Der Mann, der Liberty Valance erschoß

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Film
Titel Der Mann, der Liberty Valance erschoß
Originaltitel The Man Who Shot Liberty Valance
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1962
Länge 118 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie John Ford
Drehbuch James Warner Bellah
Willis Goldbeck
Produktion Willis Goldbeck
John Ford
Musik Cyril J. Mockridge
Alfred Newman
Kamera William H. Clothier
Schnitt Otho Lovering
Besetzung
Synchronisation

Der Mann, der Liberty Valance erschoß (Originaltitel: The Man Who Shot Liberty Valance) ist ein US-amerikanischer Spätwestern, den John Ford 1962 mit John Wayne, James Stewart und Lee Marvin in Schwarz-Weiß drehte. Als Vorlage diente eine gleichnamige Erzählung von Dorothy M. Johnson, in der ein idealistischer junger Anwalt im unzivilisierten Westen für Recht und Gesetz kämpft.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Senator Stoddard, der seine Karriere vor Jahrzehnten in der Kleinstadt Shinbone begann, kehrt mit seiner Frau Hallie zur Beerdigung eines alten Freundes, Tom Doniphon, zurück. Im Ort gibt es nur wenige Menschen, die den alten Rancher noch kannten, da er sich die letzten Jahre immer mehr zurückgezogen hatte. Neugierig gewordenen Journalisten erzählt Stoddard die Geschichte ihrer Bekanntschaft.

Stoddard reist als junger Idealist, frisch vom College und aus dem zivilisierten Osten der USA kommend, in den noch einigermaßen wilden Westen. Kurz vor der Stadt wird seine Postkutsche von dem gefürchteten Banditen Liberty Valance und seinen Leuten ausgeraubt. Der naive Stoddard legt sich mit Valance an, der ihn brutal auspeitscht. Doniphon sammelt den am Straßenrand liegenden Stoddard auf und bringt ihn nach Shinbone, wo sich das Wirtspaar Ericson mit seiner jungen Tochter Hallie um den Verletzten kümmert. Die Kleinstadt lebt in Furcht vor Valance, da der örtliche Sheriff Link Appleyard dem Verbrecher nicht in Tapferkeit und Schießkunst die Stirn bieten kann. Der einzige Mann in der Gegend, vor dem Valance Respekt hat, ist Tom Doniphon, der sich aus dem Konflikt aber möglichst heraushalten will.

Nach seiner Genesung eröffnet Stoddard ein Anwaltsbüro in Shinbone und gibt Schulstunden für die Dorfbewohner, damit diese endlich lesen und schreiben lernen. Valance fühlt sich von dem Einzug der Zivilisation in Shinbone bedroht und gerät mehrfach mit dem jungen Anwalt aneinander. Stoddard lässt sich allerdings nicht einschüchtern und gewinnt dadurch den Respekt der Dorfbevölkerung. Er lehnt allerdings den gewaltsamen Kampf mit Valance ab; stattdessen versucht er, auf Bildung und Gesetze zu setzen. Doniphon hält Stoddards gewaltlose Haltung gegen den Banditen dagegen für naiv und tödlich. Er muss allerdings auch erkennen, dass sich Hallie – in die er sich verliebt hat und für die er an seinem Haus anbaut – und Stoddard ineinander verlieben, da sie durch seine Hilfe erstmals Bildung erfährt und von der Kellnerin zur Lehrerin wird.

