Deutsche Gesellschaft 1914

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Wilhelm Solf, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft 1914

Die Deutsche Gesellschaft 1914 war ein politischer Club, der am 28. November 1915 von Karl Gustav Vollmoeller gegründet wurde. Er sollte gemäßigte Vertreter unterschiedlicher Weltanschauungen zur Diskussion zusammenbringen, um den Geist von 1914 und die Burgfriedenspolitik zu bewahren. Wilhelm Solf (Staatssekretär des Reichskolonialamtes) war der erste und letzte Präsident des Klubs.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Kriegsausbruch 1914 rückten die politischen Differenzen in Vergessenheit und die Vertreter unterschiedlicher Ansichten kamen erstmals ungezwungen unter dem Zeichen gleicher Ideale zusammen. Diese politische Atmosphäre wollten Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg und seine Regierungsmitglieder Wilhelm Solf und Gottlieb von Jagow erhalten.

Im Zusammenhang mit dem Aufruf „An die Kulturwelt“ 1914 gründete Karl Gustav Vollmoeller gemeinsam mit Richard Dehmel sowie in enger Absprache mit Walther Rathenau und Robert Bosch den Klub. Hierüber berichten diverse Zeitzeugen, so Harry Graf Kessler in seiner Rathenaubiographie:

„Er [Walther Rathenau] beteiligt sich an den Klub-Gründungen, die den ‚Burgfrieden‘ durch gesellschaftliche Fühlung zwischen Vertretern verschiedener politischer Richtungen befestigen sollten: insbesondere an der von Carl Vollmöller ins Leben gerufenen Deutschen Gesellschaft 1914’ und der von Ludwig Stein und dem Reichstagsabgeordneten Bassermann begründeten ‚Mittwochs-Gesellschaft‘.“

In seiner Eröffnungsrede im November 1915 in München drückte Staatssekretär Solf den Zweck der Gesellschaft aus: Sie solle Angehörigen verschiedener Schichten und auch gerade Wortführern von Gegensätzen die Möglichkeit zur Aussprache von Mensch zu Mensch bieten. Solf rief im Sinne Johann Gottlieb Fichtes zur Veredelung der Vaterlandsliebe zur Hülle des Ewigen auf. Gleichzeitig pries er die Individualität jeder einzelnen Persönlichkeit und das Wirken des freien Mannes. Er zitierte den Freiherrn vom Stein, indem er erklärte, die Schwäche der preußischen Monarchie gegen ihre Nachbarstaaten müsse durch moralische und intellektuelle Kräfte ausgeglichen werden. Dabei gehe es um Qualität, nicht Quantität der Menschen. Bernd Sösemann beschreibt den Auftakt der Gründung so:

„Am 28. November 1915 wurde die ‚Deutsche Gesellschaft 1914‘ gegründet. Ihr größter Mäzen, der Industrielle Robert Bosch, stiftete die Ausstattung der Räume in dem Pringsheimschen Palais, das er außerdem noch für einen geringen Mietzins zur Verfügung stellte. Die Eröffnungsansprache hielt der erste Präsident des Klubs, der Staatssekretär im Reichskolonialamt, Wilhelm Solf.“

Bald nach der Gründung stieg die Mitgliederzahl der in Berlin und München ansässigen Gesellschaft auf über 900 an. Mitte der 1920er Jahre versammelte der Club sogar über 2.000 Mitglieder.[1] Mitgliederverzeichnisse erschienen 1916, 1918, 1919, 1921, 1925, 1927 und 1932. Ab 1925 sind den Namen die Mitgliedsnummern hinzugefügt, die in der Reihenfolge des Eintritts vergeben wurden, insgesamt fast 4.000. Außerdem werden ab spätestens 1924 die Vortragsthemen aufgeführt.

Theodor Heuss schrieb in seiner Biographie über Robert Bosch auch eine Passage über die Deutsche Gesellschaft 1914:

„Deutschland kannte nicht den politischen Club der angelsächsischen Welt, hier sollte er nachgebildet werden, doch nicht in einem ausschließenden, sondern in einem umfassenden Sinne: Der Konservative und Sozialdemokrat, der Industrielle und Gelehrte, der Künstler und Beamte, der Grundbesitzer und Gewerkschaftsführer, sofern sie aus der Fachenge und Interessenverwicklung herausstrebten und in ihrer Persönlichkeit einen gewissen Rang darstellten, mochten sich hier begegnen, frei gelöst. Vorausgesetzt war die vaterländische Grundhaltung, die dem Partner auch bei unterschiedlicher Programmatik zuzubilligen war.“[2]

1934 erfolgte die Selbstauflösung der Gesellschaft. Damit kam Solf der von den Nazis gewünschten Zwangsarisierung zuvor. Selbst zu diesem Zeitpunkt stellten Juden noch knapp ein Drittel der Klubmitglieder. Die Deutsche Gesellschaft 1914 war eine der wenigen namhaften Organisationen, die Hitler bis zu seiner Machtergreifung mit Redeverbot in ihren Räumlichkeiten belegte. Ein kleiner Teil der Mitglieder ging in die „Nachfolge-Einrichtung“ SeSiSo-Club über. Aus den Kreisen dieser Vereine bildete sich in der Zeit des Nationalsozialismus die Widerstandsgruppe Solf-Kreis. Außerdem bestanden Verbindungen zum 20. Juli.

Berühmte Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Deutsche Gesellschaft 1914: Mitgliederverzeichnis 1916–1932
  • Frederik D. Tunnat: Die Deutsche Gesellschaft 1914 und ihr Gründer. Edition Vendramin, Berlin, 2014.
  • Wilhelm Solf: Rede in der Deutschen Gesellschaft 1914. Sonderdruck Insel-Verlag, Leipzig 1918.
  • Eberhard von Vietsch: Wilhelm Solf – Botschafter zwischen den Zeiten. Rainer Wunderlich Verlag, Tübingen 1961. S. 142 ff.
  • Harry Graf Kessler: Walther Rathenau. Sein Leben und sein Werk. Wiesbaden, Rheinische Verlags-Anstalt, o. J.
  • Bernd Sösemann: Politische Kommunikation im „Reichsbelagerungszustand“ – Programm, Struktur und Wirkungen des Klubs „Deutsche Gesellschaft 1914“. in: Berichtsband der 31. Arbeitstagung der „Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“ gemeinsam mit der „Österreichischen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“, Verlag Olschläger GmbH 1987

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jenseits von Partei und Parlament – W. Rathenaus „aufbauende Ideenpolitik“ in der „DG 1914“ « Solon-line.de. Abgerufen am 8. Juni 2018 (deutsch).
  2. Th. Heuss: Robert Bosch. 1946. S. 305 f.