Edith Wharton

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Edith Wharton, 1915
Signatur Edith Whartons
Signatur Edith Whartons

Edith Wharton (* 24. Januar 1862 als Edith Newbold Jones in New York City; † 11. August 1937 in Saint-Brice-sous-Forêt, Frankreich) war eine amerikanische Schriftstellerin und Verfasserin sozialkritischer Romane. Sie war die erste Frau, die einen Pulitzer-Preis für Literatur erhielt (1921 für ihren Roman Zeit der Unschuld), und sie wurde dreimal für den Nobelpreis für Literatur nominiert.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sie wurde 1862 als Tochter von George Frederic Jones und Lucretia Stevens Rhinelander in New York City geboren. Sie hatte zwei ältere Brüder, Frederic Rhinelander Jones und Henry Edward Jones. Sie wurde in eine aristokratische Familie hineingeboren, deren Geschlecht seit 300 Jahren mit New York verbunden ist. Ihre Kindheit war geprägt durch perfektes Benehmen und gesellschaftliche Repräsentation. Sie wurde ausschließlich zu Hause mit Hilfe der väterlichen Bibliothek unterrichtet. In ihrem späteren Leben kämpfte sie gegen diese Art der Erziehung und den gesellschaftlichen Zwang.

Sie begann früh zu lesen, sich hineinzudenken, daraus Geschichten zu erfinden und diese ihrem aus Europa stammenden Kindermädchen vorzuspielen. Edith heiratete 1885 Edward Robbins „Teddy“ Wharton, einen zwölf Jahre älteren Bankier aus Boston. Gemeinsam bewohnten sie ein Haus in New York, später lebten sie auf Rhode Island und im als The Mount bekannt gewordenen Haus in Massachusetts.

Sie fand heraus, dass ihr Mann Geld für jüngere Frauen ausgab. Die Ehe zerbrach langsam. Geflüchtet nach Paris, begann sie 1908 eine Affaire mit dem für The Times schreibenden Journalisten William Morton Fullerton. Er war die große Liebe ihres Lebens, und durch ihn entwickelte sie sich zu einer sexuell befreiten Frau. Diese Beziehung hielt drei Jahre, danach lebte sie allein in Paris. Ihre eigene Geschichte weckte die Lust am Schreiben. Reale Personen finden sich in ihren Werken wieder. Sie wurde schnell bekannt und konnte als Autorin ihren Lebensunterhalt verdienen.

Whartons erstes Buch, The Decoration of Houses, erschien 1897 und war ein mit einem befreundeten Architekten veröffentlichtes Sachbuch. „Es wurde ein großer Erfolg und ein erstes Standardwerk der Innenarchitektur. [...] Was Wharton hier vertritt, ist im Grunde nichts anderes als das Prinzip Form follows Function, nur zwei Jahrzehnte später einer der wichtigsten Grundsätze des Bauhauses.“[1]

1913 wurde die kinderlose Ehe mit Edward Wharton geschieden. Sie heiratete nie wieder. Stattdessen reiste sie viel und half Flüchtlingen während des Ersten Weltkriegs. Sie schrieb für amerikanische Zeitungen Berichte über den Krieg. Sie reiste nur noch einmal nach in die Vereinigten Staaten, um 1920 den Pulitzer-Preis für Zeit der Unschuld entgegenzunehmen.

Das Castel St. Claire, ein Wohnsitz Edith Whartons

Viele Intellektuelle ihrer Zeit, unter anderem Theodore Roosevelt, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway, trafen sich in ihrem „Salon“ zum Gedankenaustausch. Sie pflegte eine innige platonische Freundschaft mit Henry James. Unter ihren Freunden waren Walter Van Rensselaer Berry und Bernard Berenson, mit denen sie 1913 durch Deutschland reiste. Wharton besaß zwei Häuser in Frankreich, eines im Norden von Paris, den Pavillon Colombe, und eines bei Hyères, das Castel St. Claire. Heute sind Schloss und der 6500 Quadratmeter große Park, in dem seltene südamerikanische und australische Pflanzenarten wachsen, Eigentum der Stadt Hyères und zu besichtigen.

Edith Wharton starb 1937 im Alter von 75 Jahren im französischen Saint-Brice-sous-Forêt infolge eines Schlaganfalls. Ihr Grab befindet sich auf dem Cimetière des Gonards in Versailles. Auf ihrem Grabstein ist zu lesen: „O Crux Ave Spes Unica“ – „Oh Kreuz, sei gegrüßt, du einzige Hoffnung“.

Literarische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Whartons zentrale Themen waren soziale Konflikte, unterdrückte Sexualität, veraltete gesellschaftliche Strukturen und der Stand der Neureichen. Sie war die erste Frau, die einen Pulitzer-Preis für Literatur gewann und wurde 1927, 1928 und 1930 für den Nobelpreis für Literatur nominiert.[2]

