Dieter Salomon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Dieter Salomon auf dem ZMF (2015)

Dieter Salomon (* 9. August 1960 in Melbourne) ist ein deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Von 2002 bis 2018 war er Oberbürgermeister der Stadt Freiburg im Breisgau.[1] Zuvor war er ab 1992 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg für die Grünen sowie ab 2000 deren Fraktionsvorsitzender.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salomons Großvater war mit seiner dritten Ehefrau und seinen acht Kindern nach Australien ausgewandert. Eines dieser Kinder war Salomons Mutter, die dort seinen Vater kennenlernte. Der Hesse war mit einem Dachdeckerunternehmen ebenfalls nach Australien gekommen und arbeitete später als Schaffner bei der Straßenbahn sowie bei Volkswagen.[2]

Als Salomon drei Jahre alt war, zog die Familie nach Missen bei Immenstadt im Allgäu.[2] 1968 trennten sich die Eltern, Salomon und seine drei Jahre jüngere Schwester wuchsen bei der Mutter auf.[2] Sein Abitur absolvierte Salomon 1979 am Gertrud-von-le-Fort-Gymnasium in Oberstdorf. 1981 begann er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ein Studium der Politikwissenschaft, Finanzwissenschaft und Romanischen Philologie, das er 1987 mit dem akademischen Grad Magister artium abschloss. 1991 promovierte er im Fach Politikwissenschaft bei Dieter Oberndörfer mit der Dissertation Grüne Theorie und graue Wirklichkeit: die Grünen und die Basisdemokratie zum Dr. phil. 2011 trennte er sich von seiner zweiten Ehefrau Helen Hall-Salomon.[3] Ende 2015 heiratete er in Melbourne seine neue Lebensgefährtin Helga Mayer.[4] Salomon hat eine Tochter aus erster Ehe.

Politischer Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1980 ist Salomon Mitglied der Grünen und war in verschiedenen Funktionen beim Freiburger Kreisverband aktiv. Von 1990 bis 2000 war Salomon Stadtrat in Freiburg und seit 1992 Abgeordneter für den Wahlkreis Freiburg II im Landtag von Baden-Württemberg; von April 2000 an übte er diese Funktion als Vorsitzender der grünen Landtagsfraktion und Spitzenkandidat im Wahlkampf aus. Nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister von Freiburg legte er sein Landtagsmandat im August 2002 nieder. Für ihn rückte Edith Sitzmann nach. Im Jahr 1995 kandidierte er als OB für die Stadt Lörrach, belegte dort den 3. Platz.

2002 kandidierte Salomon bei der Freiburger Oberbürgermeisterwahl. Im zweiten Wahlgang am 5. Mai 2002 wurde er mit 64,4 Prozent der Stimmen für eine Amtszeit von acht Jahren zum ersten grünen Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt gewählt. Bei der Oberbürgermeisterwahl am 25. April 2010 wurde Salomon im ersten Wahlgang mit 50,5 Prozent der abgegebenen Stimmen für weitere acht Jahre in seinem Amt bestätigt.[5]

Seit 2002 ist Salomon Mitglied des Präsidiums des Deutschen Städtetags, seit 2004 gehört er dem World Executive Committee des International Council of Local Environmental Initiatives (ICLEI) an. Seit 2008 ist er Vorsitzender des kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) Baden-Württemberg.[6]

2003 geriet er aufgrund der Ausrichtung der Geburtstagsfeier für den umstrittenen Gründer des rechtskonservativen bzw. neurechten Studienzentrum Weikersheim, dem ehemaligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs und des im Zweiten Weltkrieg als Marinerichter eingesetzten Hans Filbinger in die Kritik und Schlagzeilen.[7][8][9]

2011 wurde Salomon als Nachfolger von Ivo Gönner zum Sprecher der Großstädte und damit zum Vize-Präsidenten des Städtetag Baden-Württembergs gewählt.[10] Als erster Grünen-Politiker wurde er 2017 zum Präsidenten des baden-württembergischen Städtetags gewählt.

