Edward Millard

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Edward Millard

Edward Millard (* 21. November 1822 in Bath, England; † 13. Juni 1906 in Wesel) war ein englischer baptistischer Geistlicher, Direktor des Zweigbüros der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft und Pionier der österreichischen baptistischen Bewegung.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gebürtige Engländer Edward Millard wuchs in den Niederlanden auf, absolvierte dort ab 1839 ein Pädagogikstudium und wirkte danach als Lehrer und Erzieher bis 1845. Im Jahr 1846 kam er nach Elberfeld und lernte dort ein erweckliches Christentum kennen, unter dessen Einfluss er eine persönliche Glaubensentscheidung traf.[1] Schon ein Jahr später trat er in den Dienst der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft, die ihn zunächst zum Direktor ihres Kölner Zweigbüros berief. In gleicher Position arbeitete er kurze Zeit später in Berlin und ab 1850 in Wien.[2]

Seitens der österreichischen Behörden hatte Millard anfangs die Erlaubnis erhalten, Bibeln und religiöse Schriften zu verbreiten. Nach 18 Monaten meldete er dem Hauptsitz der Bibelgesellschaft in London die Verbreitung von 36.000 Exemplaren biblischer Schriften sowie den Druck von weiteren 25.000 Exemplaren.[2] Millard öffnete sein Haus für die gottesdienstlichen Versammlungen eines kleinen Baptistenkreises, zu dem er sich gleich nach seiner Ankunft in Wien hielt. Während eines Gottesdienstes im Jahr 1851 wurde auf Anordnung der Behörden Millards Haus polizeilich durchsucht. Die gefundenen Bibeln und religiösen Schriften wurden beschlagnahmt und anschließend vernichtet. Während man die anwesenden Gottesdienstbesucher unter Arrest stellte, wurden Edward Millard und seine Familie des Landes verwiesen. Zwar versuchte die britische Regierung, gegen diesen Ausweisungsbeschluss auf diplomatischem Wege zu intervenieren, jedoch ohne Erfolg. Die verbliebenen, andernorts untergebrachten Bibelbestände wurde angesichts der drohenden Vernichtung nach Breslau (Schlesien) gebracht.

Bibeldepot der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft in Wien

Erst 1861 konnte Edward Millard einen neuen Einreiseantrag stellen. In diesem Jahr war in Österreich das sogenannte Protestantenpatent erlassen worden, das der evangelischen Bevölkerung eine einigermaßen freie Religionsausübung gestattete. Da die Baptisten von diesen Freiheiten ausgeschlossen waren, setzte sich Millard mit der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Österreichs in Verbindung. 1864 gelang es Millard mit Hilfe der Evangelischen Kirche, ein neues Bibeldepot gegenüber der Wiener Staatsoper einzurichten. Innerhalb weniger Jahre nahm die von Millard begonnene Arbeit einen starken Aufschwung. In allen Teilen der Habsburgischen Monarchie entstanden – trotz massiven Widerstandes der römisch-katholischen Kirche – Dependancen der Bibelgesellschaft, die für Druck und Verbreitung der Bibeln sorgten und Bibeln sowie Schriften in die 13 Hauptsprachen der Donaumonarchie übersetzten.

Auch bekam die kleine Wiener Baptistengemeinschaft durch die Rückkehr Millards neue Impulse. Unter seiner Federführung konstituierten sich die Baptisten in Wien am 20. Dezember 1869 zu einer Gemeinde, kurz nachdem Johann Gerhard Oncken auf der Rückreise von Südrussland und Südosteuropa in Wien Station gemacht und die Wiener Baptisten kennengelernt hatte. Ihre gottesdienstlichen Versammlungen fanden wieder in der Wohnung des Ehepaars Millard statt.

