Geisterflughafen

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Flughafen Ciudad Real vor Stilllegung

Geisterflughafen ist eine Bezeichnung für einen Flughafen, der baulich in weitgehend betriebsbereitem Zustand ist, aber wegen fehlenden Nutzerinteresses nie in Betrieb genommen wurde oder nur in sehr geringem Umfang gewerbliche Flüge abwickelt.

Im Gegensatz zu anderen kleinen und wenig genutzten Flughäfen wurden Geisterflughäfen für ein weitaus größeres Volumen an Passagieren und Flugaufkommen errichtet, als tatsächlich erreicht werden konnte, so dass sie – wie Geisterstädte – leer und verlassen wirken. Wegen der ausbleibenden Verkehrsströme lassen sich die hohen Ausgaben für die Flughafenbauten rein wirtschaftlich oft nicht rechtfertigen.

Es handelt sich zumindest zum Teil um Investitionsruinen.

Für andere Bedeutungen des Begriffs siehe den entsprechenden Abschnitt unten.

Ursachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leere Terminals: Flughafen Albacete

Geisterflughäfen sind üblicherweise das Resultat von Fehlplanungen, die auf nicht verwirklichten Konjunkturprognosen oder ausbleibenden Touristenströmen, die zu optimistisch geschätzt wurden, basieren. Gerade in Spanien wird oft die Wirtschaftskrise als Ursache genannt, wegen der zum Teil auch weniger in Tourismusprojekte, die die Grundlage neuer Touristenströme hätten bilden sollen, investiert wurde. Teilweise sollen die Projekte auch als Folge von Korruption in Auftrag gegeben worden sein.[1] Eine Untersuchung zeigte, dass die Europäische Union zwischen 2007 und 2013 viele Flughafenprojekte unterstützt hatte, die überdimensioniert waren oder gar nicht benötigt wurden. Viele dieser Flughäfen seien zu nahe bei bestehenden Flughäfen, um profitabel betrieben werden zu können, und es fehlte oft an einer überregionalen oder nationalen Koordination.[2]

Andere Flughäfen wie der Flughafen Kukës in Albanien, der von einem arabischen Scheich geschenkt wurde, können aus rechtlichen Gründen keinen Linienbetrieb anbieten. Das Schicksal eines Geisterflughafens könnte auch dem Spaceport America widerfahren.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flughafen Stadt Land Bauende Betriebsdauer Linienverkehr Investitionssumme Passagiere
Flughafen Albacete Albacete Spanien Spanien 2003 2003–2014 ? 1211
(2013)[3]
Flughafen Aşgabat Aşgabat Turkmenistan Turkmenistan 2016 seit 1994 € 1.830 Mio.[4]
Flughafen Beja Beja Portugal Portugal 2011 € 33 Mio. 5044
(bis April 2013)[5]
Flughafen Burgos Burgos Spanien Spanien 2008 seit 2008 € 45 Mio. 18.905
(2013)[6]
Flughafen Castellón Castellón de la Plana Spanien Spanien 2011 € 150 Mio.[7] 0
Flughafen Ciudad Real Ciudad Real Spanien Spanien 2008 2008–2012 € 1.100 Mio.[8] 35.000
(2010)[9]
Flughafen Córdoba Córdoba Spanien Spanien 2008 2008 € 85 Mio.[10] 6956
(2013)[11]
Flughafen Huesca-Pirineos Huesca Spanien Spanien 2007 2007–2011 € 40 Mio.[12] 273
(2013)[13]
Flughafen Kassel-Calden Kassel Deutschland Deutschland 2013 seit 2013 € 270 Mio.[14] 69.810
(2017)[15]
Flughafen Kukës Kukës Albanien Albanien 2007 2021–2023 € 45 Mio.[16][17] ?
Flughafen Lleida-Alguaire Lleida Spanien Spanien 2010 seit 2010 € 95 Mio.[18] 33.041
(2012)[19]
Władysław-Reymont-Flughafen Łódź Łódź Polen Polen 2012 seit 1997 € 46,6 Mio.[20] 237.591
(2014)[21]
Flughafen Lublin-Świdnik Lublin Polen Polen 2012 seit 2012 € 97,5 Mio.[22] 187.595
(2014)[23]
Flughafen Mattala Rajapaksa Mattala, Distrikt Hambantota Sri Lanka Sri Lanka 2013 seit 2013 US$ 210 Mio.[24] 20.474
(2014)[25]
Flughafen Montreal-Mirabel Montreal Kanada Kanada 1975 1975–2004 CAN$ 500 Mio. 0
(seit 2005)[26]
Flughafen Región de Murcia International Murcia Spanien Spanien 2012 € 250 Mio.[8] 0
Flughafen San Bernardino San Bernardino Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2011 US$ 220 Mio.[27] 201
(2013)[27]
Flughafen Sheffield City Sheffield Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1997 1997–2002 £ 12,5 Mio.[28] 33.000
(2000)
Flughafen Tartu Tartu Estland Estland 2013 seit 2009 € 7,7 Mio.[29] 13.717
(2013)[29]
Flughafen Yangyang Gangneung Korea Sud Südkorea 2002 2002–2008; Wiederaufnahme 2010 US$ 400 Mio. 5748
(2011)
Flughafen Hengchun Hengchun, Landkreis Pingtung Taiwan Taiwan 2004 2004–2014 € 15,2 Mio. 0
(2016)

