Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger

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Film
Titel Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger
Originaltitel Indagine su un cittadino al di sopra di ogni sospetto
Produktionsland Italien
Originalsprache Italienisch
Erscheinungsjahr 1970
Länge 115 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Elio Petri
Drehbuch Elio Petri
Ugo Pirro
Produktion Marina Cicogna
Daniele Senatore
Musik Ennio Morricone
Kamera Luigi Kuveiller
Schnitt Ruggero Mastroianni
Besetzung

Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger (Original: Indagine su un cittadino al di sopra di ogni sospetto) ist ein in Italien gedrehter satirischer Kriminalfilm von Elio Petri aus dem Jahre 1970.

Ein Inspektor des Morddezernats tötet seine Geliebte und legt auf sich selbst als Täter weisende Spuren aus, die aber wegen seiner beruflichen Immunität von den Ermittlern ignoriert werden.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Inspektor des Morddezernats, Dottore genannt, der vom Dezernatsleiter zum Chef des politischen Büros befördert wird, tötet seine Geliebte Augusta. Beide gaben sich vorher sado-masochistisch-ähnlichen Spielen hin, wobei sie ein Mordopfer spielte, das er fotografierte. Dottore legt Spuren, die auf ihn selbst als Täter hindeuten, und ruft anonym die Polizei. Beim Verlassen des Hauses wird er von einem anderen Bewohner (Antonio Pace) gesehen. Die Polizei findet zahlreiche Fingerabdrücke, Fußabdrücke und drappierte Fasern einer blauen Seidenkrawatte.

Der Inspektor, der eine rechte Gesinnung erkennen lässt und für eine große Polizeimacht eintritt, liefert weitere Hinweise, die auf ihn als Täter deuten. Er deutet gegenüber seinem Vorgesetzten an, dass er das Opfer gekannt hat, worauf ihm dieser bedeutet, dass wohl der Ehemann als Täter anzunehmen sei. Als die Polizisten, die den Fall bearbeiten, diesen vernehmen, mischt sich Dottore ein und vermeldet die Unschuld des Ehemanns.

Ein Beamter findet heraus, dass die blaue Krawatte auf Dottore hindeutet, bekommt sie von der Haushälterin jedoch nicht ausgehändigt. Dottore bittet einen älteren Installateur, weitere Krawatten zu kaufen, gesteht ihm gegenüber seine Tat und ermahnt ihn, auf dem Polizeirevier eine Aussage zu machen. Als dieser auf der Wache befragt wird, zieht er jedoch seine Aussage nach dem Anblick des Dottores zurück.

In Rückblenden erfährt man, dass das Mordopfer Augusta noch einen weiteren Liebhaber, den Studenten Antonio Pace, hatte. Teilweise stachelte sie Dottore mitunter ob seiner Macht an, teilweise bezeichnete sie ihn als Kind.

Nachdem mehrere Bomben gelegt wurden, nimmt die Polizei etliche Linksradikale fest, darunter auch Antonio Pace. Dieser sagt ihm auf den Kopf zu, dass er ihn für den Mörder von Augusta hält. Daraufhin bittet Dottore darum, dass Antonio ihn anzeigen solle, was dieser ablehnt.

Dottore schreibt sogar ein Geständnis nieder und übergibt es, um seinen Kollegen ihre Unfähigkeit vorzuführen, und geht nach Hause, wo er sich für ein Verhör bereithält.

Beim Finale wird Dottore zu Hause von einigen Kollegen und Wegkameraden geweckt. Sie geben ihm Salz zu essen. Er gesteht ihnen frei heraus, dass er Augusta getötet hat. Doch seine Kollegen fragen ihn nach Beweisen und sagen, dass Pace ein Alibi hätte, die Fuß- und Fingerabdrücke kein Beweis seien, die Krawatte nicht vorliegt, der Installateur ihn nicht erkannt habe. Dottore sagt zum Motiv, dass sich Augusta über ihn und die Institution lustig gemacht hätte und er infantiler geworden sei. Als er seine Fotos von Augusta hervorholt, zerreißen sie seine Kollegen. Sie schlagen schließlich auf ihn ein, bis er seine Unschuld bekennt und ein leeres Blatt Papier unterschreibt.

