeil vom Himmel herabgeflogen und sein Hertz getroffen. Hierzu habe ein Engel gesagt: ‚Diß ist der Tag, davon der Herr gesaget hat, daß er diesem Bösewicht zum Ziel gesetzet sei, in welchem, wo er sich nicht bekehre, er umkommen solle, ohne alle Barmhertzigkeit.‘“[10] Der „mitternächtige Post-Reutter“ von 1632 nannte diese Vision nicht, aber als Wallenstein 1634 tatsächlich in Eger ermordet wurde, sah man ihre Weissagung erfüllt.

Eine größere Aufmerksamkeit gewannen diese Weissagungen dadurch, dass der berühmte Comenius ihren Texten ein besonderes Interesse zuwandte und dadurch zugleich eine allgemeinere Aufmerksamkeit auf sie zog. Comenius berichtete, dass er sechzehn Weissagungen von Visionären erhalten habe, die er persönlich gekannt habe. Die drei wichtigsten waren für ihn Christoph Kotter, Nikolaus Drabik und die Poniatovska. Das Kleeblatt ihrer Weissagungen veröffentlichte er in Amsterdam 1657 unter dem Titel Lux in tenebris, auszugsweise 1659 („Historia revelationum Christopheri Kotteri, Christinae Poniativiae, Nicolai Drabicii“) und zuletzt 1665 unter dem Titel „Lux e tenebris, novis radiis aucta cet“. Comenius wurde durch seine Verteidigung dieser Visionäre in verschiedene Streitigkeiten verwickelt.

Ihr Vater, Julian Poniatovski de Duchnik, war einer der wenigen in ihrer Umgebung, der nicht an ihre Prophezeiungen glaubte.[11]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Göttliches Wunderbuch. I. Himlische Offenbahrungen und Gesichte einer gottfürchtigen Jungfrawen auß Böhmen vom Zustand der Christlichen Kirchen. II. Propheceyungen Klagreden und ernstliche Bußvermahnungen eines frommen Christlichen Mägdleins zu Cottbus in NiederLausitz. III. Christliche Sprüche und schrifftmäßige geistreiche Reden einer gottsehligen Jungfrawen im Fürstlichen Frawenzimmer zu Stettin in Pommern. Erstlich eintzelen außgangen an jetzo aber zusammen getragen. 1629. Digitalisat

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Deß mitternächtigen Post-Reutters adeliches unnd untadeliches dreyfaches Passport : darinnen seine bissher unterschiedliche abgelegte Freudenposten mit mehr als hundert und zwantzig, theils uhralten uber drey tausend jährigen, theils alten etlich hundert jährigen, theils aber gantz spannewen, und fast weltkündigen göttlichen Weissagungen und Wunderzeichen ausführlich beglaubet und bestärcket werden. Gedruckt in der erlöseten Magdeburg. Anno quo 1632. Zentralbibliothek Zürich Digitalisat (Siehe hier Nr. 78. 79, 80, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 90, 92, 93 und 96)
  • (Johann Amos Comenius): Lux in tenebris, hoc est prophetiæ donum quô Deus Ecclesiam Evangelicam, in regno Bohemiæ …. 1657 Digitalisat
  • (Johann Amos Comenius): Historia revelationum Christophori Kotteri, Christinae Poniatoviae, Nicolai Drabicii. 1859 MDZ Reader
  • (Johann Amos Comenius): Revelationum divinarum, in usum seculi nostri quibusdam nuper factarum, Epitome. Ad cito, quid sibi praesens terribilis mundi commotio velit pervidendum, indeque serio metum dei concipiendum, et per poenitentiam veram ultimum interitum praeveniendum ….1863. MDZ Reader
  • (Johann Amos Comenius): Lux e tenebris, novis radiis aucta. Hoc est. Solemnissimae divinae revelationes, in usum seculi nostri factae. Quibus I. De populi Christiani extrema corruptione lamentabiles querelae instituuntur. Per immissas visiones, et angelica divinaque alloquia, facta I. Christophoro Kottero Silesio, ab A. 1616 ad 1624. II. Christianae Poniatoviae Bohemae, annis 1627, 1628, 1629. III. Nicolao Drabicio Moravo, ab A. 1638-1664. (Amsterdam) 1665. MDZ Reader
  • Eduard Maria Oettinger, Hugo Schramm-Macdonald, Karl August Kesselmeyer: Moniteur des Dates. Biographisch-genealogisch-historisches Welt-register enthaltend die Personalakten der Menschheit, d. h. den Heimaths- und Geburtsschein, den Heirathsakt und Todestag von mehr als 100,000 Geschichtlichen Persönlichkeiten aller Zeiten und Nationen von Erschaffung der Welt bis auf den heutigen Tag, mit zahlreich eingestreuten Noten aus allen Zweigen der Curiosität. L. Denicke, Leipzig 1869, S. 130. Digitalisat
  • Gottfried Arnold: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Thomas Fritsch, Frankfurt a. M. 1700. Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv (Besonders siehe Bild 0029:217 bis Bild 0029:219 = XXII.Kapitel § 15 bis 22.)
  • Peniatova (Christna). In: Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Joechers allgemeinem Gelehrten-Lexio. 6. Band. Heyse, Bremen 1819, Spalte 595–596. Digitalisat
  • Hermann Ferdinand von Criegern: Johann Amos Comenius als Theolog. Ein Beitrag zur Comeniusliteratur. C. F. Winter, Leipzig & Heidelberg 1881, S. 68–69. Digitalisat
  • Gustav BaurPoniatovska, Christine. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 408–410.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Historia revelationum Christophori Kotteri, Christinae Poniatoviae, Nicolai DrabiciiS, S. 135.
  2. Auch „Julian Pinatov de Duchnik“ (Gelehrten-Lexio, Spalte 595.)
  3. E. W. Cröger: Geschichte der alten Brüderkirche. Zweite Abtheilung. 1557 bis 1722. Gradnau 1866, S. 388. Digitalisat
  4. „Indessen gelang es dem Vater, seiner Tochter bei einer Baronin von Engelburg [sic!] auf Schloß Brann [sic!], nahe bei dem Ursprung der Elbe in Böhmen, eine Stelle zu verschaffen.“ Irrtümliche Angaben bei Gustav Baur, S. 408.
  5. „Zeiten der Verfolgung sind immer auch Zeiten ekstatischer Zustände, das sieht man wie an den Camisarden zur Zeit nach der Aufhebung des Edicts von Nantes, so auch an der Unität nach der Schlacht am weißen Berge.“ (Gustav Baur, S. 408.)
  6. „Am 8. Februar 1828 in Lissa angelangt, bezog er mit seinem Schwiegervater Cyrillum und der Christina Poniatovska zusammen einige Zimmer im Hause des alter Superintendenten Gratian.“ (Hermann Ferdinand von Criegern, S. 30.)
  7. Gustav Baur.
  8. „Nachdem sie Mutter von 5 Kindern geworden, starb sie im Jahre 1644 an Schwindsucht.“ (E. W. Cröger: Geschichte der alten Brüderkirche, S. 389.)
  9. „Göttliches Wunderbuch …“
  10. a b c Gustav Baur, S. 409.
  11. Gelehrten-Lexio, Spalte 596.