Gábor Kemény (Politiker, 1910)

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Kemény im Kabinett Szálasi (in der ersten Reihe der zweite von links)

Gábor Kemény (geboren 14. Dezember 1910 in Budapest, Österreich-Ungarn; gestorben 19. März 1946, Königreich Ungarn) war ein ungarischer Politiker und von 1944 bis 1945 Außenminister der ungarischen Pfeilkreuzlerregierung.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baron Gábor Kemény hatte in Budapest Jura studiert und für die Zeitung Pester Journal gearbeitet. In der Pfeilkreuzlerbewegung war er am 5. Februar 1943 in die Parteiführung aufgerückt und sein Name erschien in der Folge auf verschiedenen Kabinettsentwürfen[1] des Parteiführers Ferenc Szálasi. Im Alter von 33 Jahren wurde Kemény am 16. Oktober 1944 ungarischer Außenminister und war dies bis zum 27. März 1945 in der vom deutschen Botschafter und Generalbevollmächtigten Edmund Veesenmayer kontrollierten Marionettenregierung von Ferenc Szálasi. Dieser hatte mit Unterstützung der deutschen Besatzungsmacht gegen den Reichsverweser Miklós Horthy erfolgreich geputscht und sich von diesem am 15. Oktober 1944, um 18 Uhr zum Nachfolger erklären lassen[2]. Szálasi war damit gleichzeitig auch Nachfolger des Ministerpräsidenten Géza Lakatos.

Kemény hatte die Südtirolerin Elisabeth von Fuchs geheiratet[3], die nun in Budapest vom schwedischen Botschaftsangehörigen Raoul Wallenberg angesprochen wurde, als es um die weitere Anerkennung von Schutzpässen für ungarische Juden ging, die in Budapest von den Konsulaten El Salvadors, der Schweiz, des Vatikans und eben auch Schwedens ausgestellt worden waren, um für deren Inhaber Zwangsarbeit oder Deportation in deutsche Konzentrationslager zu verhindern. Vorher war es unter der Regierung von Döme Sztójay zwischen dem 27. April 1944 und dem 11. Juli 1944 schon zur Deportation von 437.000 ungarischen Juden gekommen. Diese Deportationen waren unter Géza Lakatos gestoppt worden und wurden nun wieder aufgenommen. Das Eichmann-Kommando fand in der Pfeilkreuzler-Regierung willfährige Helfer und in einigen Budapester Botschaften neutraler Länder ein paar mutige Gegner. In der kurzen Zeit des Pfeilkreuzler-Regimes sind nach Schätzungen weitere 50.000 ungarische Juden umgekommen.[4]

Als Außenminister wollte Kemény die diplomatische Anerkennung der neutralen Staaten erreichen und er musste daher Wallenberg entgegenkommen[5]. Auch Elisabeth Kemény wirkte auf ihren Mann ein, dass die ungarische Regierung diese Schutzpässe weiterhin anerkenne, und Kemény führte in der Kabinettssitzung am 29. Oktober 1944 einen solchen Beschluss herbei, der über Rundfunk bekanntgegeben wurde. Gábor Kemény geriet dadurch in einen persönlichen Zwiespalt, denn er war Ideologe der Pfeilkreuzler und damit Mittäter an der ungarischen Judenverfolgung. Er war als Außenminister Anlaufstelle der Beschwerden der in Budapest noch anwesenden Botschaften und versuchte ihnen „entgegenzukommen“.[6]

Nach der Befreiung Ungarns floh Kemény nach Österreich[7] und gelangte schließlich am 3. Mai 1945 wieder nach Meran, wohin seine hochschwangere Frau bereits am 4. Dezember 1944 abgereist war, die somit Raoul Wallenberg nicht mehr wiedergesehen hat. Kemény wurde dort von den Amerikanern festgenommen und von diesen am 3. Oktober 1945 an Ungarn ausgeliefert, da die Drei Mächte in der Moskauer Deklaration vom 1. November 1943 vereinbart hatten, dass alle Kriegsverbrecher, außer den Hauptkriegsverbrechern, in den Ländern vor Gericht gestellt werden sollten, in denen sie ihre Verbrechen begangen hatten.

Kemény wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Zweiten Weltkriegs vor dem ungarischen Volkstribunal angeklagt und zusammen mit Ferenc Szálasi und anderen Politikern zum Tode verurteilt und eine Woche nach der öffentlichen Hinrichtung von Szálasi, Gábor Vajna, Károly Beregfy und József Gera am 19. März 1946 in Budapest gemeinsam mit Sándor Csia und Jenő Szöllősi gehenkt.

Oper, Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersetzte Zeitschriftenartikel im Bestand der DNB

  • Die Zeit der völkischen Einheit in Donaueuropa : Das Vorspiel der ungarischen Nationalitätenpolitik von Pázmány bis Rákóczi, Wien 1943
  • Die politischen Reden und die geistige Hinterlassenschaft Miklós Barthas, Wien 1943
  • Nationserziehung und Nationalitätenfrage, Wien 1942
  • Die Nationalitätenartikel des Miklós Bartha, Wien 1941

im Bestand der ÖNB sind zwanzig Treffer zu Schriften von Gábor Kemény in ungarischer Sprache

Literatur / Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Randolph L. Braham: The politics of genocide. The Holocaust in Hungary. Columbia University Press, New York NY 1981, ISBN 0-231-05208-1.
  • Peter Durucz: Ungarn in der auswärtigen Politik des Dritten Reiches 1942–1945. V und R Unipress, Göttingen 2006, ISBN 3-89971-284-6 (Zugleich: Eichstätt-Ingolstadt, Universität, Dissertation, 2005).
  • Christoph Gann: Raoul Wallenberg. So viele Menschen retten wie möglich. Beck, München 1999, ISBN 3-406-45356-2.
  • Gyula Juhász: Hungarian foreign policy. 1919–1945. Revised edition of the Hungarian original. Akadémiai Kiadó, Budapest 1979, ISBN 963-05-1882-1.
  • Miklós Lackó: Arrow-cross men, national socialists. (= Studia Historica Academiae Scientiarum Hungaricae. Bd. 61, ISSN 0076-2458). Akadémiai Kiadó, Budapest 1969.
  • Kati Marton: Wallenberg. Missing hero. Arcade Publishing, New York NY 1995, ISBN 1-55970-276-1.
  • Ludwig Walther Regele: Ungarns Außenminister. In: Meran und das Dritte Reich. Ein Lesebuch. Studien-Verlag, Innsbruck 2007, ISBN 978-3-7065-4425-2, S. 153–157.
  • Margit Szöllösi-Janze: Die Pfeilkreuzlerbewegung in Ungarn. Historischer Kontext, Entwicklung und Herrschaft (= Studien zur Zeitgeschichte. Bd. 35). Oldenbourg, München 1989, ISBN 3-486-54711-9 (Zugleich: München, Universität, Dissertation, 1985/1986).
  • Kurzbiografie (ungarisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Szöllösi-Janze, S. 275
  2. Juhász, S. 329
  3. Kati Marton, Wallenberg: missing hero, S. 101 ff [1]
  4. Szöllösi-Janze, S. 432
  5. Christof Gann, Wallenberg, S. 90f
  6. Szöllösi-Janze, S. 428, Anm. 792
  7. Kemény war zusammen mit Béla Imrédy, in der Gruppe waren auch hu:Jurcsek Béla, hu:Fiala Ferenc, hu:Kolosváry-Borcsa Mihály, Dullin Elek und Vajda Ferenc. Siehe Sammlung von Aussagen von Holocaust-Überlebenden [2]