Gemarkung

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Karte der Gemarkung der Gemeinde Hasel in Baden im Jahr 1904 mit einem Vorschlag zum Gebietstausch zwecks Arrondierung der Jagdgrenze zwischen dem Jagdbezirk der Gemeinde Hasel und dem örtlichen Domänenjagdbezirk

Eine Gemarkung (auch Markung, in der Schweiz auch Gemarchen, in Österreich Katastralgemeinde) ist eine Flächeneinheit des Liegenschaftskatasters. Die Eigentumsverhältnisse der einzelnen Gemarkungen sind im Grundbuch verzeichnet. Die Gemarkung bildet einen Grundstücksverband aus einer größeren Zahl von in der Regel zusammenhängenden Grundstücken bzw. Flurstücken. Zwischen Flurstücken und ihrer Gemarkung befindet sich fast immer die Ebene der Flur.

Allgemeine Zusammenhänge zwischen Gemarkung und Gemeindegebiet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name einer Gemarkung entspricht meistens dem Namen der auf ihr befindlichen Siedlung. Das ist ein Hinweis auf gesellschaftsgeschichtlich bedeutende, historisch gewachsene Zusammenhänge, die zwischen dem Zuständigkeitsbereich z. B. einer politischen Gemeinde (Gemeindeterritorium) und einem bestimmten Grundstücksverband (Gemarkung) bestehen.

Eine Gemarkung ist keine Verwaltungseinheit. Trotzdem fallen die Grenzen (und meist auch die Namen) der modernen Verwaltungseinheiten (Grenzen einer Gemeinde, eines Stadtbezirks, Stadt- oder Ortsteils, oder eines gemeindefreien Gebiets) oft mit denen einer Gemarkung zusammen. Allerdings wurden bei den Eingemeindungen die Gemarkungen der zusammengelegten Gemeinden oft nicht mehr vereinigt, weswegen heute Gemeindegebiete oft mehrere Gemarkungen (bzw. – in Österreich oder Tschechien – Katastralgemeinden) aufweisen.

Kennzeichnung der Gemarkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gemeindewappen von Bobenheim enthält ein Gemarkungszeichen

Im Gelände werden Gemarkungsgrenzen mit Marksteinen gekennzeichnet, die traditionell mit den Initialen der Ortsnamen oder individuellen Gemarkungszeichen versehen sind. Diese Hausmarken ähnlichen geometrischen Figuren dienten vielen Orten als Grundlage für das Gemeindewappen und entwickelten sich so zu gemeinen Figuren der Heraldik.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich bedeutete (Ge-)Markung „Grenze“.[3] Später entwickelte sich der Wortinhalt „Gemeindegebiet“[4][5] (das konnte neben Grundstücksverband auch Steuerbezirk, Bezirk des Gemeindegerichts und vieles andere bedeuten) oder auch „bestimmtes gemeindefreies Gebiet“ (ausmärkisches Gebiet).[6][7][8] Die Gemarkungen wurden in der Regel genau dokumentiert und mit natürlichen, später auch künstlich gesetzten Markzeichen abgegrenzt.[9][10] Zur Tradition vieler Gemeinden gehörte der jährliche „Untergang“ (auch: Schnadegang), das ist das Abschreiten und Kontrollieren der Gemarkungsgrenze.[11]

Gemarkungen im heutigen Sinn gibt es seit Einführung des Reichskatasters durch das Bodenschätzungsgesetz von 1934. Durch sie wurden die Steuerbezirke abgelöst.[12]

Gemarkungsteile (Bayern)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nur in Bayern kommt es vor, dass Teile einer Gemarkung zu verschiedenen Gemeinden oder gemeindefreien Gebieten gehören. Solche Fälle sind historisch bedingt durch Auflösungen von Gemeinden durch Gemeindegebietsreformen sowie durch Auflösungen von gemeindefreien Gebieten oder durch Eingliederungen von Teilen gemeindefreier Gebiete in benachbarte Gemeinden, wobei die Gemarkungsgrenzen, die ursprünglich den Gemeindegrenzen folgten, erhalten blieben.

So gehören von den 7858 Gemarkungen in Bayern (Stand Mai 2023) 461 zu zwei Gemeinden oder gemeindefreien Gebieten, 57 zu drei, 16 zu vier und zwei zu fünf. Im letzteren Fall handelt es sich um die Gemarkungen Forstmühler Forst und Manteler Forst. 7322 Gemarkungen gehören zu genau einer Gemeinde oder einem gemeindefreien Gebiet und sind somit nicht unterteilt in Gemarkungsteile. Damit gibt es in Bayern insgesamt 8489 nicht unterteilte Gemarkungen und Gemarkungsteile.

Gemarkungsschlüssel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gemarkungsschlüssel, auch Gemarkungsnummern genannt, sind in Deutschland sechsstellig, wobei sich die ersten beiden Ziffern aus dem Länderschlüssel ergeben, durch die der Gemarkungsschlüssel bundesweit erst eindeutig wird. Innerhalb eines Bundeslandes wird der Länderschlüssel gelegentlich weggelassen und nur der verkürzte vierstellige Gemarkungsschlüssel verwendet.[13] Für die Gemarkungsteile in Bayern wird der Gemarkungsschlüssel um eine Ziffer erweitert, die Werte zwischen 0 und 4 annehmen kann.

Besonderheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Besonderheit ist das Tägermoos, das staatsrechtlich zur Schweiz gehört und dort einen Teil der Gemeinde Tägerwilen bildet und zugleich eine Gemarkung der deutschen Stadt Konstanz darstellt.

Übersicht nach Ländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Land Länder-
schlüssel
Anzahl
Gemeinden
30.06.1960[14]
Anzahl
Gemeinden
31.12.2020[15]
Anzahl
Gemarkungen[16]
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein 01 1.395 1.106 3.024
Hamburg Hamburg 02 1 0.001 0.122
Niedersachsen Niedersachsen 03 4.273 0.944 4.593
Bremen Bremen 04 2 0.002 0.498
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen 05 2.371 0.396 2.903
Hessen Hessen 06 2.700 0.422 2.865
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz 07 2.918 2.302 3.111
Baden-Württemberg Baden-Württemberg 08 3.381 1.101 3.380
Bayern Bayern 09 7.116 2.056 7.859
Saarland Saarland 10 347 0.052 0.409
Berlin Berlin 11 1 0.001 0.097
Brandenburg Brandenburg 12 0.417 2.364
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern 13 0.726 3.555
Sachsen Sachsen 14 0.419 5.389
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt 15 0.218 1.655
Thüringen Thüringen 16 0.633 2.704
Deutschland Deutschland 10.7960 44.5280

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Gemarkung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl Siegfried Bader: Die Gemarkungsgrenze. In: Grenzrecht und Grenzzeichen. [Theodor Knapp zu seinem 85. Geburtstag gewidmet] (= Das Rechtswahrzeichen. Nr. 2). Freiburg im Breisgau 1940, S. 56–67.
  2. Rolf Räch: Die Geschichte der Grenzmarkierung – erläutert an Beispielen aus der Pfalz. In: Andrea Zeeb-Lanz, Reinhard Stupperich (Hrsg.): Palatinatus Illustrandus. Festschrift für Helmut Bernhard zum 65. Geburtstag. Mainz/Ruhpolding 2013, S. 35–38.
  3. Franz Irsigler: Der Einfluß politischer Grenzen auf die Siedlungs- und Kulturlandschaftsentwicklung. In: Siedlungsforschung. Band 9, 1991, S. 9–23, darin S. 10 f. (kulturlandschaft.org [PDF; 33,8 MB; abgerufen am 1. Dezember 2016]).
  4. Markung. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 12: L, M – (VI). S. Hirzel, Leipzig 1885, Sp. 1657 (woerterbuchnetz.de).
  5. Gemarkung. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 5: Gefoppe–Getreibs – (IV, 1. Abteilung, Teil 2). S. Hirzel, Leipzig 1897, Sp. 3165 (woerterbuchnetz.de).
  6. Hans K. Schulze: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. 3., verbesserte Auflage. Band 2. Stuttgart 2000, Kap. II.3 c) Die Mark (Gemarkung, Allmende, Großmark), S. 68–71.
  7. Karl Siegfried Bader: Das mittelalterliche Dorf als Friedens- und Rechtsbereich. Weimar 1957, 1. Kap. Das Dorf, S. 20 f., 37–51.
  8. Karl Siegfried Bader: Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde. 2., unveränderte Auflage. Wien / Köln / Graz 1974, 3. Kap. I. Die Markgenossenschaft, S. 116–129.
  9. Rudolf Völkel: Die Ortsgemarkungskarte als Grundlage kulturlandschaftlicher Forschungen (= Rhein-Mainische Forschungen. Nr. 17). Frankfurt am Main 1937, Kap. II. Quellenwert und Auswertbarkeit der Gemarkungsgrenzen, S. 25–40 (Im ersten Kapitel und in den Schlußbemerkungen erweist sich der Autor als Nationalsozialist, der seine Arbeit als Beitrag zur Blut-und-Boden-Ideologie einstuft. Die übrigen Kapitel sind ideologisch unbelastet und argumentieren wissenschaftlich).
  10. Karl Siegfried Bader: Rechtsformen und Schichten der Liegenschaftsnutzung im mittelalterlichen Dorf. Wien/Köln/Graz 1973, 8. Kap. Nutzungsstreitigkeiten und deren Beilegung, S. 235–252.
  11. Karl Siegfried Bader: Der schwäbische Untergang. Studien zum Grenzrecht und Grenzprozeß im Mittelalter (= Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Nr. 4). Berlin 1933.
  12. Gerhard Walther: Gemeindefreie Gebiete und ihre Geschichte. In: 250 Jahre Bayerische Staatsforstverwaltung, in: Mitteilungen aus der Bayerischen Staatsforstverwaltung, 51, 2002, Band II, S. 623–632, hier S. 623–624.
  13. Gemarkungs- und Gemeindeverzeichnis (Bayern)
  14. Statistisches Bundesamt: Gemeinden und Kreise mit ihrer Wohnbevölkerung am 30.6.1960 nach Größenklassen und Verzeichnis der Gemeinden mit 20 000 und mehr Einwohnern. Wiesbaden 1960, S. 4
  15. Destatis.de: Gemeinden nach Bundesländern und Einwohnergrößenklassen am 31.12.2020
  16. Geolytics: Bundesländer in Deutschland (abgerufen am 17. Januar 2022)