Ethylendinitramin

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Strukturformel
Struktur von Ethylendinitramin
Allgemeines
Name Ethylendinitramin
Andere Namen
  • N,N′-Dinitroethylendiamin
  • Haleite
  • EDNA
  • 1,4-Dinitro-1,4-diazabutan
Summenformel C2H6N4O4
Kurzbeschreibung

farblose Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 505-71-5
EG-Nummer 208-018-2
ECHA-InfoCard 100.007.290
PubChem 10462
Wikidata Q4532975
Eigenschaften
Molare Masse 150,09 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,71 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

177 °C[1][2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201​‐​302
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ethylendinitramin ist eine organische Verbindung, die der Stoffgruppe der Nitramine zugeordnet werden kann. Wie auch andere Stoffe dieser Gruppe besitzt es explosionsgefährliche Eigenschaften und wird als Sprengstoff verwendet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung wurde erstmals im Jahre 1887 von A.P.N. Franchimont und E.A. Klobbie beschrieben. Der Einsatz als militärische Sprengstoff erfolgte ab 1935.[2]

Darstellung und Gewinnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Synthese geht im ersten Schritt von Harnstoff 1 und Ethylencarbonat 2 aus, aus welchen unter Druck Ethylenharnstoff gebildet wird. Dieser wird anschließend mit Mischsäure nitriert. Der resultierende Dinitroethylenharnstoff ergibt dann unter Abspaltung von Kohlendioxid das Endprodukt Ethylendinitramin 3.[1]

Ethylendinitramin Reaktionsschemata
Ethylendinitramin Reaktionsschemata

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ethylendinitramin bildet orthorhombische, farblose Kristalle.[2] Es ist nicht hygroskopisch. Die Verbindung schmilzt bei 177 °C mit einer Schmelzenthalpie von 29,5 kJ·mol−1.[4] Als zweibasige Säure bildet es die entsprechenden Salze.[1] Die Säurekonstanten betragen pKa1 5,31 und pKa2 6,64.[5][6] Die Blei- und Silbersalze sind schlagempfindlich.[7] Die Verbindung ist durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen besonders explosionsgefährlich[7] und fällt im Umgang unter das Sprengstoffgesetz. Wichtige Explosionskenngrößen sind:

Tabelle mit wichtigen explosionsrelevanten Eigenschaften:
Sauerstoffbilanz −32 %[1]
Stickstoffgehalt 37,33 %[1]
Normalgasvolumen 1047 l·kg−1[1]
Explosionswärme 4699 kJ·kg−1 (H2O (l))
4281 kJ·kg−1 (H2O (g))[1]
Spezifische Energie 1260 kJ·kg−1 (128,5 mt·kg−1)[1]
Bleiblockausbauchung 41,0 cm3·g−1[1]
Detonationsgeschwindigkeit 7570 m·s−1[1]
Verpuffungspunkt 180 °C[1]
Schlagempfindlichkeit 8 Nm[1]

Die Kinetik der thermischen Zersetzung wurde im Temperaturbereich von 184 °C und 254 °C für die Schmelze untersucht.[8] Der Zersetzungsverlauf kann mit einem Zeitgesetz erster Ordnung beschrieben werden. Die Aktivierungsenergie beträgt 127,7 kJ·mol−1, der Arrheniusfaktor 6,31·1012 s−1. Die Halbwertszeiten betragen bei 184 °C 43 s und bei 254 °C 0,5 s.[8] Die Zersetzung verläuft im Feststoff wesentlich langsamer.[8] Aus der Analyse der Zersetzungsgase wurde ein Zersetzungsverlauf nach

postuliert, wobei auch Nebenreaktionen mit der Bildung von NO und N2 ablaufen.[8]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung kann in gepressten Ladungen verwendet werden.[2] In Kombination mit Trinitrotoluol können gießbare, Ednatol genannte Gemische erhalten werden.[2][1]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r J. Köhler, R. Meyer, A. Homburg: Explosivstoffe, zehnte, vollständig überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008, S. 122, ISBN 978-3-527-32009-7.
  2. a b c d e Eintrag zu Ethylendinitramin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Juli 2015.
  3. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von N,N'-dinitroethylenediamine Vorlage:Linktext-Check/Apostroph im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 19. Juli 2019.
  4. Oyumi, Y.; Brill, T.B.: Thermal decomposition of energetic materials. 23. Thermochemical differentiation of cyclic and acyclic nitramines by their phase transitions in Thermochim. Acta 116 (1987) 125–130, doi:10.1016/0040-6031(87)88171-6.
  5. Ivshin, V.P.; Ivshina, T.N.; Smirnova, L.G.; Ponomareva, M.G.: in Zh. Org. Khim. 20 (1984) 7–13.
  6. Aakeröy, C.B.; Wijethunga,T.K.; Desper; J.: Crystal Engineering of Energetic Materials: Co-crystals of Ethylenedinitramine (EDNA) with Modified Performance and Improved Chemical Stability in Chem. Eur. J. 21 (2015) 11029–11037, doi:10.1002/chem.201501721.
  7. a b Roth, L.; Weller, U.: Gefährliche Chemische Reaktionen, 65. Ergänzungslieferung, ecomed-Verlag 2011.
  8. a b c d Robertson, A.J.B.: The thermal decomposition of explosives. Part I. Ethylenedinitramine and tetryl in Trans. Faraday Soc. 44 (1948) 677–682, doi:10.1039/TF9484400677.