Der Student von Wittenberg

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Der Student von Wittenberg ist eine Novelle[1] von Wilhelm Raabe, die im Winter 1854/1855 entstand[2] und 1857[3] in Westermanns Monatsheften erschien. Adolf Glaser hatte um einen Beitrag für die Zeitschrift gebeten. Die Publikation ist der Beginn der Zusammenarbeit Raabes mit George Westermann.[4] Die Buchausgabe kam 1859 bei Ernst Schotte in Berlin heraus.[5] Die Raabe-Forscher Fehse, Oppermann und Fuld[6] sind sich einig – der Text ist als die erste Prosaarbeit des jungen Autors anzusehen.


Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anno 1559 schlägt der Scholar Paulus Halsinger den Gästen in einer Schenke – irgendwo zwischen Mansfeld und Magdeburg – die Zither. Paulus stammt aus Osterwieck. Die Eltern sind verstorben. Paulus, Student der Medizin, war von der Universität Wittenberg relegiert worden[A 1] und hatte auch in Leipzig studiert.

In Magdeburg dann lauscht Paulus dem betörenden Gesang und Harfenspiel einer schönen jungen Fremden und verfällt ihrem Zauber. Die Angebetete heißt Felicia und ist die Tochter des italienischen Goldschmieds Malco Guarnieri. Die Magdeburger, meistens Lutheraner, halten den Katholiken Guarnieri für einen Zauberer und Goldmacher. Als die Magdeburger Schmiedegesellen aufbegehren, gerät der Italiener zusammen mit seiner Tochter auf offener Straße in einen Tumult. Paulus rettet die zwei Fremden mit Unterstützung seines wehrhaften Onkels Lamprecht Beltzer, eines trunksüchtigen Söldnerführers. Felicia bedankt sich in Anwesenheit ihres Vaters bei dem linkischen Paulus. Im Scherz verweist der Goldschmied auf Felicias Verlobten Lucio in Florenz: Was der wohl sagen würde, wenn er das sähe!

Paulus gesteht Felicia seine Liebe und wird zurückgewiesen. Lamprecht Beltzer will den lieben Neffen Paulus aus den Fängen der „Teufelshexe“ Felicia erretten und dringt mit seinen Söldnern gegen das Haus des Goldschmieds vor. Paulus, verblendet, stellt sich in seiner „Liebeswut“ den Angreifern entgegen und erschlägt den Onkel. Paulus, der Student von Wittenberg, spricht sein eigenes Todesurteil, als er den vordringenden Lutheranern ins Gesicht schreit, Luther sei ein „Teufelsdiener“. Paulus kommt bei dem Angriff zusammen mit den beiden Italienern um.

Form[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Magdeburger Rektor Georg Rollenhagen erzählt die Geschichte des Studenten Paulus Halsinger. Der Schulmann Rollenhagen ist dem Raabe-Leser aus „Eine Grabrede aus dem Jahre 1609“ bekannt.

Eingangs zitiert Raabe sechs Verse aus „Dem armen Heinrich“ des Hartmann von Aue[A 2] und zeichnet damit das Ende des Protagonisten vor:

„sin swebendez herze daz verswanc,
sin swimmendiu vreude ertranc,
ein swinde vinster donerslac
zebrach im sinen mitten tac,
ein trüebez wolken unde dic
bedahte im siner sunnen blic“.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nach Brandes diente „Der Student von Salamanca“ aus Washington Irvings „Bracebridge Hall“ als Vorlage.[7]
  • Meyen[8] nennt acht Besprechungen aus den Jahren 1860 bis 1938.

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstausgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Halb Mähr, halb mehr! Erzählungen, Skizzen und Reime von Wilhelm Raabe. 177 Seiten. Ernst Schotte, Berlin 1859 (Der Weg zum Lachen. Der Student von Wittenberg. Weihnachtsgeister. Lorenz Scheibenhart. Einer aus der Menge)

Verwendete Ausgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Oppermann: Wilhelm Raabe. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1970 (Aufl. 1988), ISBN 3-499-50165-1 (rowohlts monographien).
  • Fritz Meyen: Wilhelm Raabe. Bibliographie. 438 Seiten. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1973 (2. Aufl.). Ergänzungsbd. 1, ISBN 3-525-20144-3 in Karl Hoppe (Hrsg.): Wilhelm Raabe. Sämtliche Werke. Braunschweiger Ausgabe. 24 Bde.
  • Cecilia von Studnitz: Wilhelm Raabe. Schriftsteller. Eine Biographie. 346 Seiten. Droste Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-7700-0778-6
  • Werner Fuld: Wilhelm Raabe. Eine Biographie. 383 Seiten. Hanser, München 1993 (Ausgabe dtv im Juli 2006), ISBN 3-423-34324-9.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Um 1559 gab es in Wittenberg keine Fakultät Medizin (Oppermann und Rohse in der verwendeten Ausgabe, S. 568, 11. Z.v.u.).
  2. Die Schreibung wurde aus dem Projekt Gutenberg übernommen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. von Studnitz, S. 308, Eintrag 4
  2. Oppermann und Rohse in der verwendeten Ausgabe, S. 559, 9. Z.v.u.
  3. Meyen, S. 125, Eintrag 760 (Diskrepanz: In der verwendeten Ausgabe ist auf S. 562 unter dem Eintrag Z das Jahr 1858 notiert)
  4. Fuld, S. 115, 5. Z.v.u., S. 287, 13. Z.v.u.
  5. Oppermann und Rohse in der verwendeten Ausgabe, S. 562 oben
  6. Wilhelm Fehse (1912), zitiert bei Oppermann und Rohse in der verwendeten Ausgabe, S. 559, 13. Z.v.u. und Oppermann, S. 32 oben sowie Fuld, S. 58, 9. Z.v.o, S. 83 Mitte
  7. Oppermann und Rohse in der verwendeten Ausgabe, S. 561, 10. Z.v.o.
  8. Meyen, S. 381–382