Securing Energy for Europe

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SEFE Securing Energy for Europe

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Rechtsform GmbH
Sitz Berlin, Deutschland Deutschland
Leitung Egbert Laege
Branche Energieversorgungsunternehmen
Website sefe-group.com
Stand: 23. Juni 2022
Logo bis 2022

Die SEFE Securing Energy for Europe GmbH mit Sitz in Berlin ist ein deutsches Energieversorgungsunternehmen. Hauptgeschäftsfelder des Unternehmens, das weltweit mit 41 Tochtergesellschaften in 16 Ländern vertreten ist, sind der Erdgashandel und die Erdgasspeicherung. Das Unternehmen firmierte bis 20. Juni 2022 als Teil des russischen Gaskonzerns Gazprom unter dem Namen Gazprom Germania GmbH; es wurde nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 von der deutschen Regierung unter treuhänderische Verwaltung der Bundesnetzagentur gestellt und später verstaatlicht.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ursprüngliche Gazprom Germania ging auf eine Kooperation zwischen der ehemaligen V/O Zarubezhgaz (die heutige Gazprom) und der BASF-Tochter Wintershall im Jahre 1990 zurück. Gazprom Germania war zunächst mit 49,98 % an Wingas beteiligt, die übrigen 50,02 % hielt Wintershall. Der Anteil von Gazprom wurde 2013 auf 100 % aufgestockt. Gazprom Germania wies 2020 einen Umsatz von 12,8 Milliarden Euro bei einer Mitarbeiterzahl von 1543 auf.[1]

Hauptgeschäftsführer war Juli 2010 bis Ende Mai 2011 der ehemalige Botschafter der Russischen Föderation bei der Bundesrepublik Deutschland, Wladimir Kotenjow. Seit dem 19. September 2016 waren Mikhail L. Sereda (bis 12. November 2019) und Nikolai N. Dubik (bis 20. November 2018) Geschäftsführer.[2] Von Februar 2019 bis Juni 2022 war Igor Fedorov Geschäftsführer.[3]

Securing Energy for Europe betreibt in Deutschland über sein Tochterunternehmen Astora unter anderem die Erdgasspeicher in Rehden (größter Erdgasspeicher Westeuropas, siehe Gasspeicher Rehden) und in Jemgum sowie in Österreich den Erdgasspeicher in Haidach (Gemeinde Straßwalchen).[4] Gascade ist eine Tochtergesellschaft von Securing Energy for Europe gemeinsam mit Wintershall Dea und betreibt Ferngasleitungen.

Restrukturierung 2022[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 25. März 2022 trat die Gazprom Export LLC (GPE; ООО „Газпром Экспорт“) die von ihr gehaltenen Anteile an Gazprom Germania in Höhe von 100 % an die Gazprom Export Business Services LLC (GPEBS; ООО „Газпром Экспорт Бизнес-Сервисы“, Sitz: Sankt Petersburg) ab. Zum 31. März 2022 wurden 0,1 % der Anteile an der GPEBS auf die Palmary JSC (АО „Палмэри“, Sitz: Moskau) übertragen; 99,9 % verblieben als stimmrechtslose Eigenanteile bei der GPEBS selbst, so dass Palmary die GPEBS und damit auch Gazprom Germania kontrolliert hätte. Am 1. April 2022 wurde seitens der neuen Eigentümer ein Beschluss zur Liquidation von Gazprom Germania gefasst.[5]

Der mittelbare Erwerb durch das konzernfremde Unternehmen Palmary am 31. März 2022 begründete nach § 55 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ein Prüfrecht für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), wobei in dem Verfahren zu berücksichtigen war, dass es um eine Kritische Infrastruktur im Sinne des BSI-Gesetzes ging (§ 55a Abs. 1 Nr. 1 AWV, § 2 Abs. 1 Nr. 2 BSI-KritisV). Da der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags über den Erwerb nach § 55a Abs. 4 AWV meldepflichtig war, war laut BMWK der Erwerb selbst nach § 15 Abs. 3 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) ipso iure schwebend unwirksam. Hieraus folgte zugleich ein Verbot der Stimmrechtsausübung für den Erwerber (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AWG; strafbewehrt, § 18 Abs. 1b Nr. 1 AWG); auch der Liquidationsbeschluss war somit unwirksam.[6] Zusätzlich zu diesen Feststellungen setzte das BMWK am 4. April 2022 nach den §§ 6, 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG die Bundesnetzagentur bis zum 30. September 2022 als Treuhänderin für die Anteile an der Gazprom Germania ein.[5][7][8]