Zu Beginn seiner Amtszeit formulierte er als drängendste Probleme der Städte die Modernisierung der Schulen und den sozialen Wohnungsbau. Später verwies er auf die Integration der Flüchtlinge, die während der Flüchtlingskrise in Deutschland ab 2015 aufgenommen wurden, sowie die finanziellen Probleme der Städte.[11]

Bei der Oberbürgermeisterwahl am 22. April 2018 erhielt er mit 31,3 % im ersten Wahlgang 3,4 Prozentpunkte weniger Stimmen als sein Herausforderer Martin Horn.[12] Im zweiten Wahlgang am 6. Mai 2018, einer Neuwahl mit vier Kandidaten, unterlag Salomon mit 30,7 Prozent erneut dem parteilosen Horn, der 44,2 Prozent der Stimmen erhielt[13] und ihn zum 1. Juli 2018 als neuen Oberbürgermeister bzw. Amtsverweser[14] der Stadt Freiburg im Breisgau ablöste.[15] Noch am Wahlabend erklärte Salomon gegenüber der Badischen Zeitung,[16] nach 16 Jahren an der Spitze der Stadt in den Ruhestand zu gehen.

Seit Juni 2019 ist er Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein.[17]

Er ist seit Oktober 2023 Vorsitzender des Normenkontrollrats Baden-Württemberg.[18]

Oberbürgermeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salomon hat sich als Präsident der Regio Schwarzwald-Oberrhein für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz im Rahmen der so genannten RegioTriRhena eingesetzt und dies im Rahmen des Pilotprojekts zum Eurodistrikt für Freiburg, Mülhausen und Colmar weitergeführt. Der aktive Einsatz für die deutsch-französische Zusammenarbeit wurde unter anderem mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch Besançon sowie der Verleihung des französischen Nationalen Verdienstordens an Salomon 2006 gewürdigt.[19]

Wesentliche stadtpolitische Entscheidungen wurden mit einer Mehrheit von Grünen, CDU, der regionalen Liste Junges Freiburg und Freien Wählern durchgesetzt, was überregionales Interesse wie parteiinterne Konflikte hervorrief. Salomon und seine Koalition gelten innerhalb der Bundesgrünen als prominente Vorreiter von Bündnissen jenseits von Rot-Grün.[20]

In der alternativen Szene umstritten war unter anderem Salomons Vorgehen 2005 gegen die Freiburger „Wagenburgler“. Salomon hatte als Oppositionspolitiker noch Polizeieinsätze gegen Platzbesetzungen von Alternativen abgelehnt.[21]

Überregionales Interesse rief der Konflikt um den geplanten Verkauf der kommunalen Freiburger Stadtbau GmbH mit 7900 Wohnungen und von 1000 Wohnungen im Besitz der Stadt an Investmentfonds hervor.[22] Der im OB-Wahlkampf noch ausdrücklich ausgeschlossene Verkauf wurde angesichts der Haushaltslage der Stadt von einer schwarz-grün-freien Ratsmehrheit beschlossen, von den Bürgern aber im Rahmen eines Bürgerentscheids abgelehnt.[23]

Ein von der schwarz-grün-freien Rathausmehrheit 2007 beschlossenes Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit löste Proteste aus. Das Verbot wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg für nichtig erklärt[24], was in Teilen des Stadtrats inklusive der Rathausmehrheit begrüßt wurde. Salomon forderte nach diesem Urteil die damalige Landesregierung (Kabinett Oettinger II) zu einer Gesetzesänderung auf; die Landtagsfraktion der Grünen stellte sich einstimmig hinter Salomon.[25]

Während seiner Amtszeit kam es zur Abspaltung der Grünen Alternative Freiburg von den Grünen, die bei der Kommunalwahl 2009 zwei Mandate im Freiburger Rathaus erhielt.[26]

Im Juli 2009 griff Salomon in seiner Funktion als Präsident der kommunalen Arbeitgeberverbände (KAV) Baden-Württemberg streikende Erzieherinnen scharf an, was überregional insbesondere von Gewerkschaftsvertretern kritisiert wurde.[27][28] Die letzten Jahre seiner Amtszeit waren unter anderem von der Flüchtlingskrise in Deutschland seit 2015 und hohen Mieten in Freiburg geprägt.[29]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Grüne Theorie und graue Wirklichkeit. Die GRÜNEN und die Basisdemokratie. Arnold-Bergstraesser-Institut (ABI). Zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1991. Freiburg im Breisgau: ABI, 1992, 337 S., ISBN 3-928597-03-5 (Freiburger Schriften zur Politikwissenschaft; 4)
  • mit Winfried Thaa und Gerhard Gräber [Hrsg.]: Grüne an der Macht. Widerstände und Chancen grün-alternativer Regierungsbeteiligungen. Köln: Bund-Verlag 1994, 212 S., ISBN 3-7663-2521-3

