Clara Westhoff

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Clara Rilke-Westhoff, Gemälde von Paula Modersohn-Becker, 1905 (Hamburger Kunsthalle)
Clara Rilke-Westhoff, Gemälde von Oskar Zwintscher, 1902

Clara Rilke, geb. Clara Henriette Sophie Westhoff (* 21. November 1878 in Bremen; † 9. März 1954 in Fischerhude) war eine deutsche Bildhauerin und Malerin, die sich durch ihre vielseitigen künstlerischen Werke, darunter Porträtbüsten und malerische Darstellungen, einen Namen machte. Sie trug maßgeblich zur Kunstszene ihrer Zeit bei, insbesondere durch ihre enge Verbindung zur Künstlerkolonie Worpswede. Sie war die Ehefrau von Rainer Maria Rilke.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rainer Maria Rilke und Clara Rilke-Westhoff (1901)
Büste von Paula Modersohn-Becker, geschaffen von Westhoff 1899, als Bronzeskulptur 2007 zum 100. Todestag von Paula Modersohn-Becker in den Bremer Wallanlagen aufgestellt
Clara Rilke-Westhoff (um 1930)

Clara Westhoff wuchs als Tochter des Kaufmanns Friedrich Westhoff (1840–1905) und der Johanna Westhoff, geb. Hartung (1856–1941) aus Weischlitz[1] in Bremen-Oberneuland mit zwei Brüdern auf, unter ihnen Helmuth Westhoff (1891–1977).

Im Alter von siebzehn Jahren zog Westhoff nach München und besuchte dort die private Malschule von Friedrich Fehr und Ludwig Schmid-Reutte und wurde in Kopf-, Akt- und Landschaftsmalerei unterrichtet. 1898 nahm sie bei Fritz Mackensen in Worpswede Zeichen- und Modellierunterricht. In Worpswede freundete sie sich unter anderem mit Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker an und war häufig Gast auf dem Barkenhoff des Künstlers Heinrich Vogeler und seiner Frau Martha. Dort lernte sie 1900 auch ihren späteren Ehemann, den Dichter Rainer Maria Rilke, kennen.

1899 setzte Westhoff bei Carl Seffner und Max Klinger in Leipzig sowie 1900 an der Académie Julian in Paris ihre Ausbildung als Bildhauerin fort; dort lernte sie Auguste Rodin kennen. Am 28. April 1901 heiratete sie Rainer Maria Rilke, und sie zogen in ein Nachbardorf Worpswedes, nach Westerwede. Dort hatte Rilke ein Haus gekauft, für dessen Innenausstattung sein Freund Heinrich Vogeler gesorgt hatte. Am 12. Dezember 1901[2] kam die gemeinsame Tochter Ruth auf die Welt.

Im Sommer 1902 gab Rilke die gemeinsame Wohnung auf und zog nach Paris, um dort eine Monografie über Auguste Rodin zu verfassen. Westhoff folgte ihm kurze Zeit später und brachte die Tochter zu den Großeltern. Den Winter 1903 verbrachten sie in Rom in der Villa Strohl-Fern. Rilke wohnte im „Studio al Ponte“,[3] das ihm der Maler Otto Sohn-Rethel, ein Freund der Maler der Künstlerkolonie Worpswede, überlassen hatte. Clara Westhoff bewohnte auf dem Gelände ein eigenes Studio in Sichtweite.[4] Sie brach den dortigen Aufenthalt ab, um zurück zu ihrer Tochter zu reisen. Die Ehe war jedoch zerbrochen, da Rilke offenbar nicht für ein bürgerliches Familienleben geschaffen war. Eine freundschaftliche Beziehung zwischen Rilke und Clara Westhoff blieb bestehen.

Westhoff schuf unter anderem eine Porträtbüste ihres Mannes Rainer Maria Rilke (1901, Gips auf Gipssockel), 1902 eine Büste von Heinrich Vogeler und elf Jahre später ein Bildnis der Schriftstellerin Ricarda Huch (1912, Bronze), die aber damals von Clara Westhoff verlangte, die Büste ohne Nennung ihres Namens auszustellen, weil sie sich zu alt dargestellt sah.

Familiengrabstelle Clara Rilke-Westhoff, Fischerhuder Friedhof
„Café im Rilke-Haus“ (Fischerhude)

1919 siedelte Westhoff mit ihrer Tochter nach Fischerhude über, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Aus ihrem Wohnhaus mit Atelier wurde später das „Café Rilke“, das auch heute noch besteht. Es bekam von Rainer Maria Rilke den Hausspruch: „Da vieles fiel, fing Zuversicht mich an, die Zukunft gebe, dass ich darf, ich kann!“

Um 1925 wandte sich Westhoff der Malerei zu, sodass neben ihrem plastischen Werk ein ebenso umfassendes malerisches Werk entstand.

In der Zeit des Nationalsozialismus war sie obligatorisch Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste und nahm an großen Ausstellungen teil.