Geisterterminals[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andernorts stehen nicht ganze Flughäfen still, aber es wurden Teile von Terminals geschlossen. Beim Flughafen Fuerteventura ist zum Beispiel ein Viertel der Gates stillgelegt, weil der letzte Ausbau um 14 Gates, von der EU mit € 21 Millionen unterstützt, weit größer ausgefallen war als notwendig.[2]

Andere Bedeutungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gelegentlich wird auch von Geisterflughäfen gesprochen, wenn es sich um Flughäfen mit sehr großer Verzögerung in der Bauphase handelt. Dazu zählen beispielsweise der Flughafen Berlin Brandenburg (Deutschland) mit 14 Jahren sowie der Hamad International Airport (Katar) mit fünfjähriger Verzögerung der Eröffnung.

Flughafen Athen-Ellinikon im Jahr 2014, mehr als 13 Jahre nach Stilllegung

In den USA werden mit Geisterflughafen meist stillgelegte Flugplätze bezeichnet. Es gibt weltweit Flughäfen, die (noch) nicht zurückgebaut oder keiner anderen Nutzung zugeführt werden konnten, der Stillstand aber nicht auf Fehlplanung beruht. Die Ursachen können vielfältig sein, zum Beispiel wenn Flughäfen durch neue ersetzt werden und die zukünftige Nutzung noch unklar ist wie beim Flughafen Athen-Ellinikon oder beim Durban International Airport. Andere Flughäfen sind wegen Konflikten ungenutzt, so der Flughafen Nikosia, der wegen des Zypernkonflikts nicht mehr betrieben werden kann, und der Flughafen Gaza, der 2001 während der Zweiten Intifada nach nur wenig mehr als zwei Betriebsjahren vom israelischen Militär zerstört worden ist. Einige Flugplätze werden bewusst nicht weiter zurückgebaut und sind noch erkennbar, so der Galeville Military Airport im Ulster County, New York, der 1994 stillgelegt und einige Jahre später zum Vogelschutzgebiet Shawangunk Grasslands National Wildlife Refuge erklärt wurde. Auch das vom amerikanischen Militär 2003 geräumte Johnston-Atoll mit seinem Flughafen wurde in ein Naturschutzgebiet umgewandelt.[30]