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dieter Salomon – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wahlergebnis
  2. a b c Gerhard M. Kirk: Freiburg: OB-Wahl: Dieter Salomon gewährt Einblicke ins Fotoalbum, Badische Zeitung vom 31. März 2010, Zugriff am 28. Dezember 2010
  3. OB Salomon trennt sich von seiner Ehefrau in: Badische Zeitung 3. November 2011.
  4. OB Dieter Salomon und Helga Mayer haben in Melbourne geheiratet in: Badische Zeitung vom 11. Januar 2016. Abgerufen am 11. Januar 2016.
  5. Freiburgs Rathauschef Salomon im Amt bestätigt. In: stimme.de. 25. April 2010, abgerufen am 6. März 2024.
  6. Lebenslauf auf der Homepage der Stadt Freiburg (Memento vom 18. Mai 2012 im Internet Archive)
  7. Grüne Kommune feiert furchtbaren Juristen, von Ralph Bollmann, taz 31. Juli 2003
  8. Streit um Filbinger-Geburtstag Und mir feiere doch! Der Spiegel, 5. August 2003.
  9. Joachim Röderer: Filbinger in Gottes Händen. taz, 12. April 2007.
  10. http://www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/detail.php?id=244448@1@2Vorlage:Toter Link/www.baden-wuerttemberg.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  11. Neuer Städtetagspräsident Salomon fordert mehr Mittel für Schulsanierungen. In: schwaebische.de. 30. Januar 2017, abgerufen am 9. März 2024.
  12. Rüdiger Soldt: Oberbürgermeister Salomon unterliegt in erster Wahlrunde. Frankfurter Allgemeine vom 23. April 2018.
  13. Jakob Schulz, Stephan Haselberger: Freiburg hat einen neuen Oberbürgermeister: Grüner Salomon in Freiburg abgewählt – Sieger Martin Horn bei Wahlparty Zahn ausgeschlagen. In: tagesspiegel.de. 7. Mai 2018, abgerufen am 31. Januar 2024.
  14. Uwe Mauch: Martin Horn wird wegen Klage erst einmal Amtsverweser. Badische Zeitung, 13. Juni 2018, abgerufen am 30. Juni 2018.
  15. Schwäbische Zeitung: Martin Horn ist neuer Oberbürgermeister von Freiburg. In: Schwäbische. (schwaebische.de [abgerufen am 6. Mai 2018]).
  16. Interview Badische Zeitung vom 6. Mai 2018 (Video auf YouTube)
  17. Neues Duo an der Spitze der IHK Südlicher Oberrhein. Abgerufen am 27. Oktober 2019 (deutsch).
  18. Neuer Normenkontrollrat nimmt Tätigkeit auf. In: normenkontrollrat-bw.de. 19. Oktober 2023, abgerufen am 20. Oktober 2023.
  19. Verleihung der Insignien eines Offiziers im Nationalen Verdienstorden an den Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon@1@2Vorlage:Toter Link/www.botschaft-frankreich.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Website der französischen Botschaft Berlin, 28. Juli 2006.
  20. Karl Otto Sattler: Schwarz-grüne Planspiele wirbeln Staub auf (Memento vom 13. Mai 2007 im Internet Archive), in Das Parlament, Nr. 40, 4. Oktober 2005.
  21. Der grüne OB schickt die grüne Minna
  22. Oberbürgermeister Dieter Salomon nennt Bedingungen für den Verkauf städtischer Wohnungen – „Besser investieren als Zinsen zahlen“ (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Amtsblatt der Stadt Freiburg vom 15. April 2006
  23. „Heuschrecken“ ante portas. Baden-Württemberg: Kampf um Wohnungsverkauf in Freiburg „Das Parlament“ mit der Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte“, Ausgabe 40 vom 2. Oktober 2006
  24. Wie ein Doktorand das Alkoholverbot kippte
  25. Badische Zeitung vom 29. Juli 2009: Urteil zu Alkoholverbot: Landtagsgrüne stellen sich hinter Salomon
  26. Kleine grüne Spaltung im Südwesten
  27. Kita-Streiks: Aufruf zur "gesellschaftlichen Ächtung" (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Stuttgarter Zeitung vom 9. Juli 2009
  28. "Verdi nimmt die Kinder in Haftung"
  29. zeit.de vom 6. Mai 2018 / Fabian Federl: Angezählt