Am 8. April 2022 wurde bekannt, dass die Bundesnetzagentur eine Insolvenz des von ihr verwalteten Unternehmens befürchtet. Da eine Insolvenz mit schweren Folgen für die Versorgungslage mit Erdgas in Deutschland verbunden wäre, forderte die Bundesnetzagentur alle Geschäftspartner des Unternehmens dazu auf, ihre Geschäftsbeziehung zur Gazprom Germania weiterzuführen.[9] Am 3. Juni 2022 wurde Egbert Laege durch die Bundesnetzagentur als Geschäftsführer eingesetzt.[10] Am 14. Juni 2022 gab das Kanzleramt der deutschen Regierung bekannt, dass Deutschland dem Unternehmen ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewähren will, um die drohende Insolvenz abzuwenden.[11] Seit dem 20. Juni 2022 firmiert die ehemalige Gazprom Germania GmbH unter dem neuen Namen SEFE Securing Energy for Europe GmbH, um die Unabhängigkeit von der ehemaligen Muttergesellschaft Gazprom auch nach außen hin sichtbar zu machen.

Mit Wirkung zum 14. November 2022 wurde das Unternehmen verstaatlicht und befindet sich somit im Bundeseigentum.[12][13]

Sanktionierung durch den russischen Staat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der russische Präsident Wladimir Putin verbot am 11. Mai 2022 Geschäfte mit der ehemaligen Gazprom-Tochter Securing Energy for Europe und das Anlegen von Vorräten mit russischem Gas in den Speichern Europas.[14] Die russische Regierung veröffentlichte am 11. Mai 2022 eine Verfügung mit einem unverzüglich in Kraft tretenden Handelsverbot, nach der mit insgesamt 31 aufgelisteten Firmen von russischer Seite aus keine Geschäfte mehr getätigt werden dürfen.[15] Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, erklärte: „Es ist ein chirurgisches Dekret.“ Es seien bis jetzt Handels- und Speichertöchter von Gazprom Germania betroffen.[14] Oliver Krischer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, erklärte, dass Präsident Putin „Energieimporte als Waffe“ einsetze.[16]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Konzernabschluss und zusammengefasster Lagebericht 2020. (PDF; 10,08 MB) 12. März 2021, abgerufen am 5. April 2022.
  2. Gazprom Germania: Unternehmensgeschichte (Memento vom 10. Februar 2017 im Internet Archive)
  3. GAZPROM Germania GmbH, Berlin. In: northdata.de. NorthData, abgerufen am 5. April 2022.
  4. Unser Beitrag zur Versorgungssicherheit. In: gazprom-germania.de. Gazprom Germania, abgerufen am 17. März 2022.
  5. a b BAnz AT 04.04.2022 B13 = Anordnung gemäß § 6 des Außenwirtschaftsgesetzes bezüglich der Anteile an der Gazprom Germania GmbH. (PDF; 195 kB) In: bmwi.de. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 4. April 2022, abgerufen am 8. April 2022.
  6. Christoph Ludwig: Energiesicherheit durch Außenwirtschaftsrecht. In: verfassungsblog.de. 6. April 2022, abgerufen am 12. April 2022.
  7. Gazprom Germania kommt unter Treuhandverwaltung. In: stuttgarter-zeitung.de. 4. April 2022, abgerufen am 4. April 2022.
  8. Bundesnetzagentur - Treuhänderschaft Gazprom Germania. In: www.bundesnetzagentur.de. Abgerufen am 28. August 2022.
  9. Christian Geinitz: Netzagentur warnt vor dramatischen Gasengpässen. In: faz.net. 8. April 2022, abgerufen am 8. April 2022.
  10. Bundesnetzagentur - Treuhänderschaft Gazprom Germania - Bundesnetzagentur bestellt Geschäftsführer bei Gazprom Germania. In: www.bundesnetzagentur.de. Abgerufen am 28. August 2022.
  11. Bundesregierung hilft Gazprom Germania mit Milliarden-Darlehen, www.spiegel.de, 14. Juni 2022
  12. Der Bund wird alleiniger Gesellschafter der SEFE-Gruppe. Abgerufen am 14. Dezember 2022.
  13. Energiekrise: Auch Gazprom-Tochter Sefe soll verstaatlicht werden. Abgerufen am 24. September 2022.
  14. a b Erste Lieferstopps bei Gazprom Germania. In: manager-magazin.de. 12. Mai 2022, abgerufen am 17. Mai 2022.
  15. "Wir haben uns vorbereitet". In: tagesschau.de. 12. Mai 2022, abgerufen am 17. Mai 2022.
  16. Enteignungspläne für die Rosneft-Raffinerie. In: zdf.de. 29. April 2022, abgerufen am 17. Mai 2022.