Anschließend liegt Dottore nochmal in seinem Bett, die vorherige Konfrontation mit seinen Kollegen war offenbar ein Traum. Seine Kollegen und Weggefährten kommen in die Wohnung und er lässt die Jalousie herunter.

An dieser Stelle endet der Film mit einem Zitat von Kafka: „Wie er uns auch erscheinen mag, ist er doch ein Diener des Gesetzes, also zum Gesetz gehörig, also dem menschlichen Urteil entrückt.“

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger wurde am 9. Februar 1970 in Italien uraufgeführt.[1] In der BRD startete der Film am 13. November 1970 in den Kinos, in der DDR am 14. März 1973.[2]

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kritikerurteil in den USA zum Filmstart im Dezember 1970[1] fiel überwiegend positiv aus. Vincent Canby von der New York Times meinte, der Film sei als „politische Parabel umwerfend“.[3] Roger Ebert von der Chicago Sun-Times lobte Elio Petris „intelligente Mischung aus Psychologie und Spannung“.[4]

Kenneth Turan von der Los Angeles Times schrieb 2003 rückblickend: „Ein provokativer Polit-Thriller, der heute immer noch so verstört wie bei seiner Aufführung 1970.“[5] Dave Kehr vom Chicago Reader hingegen war zwiegespalten. Zwar gebe Gian Maria Volonté eine „eindrucksvolle Leistung“ ab, doch sei der Film zu grob und rau.[6]

Das britische Magazin Time Out fand Florinda Bolkans „heitere erotische Präsenz“ und Ennio Morricones „flotte Musik“ erfreulich, ansonsten sei der Film eine „zermürbende Moralpredigt“.[7]

Das Lexikon des internationalen Films urteilte: „Ein aggressiver gesellschaftskritischer Film über Mißbrauch und Korrumpierung der Macht. Brillant inszeniert und eindringlich gespielt.“[2] Die Zeitschrift Cinema lobte den Film als „eine knallharte Attacke auf korrumpierbare Beamte und die Obrigkeitshörigkeit der kleinen Leute“ und zog das Fazit: „Ein Meisterwerk des zynischen Politthrillers.“[8] Voll des Lobes zeigt sich auch der Evangelische Film-Beobachter: „Extreme Psycho- und Polit-Kasuistik, aber gleichzeitig gescheites und entlarvendes Lehrstück.“[9]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger erhielt 1970 den Großen Preis der Jury bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. 1971 gewann er den Oscar als bester fremdsprachiger Film. Das Drehbuch wurde zusätzlich ein Jahr später für den Oscar als bestes Originaldrehbuch nominiert.

Darüber hinaus erhielt der Film einen Laurel Award als bester fremdsprachiger Film, den vom Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani verliehenen Nastro d’Argento in drei Kategorien (bester Darsteller, beste Regie, bestes Originaldrehbuch), den Edgar Allan Poe Award für den besten Spielfilm, zwei „Davids“ für die Produzenten Senatore und Cicogna und für den Hauptdarsteller Volonté im Rahmen der Verleihung der David di Donatello Awards, den KCFCC Award des Kansas City Film Critics Circle und den FIPRESCI-Preis. Zudem war er für den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film nominiert.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger in der Internet Movie Database.
  2. a b Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 15. August 2021.
  3. Rezension in der New York Times vom 21. Dezember 1970, abgerufen am 8. März 2012.
  4. Rezension in der Chicago Sun-Times vom 8. März 1971, abgerufen am 8. März 2012.
  5. Investigations of A Citizen Above Suspicion. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 26. September 2003 (englisch).
  6. Rezension im Chicago Reader, abgerufen am 8. März 2012.
  7. Rezension@1@2Vorlage:Toter Link/www.timeout.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf Timeout.com, abgerufen am 8. März 2012.
  8. Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger. In: cinema. Abgerufen am 15. August 2021.
  9. Evangelischer Presseverband München, Kritik Nr. 488/1970.