Als die Bewohner von Shinbone zwei Delegierte für eine Versammlung des Territoriums wählen sollen, wird Stoddard auf Vorschlag von Doniphon aufgestellt. Stoddard will die Entwicklung des Territoriums zum Bundesstaat weiter vorantreiben, was Valance und einigen Rinderbaronen ein Dorn im Auge ist. Trotzdem gelingt den Bewohnern ein erfolgreicher Wahlablauf, an dessen Ende Stoddard und der örtliche Zeitungsredakteur Peabody gewählt werden. Valance fordert daraufhin Stoddard zum Schießduell auf, welches dieser trotz geringer Schießerfahrung annimmt – und obwohl Doniphon ihm dringend rät, die Stadt zu verlassen. Peabody wird in seinem Zeitungsbüro von Valance und seinen Männern fast zu Tode geprügelt. Daraufhin stellt sich Stoddard dem Banditen auf der Straße, scheint jedoch hoffnungslos unterlegen. Nachdem eine Kugel von Valance den rechten Arm Stoddards verletzt hat, so dass er die Pistole fallen lässt und sie mit der anderen Hand unter dem Gespött von Valance wieder aufnimmt, trifft eine Kugel den Banditen tödlich, und Stoddard wird als „der Mann, der Liberty Valance erschoss“, gefeiert. Tatsächlich wurde er aber von Doniphon aus dem Hinterhalt erschossen, um Stoddards Leben zu retten, was aber niemand bemerkte.

Doniphon schweigt über den Vorfall; nur Stoddard berichtet er es einige Wochen später auf der Versammlung des Bundesstaates. Auf dieser wird Stoddard als Delegierter nach Washington gewählt; der so entstandene Mythos ermöglicht ihm den Aufstieg in hohe politische Ämter. Er heiratet Hallie, während Doniphon im Alkoholrausch sein Haus abbrennt, an welchem er für seine geplante Hochzeit mit Hallie gearbeitet hatte.

Am Ende seiner Geschichte erklärt Stoddard, die Reporter könnten die Geschichte über den echten „Mann, der Liberty Valance erschoss“, gerne publizieren. Doch diese lehnen ab, da die Lüge schon zu einem selbstständigen Mythos geworden ist. Ein nachdenklicher Stoddard reist nach der Beerdigung mit seiner Frau in Richtung Washington zurück. Zur Freude seiner Frau Hallie überlegt er, sich aus der Politik zurückzuziehen und als Anwalt nach Shinbone zurückzukehren. Stoddard bedankt sich bei dem Zugschaffner für die Annehmlichkeiten der Reise; dieser entgegnet, dass nichts gut genug sei für den „Mann, der Liberty Valance erschoss“.

Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie viele bedeutende Western erzählt Der Mann, der Liberty Valance erschoß von der Geburt des modernen Amerika und spielt während der Übergangszeit zwischen dem Amerika der Pioniere und dem zivilisierten Amerika:

Doniphon tötet Valance, seine Tat wird von den Bürgern aber fälschlich Stoddard zugerechnet. Stoddard klärt diesen Irrtum nicht auf und lässt somit zu, dass seine Karriere, und damit die „neue Welt“, auf einer Lüge gründet. Am Ende weigert sich der Chefredakteur der lokalen Zeitung, die ihm von Stoddard enthüllte Wahrheit zu publizieren. Er spricht einen der berühmtesten Dialogsätze der Filmgeschichte: “When the legend becomes fact, print the legend!” (Wenn die Legende zur Wahrheit wird, druck die Legende!) In der deutschen Synchronfassung ist der Satz nicht in dieser Form zu hören, sondern es heißt dort: „Unsere Legenden wollen wir bewahren. Sie sind für uns wahr geworden.“

Der Kinostart des Films in der Bundesrepublik Deutschland war am 21. September 1962, die Fernseh-Erstausstrahlung am 2. Februar 1970 im Abendprogramm des ZDF.[1][2]

Synchronisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die deutsche Synchronfassung entstand zur Kinopremiere bei der Berliner Synchron unter Synchronregie von Klaus von Wahl nach einem Dialogbuch von Bodo Francke. Diese Originalfassung wurde an verschiedenen Stellen gekürzt, um die Handlung zu straffen. So fehlte in früheren deutschen Fernsehausstrahlungen üblicherweise eine Szene, in der einige der älteren Bewohner im Rahmen eines Schulunterrichts erklären, was Demokratie ist. Jahrzehnte später wurden zwei verschiedene Rekonstruktionen erstellt, eine für das ZDF bei Arena Synchron und eine später für die DVD bei der EuroSync GmbH. In beiden haben (notwendigerweise) die Schauspieler andere Synchronstimmen als in der Kinofassung.[3]

