Divus

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Divus (lateinisch für „der Göttliche“ bzw. „göttlich“ im Gegensatz zu deus = „Gott“) ist ein Beiname der antiken römischen Kaiser und ihrer Angehörigen, der ihnen nach dem Tod verliehen werden konnte. Ausnahmsweise konnten auch Angehörige von Kaisern divinisiert werden, die zuvor nicht den Titel eines Augustus oder einer Augusta geführt hatten. So wurde zum Beispiel Egnatia Mariniana, die bereits vor dem Regierungsantritt ihres Mannes Valerian verstarb und deshalb den Titel einer Augusta nicht mehr führen konnte, nach seinem Regierungsantritt divinisiert.

Römische Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Basis der heute verlorenen Antoninus-Pius-Säule zeigt die Apotheose dieses Kaisers und seiner Gattin.

Im römischen Kaiserkult bedeutete eine Divinisierung, dass der Verstorbene in den antiken Götterhimmel aufgenommen wurde. Der hierfür erforderliche Senatsbeschluss wurde durch den öffentlichen Akt der Weihe (lat.: consecratio) im Staatsbegräbnis bekräftigt. Die Umschrift CONSECRATIO erscheint auch am häufigsten als Umschrift der Rückseiten der Konsekrationsmünzen.

Dieser Divinisierung lag der Glauben an die Himmelfahrt des Kaisers zugrunde. Hierbei fuhr der Kaiser entweder auf einem geflügelten Viergespann gen Himmel oder wurde durch den Herrn des Zeitalters in Gestalt eines geflügelten Götterjungen geleitet. Römische Münzen, die an eine consecratio erinnern, führen auf der Portraitseite den Beinamen „Divus“ (DIVVS) bzw. für die Kaiserinnen „Diva“. Auf den Rückseiten dieser Konsekrationsmünzen werden für den Divus häufig Adler oder vierstufige Scheiterhaufen abgebildet. Konsekrationsmünzen mit einer Diva zeigen auf der Rückseite auch andere Motive wie zum Beispiel einen Pfau. Sich um die Divinisierung eines verdienten verstorbenen Vorgängers zu kümmern, gehörte zur Pietas seines Nachfolgers und diente dabei auch seinem eigenen Ansehen. Als (Adoptiv-)Sohn eines Divus stärkte der Nachfolger seine Legitimation darüber hinaus nun auch durch den Hinweis auf eine göttliche Abstammung.

Pfau auf Rückseite Konsekrationsdenar Faustinas' II., Kampmann 38.88.3

Die auch Apotheose genannte Zeremonie fand erstmals bei Gaius Iulius Caesar statt, welcher zu Divus Iulius wurde. Sein Adoptivsohn Octavianus, der spätere Augustus, wurde bereits zu Lebzeiten als Divi filius (dt.: „Sohn des Vergöttlichten“) und nach seinem Tode als Divus Augustus verehrt. Jeder divus erhielt mindestens bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts ein eigenes Priesterkollegium, das für seinen Kult zuständig war.

Im Laufe der Zeit wurde es üblich, divus dem Namen jedes verstorbenen Kaisers beizufügen, der im Nachhinein als rechtmäßiger Herrscher anerkannt wurde. (Den übrigen drohte die damnatio memoriae.) Dieser Brauch blieb auch dann noch bestehen, als man aufgrund der Christianisierung des Imperiums im späteren 4. Jahrhundert damit aufhörte, verstorbene Kaiser formal zu divinisieren. Der letzte Augustus, für den nach seinem Tod die Bezeichnung als divus bezeugt ist, war der 518 verstorbene Anastasius.

Divinisierungen in der Republik und im frühen Prinzipat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liste der römischen Staatsgötter mit dem Jahr ihrer offiziellen Apotheose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Späte Republik und frühe Kaiserzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hohe Kaiserzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marcus Aurelius als Divus auf unter Commodus geprägtem Denar, Kampmann Nr. 37.263.6
Scheiterhaufen auf Konsekrationsmünze für Marcus Aurelius, Rückseite, Kampmann 37.263.6

Reichskrise des 3. Jahrhunderts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tetrarchie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konstantinische Dynastie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Divusprägung für Constantinus I., Portraitseite
Divusprägung für Constantinus I. VN MR
  • Divus Constantinus (337; Kultname in Fanum Fortunae: Divus Constantinus Pius), neben der Bezeichnung DIVO auf der Portraitseite weisen die Abkürzungen VN MR (= venerata memoria) auf der Rückseite einiger Gedenkprägungen auf das verehrte Andenken an den verstorbenen Kaiser hin
  • Divus Constans (350)
  • Divus Constantius (361)
  • Divus Iulianus (363)

Spätantike Dynastien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 46; Divus Caesar rekonstruiert in: Ittai Gradel, Emperor Worship and Roman Religion, Oxford 2002, S. 61–69
  2. Überquerung des Rubikon: Cicero, Att. 8.16.1
  3. Divinisierung als Caesar Epibaterios in Alexandria (Philo, leg. ad Gai. 22.151); Deus Invictus-Statue spätestens 45 (Cicero, Att. 12.45.3[2] & 13.28.3); Dio 43.45.3); Genius-Kult in Aesernia 45 oder 44: Dievus Iulius
  4. Januar/Februar 44: göttliche Ehrungen und Festlegung des Gottnamens Divus Iulius; nach den Iden des März 44: Proklamation als Gott durch Marcus Antonius, gefolgt von einem informellen und kurzlebigen Kult unter dem Pseudo-Marius Amatius; 44/43: Kult unter Oktavian und dem Zweiten Triumvirat; 42: senatorische Bestätigung als Staatskult durch consecratio; 40: Inauguration des Marcus Antonius als erster flamen Divi Iulii
  5. Nach Sueton ironisierte Vespasian die Divinisierung. Beim Auftreten seiner letztlich zum Tode führenden Krankheit soll er gesagt haben: „Vae ... puto deus fio!“ („Oh weh ... ich glaube ich werde ein Gott!“). Suet. Vesp. 23,4.
  6. S. Wood: Who was Diva Domitilla? Some Thoughts on the Public Images of the Flavian Women. In: American Journal of Archaeology. 114, 2010, S. 47–57.
  7. Dietmar Kienast: Diva Domitilla. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 76, 1989, S. 141–147 (uni-koeln.de [PDF; 164 kB; abgerufen am 17. Dezember 2022]).
  8. Letzter divinisierter Kaiser mit eigenem Tempel; Pertinax' Apotheose gilt lt. Gradel (2002) als Wendepunkt im Kaiserkult, und Divus Pertinax pater als der letzte traditionelle Divus; beginnend mit der verspäteten Apotheose von Commodus verlor der Kaiser als posthumer Divus immer mehr an Bedeutung, bis der Begriff divus zum Zeitpunkt der Christianisierung des römischen Reiches unter Konstantin und seinen Nachfolgern lediglich noch die Bedeutung "ehrwürdig" besaß und keine direkten, mit den früheren Divi vergleichbaren, staatskultischen Konsequenzen nach sich zog.