Bald nach ihrem Tod geriet sie, wie viele Frauen in der Kunst, in Vergessenheit. Ihre Arbeiten befanden sich in privater Hand oder waren in verschiedenen Depots der Öffentlichkeit kaum zugänglich. Mit ihrer 1986 erschienenen umfassenden Biografie leitete Marina Sauer eine Wiederentdeckung der Künstlerin ein, indem sie Clara Rilke-Westhoff aus dem Schattendasein befreite, nur als Ehefrau Rilkes und als Freundin Paula Modersohn-Beckers gesehen zu werden. Clara Rilke-Westhoff kann heute als eine Pionierin der Bildhauerei von Frauen in Deutschland gesehen werden.[5] Im März 1954 verstarb Clara Westhoff im Alter von 75 Jahren in Fischerhude.

Ausstellungen (unvollständig)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1940: Celle, Schloss Celle („Große Kunstausstellung des Gaues Ost-Hannover“)
  • 1941: Berlin, Gästehaus der Reichsfrauenführung („Künstlerisches Frauenschaffen der Gegenwart“)
  • 1941: Düsseldorf, Kunsthalle („Die deutsche Malerin und Bildhauerin“)
  • 1942: Hannover („110. Große Kunstausstellung“ des Künstlervereins Hannover)
  • 1986: Clara Rilke-Westhoff, Georg-Kolbe-Museum, Berlin
  • 2002: Clara Rilke-Westhoff, Buthmanns Hof, Fischerhude
  • 2003: Rücksichtslos geradeaus malend. Marie Bock, Clara Rilke-Westhoff, Paula Modersohn-Becker; Ludwig Roselius Museum, Bremen
  • 2007: Künstlerkolonie Worpswede. Ein Stück vom Himmel?, Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen
  • 2009: Noble Gäste, Meisterwerke der Kunsthalle Bremen, Große Kunstschau Worpswede, Worpswede
  • 2011: Frauen im Aufbruch, Untere Rathaushalle, Bremen
  • 2015: Die Malweiber von Paris – Deutsche Künstlerinnen im Aufbruch, Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bremer Stadtteil Oberneuland wurde der Rilke-Westhoff-Weg nach ihr benannt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Isolde Braune: „… als Mensch im Beruf“. Die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff (1878–1954). In: Angela Dinghaus (Hrsg.): Frauenwelten. Biographisch-historische Skizzen aus Niedersachsen. Hildesheim / Zürich / New York 1993, S. 304–312.
  • Helga Fuhrmann: Rilke-Westhoff, Clara Henriette Sophie, geb. Westhoff. In: Frauen Geschichte(n). Bremer Frauenmuseum (Hrsg.). Edition Falkenberg, Bremen 2016, ISBN 978-3-95494-095-0.
  • Eberhard Lutze: Rilke gen. Rilke-Westhoff, Clara Henriette Sophie geb. Westhoff. In: Die Historische Gesellschaft Bremen und das Staatsarchiv Bremen (Hrsg.): Bremische Biographie 1912–1962. Bremen 1969, S. 409 Sp. 1 bis 410 Sp. 1.
  • Gunna Wendt: Clara und Paula. Das Leben von Clara Rilke-Westhoff und Paula Modersohn-Becker. Europa Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-203-84031-6.
  • Eduard Hindelang (Hrsg.) Die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff (1878–1954). Langenargen/Sigmaringen 1988. Erschienen zu der Ausstellung „Die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff (1878–1954).“ Veröffentlicht mit der Unterstützung des Regierungspräsidium Tübingen, des Landratsamtes Bodenseekreis u. a.
  • Marina Sauer: Die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff: 1878–1954. Leben und Werk. Mit Oeuvre-Katalog. Hauschild, Bremen 1986, ISBN 978-3-920699-72-1.
  • Marina Sauer: Rilke-Westhoff, Clara Henriette Sophie. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 623 f. (Digitalisat).
  • Karl-Robert Schütze: Refugium nach einem unsteten Leben. Nachforschungen zum Haus der Clara Rilke-Westhoff in Fischerhude. In: Zwischen Elbe und Weser, 23 (2004), Nr. 1, S. 4–8.
  • Katja Behling: Clara Rilke-Westhoff 1878–1954. In: Dies. und Anke Manigold: Die Malweiber. Unerschrockene Künstlerinnen um 1900. Berlin, Insel 2013, ISBN 978-3-458-35925-8, S. 34–37.
  • Marina Bohlmann-Modersohn: Clara Rilke-Westhoff: eine Biografie. btb, München 2015, ISBN 978-3-442-75432-8.
  • Rolf Vollmann: Als Rilke sich in Paula und Clara verliebte. In: Die Zeit, Nr. 34/2003

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Clara Westhoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marina Sauer: Rilke-Westhoff, Clara Henriette Sophie. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 623 f. (Digitalisat).
  2. Hans Egon Holthusen: Rainer Maria Rilke. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 31. Auflage 1998, S. 53.
  3. Foto von Rainer Maria Rilke im „Studio al Ponte“, 1904, Digitale Sammlung der Heinrich Heine Universität
  4. Marina Bohlmann-Modersohn: Clara Rilke-Westhoff. btb Verlag, 2015, ISBN 978-3-641-12310-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Clara Westhoff im bremer-frauenmuseum.de
  6. Büste Rainer Maria Rilke — Die Großen Deutsche Kunstausstellungen 1937 – 1944/45. Abgerufen am 2. Februar 2024.