In der deutschen Fassung wurde aus Marshal Link Appleyard Sheriff Link Appleyard.[4]

Rolle Schauspieler Dt. Synchronsprecher Synchronsprecher neue Szenen
Ransom Stoddard James Stewart Siegmar Schneider Frank-Otto Schenk (ZDF), Bodo Wolf (DVD)
Tom Doniphon John Wayne Arnold Marquis
Hallie Stoddard Vera Miles Ilse Kiewiet
Liberty Valance Lee Marvin Hans Wiegner
Dutton Peabody, Redakteur Edmond O’Brien Walther Suessenguth Wolfgang Völz (ZDF), Friedrich G. Beckhaus (DVD)
Sheriff Link Appleyard Andy Devine Franz Nicklisch
Peter Ericson John Qualen Erich Kestin
Nora Ericson Jeanette Nolan ? Ela Behrends (ZDF), Luise Lunow (DVD)
Doc Willoughby Ken Murray Kurt Jaggberg
Pompey Woody Strode Hans Walter Clasen Erich Räuker (ZDF), Kaspar Eichel (DVD)
Major Cassius Sturbuckle John Carradine Curt Ackermann
Maxwell Scott, Chefredakteur Carleton Young Friedrich Joloff
Charlie Hasbrouck, Reporter Joseph Hoover Jörg Cossardt
Amos Curruthers Denver Pyle Helmuth Grube Erich Räuker (DVD)

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„The Man who Shot Liberty Valance ist einer der schönsten Western von Ford — und einer der schönsten überhaupt. Zunächst einmal ist er ein solide gearbeitetes Kinostück, in dem Tom Doniphon im Sinne höherer Gerechtigkeit den ungeschriebenen Ehrenkodex des Western durchbricht und seinen Gegner aus dem Hinterhalt erschießt. […] Interessanter ist jedoch, wie hier die Legenden und Mythen des Western in Frage gestellt werden, die Ford so oft besungen hat.“

„Dies ist sicherlich ein filmischer Höhepunkt über den Mythos des Wilden Westens. John Ford, Großmeister des Western, inszenierte eines der interessantesten Spätwerke des Genres.“

„Ein stimmungsvolles Zeugnis für die Erkenntnis, daß jede Epoche auf den Lügen der vorhergehenden basiert.“

Thomas Jeier, 1987[7]

„Seinen vielleicht ‘ehrlichsten’ Western, der den amerikanischen Hang zur Legendenbildung aufs vortrefflichste zu dekuvrieren vermochte, schuf Ford 1961 mit „Der Mann, der Liberty Valance erschoß“. (...) Der Film endet in der bitteren Erkenntnis, daß die Legende in Amerika Vorrang vor der Wahrheit hat, und die Presse kein Interesse besitzt, an zu Denkmalen ihrer selbst entrückten ‘Heroen’ zu rütteln.“

Kay Weniger, 2001[8]

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ob der in der Interpretation von Gene Pitney bekannte Song The Man, Who Shot Liberty Valance (Musik Burt Bacharach, Text Hal David), der im April 1962 veröffentlicht wurde, insgesamt 13 Wochen in den Billboard Charts war und zu den besten Western-Kompositionen aller Zeiten gerechnet wird, ursprünglich als Titellied für den Film vorgesehen war, ist umstritten.[9] Pitney selbst beharrte gegenüber der Chicago Sun-Times darauf, dass die Aufnahme von der Filmproduktionsfirma Paramount Pictures in Auftrag gegeben worden war. Ihm sei eine „ungeheure Summe“ dafür bezahlt worden. Während der Aufnahme-Sessions in den Bell Sound Studios in New York habe Bacharach ihn informiert, dass der Western zwischenzeitlich ohne den Song in den Kinos gestartet war. Über die Gründe dafür gibt es unterschiedliche Angaben: Regisseur John Ford soll das Lied nicht gemocht haben, zwischen dem Rechteinhaber Famous Songs und Paramount habe es Streit gegeben.[10] Gleichwohl urteilen Musikkritiker, der Song fasse die Filmhandlung in drei Minuten auf geniale Weise zusammen, möglicherweise habe das John Ford nicht behagt.[11] Auf dem Platten-Cover hieß es bei der Veröffentlichung, das Lied sei vom Film „inspiriert“ worden.