Auch Flughäfen, die vor der Schließung stehen, können sich zu Geisterflughäfen entwickeln, weil sie von vielen Airlines nicht mehr genutzt werden. So verabschiedeten sich die meisten Airlines früher als geplant vom Greater Southwest International Airport bei Fort Worth, nachdem die Planung für den Flughafen Dallas/Fort Worth begonnen hatte.[31][32]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • European Court of Auditors (Hrsg.): EU-funded airport infrastructures: poor value for money. Special Report. Nr. 21. Luxemburg 2014 (Vollständiger Bericht [PDF; abgerufen am 6. Januar 2015]).
  • Xavier Fageda, Augusto Voltes-Dorta: Efficiency and Profitability of Spanish Airports: A Composite Non-standard Profit Function Approach. Working Paper. Universität Barcelona, 2012 (Vollständige Arbeit [PDF; abgerufen am 6. Januar 2015]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Raphael Minder: In Spain, a Symbol of Ruin at an Airport to Nowhere. In: New York Times. 18. Juli 2012, abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  2. a b European Court of Auditors (Hrsg.): EU-funded airport infrastructures: poor value for money. Special Report. Nr. 21. Luxemburg 2014 (Vollständiger Bericht [PDF; abgerufen am 7. Januar 2015]).
  3. Introduction. In: Albacete Airport. Abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  4. Seraina Capatt: Turkmenistans unberührter Flughafen. In: Neue Zürcher Zeitung. 3. Oktober 2016, abgerufen am 5. Oktober 2016.
  5. Only five thousand passengers used Beja Airport in two years. In: The Portugal News Online. 18. April 2013, abgerufen am 20. Januar 2015 (englisch).
  6. Introduction. In: Burgos Airport. Abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  7. Castellón inaugura su aeropuerto con 150 millones de inversión pero sin vuelos. In: El Mundo. 25. März 2011, abgerufen am 5. Januar 2015 (spanisch).
  8. a b Ute Müller: Spanien eröffnet schon wieder einen Geisterflughafen. In: Die Welt. 30. November 2014, abgerufen am 5. Januar 2015.
  9. Stefan Eiselin: Spaniens Geisterflughäfen. In: Aero Telegraph. 15. Juni 2011, abgerufen am 5. Januar 2015.
  10. Ignacio Fariza: Córdoba Airport is example of Spain’s wasteful spending, says EU. In: El País. 18. Dezember 2014, abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  11. Introduction. In: Córdoba Airport. Abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  12. AFP: Anybody out there? Ghost airport desperately seeks passengers. In: Traveller. 14. November 2011, abgerufen am 5. Januar 2015 (englisch).
  13. Introduction. In: Huesca-Pirineos Airport. Abgerufen am 5. Januar 2015 (englisch).
  14. Philipp Alvares de Souza Soares: Krisen-Airport Kassel-Calden: Der Flugbereitschaftshafen. In: Spiegel Online. 11. Dezember 2013, abgerufen am 23. Juni 2015.
  15. Kassel Airport | Zahlen, Daten und Fakten. 4. Januar 2018, archiviert vom Original am 31. Januar 2018; abgerufen am 4. Januar 2018.
  16. Gulf News vom 27. Juni 2010: UAE strengthens ties with Albania. Abgerufen am 28. Juni 2010.
  17. Martin Dichler: Vom albanischen Gebirge nach Köln, Stuttgart und Zürich. In: aeroTELEGRAPH. 20. April 2021, abgerufen am 26. April 2021.
  18. Airports that never took off. In: CAPA Center for Aviation. 12. August 2011, abgerufen am 9. Januar 2015 (englisch).
  19. El aeropuerto de Lleida-Alguaire transporta a 115.000 pasajeros en sus tres primeros años de vida. In: La Vanguardia. 17. Januar 2013, abgerufen am 9. Januar 2015 (spanisch).
  20. New tower and terminal at Lodz airport. In: PMR Publications. 5. Januar 2012, abgerufen am 8. Januar 2015 (englisch).
  21. Statistics. In: Lodz Airport. Abgerufen am 8. Januar 2015 (englisch).
  22. Lublin-Świdnik airport open to passengers. In: premier.gov.pl. 17. Dezember 2012, abgerufen am 8. Januar 2015 (englisch).
  23. Figures and Statistics. In: Lublin Airport. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Juli 2019; abgerufen am 8. Januar 2015 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.airport.lublin.pl
  24. Max Bearak: Sri Lankan ex-president’s vanity airport project grounded by cash crunch. In: Aljazeera. 31. März 2015, abgerufen am 6. Mai 2017 (englisch).
  25. Annual Report 2014. (PDF) Civil Aviation Authority of Sri Lanka, 28. Februar 2015, S. 13, abgerufen am 6. Mai 2017 (englisch).
  26. Josh Eliott: Montreal’s abandoned Mirabel Airport too costly to repurpose. In: ctv news. 20. August 2014, abgerufen am 27. Februar 2015 (englisch).
  27. a b Richard K. De Atle: San Bernardino: Acting executive director for airport. In: The Press Enterprise. 15. Oktober 2014, abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  28. End of the line for Sheffield airport. In: The Star. 22. April 2008, abgerufen am 9. Januar 2015 (englisch): „The 12.5 million facility, built on a former opencast coal mine, …“
  29. a b AS Tallinna Lennujaam: Annual Report 2013. (PDF) Archiviert vom Original am 14. Januar 2015; abgerufen am 7. Januar 2015 (englisch).
  30. James Teideman: 14 of the world's most amazing abandoned airports. In: Skyscanner. 7. März 2014, abgerufen am 6. Januar 2015 (englisch).
  31. Terry Maxon: D/FW International Airport forced rivals to become fellow travelers. In: The Dallas Morning News. 19. August 2010, archiviert vom Original am 27. Februar 2015; abgerufen am 19. Januar 2015 (englisch).
  32. Richard Bach: Dallas, Fort Worth and the Regional Airport. In: Flying Magazine. Volume 73, Nr. 2, August 1963, S. 58 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).