Friedrich Dernburg

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Friedrich Dernburg

Friedrich Dernburg (* 3. Oktober 1833[1] in Mainz; † 3. Dezember 1911 in Grunewald)[2] war Publizist und Politiker deutsch-jüdischer Herkunft.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dernburg entstammte einer bedeutenden jüdischen Gelehrtenfamilie, konvertierte jedoch später zum evangelisch-lutherischen Glauben und erzog seine Kinder auch in dieser Konfession. Sein Vater Jacob Hartwig Dernburg (1795–1878) war Anwalt in Mainz und Generaladvokat am Oberappellationsgericht Darmstadt, Großherzoglicher Geheimrat und Professor der Rechte in Gießen. Sein Sohn Bernhard Dernburg (1865–1937) war Bankier, Staatssekretär des Reichskolonialamtes und 1919 vorübergehend Finanzminister im Kabinett Scheidemann, sein Sohn Hermann Dernburg (1868–1935) war Architekt. Sein Bruder Heinrich Dernburg war ebenfalls Jurist und Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin.

Seit 1864 war er verheiratet mit Louise Stahl (* 1842).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friedrich Dernburg als Heidelberger Rhenane, Ausschnitt aus einer Lithographie von Carl Schubart (1852)

Friedrich Dernburg studierte Rechtswissenschaften in Gießen und Heidelberg (Mitglied des Corps Rhenania) und wurde Hofgerichtsadvokat in Darmstadt.

1866 bis 1875 war er Mitglied der 2. Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen (Wahlbezirk Rheinhessen 7/Osthofen bzw. Starkenburg 15/Langen-Neu Isenburg) und in dieser Zeit einer der maßgeblichen Führer der Fortschrittspartei in Hessen. Dernburg bekämpfte als Landtagsabgeordneter und Führer der hessischen Fortschrittspartei die Dalwigksche Politik. Von 1871 bis Oktober 1881 gehörte er dem Reichstag an (Wahlkreis 5 Hessen), zunächst für die Nationalliberale Partei, später fraktionslos.

Seine publizistische Tätigkeit begann er noch in Hessen als Redakteur bei der Main-Zeitung. 1875 wurde Dernburg Chefredakteur der 1848 als typisches Produkt der liberalen Märzforderungen gegründeten Berliner Nationalzeitung, dem Hausblatt der Nationalliberalen und eine der auflagenstärksten Zeitungen der Reichshauptstadt. Kurz vor seinem Einstieg dort fusionierte die Nationalzeitung mit der altehrwürdigen Spenerschen Zeitung. Der allmähliche Niedergang der Nationalliberalen seit Ende der 1870er Jahre hatte aber auch Auswirkungen auf die Entwicklung ihres Hauptpublikationsorgans, die, obwohl Dernburg selbst seiner liberalen Gesinnung treu blieb, wechselhafte Positionen vertrat.

Dafür wuchs der Bezugskreis des Blattes beständig. Die Nationalzeitung war in den 1880er Jahren weit über Berlin hinaus als eines der führenden Organe der deutschen Meinungspresse im ganzen Reich erhältlich, später auch in Österreich und seit 1876 in Frankreich.

Als die Nationalzeitung 1890 durch den bisherigen Inhaber Ferdinand Salomon an eine von führenden Nationalliberalen gegründete Aktiengesellschaft überging, schied Dernburg aus seinem Amt aus. Seit 1894 wirkte er als Feuilletonredakteur beim „Berliner Tageblatt“.

