Freischreiber

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Freischreiber – Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten
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Rechtsform e.V.
Gründung 2008
Gründer Kai Schächtele, Felix Zimmermann, Eva-Maria Schnurr, Wolfgang Michal, Benno Stieber
Sitz Hamburg
Zweck Berufsverband freier Journalisten
Vorsitz Eva Bodenmüller
Geschäftsführung Anna Heidelberg-Stein und Carolina Torres
Mitglieder ca. 850
Website freischreiber.de

Freischreiber e.V. – Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten wurde im November 2008 in Berlin gegründet und vertritt die Interessen hauptberuflicher freier Journalisten in Deutschland. Der Sitz befindet sich in Hamburg, die Mitgliederzahl beträgt knapp 900. Deutschlandweit gibt es mehrere Regional- und fünf Arbeitsgruppen. Die Mitglieder arbeiten vor allem im Bereich Print, aber auch im Hörfunk, Fernsehen und Online. Freischreiber setzt sich für eine klare Abgrenzung des Journalismus von Öffentlichkeitsarbeit ein.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freischreiber geht auf eine Initiative der Journalisten Kai Schächtele und Felix Zimmermann aus dem Februar 2008 zurück.[1] Zur Gründungsversammlung trafen sich im Herbst 2008 in Berlin 150 Teilnehmer. Der Verband ist offiziell entstanden, weil sich viele freie Journalisten von den Gewerkschaften nicht ausreichend vertreten fühlen. Die Gründung fällt in eine Zeit, in der freie Journalisten zudem für Redaktionen wichtiger werden: Sie übernehmen immer mehr Aufgaben, da Verlage und Sender zunehmend Personal entlassen.[2]

Die Gründer kritisierten, dass sich die Arbeitsbedingungen für freie Journalisten verschlechtern, weil viele Medienunternehmen Honorare kürzen und versuchen, Beiträge ohne zusätzliches Honorar in ihre Internetangebote zu integrieren oder an Dritte weiter zu verkaufen (Buy-Out).[3] Der Verband sieht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu den Gewerkschaften: Freischreiber versteht sich als Vertretung von Unternehmern, was Konflikte mit den Gewerkschaften nicht ausschließt.[4] Vorbild ist die Organisation für freie Fotografen Freelens, die auch Kooperationspartner ist.[5]

Selbstverpflichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mitglieder von Freischreiber unterschreiben folgende Grundsätze: „Ich verpflichte mich zur Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit. Ich lege Abhängigkeiten und Interessenverflechtungen offen. Ich lanciere keine als Journalismus getarnten PR-Beiträge. Ich lasse mich nicht von zwei Seiten bezahlen. Solche Praktiken sind mit meinem Verständnis von Journalismus unvereinbar.“ Prinzipien sind Qualität, Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Redaktionen.[6]

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freischreiber wird von einem siebenköpfigen Vorstand geleitet. Vorsitzende ist seit Februar 2024 die Architekturjournalistin Eva Bodenmüller[7]. Stellvertretende Vorsitzende sind Caroline Ring und Elisa Kautzky, Sitz der Geschäftsstelle ist Hamburg. Freischreiber-Mitglieder treffen sich regelmäßig in vielen Städten, unter anderem in Hamburg, Berlin, München, Köln, Leipzig, Frankfurt/Mainz, Bonn, sowie in Baden-Württemberg. Mitglied kann jeder hauptberuflich tätige freie Journalist werden, der in der Künstlersozialkasse registriert ist. Ausnahmen gelten für freie Journalisten, die v. a. beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten sowie für im Ausland arbeitende freie Korrespondenten. Über die Aufnahme entscheidet der Aufnahmeausschuss.[8]

Ziele und Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verband kämpft für bessere Arbeits- und Honorarbedingungen[9] und vernetzt die freien Journalisten untereinander. Er bietet seinen Mitgliedern Beratung, zum Beispiel in Steuer- und Rechtsfragen. Das von den Verlagen geforderte Leistungsschutzrecht sieht er kritisch und unterstützt die Initiative IGEL[10]. Er wendet sich gegen Buy-Out-Verträge, vertritt die Mitglieder gegenüber den Redaktionen und möchte einen unabhängigen Qualitätsjournalismus sicherstellen. Als Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen hat Freischreiber einen „Code of Fairness“ entwickelt.[11]

Lobbyarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freischreiber hat sich erfolgreich für die vollständige Ausschüttung der VG-Wort-Tantiemen an die Autorinnen und Autoren eingesetzt.[12] Weiterhin engagiert sich der Verband bei den Themen „Arbeitsrecht“ und „Urheberrecht“ und führt dazu politische Gespräche.

Kampagnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einer Spenden-Kampagne im Juni 2009 „Helft Gruner + Jahr!“ machte Freischreiber auf den Sparkurs des Medienhauses aufmerksam.[13] Im November 2009 organisierte der Verband eine Lesetour durch Deutschland. Stationen waren Berlin, Köln, München und Hamburg.[14]

Im Dezember 2009 startete der Verband die Kampagne „Ohne Freie fehlt was“, die veranschaulichen soll, wie groß der Anteil freier Journalisten, Illustratoren und Fotografen an Zeitschriften und Magazinen ist.[15] Dazu hat der Verband auf seiner Webseite zum Beispiel unter der Überschrift „Wir sind 60% Zeit-Magazin“ die Seiten einer Ausgabe des Zeit-Magazins gespiegelt und die Texte, die von freien Journalisten stammen, geweißt.[16]

Im Jahr 2014 hat Freischreiber die Qualitätsjournalismus-Kampagne der Wochenzeitung DIE ZEIT parodiert.[17] Damit machte der Verband auf die Arbeitsbedingungen der freien Journalisten aufmerksam.

