Filmanalyse

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Die Filmanalyse ist die wissenschaftliche Untersuchung eines Filmes oder einer Filmgruppe mit Hilfe von festgelegten Werkzeugen und Methoden. Die Filmanalyse wird auch auf andere audiovisuelle Medien wie etwa das Fernsehen (Fernsehanalyse) angewandt und ist eine Methode der Filmwissenschaft.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Filmanalyse ist kein überdisziplinär gleich definierter Begriff oder Methode. Die unterschiedlichen Fragestellungen der Wissenschaftsbereiche entwickelten unterschiedliche Werkzeuge und Methoden der Filmanalyse. Ihnen gemein ist eine wissenschaftliche Herangehensweise an das Medium Film, indem der Untersuchungsgegenstand zunächst aufgelöst und in seinen Bestandteilen betrachtet, darauf strukturiert, untersucht und ausgewertet wird. Erst diese intensive, systematische Auseinandersetzung mit Film lässt eine nachvollziehbare Analyse und Interpretation zu. Die endgültige Analyse belässt es jedoch nicht bei einer separaten Betrachtung von Bild, gesprochenem Text, Montage etc., sondern muss dem Filmganzen gerecht werden, das diese unterschiedlichen Ebenen zusammenführt.

Die verschiedenen Arten von Filmanalyse verbindet die Benutzung von etablierten Werkzeugen wie z. B. das Einstellungsprotokoll zur Untersuchung von Aspekten der filmischen Feinstruktur.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbreitung und immer größere Gewichtung des Films im Alltag des frühen 20. Jahrhunderts brachte eine Auseinandersetzung mit Film in wissenschaftlichen Arbeiten mit sich. Die Sammlung von wissenschaftlichen Theorien und praktischer Auseinandersetzung zum Film als interdisziplinäre Filmtheorie bildet den Grundstein der Filmanalyse durch Schaffung von Begrifflichkeiten, interpretatorischer Ansätze und in der Vorarbeit durch Untersuchung verschiedener Aspekte des Films.([1], S. 26)

Ab den 1960er Jahren entwickeln sich verschiedene Ansätze der Filmanalyse, die in ihren Methodiken und ihren Fragestellungen stark von den einzelnen Disziplinen geprägt sind. Frühe Formen der Filmanalyse in Deutschland werden von der Literaturwissenschaft (Inhaltsanalyse) und den Sozialwissenschaften (Untersuchungsmethoden und Fragestellungen) geprägt. Ein interdisziplinärer Diskurs entsteht in den 1970er Jahren, an dem sich neben den bereits genannten auch weitere Wissenschaften beteiligen.[2] Das große Spektrum der Ansätze beschreibt Michael Schaaf 1980, indem er zwölf Typen der Filmanalyse vorstellt (soziologische, strukturalistische, filmhistorische, filmografische, morphologische, marxistische, genetische, psychologische und statistische Analyse, Aussagenanalyse, Bedeutungsanalyse und Inhaltsanalyse).[3]

Neben der Filmanalyse haben sich die Filmkritik als journalistische und zumeist oberflächliche, weil auf Handlung, Schauspieler und Showwerte reduzierte und unter Zeitdruck entstandene, Auseinandersetzung und die Filminterpretation entwickelt, die vor allem durch Literatur- und Kunstwissenschaften geprägt wurde.([1], S. 26)

Methoden der Filmanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Transkription mit Untersuchung der …
  • Montage-, Farb- und andere filmische Strategien
  • Untersuchung der Wirkungsdimensionen
    • Filmrealität (Was passiert im Film?)
    • Bedingungsrealität (Wie/Wo/Warum/Durch wen ist der Film entstanden? )
    • Bezugsrealität (Auf welche realen Hintergründe bezieht sich der Film? Wie stellt er dies dar?)
    • Wirkungsrealität (Wie wird/wurde der Film vom Publikum aufgenommen?)

Arten der Filmanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Empirisch-sozialwissenschaftliche Filmanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der auf soziologische Methodik ausgerichtete Ansatz nach Gerd Albrecht ist vor allem bemüht die flüchtigen Eindrücke eines Filmerlebnisses durch quantitative Daten zu überprüfen. So werden die durch Transkription ermittelten Daten durch statistische Methoden aufgearbeitet und dienen zur Überprüfung vorangegangener Fragestellungen und Hypothesen. Ziel ist eine objektiv überprüfbare Analyse und die Erweiterung der Erkenntnisse über Methoden und Wirkung der Filmkunst.([1], S. 31 f)

Systematische Filmanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine interdisziplinäre Herangehensweise der Filmanalyse stellt die systematische Filmanalyse[4] dar. Sie setzt zunächst die Transkription als absolut notwendiges Analysegerüst voraus. Darüber hinaus wird eine der Fragestellung entsprechende Auseinandersetzung mit vier die Rezeption beeinflussenden Analysedimensionen (Filmrealität, Bedingungsrealität, Bezugsrealität und Wirkungsrealität) verlangt. Diese Sammlung quantitativer und qualitativer Daten und die Zitierfähigkeit und strukturelle Untersuchung filmischer Inhalte bilden die Grundlage für die nachfolgende Analyse.