Ihre Werke wurden von ihrem Tod bis in die 1970er Jahre hinein als altmodisch angesehen. Durch ihre Biografie sowie Buchverfilmungen, wie beispielsweise Martin Scorseses filmische Adaption ihres Romans The Age of Innocence, die im deutschsprachigen Raum unter dem Titel Zeit der Unschuld (1993) gezeigt wurde, entstand neues Interesse an ihren Werken.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grab auf dem Cimetière des Gonards in Versailles.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Ogden Codman, Jr.: The Decoration of Houses. 1897; 1898 B. T. Batsford, London.
  • The Greater Inclination. (Geschichten) 1899.
  • The Touchstone. 1900; dt. Der Prüfstein. Novelle. Übers. Manfred Allié. Dörlemann Verlag, Zürich 2004, ISBN 3-908777-11-9.
  • The Valley of Decision. (Novelle) 1902.
  • Italian Backgrounds. 1905, dt. Italien: Reisebilder. Übers. Gerlinde Voelker. Insel Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-458-34431-4.
  • The House of Mirth. 1905; dt. Das Haus der Freude. Übers. Gerlinde Völker. Reclams Universalbibliothek, 8520, Stuttgart 1988, ISBN 3150085209 (als Hardcover ebd. ISBN 3150285208); auch als Haus Bellomont. Die verborgene Leidenschaft der Lily Bart, München 2001, ISBN 978-3-453-18873-0.
  • Madame de Treymes. 1907. Dt. Madame de Treymes. Übers. Jan Ziegler. epubli 2017 (Eigenverlag).
  • Afterward. 1910; dt. Hinterher Übers. Heiko Postma. JMB, Hannover 2015, ISBN 978-3-944342-62-7.
  • Ethan Frome. 1911; dt.: Die Schlittenfahrt. Übers. Victor Lange. Herbig Verlag 1948; auch als Der Unfall, Leipzig 1971.
  • The Reef, 1912; dt. Das Riff. Übers. Renate Orth-Guttmann. Manesse, Zürich 1997, ISBN 3-7175-1904-2.
  • The Custom of the Country. 1913; dt.: Die kühle Woge des Glücks. Übers. Karen Lauer. Pieper Verlag, München 1997, ISBN 3-492-03762-3.
  • Summer. 1917.
  • The Age of Innocence. 1920; dt. erstmals Amerikanische Romanze Übers. Richard Kraushaar. Herbig, Berlin 1939; Nachkriegs-Ausgaben: Im Himmel weint man nicht Übers. Lotte Katscher & Herbert Brunar. Rohrer, Wien 1951 (sowie Buchclubs); weitere häufige Aufl. ab 1986 udT: Zeit der Unschuld; Übers. Kraushaar (wie 1939) & Benjamin Schwarz.[4]
  • The Glimpses of the Moon. 1922; dt. Der flüchtige Schimmer des Mondes.
  • Twilight sleep. 1927; dt. Dämmerschlaf. Manesse, Zürich 2013, ISBN 978-3-7175-2172-3.
  • Hudson River Bracketed. 1929; dt. Ein altes Haus am Hudson River. Übers. Andrea Ott. Manesse, Zürich 2011, ISBN 978-3-7175-2230-0.
  • The Gods arrive. 1932, Fortsetzung von "Hudson River Bracketed".
  • A Backward Glance. (Memoiren), 1934.
  • Ghosts. 1937. Gespenstergeschichten. Dt. von Andreas Vollstädt, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-35776-6.
  • The Buccaneers. 1938. (blieb seitens Wharton unvollendet, von Marion Manwaring 1993 zu Ende geschrieben).

Verfilmungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Shari Benstock: Ich gehe meinen Weg. Das Leben der Edith Wharton. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Sabine Schwenk und Kristine Rohrbach. Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-42974-9 (Reihe „Frauenleben“; Originaltitel: No gifts from chance).
  • Susan Goodman: Wharton’s Women. Friends & Rivals. UP of New England, Lebanon/New Hampshire 1999, ISBN 0-87451-524-6.
  • Hermione Lee: Edith Wharton. Alfred A. Knopf, New York 2007, ISBN 978-0-375-40004-9. (englisch)
  • Sheila Liming: What a library means to a woman. Edith Wharton and the will to collect books. University of Minnesota Press, Minneapolis 2020, ISBN 978-1-5179-0704-4.
  • Vivian Russell: Literarische Reise durch die Gärten Italiens. Auf den Spuren Edith Whartons. Knesebeck Verlag, München 1999, ISBN 3-89660-040-0.
  • Richard Warrington Baldwin Lewis: Edith Wharton. A Biography. Harper, New York 1975, ISBN 0-06-012603-5.
  • Susanne Weyand: Literarischer Kulturtransfer – Deutschland/USA – durch Frauen um 1900 am Beispiel von Edith Wharton, Emma Lazarus und Amalie von Ende. Logos, Berlin 2004, ISBN 3-8325-0626-8 (Dissertation; Digitalisat im Internet Archive).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Edith Wharton – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anna-Lena Niemann: Wohnen, wie es im Buche steht, in: F.A.S. Nr. 41, 15. Oktober 2017, S. 53.
  2. Nomination%20archive. 1. April 2020, abgerufen am 31. Juli 2022 (amerikanisches Englisch).
  3. Members: Edith Wharton. American Academy of Arts and Letters, abgerufen am 3. Mai 2019.
  4. Nachkriegs-Auflagen beruhen auf einer Veränderung des Originals, die E. W.s Patensohn und späterer Nachlassverwalter William (Royall) Tyler 1948 vorgenommen hat. Engl. Ursprungsfassung siehe Weblinks. - Auszüge in Engl. für den Schulgebrauch: Cornelsen 2005, ISBN 3-464-24415-6, Neubearb. ISBN 3-06-800946-4.- Siehe auch: Verfilmungen