Dirk Bogarde

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Dirk Bogarde mit Jane Birkin beim Cannes Film Festival (1990)

Sir Dirk Bogarde (* 28. März 1921 als Derek Jules Gaspard Ulric Niven van den Bogaerde in Hampstead; † 8. Mai 1999 in London) war ein britischer Schauspieler und Schriftsteller. Er hatte von den 1950ern bis Ende der 1970er-Jahre zahlreiche Kinoerfolge wie beispielsweise Tod in Venedig (1971).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bogarde wurde 1921 im Londoner Stadtteil Hampstead als Sohn eines Layoutredakteurs niederländischer Abstammung, der bei der britischen Zeitung Times arbeitete, und einer schottischen Schauspielerin geboren. Er begann seine Laufbahn am Theater als Bühnenbildner in London. Nebenbei studierte er Schauspiel. Seine Karriere als Schauspieler begann 1939.

Während des Zweiten Weltkrieges diente er als Nachrichtendienstoffizier im Fernen Osten und in Europa. Als das einschneidendste Erlebnis seiner Militärzeit nannte er später die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Die Erinnerung an das Inferno des Konzentrationslagers habe ihn für den Rest seines Lebens geprägt.[1][2] Er wurde für seinen Kriegseinsatz mit sieben Medaillen ausgezeichnet.[3]

Wieder in England, begann er 1945 eine Filmkarriere und spielte während der 1950er-Jahre zahlreiche sehr unterschiedliche Rollen. Populär wurde er durch seine Rolle des Arztes Simon Sparrow (in der deutschen Version Dr. Herbert Sperling) in einer Reihe von britischen Kinofilmen ab 1953. Bogarde wurde in dieser Zeit in der britischen Öffentlichkeit vornehmlich als Frauenschwarm (Heartthrob) gesehen, suchte allerdings schon bald nach schauspielerisch herausfordernden und mitunter kontroversen Rollen.[4]

Mit der Darstellung eines schwulen Anwalts in dem Kriminalfilm Der Teufelskreis (Victim, 1961) gelang ihm endgültig der Durchbruch ins Charakterfach. Der Thriller handelt von einem homosexuellen Juristen, der sich gegen eine Erpresserbande zur Wehr setzt, die seinen Freund in den Suizid getrieben hat. Es war der erste britische Film, der sich mit dem Thema Homosexualität auf eine mitfühlende Weise auseinandersetzte. Der Film führte kurzfristig zu einem Skandal, förderte aber längerfristig den Umschwung der öffentlichen Meinung zugunsten einer Entkriminalisierung von homosexuellen Handlungen in Großbritannien.[5]

Während er in Hollywood nie Fuß fassen konnte, avancierte Bogarde zu einem angesehenen Schauspieler in Europa, der mit den wichtigsten Filmemachern der 1960er- und 1970er-Jahre zusammenarbeitete. Seine vielschichtigen Darstellungen neurotischer und zwiespältiger Figuren begeisterten sowohl Publikum als auch Kritiker. Gelobt wird seine Darstellung des nur scheinbar servilen Dieners Hugo Barrett in Joseph Loseys Pinter-Verfilmung Der Diener (The Servant, 1963). Beeindruckend ist Bogardes Darstellung eines Taugenichts im Drama Jede Nacht um neun (Our Mother’s House, 1967), der den verwaisten Kindern vorgaukelt, er sei ihr heimgekehrter Vater.

Als einer seiner wichtigsten Darstellungen gilt die des Gustav von Aschenbach in Tod in Venedig (1971) nach der gleichnamigen Novelle von Thomas Mann unter der Regie von Luchino Visconti. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er mit Visconti Die Verdammten gedreht, in dem er einen machthungrigen Opportunisten während des Dritten Reiches verkörperte. Eine weitere Rolle vor dem Hintergrund der Nationalsozialismus hatte er an der Seite von Charlotte Rampling in Liliana Cavanis Erotikdrama Der Nachtportier (1974), in dem er als ehemaliger SS-Offizier eine sadomasochistische Beziehung mit einer einstigen Konzentrationslager-Insassin beginnt. Der Film gilt als berühmtes Beispiel der Naziploitation und war umstritten. Weitere Erfolge waren John Schlesingers Liebesfilm Darling (1965), Joseph Loseys Accident – Zwischenfall in Oxford (1967) und der aufwendige Kriegsfilm Die Brücke von Arnheim (1977).

Sein letzter Film war Daddy Nostalgie unter Regie von Bertrand Tavernier aus dem Jahr 1990. Bogardes deutscher Stammsprecher war Herbert Stass, der zuweilen von Gert Günther Hoffmann und Holger Hagen vertreten wurde.[6]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Widerspruch zu seiner bewussten Wahl von homosexuell konnotierten Charakterrollen (Der Teufelskreis, Tod in Venedig) schützte Bogarde sein Privatleben „wie eine Bulldogge“.[7] Anfang der 1970er-Jahre zog sich Bogarde mit seinem Manager und langjährigem Lebensgefährten Anthony Forwood[8] für fast 20 Jahre in sein provenzalisches Landhaus nach Südfrankreich zurück. Er nahm seltener Filmangebote an und begann, Bücher zu schreiben. Gleichsam in einer zweiten Karriere erschienen zwischen 1977 und dem Jahr seines Todes 15 Bücher von Bogarde, darunter vier autobiografische Werke, zwei Romane und eine Sammlung journalistischer Arbeiten.[9]

Ende der 1980er-Jahre zog Bogarde nach London, nachdem Forwood 1988 einem Krebsleiden erlegen war. Er widmete sich hauptsächlich seinem Privatleben, engagierte sich aber auch in öffentlichen Fragen wie etwa der Sterbehilfe.[5] 1992 wurde er von der britischen Königin geadelt und durfte sich fortan Sir nennen. Nach einem Schlaganfall im September 1996 war er auf einen Rollstuhl angewiesen; er starb er 1999 im Alter von 78 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts.

Dirk Bogarde war der Großonkel der 1996 geborenen britischen Popsängerin Birdy.

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literarische Vorlage
  • 1992: Stimmen im Garten (Voices in the Garden) – Regie: Pierre Boutron

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dirk Bogarde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. John Carey: Ever, Dirk: The Bogarde Letters selected and edited by John Coldstream. In: The Sunday Times, 10. August 2008, S. 2.
  2. Vgl. John Coldstream: Dirk Bogarde: The Authorised Biography. Phoenix, London 2005, S. 20–21.
  3. Dirk Bogarde | Biography, Movie Highlights and Photos. Abgerufen am 3. Juni 2021 (englisch).
  4. Dirk Bogarde | Biography, Movie Highlights and Photos. Abgerufen am 3. Juni 2021 (englisch).
  5. a b Vgl. dirkbogarde.co.uk (Memento vom 19. April 2009 im Internet Archive), abgerufen am 10. April 2024.
  6. Dirk Bogarde. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 5. Februar 2021.
  7. Vgl. orionbooks.co.uk (Memento vom 3. Dezember 2008 im Internet Archive)
  8. Vgl. fyne.co.uk
  9. Dirk Bogarde in der Notable Names Database (englisch, abgerufen am 16. Februar 2021)