Georg von Boyen

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Georg Bruno Theodor von Boyen (* 2. Januar 1970 in Erlangen) ist ein deutscher Mediziner und Professor für Innere Medizin. Er war bis 2023 Ärztlicher Direktor der Kliniken Landkreis Sigmaringen und dort Chefarzt der Medizinischen Klinik.[1] Von Boyen ist besonders bekannt für seine Forschungsarbeiten zu Komplikationen und Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen, die Rolle des enterischen Nervensystems beim Erhalt der Darmhomöostase sowie genetischen Störungen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Boyen studierte Medizin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (1990–1997). Als Arzt im Praktikum und Assistenzarzt arbeitete von Boyen 1998 bis 2000 neben seiner klinischen Tätigkeit an Projekten zur Charakterisierung des enterischen Nervensystems. In fortgeführten Arbeiten stellte sich im Jahr 2000 die enterische Glia als essentieller Bestandteil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit heraus. Die Fokussierung auf die enterische Glia in Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen des Darms führten zu einem Wechsel an die Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Ulm.[2] 2005 erhielt von Boyen die Anerkennung zum Facharzt für Innere Medizin. 2007 wurde ihm die venia legendi für das Fach Innere Medizin verliehen und mit fortgeführten wissenschaftlichen Arbeiten, Fachvorträgen und Lehre erfolgte 2013 die Berufung zum apl. Professor der Universität Ulm. Von 2011 bis 2023 war von Boyen Chefarzt der Medizinischen Klinik der SRH Kliniken Sigmaringen und Pfullendorf.[3] 2017 wurde er dort zum ärztlichen Direktor der SRH Kliniken Sigmaringen mit den Kliniken Sigmaringen, Bad Saulgau und Pfullendorf bestellt.[4]

Wissenschaftlicher Beitrag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen seiner Promotionsarbeit an der Universität Heidelberg beschäftigte sich von Boyen mit volumetrischen Messungen des zentralen Nervensystems als diagnostisches Werkzeug zur Differenzierung von Demenzen. Mit einer detaillierten Aufarbeitung des Nervensystems in wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten[5][6] richtete sich seine weitere Forschungsarbeit auf das Nervensystem des Darms: Dem enterischen Nervensystem (ENS). In der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Universitätsklinik Mannheim konnte von Boyen nachweisen, dass eine heterozygote Defizienz des Endothelin-B-Rezeptors zu einer definierten Störung des ENS führt.[7] Mit dem Wechsel an die Universitätsklinik Ulm entwickelte von Boyen zunächst in einer Forschungsgruppe primäre Kulturen des ENS. Mit den frühen Arbeiten in diesem Modell war er einer der Ersten, der die enterische Glia als wichtige Zellpopulation im Darm untersuchte und deren Verhalten unter entzündlichen Bedingungen des Darms charakterisierte.[8] Mit der Etablierung einer eigenen Forschungsgruppe unter seinem wichtigsten Förderer Guido Adler zeigte von Boyen in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten die essentielle Rolle der enterischen Glia in der Modulation von Entzündung[9][10] und als Quelle zum Erhalt der Darmintegrität.[11][12][13] Mit dem Nachweis der veränderten Gliapopulationen beim Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa[14] untermauerte er die Bedeutung des Darmnervensystems im Erhalt der Darm-Homöostase im menschlichen Körper und als mögliches Puzzleteil im Verständnis der Pathophysiologie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.[15] Neben der Grundlagenforschung beteiligte von Boyen sich auch an klinischen Untersuchungen zur Erforschung der NOD2-Mutation als Risikofaktor in der Therapieentscheidung von Patienten mit Morbus Crohn[16][17] und des Zusammenhangs zwischen chronischer Darmentzündung und Osteoporose.[18][19]

Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Boyen ist Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen Vereinigungen. Dazu zählen unter anderem: Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Arbeitskreis Neurogastroenterologie und Motilität e. V., Südwestdeutsche Gesellschaft für Gastroenterologie und Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ambulanz/Sprechstunde. Kliniken Landkreis Sigmaringen, abgerufen am 7. Juni 2017.
  2. Ehemalige Oberärzte. Universitätsklinikum Ulm, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. Mai 2017; abgerufen am 7. Juni 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uniklinik-ulm.de
  3. Christoph Wartenberg: Stabwechsel: Dr. von Boyen übernimmt Abteilung. Schwäbische.de, 7. Juli 2011, abgerufen am 7. Juni 2017.
  4. Georg von Boyen ist jetzt Ärztlicher Direktor in Sigmaringen. In: Südkurier. 21. Februar 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  5. G. B. von Boyen, M. Reinshagen, M. Steinkamp, G. Adler, J. Kirsch: Enteric nervous plasticity and development: dependence on neurotrophic factors. In: J Gastroenterol. 37, 2002, S. 583–588.
  6. G. B. von Boyen, M. Reinshagen, M. Steinkamp, G. Adler, J. Kirsch: Gut inflammation modulated by the enteric nervous system and neurotrophic factors. In: Scand J Gastroenterol. 37, 2002, S. 621–625.
  7. G. B. von Boyen, H. J. Krammer, A. Suss, C. Dembowski, H. Ehrenreich, T. Wedel: Abnormalities of the enteric nervous system in heterozygous endothelin B receptor deficient (spotting lethal) rats resembling intestinal neuronal dysplasia. In: Gut. 51, 2002, S. 414–419.
  8. G. B. von Boyen, M. Steinkamp, M. Reinshagen, K. H. Schäfer, G. Adler, J. Kirsch: Proinflammatory cytokines increase GFAP expression in enteric glia. In: Gut. 53, 2004, S. 222–228.
  9. G. B. von Boyen, M. Steinkamp, M. Reinshagen, K. H. Schafer, G. Adler, J. Kirsch: Nerve Growth Factor (NGF) secretion in cultured enteric glia cells is modulated by proinflammatory cytokines. In: J Neuroendocrinol. 18, 2006, S. 820–825.
  10. M. Steinkamp, N. Schulte, H. Gundel, U. Spaniol, J. Kirsch, G. von Boyen: GDNF protects apoptosis in enteric glia: Evidence for an autocrine loop. In: BMC Gastroenterol. 12, 17. Jan 2012, S. 6. doi:10.1186/1471-230X-12-6.
  11. G. B. von Boyen, M. Steinkamp, I. Geerling, M. Reinshagen, K. H. Schäfer, G. Adler, J. Kirsch: Proinflammatory cytokines induce neurotrophic factor expression in enteric glia: a key to the regulation of epithelial apoptosis in Crohn’s disease. In: Inflamm Bowel Dis. 12, 2006, S. 346–354.
  12. M. Steinkamp, I. Geerling, T. Seufferlein, G. von Boyen, B. Egger, J. Grossmann, L. Ludwig, G. Adler, M. Reinshagen: Glial-derived neurotrophic factor regulates apoptosis in colonic epithelial cells. In: Gastroenterology. 124, 2003, S. 1748–1757.
  13. G. von Boyen, N. Degenkolb, C. Hartmann, G. Adler, M. Steinkamp: The endothelin axis influences enteric glia cell functions. In: Med Sci Mon. 2010; 16: BR161-7.
  14. G. von Boyen, N. Schulte, C. Pflüger, U. Spaniol, C. Hartmann, M. Steinkamp: Distribution of enteric glia and GDNF during gut inflammation. In: BMC Gastroenterol. 11, 2011, S. 3.
  15. G. von Boyen, M. Reinshagen: The enteric glia part of the puzzle in Crohn’s disease. In: Z Gastroenterol. 49, 2011, S. 1482–1486. doi:10.1055/s-0031-1281672.
  16. C. Posovszky, V. Pfalzer, G. Lahr, K.-M. Debatin, G. von Boyen: Influence Of Nod2/Card15 Gene Variants On Disease Activity, Bone Mineral Density And Response To Therapy In Crohn’S Disease With Pediatric Onset. In: BMC Gastroenterol. 13, 2013, S. 77. doi:10.1186/1471-230X-13-77.
  17. J. Niess, C. Pflüger, N. Schulte, J. Klaus, U. Spaniol, G. Lahr, G. von Boyen: Influence of NOD2 mutations on the response to standard treatments of Crohn´s disease patients. In: Dig Dis Sci. 57, 2012, S. 879–886.
  18. J. Klaus, M. Reinshagen, K. Herdt, C. Schröter, G. Adler, G. B. von Boyen, C. von Tirpitz: Bones and crohn’s: No benefit of adding sodium fluoride or ibandronate to calcium and vitamin D. In: World J Gastroenterol. 17, 2011, S. 334–342.
  19. J. Klaus, M. M. Hänle, C. Schröter, G. Adler, G. von Boyen, M. Reinshagen, C. von Tirpitz: A Single Dose of Intravenous Zoledronate Prevents Glucocorticoid Therapy-Associated Bone Loss in Acute Flare of Crohn’s Disease, a Randomized Controlled Trial. In: Am J Gastroenterol. 106, 2011, S. 786–793.