Die Musik, die tatsächlich im Western verwendet wurde, zitierte u. a. das „Ann Rutledge“-Thema von Alfred Newman aus dem ebenfalls von John Ford inszenierten Film Der junge Mr. Lincoln aus dem Jahr 1938. Ford zufolge stand das Motiv sinnbildlich für die unerfüllte Liebe. Gene Pitney fand die Wiederverwendung eines derart bejahrten Titels in einem Interview „bizarr“.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kostümbildnerin Edith Head war 1963 für ihre Kostüme in einem Schwarz-Weiß-Film für den Oscar nominiert. John Wayne erhielt den Laurel Award in der Kategorie Top Action Performance. Das gesamte Ensemble erhielt den wichtigsten Western-Preis, den Western Heritage Award.

Im Jahr 2007 wurde der Film in das National Film Registry aufgenommen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Enno Patalas: Besprechung von „Der Mann, der Liberty Valance erschoß“. In: Filmkritik, 6. Jg. (1962), Nr. 10.
  • Mark Ricci, Joe Hembus (Hrsg.): John Wayne und seine Filme (OT: The Films of John Wayne). Citadel-Filmbücher. Goldmann, München 1980, ISBN 3-442-10202-2.
  • Dorothy M. Johnson: Der Mann, der Liberty Valance erschoss (OT: The Man Who Shot Liberty Valance). Heyne, München 1983, ISBN 3-453-20545-6 [enthält mehrere Erzählungen Johnsons].
  • Janey A. Place: Die Western von John Ford (OT: The Western Films of John Ford). Goldmann, München 1984, ISBN 3-442-10221-9, S. 227–245.
  • Michael Hanisch: Der Mann, der Liberty Valance erschoss. In: Bernd Kiefer, Norbert Grob (Hrsg.), Marcus Stiglegger (Mitarbeit): Filmgenres. Western (= RUB. Nr. 18402). Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-018402-9, S. 247–250 [mit Literaturhinweisen].
  • Dirk C. Loew: Versuch über John Ford. Die Westernfilme 1939–1964. BoD, Norderstedt 2005, ISBN 3-8334-2124-X, S. 319–327.
  • Akki Nitsch: Dramaturgische Analyse „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“. Leistungsnachweis im Studium trmd der FH Gießen, 2007 (PDF).
  • Robert B. Pippin: „Who Cares Who Shot Liberty Valance? The Heroic and the Prosaic in The Man Who Shot Liberty Valance“. In: Ders.: Hollywood Westerns and American Myth. Yale University Press, New Haven/London 2010, ISBN 978-0-300-14577-9, S. 61–101.
  • Martin Seel: „The Man Who Shot Liberty Valance oder von der Undurchsichtigkeit normativen Wandels“. In: Ders.: „Hollywood“ ignorieren. Vom Kino. S. Fischer, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-397224-5, S. 99–135.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Mann, der Liberty Valance erschoß. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 24. April 2021.
  2. Spiegel.de.
  3. Der Mann, der Liberty Valance erschoß. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 27. April 2018.
  4. The Man Who Shot Liberty Valance (1962) - IMDb. Abgerufen am 22. April 2019.
  5. Dieter Krusche, Jürgen Labenski: Reclams elektronisches Filmlexikon (CD-ROM). Reclam, Stuttgart 2001.
  6. Der Mann, der Liberty Valance erschoß. In: prisma. Abgerufen am 24. April 2021.
  7. Thomas Jeier: Der Western-Film (= Heyne Filmbibliothek. Bd. 32/102). Heyne, München 1987, ISBN 3-453-86104-3, S. 166.
  8. Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 49.
  9. Pitney sets the record straight on Liberty Valance, Tampa Bay Times, 13. September 1996 [1]
  10. [2]
  11. Serene Dominic: Burt Bacharach: Song By Song, London 2010