2015 hat Freischreiber die äußerst kurzfristige Beendigung der Zusammenarbeit mit Freien beim Tagesspiegel öffentlich gemacht. Da der Tagesspiegel Verluste im Anzeigenbereich als Grund für seine Reaktion angegeben hatte, schaltete Freischreiber selbst Kleinanzeigen, die auf den Fall hinwiesen. In der Folge nahm der Tagesspiegel die Zusammenarbeit mit freien Journalisten wieder auf.[18]

2016 hat Freischreiber sich im Zuge der Debatte über die Scheinselbstständigkeit für die Freien bei Gruner & Jahr eingesetzt und rechtssichere Rahmenbedingungen für die Betroffenen gefordert.[19]

Freischreiber hat das Honorartool wasjournalistenverdienen.de[20] ins Leben gerufen und 2023 gemeinsam mit dem Oberauer Verlag[21] neu aufgesetzt. Hier können Freie ihre Honorare anonym eintragen, um so einen Rundumblick über den Verdienst in der Branche zu ermöglichen.

Kongresse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verband beteiligte sich als Kooperationspartner und mit Workshops bei den Jahrestagungen von Netzwerk Recherche.[22]

Im September 2010 fand der erste „Freischreiber-Zukunftskongress“ in Hamburg statt. Der Kongress thematisierte, wie freie Journalisten den Medienwandel nutzen können, welche Chancen und Möglichkeiten er bietet und welche Risiken sich auftun. Gäste waren Bernhard Pörksen, Henryk M. Broder, Gabi Bauer, Lukas Heinser, Stephan Weichert.[23] Beim fünfjährigen Jubiläum hielt Jan Böhmermann die Festrede.[24] Im April 2016 und April 2017 gab es weitere Kongresse.[25] Gäste waren u. a. Wolf Lotter, Daniela Kraus und Constantin Seibt.

Himmel-und-Hölle-Preis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2011 vergibt der Verband den Himmel-und-Hölle-Preis für die besten Förderer beziehungsweise schlimmsten Blockierer des freien Journalismus. Die Preisträger und die Statuten der Vergabe sind auf der Freischreiber-Website nachzulesen.[26] Mit dem Himmelpreis wurden bisher u. a. Brand eins, Cicero, Martin Vogel, Konrad Schwingenstein und die Redaktion „Hintergrund“ des Deutschlandfunks.ausgezeichnet. Zu den Hölle-Preisträgern gehörten bislang u. a. die Süddeutsche Zeitung, der Tagesspiegel und der Bonner Generalanzeiger.

Bekannte Mitglieder (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Journalisten des Jahres 2010, vergeben vom Medium Magazin, Kategorie Sonderpreis für das ehrenamtliche Engagement.[27]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Vorbild des deutschen Vereins wurde im Juni 2014 in Österreich der Verein Freischreiber Österreich – Verein zur Förderung des freien Journalismus gegründet.[28]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Artikel im Medium Magazin
  2. Daniel Kastner: Lobby für Freie. Oktober 2008, archiviert vom Original am 4. August 2012; abgerufen am 28. März 2021.
  3. Artikel in der TAZ
  4. Artikel in der TAZ
  5. Artikel im Tagesspiegel
  6. Selbstauskunft des Verbandes (Memento vom 21. Dezember 2009 im Internet Archive)
  7. Kampagnen, Webseite, Code of Fairness, Urheberrecht, Finanzen – irgendwer muss sich ja drum kümmern. Hier stellt sich der Vorstand vor. Abgerufen am 8. Februar 2024 (deutsch).
  8. Ansprechpartner – Freischreiber. Abgerufen am 25. Juli 2017.
  9. Video von Der Journalist auf Youtube
  10. Internetseite der Initiative IGEL
  11. Code Of Fairness – Freischreiber. Abgerufen am 25. Juli 2017.
  12. Marvin Schade: Mehr Macht den Autoren: VG Wort und Urheber einigen sich auf neuen Ausschüttungsplan für Tantiemen › Meedia. 22. Mai 2017, abgerufen am 25. Juli 2017.
  13. Artikel im Fundraiser Magazin
  14. Video auf Youtube
  15. Spiegel Online
  16. Webseite des Verbands
  17. Alexander Becker: Freischreiber parodieren Zeit-Werbung › Meedia. 19. Februar 2014, abgerufen am 25. Juli 2017.
  18. Der Tagesspiegel macht sich frei – Freischreiber. Abgerufen am 25. Juli 2017.
  19. Gruner + Jahr: Freischreiber fordert rechtssichere Rahmenbedingungen für Freie – Freischreiber. Abgerufen am 25. Juli 2017.
  20. Was verdienen Journalisten? Abgerufen am 18. Juli 2023.
  21. Honorartool für Freie – jetzt mitmachen - Aktuelle Meldungen - News - newsroom.de. 8. Juni 2023, abgerufen am 18. Juli 2023 (deutsch).
  22. Meldung beim Presseportal (Memento vom 18. Juni 2009 im Internet Archive)
  23. Freischreiber Zukunftskongress (Memento vom 8. September 2010 im Internet Archive)
  24. Statt einer Neujahransprache. Grußwort von Jan Böhmermann. Freischreiber – Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, 18. Januar 2014, abgerufen am 24. Juni 2021.
  25. Freischreiber-Tag 2016 – Freischreiber. Abgerufen am 25. Juli 2017.
  26. Preisträger Himmel- und Höllepreis. Abgerufen am 18. Juli 2023 (deutsch).
  27. Medium Magazin
  28. Freischreiber in Österreich: Über uns