Dernburg war eng mit dem nationalliberalen Politiker Ludwig Bamberger befreundet, der wie er aus einer hessisch-jüdischen Familie stammte. Kronprinz Friedrich von Preußen (Kaiser Friedrich III.) begleitete er auf Reisen nach Spanien und Rom. Die Zeit nach seinem Ausscheiden bei der Nationalzeitung nutzte er überhaupt zu ausgedehnten Reisen. Im Herbst 1891 unternahm er eine Reise in das Gebiet der noch in Bau befindlichen Anatolischen Bahn zwischen Konstantinopel und Angora und veröffentlichte darüber eine feuilletonistische Reiseschilderung. Als Mitglied der Deutschen Kommission der Weltausstellung von 1893 in Chicago wurde er mit der Vertretung der Deutschen Presse beauftragt[3] und nahm in diesem Rahmen unter anderem auch die Aufgabe der Berichterstattung wahr.

Nebenbei war Dernburg auch belletristisch tätig. Er verfasste ein Schauspiel „Trenck“ in fünf Aufzügen (Berlin: Buchdruckerei der Nationalzeitung, 1886), „Die Parlamentarier“ (Schauspiel in vier Aufzügen; Berlin:Gustav Schwab, 1886); „Der Oberstolze“ (Kriminalroman, zwei Bände, Berlin: Walther & Apolant, 1889) und das Lustspiel „Verfehlter Beruf“ (gemeinsam mit Erich Zabel, Berlin, Reg. London Stat. Hall, 1891).

Grabstätte

Friedrich Dernburg starb am 3. Dezember 1911 in seiner Grunewalder Villa in der Herthastraße 15[2] und wurde auf dem Friedhof in Berlin-Grunewald beigesetzt. Seine Grabstätte in der Abt. III ist heute Ehrengrab der Stadt Berlin.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Spanische Bilder. (1884).
  • Des Deutschen Kronprinzen Reise nach Spanien und Rom. Journalistische Reiseskizzen. Salomon, Berlin 1884.
  • Russische Leute. Springer, Berlin 1885.
  • Die Parlamentarier. (Schauspiel, 1886).
  • Trenck. Schauspiel in fünf Aufzügen. Bloch, Berlin 1886.
  • Berliner Geschichten. Springer, Berlin 1886, (Novellen).
  • Der Oberstolze. Ein Berliner Zeitroman. 2 Bände. Walther & Apolant, Berlin 1889.
  • Auf deutscher Bahn in Kleinasien. Eine Herbstfahrt. Springer, Berlin 1892.
  • Aus der weißen Stadt. Spaziergänge in der Chicagoer Weltausstellung und weitere Fahrten. Springer, Berlin 1893, online.
  • In den Fesseln der Schuld. Roman in 3 Büchern. 2 Bände. Schlesische Buchdruckerei, Kunst- und Verlags-Anstalt, Breslau 1894.
  • Ein Berliner auf Helgoland und andere Novellen. S. Schottlaender, Breslau 1895.
  • Adolf Woermann. In: Koloniale Rundschau. 1911, ZDB-ID 515840-0, S. 465–471.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinz-Eberhard Andres: 100 Jahre Rhenania Heidelberg. 1849–1949. Ludwigshafen am Rhein 1949, S 28 f.
  • Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang. Untergang. Neubeginn. Band 1. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-7973-0213-4, S. 121.
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Band 3: Davidis – Eichendorff. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Francke, Bern u. a. 1971, Sp. 109–110.
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 106.
  • Klaus-Dieter Rack, Bernd Vielsmeier: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biografische Nachweise für die Erste und Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen 1820–1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919–1933 (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 19 = Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission. NF Bd. 29). Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-88443-052-1, Nr. 129.
  • Hans Georg Ruppel, Birgit Groß: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biographische Nachweise für die Landstände des Großherzogtums Hessen (2. Kammer) und den Landtag des Volksstaates Hessen (= Darmstädter Archivschriften. Bd. 5). Verlag des Historischen Vereins für Hessen, Darmstadt 1980, ISBN 3-922316-14-X, S. 85.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Friedrich Dernburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Friedrich Dernburg – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut Angaben auf seinem Grabstein lautet das Geburtsdatum 3. Oktober 1832
  2. a b StA Grunewald, Sterbeurkunde Nr. 51/1911
  3. Official Directory World’s Columbian Exposition