David Murray (Jazzmusiker)

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David Murray Class Struggle auf dem INNtöne Jazzfestival 2018

David Murray (* 19. Februar 1955[1] in Oakland, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Tenorsaxophonist, Bassklarinettist, Komponist und Bandleader des Jazz.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

David Murrays Mutter war eine angesehene Gospel-Pianistin. Murray war acht Jahre alt, als er Altsaxophon zu spielen begann und in der Familienband der Murrays Gottesdienste begleitete. Mit zwölf Jahren spielte er in einer Rhythm-&-Blues-Band, mit fünfzehn leitete er ein Orgel-Trio in der damals populären Besetzung aus Orgel, Saxophon und Schlagzeug. In dieser Zeit wechselte Murray – inspiriert von Sonny Rollins – zum Tenorsaxophon.

David Murray, Berlin 2014

1975 übersiedelte er nach New York, wo er durch Stanley Crouch, der ihn als Nachfolger von John Coltrane aufbauen wollte, Anschluss an die Loft-Jazz-Szene fand (Wildflowers – The New York Jazz Loft Sessions 1976). Er spielte u. a. mit Cecil Taylor und Anthony Braxton. 1976 nimmt er für das unabhängige Label India Navigation sein Debütalbum Flowers for Albert auf, das noch ganz unter dem Einfluss Albert Aylers und dessen eruptiven Klangströmen steht. Im selben Jahr gründete er das World Saxophone Quartet. International tourte er zunächst mit Sunny Murray und mit Johnny Dyani sowie James Blood Ulmer. In den 1980er Jahren findet sein Spiel zurück zu Songformen und erkennbaren melodischen Figuren. Ein Schlüsselalbum für seinen Neoklassizismus ist das 1980 erschienene Album Ming, auf dem Murray erstmals sein Oktett vorstellte, das wesentlich aus Musikern bestand, mit denen er bereits in Kalifornien zusammenspielte, und mit dem er eine große Beachtung fand.[2] Auf dem Album Home (1982) verschmilzt, „was die schwarze Musik an großen Klängen hervorgebracht hat: Gospel-Sounds, Free Jazz, Afro-Karibisches, archaischer Blues, Soul.“[3]

Zwischen 1983 und 1987 war er auch in Projekten von Kip Hanrahan zu hören. 1993 spielte er im Duett mit Branford Marsalis auf Fast Life. Sein New Yorker Quartett sowie das Trio ist neben dem World Saxophone Quartet und zahlreichen Aktivitäten im World-Jazz-Bereich für ihn ein wichtiges Standbein geblieben.

Seit Mitte der 1990er Jahre lebt Murray in Paris[4] mit seiner Lebensgefährtin.[5] 1991 wurde ihm der hochdotierte dänische Jazzpar-Preis verliehen; er spielte dazu mit dem New Jungle Orchestra von Pierre Dørge zusammen eine Platte ein.

Sein Sohn Mingus Murray ist Gitarrist und Singer-Songwriter.

Stil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

David Murray, Amsterdam 1980

David Murray beherrscht die Spieltechniken der Jazzavantgarde und integriert in sein eigenwilliges, sehr charakteristisches Saxophon- und Bassklarinettenspiel Elemente und Techniken aus allen Stilrichtungen des Jazz – Vibrato, Subtone aus dem Swing, Phrasierung aus Blues, Funk, Hardbop und freieren Stilrichtungen. Besonders auffällig ist die meisterhafte und sehr kontrollierte Verwendung von Obertönen, die weit über den „normalen“ Tonumfang des Tenorsaxophons und der Bassklarinette hinausreichen. Hinzu kommt die Integration des überblasenen Saxophonspiels eines Albert Aylers, das Murray schrittweise melodisiert und tonal stimmig gemacht hat.[6] Im Laufe der 1980er Jahre wurde sein Spiel gebundener und strukturierter: „Die selbstverständliche Lockerheit, mit der er Polytonalität erreicht, und seine Meisterschaft in der freien Behandlung kontrapunktischer Ideen kommen aus den Gospel-Gemeinden – der Free Jazz spielt hier nur die Rolle des verstärkenden Elements.“[7]

Trotz anfänglicher Experimente im Avantgarde-Bereich ist für Murray neben Albert Ayler der Ellington-Saxophonist Paul Gonsalves, den er sehr bewundert und für unterschätzt hält, der wichtigste Einfluss, außerdem Ben Webster und Lester Young.[8] David Murray tat sich als Arrangeur und Komponist von Stücken für sein Oktett hervor; seine Kompositionen Home-Scope und 3 D Family hat er wiederholte Male eingespielt.

Diskografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Werk David Murrays gehört zu den umfangreichsten im Modern Jazz; der Penguin Guide to Jazz on CD von Richard Cook und Brian Morton listet allein für den Zeitraum von 1975 bis 2001 dreiundsechzig Alben auf, die der Saxophonist als Bandleader veröffentlichte; hinzu kommen zahlreiche Alben mit dem World Saxophone Quartet und Aufnahmen als Sideman.[9]

Duo und Trio-Aufnahmen

Quartett-Aufnahmen

Oktett- und Big-Band-Aufnahmen

Aufnahmen als Sideman

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • David Murray - I am a Jazzman. Dokumentation, Frankreich, 2008, 54 Min., Regie: Jacques Goldstein, Produktion: arte France, deutsche Erstausstrahlung: 31. August 2009, Inhaltsangabe von arte

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: David Murray (jazz) – Sammlung von Bildern

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. nach I. Carr u. a. Jazz Rough Guide; Feather/Gitler The Biographical Encyclopedia of Jazz geben hingegen den 19. Januar 1955 an.
  2. Mitglieder des Oktetts waren Anthony Davis (Piano), George Lewis (Posaune), Olu Dara (Trompete), Butch Morris (Kornett), Wilber Morris (Bass) und Steve McCall (Schlagzeug), vgl. Berendt & Huesmann, S. 193.
  3. Berendt & Huesmann, S. 193.
  4. „David Murray - I am a Jazzman“ (Memento vom 4. September 2009 im Internet Archive), arte, August 2009
  5. Christian Herrendorf: „Das Arbeitstier am Saxofon“, Rheinische Post, 18. Juli 2007
  6. Vgl. Berendt/Huesmann, S. 188.
  7. zit. nach Berendt/Huesmann, S. 196
  8. Vgl. Berendt/Huesmann, S. 191. Die Autoren weisen auf seine Bewunderung der klassischen Swing-Bigbands hin und sehen darin Zusammenhänge seines orchestralen Stils auch in kleineren Besetzungen; „Kompakt, massiert und resolut“ (S. 192).
  9. Die folgende Auswahl der Alben findet statt unter Berücksichtigung des Penguin Guide to Jazz on CD, Ausgaben 1996 und 2001.