Claude Perrault

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Claude Perrault
Ostfassade des Louvre mit den von Perrault entworfenen Kolonnaden

Claude Perrault (* 25. September 1613 in Paris; † 9. Oktober 1688 ebenda) war ein bedeutender französischer Architekt, Kunsttheoretiker, Altphilologe, Mediziner und Naturwissenschaftler. Er war der Bruder des Dichters und Kunsttheoretikers Charles Perrault.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Abfassung der „Ordonnance des cinq espèces des colonnes selon la méthode des anciens“ (Ordnung der fünf Säulenarten nach der Methode der Alten), Paris 1683, formulierte Perrault ein für die französische klassische Architektur bedeutsames System zur Bildung der Säulenordnungen. Von Claude Perrault stammt die wichtigste französische Übersetzung der „Zehn Bücher über Architektur“ des antik-römischen Architekturschriftstellers Vitruv (Les dix livres d'architecture de Vitruve, Paris 1673, 2. Auflage Paris 1684).

Claude Perraults Schriften waren in der Querelle des Anciens et des Modernes ein wichtiger Beitrag zur Position der Modernes. Bedeutender Gegner der Brüder Perrault aufseiten der Anciens war der Dichter Nicolas Boileau. Im „Proportionenstreit“ vertrat Claude Perrault gegen François Blondel die Auffassung, dass Schönheit nicht auf ewiggültigen göttlichen Gesetzen („beautez positives“) beruhe, sondern auf zeitbedingten menschlichen Vereinbarungen („beautez arbitraires“).

Claude Perrault war zusammen mit Louis Le Vau und Charles Le Brun Mitglied des Petit Conseil du Louvre, eines Künstlerkollektivs, das 1667, nach dem Scheitern der Bernini-Planung, den Auftrag bekam, die neue Hauptfassade des Louvre an der Ostseite zu entwerfen. Dabei geht das bestimmende Motiv der Fassade, die freistehenden Doppelsäulen über einem Podiumsgeschoss („Kolonnaden des Louvre“) wohl auf Claude Perrault und seinen Bruder Charles zurück. Die Fassade wurde im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts als Beleg für die Überlegenheit der französischen gegenüber der italienischen, ja sogar der antiken Architektur angeführt und galt mit ihren verborgenen Eisenarmierungen auch in technischer Hinsicht als Wunderwerk. Das Petit Conseil entwarf ebenfalls ab 1667 die Louvre-Südfassade zur Seine.

Von Claude Perrault stammt der Entwurf des 1667 bis 1672 erbauten königlichen Observatoriums in Paris. Des Weiteren entwarf er 1669 einen großen Triumphbogen zu Ehren König Ludwigs XIV. auf der Place du Trône, der heutigen Place de la Nation, in Paris. Er wurde in vergänglichem Material als 1:1-Modell realisiert und nur teilweise in Stein umgesetzt, verfiel bald und wurde 1716 abgetragen. Der 1672 erbaute Pavillon d'Aurore im Schlosspark von Sceaux wird von einigen Autoren Claude Perrault zugeschrieben. Mit einem Treppenhausentwurf für den Louvre und einem Neubauprojekt für die Kirche Sainte-Geneviève übertrug Perrault die Kolonnaden als Stützensystem in den überwölbten Innenraum und bereitete damit den ab 1698 in der Schlosskapelle von Versailles realisierten Baugedanken den Weg.

Claude Perrault besaß den Doktorgrad der Pariser Universität Sorbonne und war 1666 eines der ersten Mitglieder der Académie Royale des sciences.

Perraults Bruder Charles ist vor allem für seine Märchen bekannt geworden. Seine Kunstmärchen wurden in die Sammlung der Brüder Grimm aufgenommen (Rotkäppchen, Der gestiefelte Kater, Dornröschen usw.).

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eigenes
    • Ordonnance for the five kinds of columns after the methods of the ancients („Ordonnance des cinq espèces de colonnes selon la méthode des anciens“). Getty center for the history of art ans humanities, Santa Monica, Calif. 1993, ISBN 0-89236-232-4 (Repr. d. Ausg. Paris 1683)
  • Übersetzungen
    • Vitruv: Les dix livres d'architecture de Vitruve. Éditions Errance, Paris 2005, ISBN 2-87772-319-4 (Repr. d. Ausg. 1684)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dietrich Erben: Der Vitruvkommentar. Claude Perrault: Les dix livres d'architecture de Vitruve, 1673. In: Dietrich Erben (Hg.): Das Buch als Entwurf. Textgattungen in der Geschichte der Architekturtheorie. Ein Handbuch, Paderborn: Fink 2019, ISBN 978-3-7705-6334-0, S. 158–183.
  • Wolfgang Herrmann: La théorie de Claude Perrault. Éditions Mardaga, Brüssel 1980, ISBN 2-87009-122-2.
  • Walter Kambartel: Symmetrie und Schönheit. Über mögliche Voraussetzungen des neueren Kunstbewußtseins in der Architekturtheorie Claude Perraults. Fink, München 1972 (zugleich Dissertation, Universität Bochum 1969)
  • Michael Petzet: Claude Perrault und die Architektur des Sonnenkönigs. Der Louvre König Ludwigs XIV. und das Werk Claude Perraults. Deutscher Kunstverlag, München 2000, ISBN 3-422-06264-5
  • Antoine Picot: Claude Perrault, 1613-1688, ou la curiosité d'un classique. Picard, Paris 1988, ISBN 2-7084-0377-X.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Claude Perrault – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien