Diskussion:Poetologie

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Der Artikel beinhaltet einen Widerspruch: Poetologie sei "die Wissenschaft der Poetik(en)", heißt es im ersten Abschnitt. Im zweiten Abschnitt dann ist Poetologie eine werkimmanent–selbstreflexive Eigenschaft lyrischer Texte. Das sind zwei völlig verschiedene Entitäten, die, wenn unkommentiert aneinandergereiht wie hier, lediglich Verwirrung stiften. Ein Studium der Diskussion bringt auch keine eindeutige Antwort, – im Gegenteil: der Begriff verwässert nur weiter. Der Gebrauch in den Wissenschaften (insbesondere Soziologie versus Linguistik und Komparatistik) variiert ebenfalls.

Ich schlage deshalb vor, den Artikel quasi etymologisch anzulegen, vom Generellen ins Spezielle disziplinärer Praxen gehend. Eine Poetologie impliziert das Gegebensein einer Poetik und ein Logos der Poetik, – ebenso wie eine Methodologie das Logos hinter der Methodik ist und auf der zwingend gegebenen Entität 'Methodik' aufbaut, eine Anthropologie das Logos hinter dem Menschen (anthropos) ist und auf dem Gegebensein des Menschen aufbaut, die Physiologie das Logos hinter …usw. Das Suffix '-logie' kann an jedweden Begriff gehängt werden und bezeichnet dann die Reflexion und Metareflexion der betroffenen Entität.

Die Entität Poetik wird also implizit vorausgesetzt. Das heißt, dass eine Poetologie nicht ohne eine Poetik auf die sie sich bezieht (oder ihre Absenz!), vorliegen kann. Eine Poetologie ist somit a priori die Reflexion der Poetik, die gegeben sein muss, ergo: ein Logos der Poetik (wozu der Plural 'Poetik(en)'? Wir schreiben ja auch nicht jedes mal 'Wässer', wenn wir allgemein von 'Wasser' sprechen wollen, obwohl es süßes und salziges und blaues und grünes und klares etc Wasser gibt.). Damit kann auch eine wissenschaftliche Disziplin bezeichnet werden, sofern sie existiert. Es kann sich aber dem Begriff nach auch um jede andere freie Reflexion der Poetik handeln. Und schließlich: setzt sich beispielsweise ein Gedicht, mit seiner eigenen Poetik selbstreflexiv auseinander, so hat es selbst und in sich eine poetologische Dimension. Es ist sogar denkbar, aus einer gegebenen Poetologie eine Poetik abzuleiten, so wie eine Methodik aus einer Methodologie ableitbar ist. Aber gehört das hier in den Artikel? Ich denke nicht, da Poetologie nicht zwingend eine Eigenschaft der Lyrik selbst ist und lediglich im Falle von Selbstreflexivität vorliegt. Würde ein Gedicht anstatt seiner Poetik etwa seine Semantik thematisieren, würde man doch auch nicht explizit schreiben, die Semantologie sei eine Eigenschaft der Lyrik und ihr immanent. Einzig wenn innerhalb der Lyrik etwa eine Schule der Poetologie, eine Tradition der Poetologie, eine Strömung, Gattung, etc selbstreflexiver, poetologischer Lyrik vorläge, ließe sich davon sprechen. Ein großer Teil etwa postmoderner Lyrik ist selbstreflexiv, – meint da jemand eine poetologische Ästhetik zu erkennen?

Ob der Begriff der Poetologie als eigenständiger Begriff mitsamt eigenständiger Praxis und als eigenständige Wissenschaft vorliegt, kann ich nicht beurteilen. Daran sollte sich wohl seine Relevanz bemessen und ob es eines eigenen Artikels bedarf (ein Sub im Artikel Poetik würde sonst auch genügen). Mir liegt nur daran, seine Bedeutung etwas feiner zu differenzieren.

Gruß T Wochnik (nicht signierter Beitrag von 77.12.161.185 (Diskussion) 19:15, 22. Apr. 2012 (CEST)) [Beantworten]


Lieber T Wochnik, Ich verstehe dein Anliegen nicht ganz: Geht es hier nicht darum, den tatsächlichen Gebrauch dieses in der Literaturwissenschaft doch sehr geläufigen (wenn auch theoretisch nicht ausformulierten) Begriffs partial zu rekonstruieren, i.e. inklusive seiner etwaigen Unschärfen, anstatt einen Begriff zu erfinden, der so von niemandem verwendet wird? Zu deinen Einwänden: // Sogar wenn man sich auf das Experiment 'Etymologie' einlassen würde (Die ja bei einer Verwendung eines Begriffes selten genug regulierend wirkt - vgl. z.B. die Etymologie von "Art"): Ist es notwendig, dass das "Logos" auf "Poetik" zu beziehen? Könnte sich "Poetologie" nicht auch genausogut auf "Poesis" beziehen? // Als Literaturwissenschaftler weiss ich nicht genau, wie die Verwendungsweise des Begriffes in anderen Wissenschaftspraktiken funktioniert, ich denke aber, dass es sich hier vermutlich (Gegenstandsbedingt) primär um einen literaturwissenschaftlichen (evtl. noch um einen ästhetischen) Begriff handelt. Entsprechend wäre eine Rekonstruktion der Gebrauchsweise innerhalb des literaturwissenschaftlichen Diskurses wohl lohnenswert. Und hier gibt es, was meine persönliche Erfahrung angeht (vgl. mein früherer Kommentar zu Liliari ganz unten auf der Seite), beide Bedeutungsdimensionen, wenn auch in meinem akademischen Umfeld die Variante (immanente Poetik) am verbreitesten ist. // Poetologie bezieht sich ferner tendentiell nicht nur auf Poesie im engeren Rahmen (Gedichte), sondern auf Poesie im Sinne von Literatur überhaupt. // Da einer der gewichtigsten Definitionen von Literatur (Jakobsons 'poetische Funktion': Projektion des Prinzips der Achse der Paradigmatik auf die Achse Syntagmatik, i.e. Steigerung der Äquivalenzdichte) Literarizität gerade über Selbstreferentialität definiert, ist tatsächlich jedes Gedicht in einem gewissen Umfang selbstreferentiell: er macht auf seine je spezifische Form aufmerksam. (Weil der Text ansonsten als literarischer gar nicht erkennbar wäre) // Und insofern dies so ist, kann man (und wird auch so gemacht) Texte, die dies in besonders deutlichem Umfange tun tatsächlich als 'poetologisch' bezeichnen. Sog. 'postmoderne' Lyrik wäre dabei ein gerade ein besonders gutes Beispiel, gerade weil sie nicht nur starke Selbstreflexivität aufweist, sondern diese gerade so beschaffen ist, dass sie vom Gedicht nicht abstrahierbar ist: daher funktioniert alle Kunstreflexion hier nur als 'immanente Ästhetik' und die Formulierbarkeit als (objektive) Ästhetik muss noch notwendiger (und augenscheinlicher) scheitern, als dies sowieso bei jedem Kunstwerk der Fall ist. Komplex formuliert: Die Poetologie postmoderner Literatur besteht gerade darin, dass sie dieselbe als Unanschauliche 'anschaulich' zu machen scheint; d.h. sie falsifiziert nicht nur den Anspruch aller Poetik UND aller Poetologie, sondern sie macht das, indem sie ihn perpetuiert. Dadurch zeigt sich der hohe Grad an Selbstreflexivität, die sich quasi als Poetologie der Poetologie bezeichnen liesse (was freilich das Problem der Poetologie nicht beseitigt...) (nicht signierter Beitrag von 130.60.148.78 (Diskussion) 17:31, 26. Feb. 2013 (CET))[Beantworten]


Löschdiskussion vom 13.09. zwecks Überarbeitung hierher kopiert[Quelltext bearbeiten]

ein Synonym, das sich zudem selbst erklärt, ist enzyklopädisch überflüssig. --Wst 13:38, 13. Sep 2005 (CEST)

der Autor schreibt ja selbst dass der Begriff kazum gebräuchlich ist. So what ?? --> löschen Andreas König 18:56, 13. Sep 2005 (CEST)
Poetologie ist ein Meta-Konzept, das steht dort auch, nämlich die Logik der Poetik. Lest ihr auch oder quakt ihr nur? behalten Siebenundzwanzig 01:51, 14. Sep 2005 (CEST)

Behalten, weil es eben kein selbst erklärendes Synonym ist. Poetologie ist die Wissenschaft der Poetiken und wird fälschlicherweise gelegentlich mit Poetik gleichgesetzt. Ich habe den ersten Absatz des Artikels abgeändert, für den weiteren Ausbau gehört ein Literaturwissenschaftler ran. Der LA sollte raus und statt dessen ein Stub rein. --ercas 02:48, 14. Sep 2005 (CEST)

Nach der Korrektur ist klar, dass es eben kein Synonym zu Poetik ist. Selbsterklärend finde ich den Begriff nicht, "Poetologie" könnte alles möglich sein. Somit entfällt der Löschgrund und der Artikel sollte behalten werden. Auch wenn da natürlich noch vieles fehlt. --jpp ?! 10:22, 14. Sep 2005 (CEST)

[...] Als Teil der Literaturwissenschaft ist Poetologie die Wissenschaft von den Poetiken, den Lehren der Dichtkunst in Lyrik und Prosa. Das Adjektiv ‘poetologisch’ bezieht sich also auf ‘Poetologie’ und auf ‘Poetik’, während ‘poetisch’ eher dichterische Kraft und Stimmung meint [...]