Psychoanalytische Filminterpretation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ebenfalls interdisziplinär und ausgehend von der individuellen Zuschauererfahrung untersucht die Filmpsychoanalyse[5] einzelne Werke oder ganze Genres hinsichtlich ihrer unbewussten Filmwirkung. Sie geht von der systematischen Sicherung der Sichtungserfahrung sowie ihrer Bearbeitung in Gruppenprozessen[6] und in Publikumsdiskussionen aus. In einem zweiten Schritt wird der Film detailliert auf die Momente hin untersucht, welche die beobachteten Sichtungserfahrungen auslösen; dabei werden sowohl die rekursive Werkbetrachtung als auch die systematische Einbeziehung von Befunden der Filmwissenschaft genutzt. Ziel ist es, die Wirkung des Werks auf das Unbewusste der Zuschauer aufzuzeigen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse. 3., überarb. Aufl. G. Narr-Verlag, Tübingen 2001.
  2. Werner Faulstich: Kleine Geschichte der ‚Filmanalyse’ in Deutschland. In: Helmut Korte, Werner Faulstich: Filmanalyse interdisziplinär: Beiträge zu einem Symposium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. 1988, S. 9–19.
  3. Michael Schaaf: Theorie und Praxis der Filmanalyse. In: Alphons Silbermann, Michael Schaaf, Gerhard Adam: Filmanalyse: Grundlagen, Methoden, Didaktik. 1980, S. 35–123.
  4. Helmut Korte: Einführung in die Systematische Filmanalyse. 3., überarb. u. erw. Auflage. ESB, Tübingen 2003, ISBN 3-503-07921-1.
  5. Andreas Hamburger: Filmpsychoanalyse. Das Unbewusste im Kino und das Kino im Unbewussten. Psychosozial, Gießen 2018, ISBN 978-3-8379-2673-6, S. 403.
  6. Andreas Hamburger & Katharina Leube-Sonnleitner: Wie im Kino. Zur Filmanalyse in der Gruppe. Methodologie der Psychoanalytischen Filminterpretation anhand von Lars von Triers „Melancholia“. In: Ralf Zwiebel & Dirk Blothner (Hrsg.): Melancholia – Wege zur psychoanalytischen Interpretation des Films. Vandenhoeck & Ruprecht., Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-46125-9, S. 72–109.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Beicken: Wie interpretiert man einen Film? Für die Sekundarstufe II. (Reclams Universal-Bibliothek 15227 Literaturwissen für Schüler). Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-015227-5.
  • Benjamin Beil, Jürgen Kühnel, Christian Neuhaus: Studienhandbuch Filmanalyse. UTB-Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8252-8499-2.
  • Alice Bienk: Filmsprache. Einführung in die interaktive Filmanalyse. 2. verbesserte Auflage. Schüren, Marburg 2008, ISBN 978-3-89472-537-2.
  • Werner Faulstich: Einführung in die Filmanalyse. (Literaturwissenschaft im Grundstudium 1). 4. unveränderte Auflage. Narr, Tübingen 1994, ISBN 3-87808-921-X.
  • Malte Hagener, Volker Pantenburg (Hrsg.): Handbuch Filmanalyse, Springer VS, Wiesbaden 2021
  • Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse. 4. aktualisierte & erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart u. a. 2007, ISBN 978-3-476-02186-1.
  • Werner Kamp, Michael Braun: Filmperspektiven. Filmanalyse für Schule und Studium. Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2011, ISBN 978-3-531-16503-5.
  • Oliver Keutzer, Sebastian Lauritz, Claudia Mehlinger, Peter Moormann: Filmanalyse, Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3658020996.
  • Helmut Korte: Einführung in die Systematische Filmanalyse. Ein Arbeitsbuch. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Erich Schmidt, Berlin 2004, ISBN 3-503-07921-1.
  • Jürgen Kühnel: Einführung in die Filmanalyse. Teil 1: Die Zeichen des Films. (Reihe Medienwissenschaften 4). Universitäts-Verlag, Siegen 2004 u. ö., ISBN 3-936533-13-X.
  • Tobias Kurwinkel, Philipp Schmerheim: Kinder- und Jugendfilmanalyse. (= UTB 3885). UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz und München 2013, ISBN 978-3-8252-3885-8.
  • Lothar Mikos: Film- und Fernsehanalyse. 2. überarbeitete Auflage. UVK, Konstanz 2008, ISBN 978-3-8252-2415-8 (UTB. Medien- und Kommunikationswissenschaft, Literaturwissenschaft 2415).
  • Eberhard Ostermann: Die Filmerzählung. Acht exemplarische Analysen. Fink, München 2007, ISBN 978-3-7705-4562-9.
  • Kerstin Stutterheim: Handbuch der Filmdramaturgie. 2. erweiterte Auflage. Peter Lang Verlag, 2011, ISBN 978-3-631-61882-0.
  • Sascha Trültzsch: Kontextualisierte Medieninhaltsanalyse. Mit einem Beispiel zum Frauenbild in DDR-Familienserien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16503-5.
  • Stefan Volk: Filmanalyse im Unterricht. Zur Theorie und Praxis von Literaturverfilmungen. (Einfach Deutsch. Unterrichtsmodell = Schöningh Schulbuch). Schöningh Verlag, Paderborn u. a. 2004, ISBN 3-14-022264-5.
  • Bernward Wember: Objektiver Dokumentarfilm? Modell einer Analyse und Materialien für den Unterricht. (Didaktische Modelle 2). Colloquium-Verlag, Berlin 1972, ISBN 3-7678-0323-2.
  • Bernward Wember: Wie informiert das Fernsehen? (Ein Indizienbeweis). List, München 1976, ISBN 3-471-79120-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]