Nach seiner Pensionierung als Direktor des österreichischen Zweigbüros der Bibelgesellschaft (1887) ging Millard nach Wiesbaden und übernahm die pastorale Betreuung der dortigen Baptistengemeinde (von 1891 bis 1896). Danach zog er nach Wesel um und begleitete von dort aus bis zu seinem Tod im Jahre 1906 den Aufbau der Baptistengemeinden in Duisburg und Oberhausen. Neben diesen Tätigkeiten nahm Millard auch Aufgaben im Bund der deutschen Baptisten wahr.[3]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edward Millard war mit der Niederländerin Diederike Johanna Hoen (1823–1893) verheiratet. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor:[4] Henry Edward (1847–1902), Adrian Joseph († 1850), Edward Nathanael Benjafield (1851–1896), Albert (1853–?), Jane Sarah (1854–1939), Helene Anna (1856–1918) und Jakob (1860–1938).[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Im Archiv der British and Foreign Bible Society finden sich 570 Briefe von Edward Millard.[6]
  • K(arl) Uhl: Millard Edward. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1975, ISBN 3-7001-0128-7, S. 299.
  • Franz Graf-Stuhlhofer: „Erinnerungsblätter von der Baptisten-Gemeinde in Wien“ für Edward Millard. Eine Quelle für die Anfangsjahrzehnte der Baptisten Österreichs (seit 1869). In: Johann Hirnsperger, Christian Wessely (Hrsg.): Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich: Elaia Christengemeinden (ECG) und Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ). Mit Beiträgen aus anderen Religionsgemeinschaften (= Theologie im kulturellen Dialog; 7c). Tyrolia, Innsbruck 2014, S. 115–142.
  • Hartmut Weyel: Zukunft braucht Herkunft. Geschichte und Theologie der Freien evangelischen Gemeinden. Band II. Bundesverlag: Witten 2010, S. 117–119
  • Johannes Fleischer: Vom Brand in Hamburg bis zu Edward Millard: 1842–87 [ursprünglich 1938 geschrieben], in: Franz Graf-Stuhlhofer (Hrsg.): Frisches Wasser auf dürres Land. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich, Oncken: Kassel 2005, S. 14–24, ISBN 3-87939-203-X.
  • Friedrich Heyer: Die Orientalische Frage im kirchlichen Lebenskreis: Das Einwirken der Kirchen des Auslands auf die Emanzipation der orthodoxen Nationen Südosteuropas 1804–1912. Band 19 in der Reihe Schriften zur Geistesgeschichte des östlichen Europas. Verlag Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1991, ISBN 3-447-03082-8, S. 18–25.
  • Nicholas Railton: No North Sea: The Anglo-German Evangelical Network in the Middle of the Nineteenth Century. Band 24 in der Reihe Studies in Christian Mission. Verlag Brill: Leiden, Boston, Köln 1999. ISBN 90-04-11573-0. S. 162f
  • Joseph Lehmann: Geschichte der deutschen Baptisten, Bd. II, Cassel 1922 (Zweite, völlig neu bearbeitete Ausgabe von F.W. Herrmann, Prediger in Königsberg i. Pr.), Kurzbiographie S. 295.
  • R.S. Ashton: Austrian ideas of religious liberty. A statement of facts. Dedicated to the Council of the Evangelical Alliance, Manchester 1882.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joseph Lehmann: Geschichte der deutschen Baptisten. Zweiter Teil von 1848 bis 1870. Zweite von Prediger F. W. Herrmann völlig neu bearbeitete Ausgabe. Verlag von J. G. Oncken Nachf.: Cassel 1922. S. 295 (Kurzbiographie Edward Millard)
  2. a b Homepage der österreichischen Bibelgesellschaft / Geschichte (Memento vom 12. Januar 2010 im Internet Archive); abgerufen am 12. Dezember 2009
  3. vgl. Bund der deutschen Baptistengemeinden: Zeitschrift Der Wahrheitszeuge, Cassel 1906, Nr. 25, 31, 34.
  4. Historisches Lexikon des BEFG / Roland Fleischer: Edward Millard; eingesehen am 25. Mai 2020
  5. Siehe dazu: Hartmut Weyel: Zukunft braucht Herkunft. Geschichte und Theologie der Freien evangelischen Gemeinden. Band II. Bundesverlag: Witten 2010, S. 117–119
  6. Suche nach „Millard“. In: JANUS. Abgerufen am 20. Mai 2020 (englisch).