Aus: Jürgen Peper, Ästhetisierung als Aufklärung (Berlin 2002)

http://www.fu-berlin.de/jfki/research/Intpep.pdf

Wenn man allerdings von der Poetologie eines Werkes spricht, dann wird damit tatsächlich ein dem Text zugrundeliegendes ‚poetologisches’ Konzept bezeichnet. Man kann auch von der Poetologie eines Autors sprechen, welches dann Reihenübergreifend gemeint ist und ein allen Werken des Autors zugrundeliegendes Konzept bezeichnet.

Tatsächlich wird der Begriff, wenn auch hier als 'fälschlicherweise' tituliert, synonym mit dem Begriff Poetik verwendet. Die Poetik ist ja ein poetisches Konzept das einem Werk innewohnt und muß daher nicht der klassischen Dichtkunst um Sinne von sich reimenden Gedichten folgen.

Der Begriff ist nicht 'kaum gebräuchlich', das wurde nie gesagt. Er ist nur nicht in Standardlexika verzeichnet und daher kaum in ihnen anzutreffen.

Ich schlage daher vor den Artikel zu behalten und zur Bearbeitung zu stellen.

Gruß, SPostulka



Nachtrag: Das hier ist auch eine gute Erklärung. Trotzdem wird auch hier der Unterschied zwischen Poetik und Poetologie nicht ganz klar...wer den ganzen Text liest wird das auch bemerken.

"Poetik; Aufgaben und Möglichkeiten der Poetologie"

Wer in eine Gaststätte geht und ein Bier bestellt, erörtert vor sich selbst und dem Kellner im Allgemeinen nicht die diesen Handlungen zugrunde liegenden Normen und Werte. Soziologen könnten diese zweifelsohne rekonstruieren: Ob Grand Café oder Eckkneipe, ob Wein oder Bier, ob Weizenbier oder Pils, ob Jever oder Bitburger, all diese Alternativen geben Aufschlüsse über einen bestimmten Lebensstil und damit über Normen und Werte. In der Literatur ist das ähnlich. Die Gruppe der Texte, die ein bestimmter Kritiker positiv oder negativ rezensiert, das Werk eines Autors, die Lektürevorlieben eines Lesers, all dies weist Gemeinsamkeiten auf, die auf bestimmte mehr oder weniger explizite literarische Normen und Werte zurückgeführt werden können.

[...]

Die literarischen Vorstellungen, Normen und Werte von Autoren, Kritikern und Lesern erschöpfen sich dabei nicht im Individuellen, sondern weisen Muster auf, die von der Literaturwissenschaft herauspräpariert werden können. Das ist eine zentrale Aufgabe der Poetologie. [...]

(aus: Rainer Grübel / Ralf Grüttemeier / Helmut Lethen, Orientierung Literaturwissenschaft: Was sie kann, was sie will, Reinbek: Rowohlt, 2001, 100-109)

Aus: http://latina.phil2.uni-freiburg.de/hausmann/reiser/archiv/ss03/poetik.pdf

Gruß, SPostulka


  • Löschen, Zitat: In der Literatur spricht man daher auch von poetologischen Konzepten. Wer ist "man"? Dann könnte man auch einen Artikel über "Politokologie" anlegen, wie Hermann Heller die Politikwissenschaft nannte, bevor es sie gab... Bitte Redirect anlegen. --GS 18:26, 14. Sep 2005 (CEST)

"man" sind zum Beispiel Kultur- und LiteraturwissenschaftlerInnen. wir verwenden Poetologie dabei aber recht unterschiedlich: einerseits analog zu Morphologie als 'Lehre von den Poetiken' aber auch als Synonym für 'implizite Poetik' - ist meist kontextabhängig. -- vordichtung 11:46, 7. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

  • Ich habe im Fremdwörterbuch (von 1989) des Dudenverlages nachgeschaut. Dieses ist ja nicht so liberal (oder gar liberalistisch) wie die WP, sondern rudert auch mal dagegen, wenn der Volksmund zu dumm daherschwätzt. Poetologie steht da nicht drin. Das Wort hat aber eine gewisse Verbreitung. Google findet „Poetik“ 505.000 und „Poetologie“ immerhin 33.400 Mal. Aber Google findet auch das grundfalsche Wort „Lakonie“ massenhaft, sogar häufiger als das richtige „Lakonik“. Was nun? Artikel behalten, aber den Sachverhalt kritisch, im Zwiebelfisch-Stil, darlegen. --T.G. 00:58, 17. Sep 2005 (CEST)
  • Löschen Wikipedia ist eine Enzyklopädie für alles, auch für Sumpfblüten und Orchideen der Literaturwissenschaft, wenn sie denn liebevoll gepflegt sind. -- Andreas Werle 00:24, 18. Sep 2005 (CEST)
wegen des Arguments der Verbreitung vorerst behalten, aber mit überarbeiten-Baustein versehen... --Aristeides Ξ 10:41, 20. Sep 2005 (CEST)

In der Literaturwissenschaft ist der Terminus sehr gebräuchlich, ja beinahe schon Standard. Der Artikel sollte auf keinen Fall gelöscht, jedoch umbedingt überarbeitet werden. Benutzer: MK (nicht signierter Beitrag von 130.60.148.42 (Diskussion) 14:31, 25. Okt. 2011 (CEST)) [Beantworten]

Artikel behalten![Quelltext bearbeiten]

Ich habe im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft nachgesehen (Hg. Klaus Weimar, Ausgabe von 2003). Darin wurde zwar "Poetologie" nicht als eigenes Lemma angeführt. Unter Poetik konnte man aber nachlesen, das es im allgemeinen Sprachgebrauch als Synonym zu Poetik verwendet wird, wollen Literaturwissenschaftler aber genau sein, so bezeichnen sie mit "Poetologie" all jene Prinzipien, Grundsätze und Regeln, welche einem konkreten Text Poetizität verleihen. Wird ein Text poetologisch untersucht, so wird genau das herausgearbeitet. Ein Gedicht oder ein anderer literarischer Text kann auf einer Metaebene selbst poetologisch sein, wenn er sich unter diesen Gesichtspunkten selbst reflektiert.

Mit "Poetiken" dagegen werden speziell explizite Regelwerke bezeichnet, welche allgemeine Regeln für die Dichtkunst aufstellen, wie zum Beispiel Boileau, welcher in der "Art poétique" in Form eines Gedichtes Regeln der Dichtkunst für die französische Klassik aufstellt, oder die Poetik des Aristoteles.

Ich hoffe, die Info kann etwas zur Klärung des Sachverhaltes beitragen..;-).

Gruß, Laliari


Ich möchte Laliari beistimmen. Das entspricht etwa auch meinem intuitiven Verständnis: Poetik ist die auf Poesie bezogene Ästhetik, sprich Lehre/Theorie des literarischen Kunstwerks. Poetologie sind die Ansätze zu einer Poetik, die sich in einem poetischen/literarischen Text finden. Oder in den Worten eines Kollegen: Poetologie ist die Selbstreflexion eines Textes über die ihm eigenen Textverfahren. Die aktuelle Definition mag zwar nicht falsch sein,(angeblich kann sie tatsächlich so verwendet werden) sie entspricht aber wohl auch kaum der gängigen Verwendungspraxis. Eine ähnliche Definition findet sich etwa in folgenden Homepages: http://www.uni-due.de/lyriktheorie/beiwerk/projekt.html "Poetologische Gedichte sind keine Texte theoretisch-expositorischer Art. Gleichwohl können sie die Frage nach dem Wesen der Lyrik oder nach besonderen Aspekten ihrer Thematik wie auch ihres Machens zum Gegenstand haben (Hildebrand 2003) und ggf. sogar unter dem Titel "Art poétique" (Verlaine 1882) auftreten. Und in dieser Vielfalt ihrer möglichen Ausprägungen gibt es sie seit der Antike. Die Pindar-Ode des Horaz (IV, 2) ist ein berühmtes Beispiel; der Text bildete bis etwa 1800 für nicht wenige Autoren eine Instanz, wenn es um die Absicherung und Diskussion eines Ansatzes für die hohe Lyrik ging. Im Vergleich mit expositorischen Texten besteht der besondere Reiz poetologischer Gedichte darin, dass sie nicht nur auf der Ebene ihrer Aussagen, sondern meist auch auf der ihrer Machart das Thematisierte vorführen. Ganz besonders in der poetologischen Lyrik der Moderne, wenn die Reflexion der Sprache des Gedichts die seiner mimetischen Funktion verdrängt – Mallarmé ist hier das markanteste Beispiel – kann man diese doppelte Form der Reflexion beobachten." Oder eine sehr thetische Definition im Buch 'Poetologie und Décadence in der Lyrik Baudelaires, Verlaines, Trakls und Rilkes' von Ariane Wild. Vgl. S. 17ff.; u.a.: "solche Gedichte, die künstlerische Selbstreflexion beinhalten" Vgl. dazu auch das hilfreiche Buch von 'Poetologische Lyrik. Texte und Interpretationen'. von Olaf Hildebrand. (nicht signierter Beitrag von 130.60.148.42 (Diskussion) 14:31, 25. Okt. 2011 (CEST)) [Beantworten]